Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Personenbeförderungsrecht, Taxitarife.
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jr
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Re: Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Beitrag von jr » 25.11.2014, 20:58

Wenn ich mich recht entsinne, schrieb taxi heute kürzlich darüber. Der Nichtbeförderte hatte zuvor randaliert und Autos beschädigt. Gleich zwei Fahrer verweigerten die Beförderung. Man kann im Urteil auch eine grobe Mißachtung der Menschenkenntnis eines durchschnittlichen Taxifahrers sehen. Wasser auf die Mühlen von IK. Weiß jemand mehr zu dem Fall?

LRKN
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Re: Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Beitrag von LRKN » 25.11.2014, 22:13

Das Problem in dem Fall war wohl, dass der Fahrer direkt nach Ankunft die Tour abgelehnt hatte, weil er sich nur durch die Anwesenheit der Polizisten unwohl fühlte die Tour zu fahren. Das mit dem Randalieren und Beschädigung war allerdings richtig, wußte der Fahrer aber zu dem Zeitpunkt der Verweigerung nicht. Als der Fahrer dann gerufen wurde war der Betrunkene wohl ruhig und deswegen sollte das Taxi ihn nach hause fahren.

Wahrscheinlich wäre der Fahrer ungeschoren davon gekommen wenn er die Polizisten gefragt hätte was die Situation ist. Wenn die dann gesagt hätten, dass der Betrunkene randalierte, hätte der Fahrer die Tour wohl ablehnen können. Ohne diese Information kann er einen Fahrgast nicht nur auf Geratewohl ablehnen.

Für mich ist dieses Urteil grundsätzlich nicht nachvollziehbar weil meiner Meinung nach immer Grundsätzlich von Problemen mit der Person auszugehen ist wenn die Polizei vor Ort ist. Aber juristisch besteht aber die Beförderungspflicht nunmal auch für Polizisten und Betrunkene.

So weit mein Hörensagen.

eichi
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Re: Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Beitrag von eichi » 25.11.2014, 22:28

Aus aktuellem Anlass:
Zitat aus der o.a. Urteilsbegründung:
Der Mann zeigte nur geringe alkoholbedingte
Ausfallerscheinungen und war insbesondere in der Lage sich
zu verständigen.
Er war zudem unauffällig und ordentlich gekleidet.
Und doch...
Ende vom Lied war ein eingeschlafener Fahrgast mit allen o.a.
Anzeichen
, der statt zu bezahlen und auszusteigen sitzen blieb,
sein Geld nicht finden konnte, mehrfach aus der geöffneten
Seitentür reiherte und nachdem die Türverkleidung ihren Anteil
abbekam, verduften wollte.

Resultat eine Anzeige wg. Betrug, Sachbeschädigung und versuchter
Körperverletzung.

Gerade nach einer gewissen "Einwirkzeit" können die alkoholbedingten
Ausfallerscheinungen sich zum Ende der Fahrt gänzlich anders darstellen.
Insofern ist das obige Urteil nicht nur weltfremd, sondern auch schädlich.
Der Taxifahrer hatte wohl, wie ich finde, zu Recht seinem Bauchgefühl
Gehör geschenkt.
Es ist so bequem, unmündig zu sein. (Immanuel Kant)

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am
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Re: Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Beitrag von am » 25.11.2014, 22:30

Wenn Polizeibeamte Dir einen "Kunden" ins Auto setzen, darfst/kannst/musst Du Dich darauf verlassen, dass nach polizeilichem Ermessen keine Gefahr von dem Kunden ausgeht.

Alkoholkonsum ist grundsätzlich kein Ablehungsgrund.
Es gibt kein gefährliches Halbwissen, aber zu viele schlechte Informationen.

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Re: Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Beitrag von arne13 » 25.11.2014, 23:53

Meines Wissens haben sich sogar drei Fahrer unabhängig voneinander (ich wiederhole DREI Fahrer) geweigert. Zwei davon sind angezeigt worden, der dritte lediglich nicht, weil er cleverer war, als die beiden anderen. Er bot an, den Herrn zu befördern, aber nur unter der Voraussetzung das ein Peterwagen hinterher fährt!

Also solche Urteile und auch die Verfolgung durch die Behörde ist in meinen Augen ein Schlag ins Gesicht eines jeden Taxifahrers. Allein der letzte Passus treibt einen die Weissglut ins Gesicht.
Auch die Anwesenheit von mehreren Polizeibeamten lasse nach Auffassung des Amtsgerichts nicht den Schluss zu, dass vom alkoholisierten Fahrgast eine Gefahr ausgeht. Denn Polizeibeamte können sich aus verschiedenen Gründen im Straßenbild aufhalten.
Der Typ hat wohl wie jr schon erwähnt rumrandaliert und Anwohner haben die Polizei gerufen, die gleich in Mannschaftsstärke anrückten. Es mag ja sein, dass er sich mittlerweile beruhigt hat, aber es so ne Typen sind unberechenbar und ich hätte ganz bestimmt auch die Beförderung verweigert.

Da kann dann ganz schnell sowas bei heraus kommen: http://www.taxiforum.de/forum/viewtopic ... zt#p181618

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Re: Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Beitrag von Berni » 26.11.2014, 01:11

arne13 hat geschrieben:Meines Wissens haben sich sogar drei Fahrer unabhängig voneinander (ich wiederhole DREI Fahrer) geweigert. ...
Das dürfte wohl an der aggressiven Ausstrahlung des Betrunkenen gelegen haben (Mimik, nonverbal), die keinem der drei Taxifahrer entgangen ist, aber vermutlich vor Gericht nicht hinreichend Beachtung fand.

Ich kenne übrigens niemanden, der nach dieser Beschreibung die Beförderung ablehnen würde
Der Mann zeigte nur geringe alkoholbedingte Ausfallerscheinungen und war insbesondere in der Lage sich zu verständigen. Er war zudem unauffällig und ordentlich gekleidet.
, zumal man quasi eine Art Zahlungsgarantie hat, da die Personalien ja polizeibekannt sind. Bei uns fragt die Polizei außerdem auch nach dem Fahrpreis und bestätigt, dass der Fahrgast noch genug Geld dabei hat.

Und trotzdem: Genau solch ein Kandidat, den mir die Polizei ins Auto setzte, führte letztes Jahr zu meinem bisher einzigen Pfefferspray-Einsatz, da er anstatt zu bezahlen ausrastete und mich angriff, nachdem ich die Polizei anrief.

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Re: Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Beitrag von Freddy75 » 26.11.2014, 07:24

Urteil hin oder her - Ich entscheide immer noch selber, wen oder was ich befördere! Da könnt ihr einen drauf lassen!

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Re: Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Beitrag von alsterblick » 26.11.2014, 20:46

Denke auch, soviel sollte man sich noch leisten können. 8)
„Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten. Vom Feinde bezahlt, dem Volke zum Spott. Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, dann richtet das Volk. Dann gnade Euch Gott !“

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jr
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Re: Beförderungspflicht auch bei Betrunkenen

Beitrag von jr » 26.11.2014, 20:47

eichi hat geschrieben:Und doch...
Ende vom Lied war ein eingeschlafener Fahrgast mit allen o.a.
Anzeichen, der statt zu bezahlen und auszusteigen sitzen blieb,
sein Geld nicht finden konnte, mehrfach aus der geöffneten
Seitentür reiherte und nachdem die Türverkleidung ihren Anteil
abbekam, verduften wollte.

Resultat eine Anzeige wg. Betrug, Sachbeschädigung und versuchter
Körperverletzung.
War das dem Gericht bekannt? Oder interessiert sowas in HH nicht? Wird da erst geschossen und dann gefragt?

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