E. G. Engel hat geschrieben:Kurioses Geplapper. Grundsätzlich hat Moia einen Rechtsanspruch darauf eine neue Verkehrsart zu testen. Im Umfang kommt es lediglich auf die Modalitäten und Umgebungsvariablen an. Ob Grüne, Blaue oder wer auch immer daher plappert ist irrelevant sofern Moia auf seinem Rechtsanspruch besteht.
Und bei aller Freude über die Berliner Entscheidung, für Hamburg hat das so gut wie keine Relevanz.
(7) Zur praktischen Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel kann die Genehmigungsbehörde auf Antrag im Einzelfall Abweichungen von Vorschriften dieses Gesetzes oder von auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für die Dauer von höchstens vier Jahren genehmigen, soweit öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen.
Ob sich daraus ein Rechtsanspruch für irgendeinen beliebigen Anbieter ableiten lässt, ist zweifelhaft. Zumindest ist es Ermessenssache, was als neue Verkehrsart gilt und inwieweit die Aktivitäten den öffentlichen Verkehrsinteressen - sprich: dem Funktionieren von konzessioniertem Gelegenheits- und Linienverkehr - schaden.
Streng genommen gibt es in HH mit Clevershuttle bereits einen Anbieter der eine ähnliche Verkehrsform (wenn man überhaupt von einer Verkehrsform sprechen kann) testet. Insofern ist es fraglich, ob die marginalen konzeptionellen Änderungen von Moia das Attribut "neu" rechtfertigen.
Es scheint eher so zu sein, dass die Politik (SPD/Grüne) hier das Gesetz nach Belieben mit der rostigen Brechstange zurecht biegen.
Zu dem Thema aus einem Widerspruch gegen Moia:
Mangelhafte Spezifikation des Innovationsfaktors der Verkehrsart
Das Konzept der Firma Moia stellt eher einen Präferenzenkatalog eines
Marktteilnehmers, unter welchen Sonderbedingungen er sein Geschäft betreiben möchte
dar, als dass es eine neue Verkehrsart beschreibt, wie es der §2 Abs. 7 PbefG erfordert.
Im Kern möchte die Firma Moia Mietwagen betreiben. Es erschließt sich mir nicht, was
aus diesem schlichten Ansinnen ein innovatives Verkehrskonzept machen könnte. Die
Einschränkung des Dienstleistungskomforts durch die Definition von Treffpunkten zur
Aufnahme und zum Absetzen von Fahrgästen kann es nicht sein, denn auf diese Weise
nimmt jeder Butterfahrtenbus seit Jahrzehnten seine Fahrgäste auf und setzt sie wieder
ab. Diese Systematik ist derart schlicht, dass sie eigentlich niemand ernsthaft für
innovativ halten kann. Auch nicht, wenn der Fahrgast mittels einer App zum Treffpunkt
geleitet wird. Fußgängernavigation dürfte nur bei Nutzern mit einer besonders gering
ausgeprägten Technikaffinität als herausragende Innovation gelten.
Das sequenzielle Aufnehmen oder Absetzen von Fahrgästen – neudeutsch „pooling“ - ist
bereits seit Jahrzehnten gängige Praxis bei der Personenbeförderung durch Taxen.
Allerdings hier, durch die gesetzlichen Regeln bedingt, stets durch den Fahrgast
veranlasst und zum gültigen Taxentarif. Seit einiger Zeit bietet das Taxengewerbe die
Möglichkeit die Fahrgäste bei der Disposition durch Software zu unterstützen. Diese
Leistung zukünftig im für Mietwagen geltenden gesetzlichen Rahmen anzubieten, könnte
ebenfalls unmöglich ein ausreichendes Kriterium zur Definition einer neuen Verkehrsart
sein.
Auch die Wahl der zur Personenbeförderung eingesetzten Fahrzeuge eignet sich nicht
dazu, eine Genehmigung nach §2 Abs. 7 PbefG zu erhalten, denn die Leistungs- und
Ausstattungsmerkmale dieser Fahrzeuge sind nicht ausreichend spezifiziert worden,
dass eine herausragende Innovation erkennbar wäre. Dass die Firma VW einen
Elektroantrieb für so außergewöhnlich und innovativ hält, dass er die Basis einer neuen
Verkehrsart sein könnte, zeugt eher für eine eingeschränkte Wahrnehmung
gesellschaftspolitischer, rechtlicher und technischer Realität der dort Verantwortlichen,
als dass diese schlichte Einschätzung klare gesetzliche Kriterien ersetzen würde.
Elektroantriebe sind weder neu, noch ist deren Nutzen für die Umwelt bisher zweifelsfrei
nachgewiesen worden. Um als „neue Verkehrsart“ zu gelten, muss der Innovationsfaktor
der Fahrzeuge deutlich präziser nachgewiesen werden. Insbesondere müssten die
Emissionsvorteile gegenüber den im Taxenverkehr eingesetzten modernen Diesel- Gas-
Hybrid oder Elektrofahrzeugen durch Untersuchungen belegt werden, die auch die bei
der Fahrzeug- und Energieträgerherstellung, sowie die bei der Erzeugung, dem
Transport und der Speicherung entstehenden Umweltbelastungen berücksichtigt. Der
Energieverlust durch Leitungswiderstand, Transformation der Spannung und
Wirkungsgrad der Speicher gehört selbstverständlich genauso in eine solche
Betrachtung, wie die zusätzlich zum Heizen des Fahrzeuginnenraums erforderliche
Energie, denn die Abwärme eines Verbrennungsmotors kann nicht mehr zum Heizen
verwendet werden.
Um als umweltfreundliche und somit besonders innovative Transportform zu gelten reicht
es nicht aus, schlicht die am Ort des Transports in reichen Großstädten entstehenden
Umweltbelastungen zu betrachten. Wer die lokale Emissionsarmut in Ballungsräumen
bejubelt und nicht nicht gleichzeitig Umweltbelastungen, die anderenorts –
beispielsweise in Drittweltländern bei der Herstellung von Rohstoffen zur
Batterieherstellung oder bei der Gewinnung von Energieträgern – entstehen in die Bilanz
einbezieht, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, unsozial und zynisch zu handeln.
Ich kann weder in den einzelnen Punkten des von der Firma Moia vorgelegten Konzepts,
noch in deren Kombination eine Innovationskraft erkennen, die als Grundlage zur
Definition einer neuen Verkehrsart dienen könnte, wie es der §2 Abs. 7 PbefG fordert.
Eher kann es als Versuch der Diskriminierung von Marktteilnehmern gewertet werden,
wenn der größte Autokonzern der Welt neu konzipierte Fahrzeuge seinen ehemaligen
Kunden vorenthält und statt dessen eine Genehmigung beantragt, die den exklusiven
Einsatz dieser Fahrzeuge voraussetzt.
Möglicherweise handelt es sich bei dem Vorhaben der Firma Moia auch nicht um den
Test einer Verkehrsart, sondern schlicht um einen Fahrzeugtest für die Mutterfirma VW.
Der Konzern sieht sich derzeit starker öffentlicher Kritik ausgesetzt, weil er, anstatt
Lösungen zu Umweltproblemen anzubieten, versucht hat, seinen herkömmlichen
Produkten mit technischen Tricks am Rande der Legalität den Anschein besonders hoher
Umweltverträglichkeit zu geben. Dabei wurden offenbar in großem Umfang nationale und
internationale Gesetze gedehnt oder möglicherweise gar gebrochen. Der Imageverlust
dürfte verheerend sein. Unabhängig von der Frage, ob es einen Sinn ergibt, auf
Elektroantriebe als Zukunftsprojekt zu bauen, gibt es in diesem Bereich möglicherweise
drastische Defizite bei VW. Da bietet es sich an, im Rahmen eines solchen Projektes
Erfahrungen in einer bisher vernachlässigten Sparte zu sammeln, ohne dass
Reklamationen von Kunden drohen könnten. Dass mit dem Angebot günstiger
Personenbeförderung, die zudem vermeintlich besonders umweltfreundlich erfolgt, das
angeschlagene Image aufpoliert wird, ist sicher ein willkommener Nebeneffekt. Es ist auf
diese Weise für VW wirtschaftlich sinnvoll, notfalls temporär auch zu Dumpingpreisen
Personen zu befördern.
Es obliegt allerdings Ihnen, als Genehmigungsbehörde, dafür zu sorgen, dass durch
einen solchen groß angelegten Fahrzeugtest mit nicht kostendeckenden Entgelten nicht
das gesetzeskonform arbeitende Taxengewerbe wirtschaftlich bedroht und somit die
Versorgung der Bevölkerung mit Beförderungsdienstleistungen gefährdet wird. Es ist Ihre
Pflicht, bei der Genehmigungsvergabe nach §2 Abs. 7 PbefG strenge Maßstäbe
anzulegen, die tatsächliche Motivation des Antragstellers zu ergründen und im Zweifel
die Genehmigung zu versagen.
Unzulässige Vermischung von experimentellen und herkömmlichen Verkehrsarten
Der gleichzeitige Betrieb eines Fahrzeugs im experimentellen und im herkömmlichen
Modus ergibt keinen Sinn, denn er wird den vom Gesetzgeber gewünschten
Erkenntnisgewinn, der die Basis der Genehmigungsvergabe nach §2 Abs. 7 PbefG
bildet, unzulässig verwässern. Deshalb halte ich es für dringend geboten, die Nutzung
der jeweiligen Fahrzeuge strikt auf eine Einsatzart zu beschränken oder – besser noch –
die Genehmigungen zurück zu ziehen.
Informationen zum experimentellen Betrieb zu vage
Außer der mangelhaften Spezifizierung der Fahrzeugeigenschaften mangelt es
vollständig an einer Darlegung der betriebswirtschaftlichen Ziele. Die Bewertung einer
Verkehrsform ist nur dann möglich, wenn belastbare Informationen zur
betriebswirtschaftlichen Perspektive vorgelegt werden. Solche Informationen fehlen dem
Konzept der Firma Moia weitgehend: Es liegen weder Daten zu den Herstellungs- noch
zu den Betriebskosten der Fahrzeuge vor. Auch die Informationen zu den
Fahrpreisvorstellungen sind nicht ausreichend. Statt einer klaren Aussage, mit welchen
Kosten die Fahrgäste rechnen müssen, wird nebulös auf „künstliche Intelligenz“
verwiesen, die den jeweiligen Fahrpreis ermitteln werde. Diese Aussage ist für eine
Bewertung der wirtschaftlichen Perspektive des Angebotes und der Konsequenzen für
die Bevölkerung nicht ernst zu nehmen.
Auch der vagen Aussage, die Preise würden sich irgendwo zwischen dem ÖPNV und
„Taxidiensten“ – was immer das sein mag – bewegen, mangelt es an der erforderlichen
Substanz. Verschwiegen wird außerden, ob sich dieser Vergleich auf Einzelpersonen
oder Gruppen bezieht. Wenn eine Gruppe von Fahrgästen, die gemeinsam einen Moia
Experimentiermietwagen bestellt in der Summe mehr bezahlen würde, als wenn die
Fahrt mit dem Taxi erfolgt wäre, wäre die Aussage zu den Preisen schlichtweg falsch
und als Irreführung der Kunden zu werten.
Die von der Firma Moia behauptete Transparenz der Fahrpreise ist in Wahrheit nicht
existent, denn was nützt es dem Fahrgast, der einen festen Termin hat, wenn er erst zum
Fahrtbeginn den Fahrpreis genannt bekommt. Intransparenter und kundenunfreundlicher
wäre es nur noch, wenn die Fahrgäste erst am Ende der Fahrt eine Preisauskunft
erhielten. Aber das wagt vermutlich nicht einmal die Firma Moia anzubieten.
Darüber hinaus fehlen belastbare Informationen zum Verlust an Komfort durch
Zeitverzögerungen, die aus dem sogenannten Pooling resultieren. Um die Qualität der
Dienstleistung bewerten zu können, sind konkrete Aussagen zu den maximalen
Verzögerungen der Ankunftszeiten unabdingbar.
Da die Genehmigung nach §2 Abs. 7 PbefG auf einen Erkenntnisgewinn für zukünftige
Verkehrsformen abzielt, hätten diese Informationen vor der Erteilung vorliegen müssen.
Meines Erachtens würde es dem Ziel des betreffenden Gesetzes widersprechen, wenn
die Genehmigungserteilung aufrecht erhalten würde, ohne die entsprechenden
Informationen erhalten zu haben.
"Ich könnte dir deine Überlebenschancen ausrechnen, aber du wärst nicht begeistert."