Paralleltarif in der Kritik

Personenbeförderungsrecht, Taxitarife.
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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von am » 13.10.2014, 10:15

E. G. Engel hat geschrieben:Bevor ich antworte.

Glaubt irgend jemand dass nach den anstehenden Tariferhöhungen, egal welche neue Struktur der Tarif haben wird, dass das Getrickse im Gewerbe aufhören wird?
Ich glaube nicht, dass es je, egal in welchem Wirtschafstzweig, ohne Getrickse ablaufen wird
Glaubt jemand dass nicht 12 Std. Schichten auf 8 Std. oder 6 Std. heruntergerechnet werden und ein Teil schwarz über den Tisch geht
So wird es kommen
Und je mehr Zeitanteil im Tarif umso schlechter die Nachkalkulation. Ganz schön clever.
Entscheidend ist, was hinten raus kommt. Die Frage lautet: Kann man den Zeittarif so hoch schrauben, dass der ML auch bei einer strukturell mäßigen Auslastung erwirtschaftet werden kann. Da wäre ich auch bei einem recht klaren nein.
Die Tariferhöhungen sollen also den ML ermöglichen.
Der Tarif muss m.E. bei einer theoretisch möglichen Auslastung natürlich auch den ML abdecken. Dafür ist die Tarifstrukur zwar scheinbar nachrangig, jedoch nicht ganz ausser Acht zu lassen.

Neben der Angebotsmenge fehlt in Deinen Betrachtungen bisher ein wesentlicher Punkt. Die Durchschnittsgeschwindigkeit. Wieviel Weg kann ich pro Stunde bei 100% Auslastung zurücklegen und was bedeuten 100% Auslastung für die Verkehrsbedienung? Wieviel Auslastung ist im Sinne einer zufriedenstellenden Grundversorgung höchstens wünschenswert? Dieser Wert, als Teiler für die Durchschnittsgeschwindigkeit definiert am Ende die Anzahl an maximal fahrbaren Touren pro Stunde und somit den erforderlichen Betrag pro Tour.
Ich habe bewusst „fiktiv“ geschrieben. Aber allgemein.[...]Ich denke, nur meine persönliche Meinung, dass wir den „Break-even“ schon überschritten haben. Wir merken es nur noch nicht.
Break Even meint für mich, dass sich eine Erhöhung derartig in Tourenrückgang auswirkt, dass der Umsatz plus minus Null bleibt. Ich kann mich nicht erinnern, dass dies je der Fall war.
Jetzt kommt noch die Vorweihnachtszeit, da haben die Leute besseres zu tun als über Taxipreise nachzudenken. Aber im Januar sind die Taschen wieder leer.
Unsere enorme 23% Erhöhung vor einigen Jahren kam zu Beginn der Sommerferien, in aller Regel eine schwache Zeit. In meiner Erinnerung war der Sommer aber erstaunlich gut.
Dann sehen wir weiter. Am meisten Angst habe ich vor den Kunden die nichts sagen und schweigend den geforderten Preis zahlen, so als wenn nichts geschehen wäre.
Jahreszeitliche Schwankungen gehören seit jeher zum Geschäft. Am meisten Angst habe ich vor Kollegen, dazu wirst Du sicher nicht gehören, die Tarifanpassungen gegenüber Kunden schlecht reden.
Aber um mit Deinen Worten zu sprechen. Ich will gar nicht wissen wo der „Break even“ ist, denn wenn ich es weiß, dann ist es zu spät. Natürlich kann man mit einer konservativen Einschätzung daneben liegen wenn man die Zukunft einschätzen will. Tut man es aber nicht, dann ist der Weg zurück meist nicht möglich. Es geht für viele Kollegen die noch jünger sind nicht nur um die nächsten 3 Jahre sondern es geht um den Geschäftserhalt für die nächsten 30 Jahre. Hast Du Kinder? Verantwortliche Positionen muss man vorher einnehmen, nicht hinterher wenn nichts mehr zu ändern ist. Dann heißt es: „Hätte, hätte, Fahrradkette.“
Alles muss mit Augenmaß passieren. Wir dürfen nicht vergessen, dass es Kostensteigerungen auch jenseits vom Mindestlohn gibt. Denen kann man kaum mit der Forderung nach weniger Taxen begegnen.
Zuletzt geändert von am am 13.10.2014, 10:18, insgesamt 1-mal geändert.
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E. G. Engel
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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von E. G. Engel » 13.10.2014, 10:43

Zitat jr:

„Weil sie zu den "bösen" Kunden zählen könnten, die später schweigend ein anderes Verkehrsmittel suchen? Oder weil das Taxigewerbe das Schweigen als Verständnis deuten könnte? Oder gar als nicht weiter relevante Ignoranz?“

Ich versuche es einmal anders und philosophiere einfach etwas herum.


Am Flughafen gibt es eine Imbissklitsche. Der Kaffee im Pappbecher kostet 1,50 €. Bisher habe ich immer 20 Cent Tipp gegeben, kam mir immer lächerlich vor, aber für’n Kaffee im Pappbecher 2.- € war mir auch zu viel. Irgendwie war mir das immer peinlich. Als der Pächter in Urlaub war gab es eine Vertretung. Ich bestelle einen Kaffee, gebe 2.- €. Er schmeißt den Rest, 0,50 Cent ohne weiteres in seinen Trinkgeldbecher. Ich war ziemlich verwundert, habe aber nichts gesagt. Mein Problem war gelöst. Heute lege ich schweigend 1,50 € auf den Teller und bestelle einen Kaffee. Aber nicht mehr wie früher 2 am Tag sondern nur noch 1nen. Denn 22 mal 1,50 € macht auch 33.- € im Monat für einen Pappbecher mit Kaffee. Es muss keine 66.- € sein. Meine vermeintliche indirekte Pflicht den Laden mit am Leben zu halten, dafür reichen auch 33.- €. Ich trinke also immer noch Kaffee in der Klitsche für 33.- € p.m., trotzdem vermindert sich der Umsatz für den Pächter um 33.- € plus 44 x 0,20 € = 41,80 € p.m. Ich trinke also immer noch Kaffee für 33.- € p.m. aber nicht mehr für 74,80 €. Ob der das am Umsatz merkt?


Was hat das mit dem Taxitarif zu tun? Nun, 86% der Bundesbürger sind für den ML. Also „fast“ alle. Es wird sich niemand beschweren, denn wer möchte schon als dissozial gelten und gegen einen Taxentarif anstänkern der doch dem ML dient. Es wird auch weiterhin Taxi gefahren werden, keine Frage. Aber irgendwann am Ende zählt dann doch die Geldbörse. Die Geldbörse gewinnt immer, auch wenn es dauert.


Ich halte es für absurd, einfach für absurd, dass Gewerbeleute meinen der Taxikunde ist bis auf Ewigkeit preisresistent und zahlt einfach alles. Vor allem weil sich jeder selbst preisbewusst verhält, mal mehr, manchmal weniger. Nur der Taxikunde nicht.


Zur derzeitigen Situation. Ich habe es schon angesprochen, wir leben derzeit in der BRD in einer Sondersituation. Es gab solch eine Sondersituation schon einmal, damals nach der deutschen Wiedervereinigung. Die Bundesbank pumpte Geld in den Markt und in die Taschen. Man hat es regelrecht zum Fenster hinausgeworfen. Das Taxigeschäft brummte regelrecht. 1994 gab es dann im Hamburger Taxengewerbe eine massive Tariferhöhung. Diese Erhöhung fiel so ziemlich genau mit dem Ende der Sonderkonjunktur bedingt durch die deutsche Wiedervereinigung zusammen. Das Ergebnis war fürchterlich. Die Nachfrage nach Taxidienstleistungen brach regelrecht ein, das war nicht nur mein Eindruck sondern wurde von fast allen so gesehen. Nur damals haben es die Kunden auch gesagt. Aber die Kunden die „pöbeln“ fahren schon lange kein Taxi mehr. Und gegen den ML wird auch niemand „pöbeln“.


Ich habe es schon angesprochen. Im Ausland bezeichnet man die Verfassung der deutschen Wirtschaft als „german wonder“. Wir haben mal wieder eine einmalige wirtschaftliche Sondersituation wie vor 20 bis 25 Jahren. Die wirtschaftliche Schwäche der Südeuropäer drückt auf den €-Kurs. Derzeit liegt der Kurs bei ca. 1,26 Dollar zum €. Entsprechend der Wirtschaftslage des „german wonders“ müsste der Kurs mindestens bei 1,50 € zum Dollar liegen. Wer das einsortieren kann erkennt dass wir derzeit eine regelrechte Exportsubvention von ca. 20% erhalten. Deutsche Qualitätsprodukte zum Schnäppchenpreis für Inder, Chinesen, Amerikaner usw.. Normalerweise müssten dann die Importe aber teurer werden, vor allem die Rohstoffe wie Erdöl weil Rohstoffe auf $-Basis gehandelt werden. Oh, noch ein Wunder. Die Spritpreise sind niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Gestern sah ich an der Jet-Tanke 1,249 für den ltr. Diesel. Aber es gibt auf Dauer keine Wunder. Die Rohstoffpreise sinken weil die Wirtschaft am anderen Ende der Welt (China etc., Amerika immer mit ?) anfängt zu lahmen. Dementsprechend beginnen jetzt auch bei uns die Auftragseingänge für die Investitionsgüterindustrie wegzubrechen. Nur eine Delle. Wer weiß? Und wenn es mehr wie eine Delle ist dann sind wir auch dran. Natürlich wird man sich ewig streiten können inwieweit ein Taxitarif die Nachfrage beeinflusst, oder ein zu erwartender Rückgang stärker oder weniger stark ausgefallen wäre. Ich vertrete die Auffassung dass die Preiselastizität der Nachfrage eine Tatsache ist, ich vertrete nicht die Auffassung dass sie absolut und umgehend direkt ist und auch nicht in welchen Prozentzahlen sie eintritt wenn sie dann konkret messbar wäre. Da gebe ich am vollkommen recht, der Einflussfaktoren sind viele und die Wechselwirkungen nicht berechenbar. Und wenn es eine Konjunkturdelle gibt und Nachfragerückgänge, wer will den Anteil eines Taxentarifes messen? Aber das kann nicht die Frage sein.


Hoffen wir dass es nicht so schlimm kommt. Natürlich wird weiter Taxi gefahren, aber nur noch für 33.- € und nicht mehr für 74,80 € ?


Wie kann sich dann das Gewerbe helfen wenn es tariflich übersteuert hat? So gut wie überhaupt nicht. Denn Kunden die nicht fahren sind auch mit Preissenkungen kaum wieder zu bekommen. Wir haben keine Möglichkeiten wie Payback, Bonusmeilen etc. Wir können auch nicht wie die Telekom, Marktführer Telekommunikation, eine Billigmarke wie Congstar in den Markt werfen um Kunden einzufangen denen Telekom zu teuer ist. Der Taxentarif ist in der Regel unumkehrbar. Die Folgen können nur über Jahre, wie in Hamburg ab 1994, ausgeschwitzt und auf den nächsten Aufschwung gewartet werden. Oder es kommen Wettbewerber welche die Rolle von Congstar übernehmen. Oder die Politik selbst wird den Wettbewerb anheizen, Stichwort Deregelierung, erst Recht wenn sie feststellen dass sie vom Taxengewerbe verar.scht worden sind und Tarife wegen ML genehmigen und das Gewerbe doch um den ML rumtrickst.


Ne, liebe Leute, so nicht. Hochmut kommt vor dem Fall. Da bin ich mir ziemlich sicher. Wann und wie stark, die Zeit wird es zeigen. Natürlich gibt es Regionen welche einen immensen tariflichen Nachholbedarf haben wie Lübeck in der Vergangenheit. Manchmal muss man sich schon fragen was sich Beamte und Kommunalpolitiker gedacht haben wie das gehen soll. Natürlich sind die Bedingungen nicht alle gleich und Regionalitäten zu berücksichtigen. Aber das ändert nichts an den grundsätzlichen Tatsachen.


Aber selbst wenn alles nicht so kommt. Strukturprobleme löst man nicht über oder mit Preisen. Es ist genug Luft im Gewerbe für den ML, Stichworte Auslastung, Planung, Organisation.


Bei den meisten ist sicher der Eindruck entstanden ich wäre grundsätzlich gegen auskömmliche Tarife. Dem ist nicht so. Aber vorher siehe voriger Absatz. Und wenn es unumgänglich ist über den Preis Nachfrage zu opfern, gut, dann ist es so. Aber erst die Hausaufgaben.


In diesem Sinne, it’s showtime, Kino, ganz großes Kino.

Engel


Und noch etwas zur KM (und indirekt zum ML/Tarife). Hin und wieder taucht dieses Thema auch bei mir im Taxi auf. Manches mal passte es gut zum Stau. Die Kunden geben mir immer Recht auch wenn ich es nur erkläre und können so etwas überhaupt nicht verstehen. Aber es hat bisher in all den Jahren erst einen Fall gegeben wo der Kunde staubedingt sein Verständnis in bare Münze umgewandelt hat. Lustig, gelle.

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von E. G. Engel » 13.10.2014, 10:58

Manchmal überlege ich, ich sollte anfangen mit Textbausteinen zu arbeiten. Schafft Zeit. Soll ich Beweise liefern? Nein, kann ich nicht. Ich habe alles gesagt was ich zu sagen habe.

In diesem Sinne. It's Showtime. Kino, ganz großes Kino.
Zuletzt geändert von E. G. Engel am 13.10.2014, 11:14, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von am » 13.10.2014, 11:17

E. G. Engel hat geschrieben:Zitat jr:1994 gab es dann im Hamburger Taxengewerbe eine massive Tariferhöhung. Diese Erhöhung fiel so ziemlich genau mit dem Ende der Sonderkonjunktur bedingt durch die deutsche Wiedervereinigung zusammen. Das Ergebnis war fürchterlich. Die Nachfrage nach Taxidienstleistungen brach regelrecht ein, das war nicht nur mein Eindruck sondern wurde von fast allen so gesehen.
1993 fiel das Lübecker Urteil zur Unrechtmäßigkeit der hiesigen Warteliste und binnen eines Jahres hatten wir 75% mehr Taxen. Gleichzeitig machte das erste Mal das Wort der Rezession die Runde. Aus 400,- DM Wochenend-Nachtschichten wurden solche mit 150,-.


Aber vielleicht fällt uns ja auch noch was zur parallelen Wartezeit ein, dem eigentlichen Thema...
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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von alsterblick » 13.10.2014, 17:29

Tarife hin und her. Viel zu viel und aufgeblähter Text liest sich hier.
Mit kleinen Tarifabstufungen ließe sich die Nachfrage bestenfalls über die Stunden / die Schicht gesteuert verteilen.
Was nicht geht, ist das Sommerloch und andere Jahresverlaufsdellen zu kitten.
Das verfügbare Geld für Taxen bleibt begrenzt, somit hat man tendenziell weniger Touren, je teurer das Taxifahren.
Für Witschaftlichkeit / Effizienz gelten weitere Aspekte.
Zuletzt geändert von alsterblick am 13.10.2014, 19:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von E. G. Engel » 14.10.2014, 11:21

@ am

Also, ich kann nicht zwingend erkennen dass wir uns aus dem Thema herausbewegen. jr hat 3 Tarifmodelle vorgestellt:

- Tarif mit KM,
- Tarif ohne KM,
- Tarif (neu) mit permanent parallel mitlaufender Zeit,

und problematisiert.


Ausgangspunkt sind ML und die damit verbundenen beantragten Preissteigerungen. Nachdem ich schon einiges zu den Tarifen gesagt habe halte ich es für legitim das Problemfeld zu beleuchten in dem diese Varianten, auch der neue Paralleltarif, zum Tragen kommen. Denn der gemeinsame Anlass und Nenner aller drei zu diskutierenden Varianten, so entnehme ich es den zur Verfügung gestellten Links, sind massive Preissteigerungen mit allen Vorteilen und Risiken.


Denn die Tarife sollen doch, auch der neue Paralleltarif, zur Problemlösung beitragen und keine neuen Probleme schaffen. Also, was ist daran falsch das Problem eingehend zu beleuchten. Dabei ist besonders zu beachten dass wir (in Hamburg) aus einer ähnlichen Situation heraus seit 14 Jahren die KM haben und der Streit um diesen „innovativen“ Tarif andauert. Man sollte aus Fehlern lernen und sie nicht wiederholen, so sehe ich das. Auch aus diesem Grund habe ich auf den vergleichbaren Umstand einer „Sonderkonjunktur“ hingewiesen die, wenn sie nicht als solche erkannt wird, zu falschen Schlüssen führt.


In diesem Sinne würde ich gerne, auch wenn es dem ein oder anderen auf den Keks geht (bitte weiterblättern :arrow: ) meine Ausführung noch zu einem Ende bringen bevor ich dann zu gegebener Zeit noch einmal auf den Paralleltarif eingehe.




Weiter im Text.


Wir waren stehen geblieben bei dem Ende des wiedervereinigungsbedingten Wirtschaftsaufschwung und einer massiven Tariferhöhung in 1994 in Hamburg.


Wir haben festgestellt dass die Umsätze 1994 regelrecht eingebrochen sind. Dieser Zustand hielt die nächsten 6 Jahre an. Bis zum Jahr 2000. 6 schlechte Jahre, nicht wie in der Bibel sieben, nur 6, wegen krasser Fehleinschätzungen. Das sollten wir festhalten. 2000 war der Druck dann so groß dass Behörde, HK, Verbände meinten sie müssten handeln. Wieder mit einem Tarif Probleme erschlagen die woanders zu suchen waren. Es gab viele motivationale Faktoren für die einzelnen Protagonisten des KM-Tarifes. Hervorstechend waren vor allem zwei:

a. Transparenz für den Kunden schaffen (hier der deutliche Widerspruch zu dem neuen Paralleltarif)

b. Massive Preissenkung für Kurztouren um Kunden ins Taxi zu locken und das Geschäft über diesen Weg anzukurbeln.


Scheinbar schien dies auch zu gelingen. Der Tourenumfang nahm wieder zu, wobei aber durch die Preissenkung im Kurztourenbereich die Umsätze nicht hinterherkamen. Die KM-Protagonisten sahen sich im Recht. Aber wie 1994 übersahen sie das wirtschaftliche Umfeld. Infolge der Politik der neuen Mitte von Gerhard Schröder und einer damit ausgelösten Aufbruchsstimmung verzeichnete das Bruttosozialprodukt der BRD um 2002 herum erstmals wieder ein nennenswertes Wachstum von um die 2% +-. Das war der Grund für die Tourenzunahme und nicht der KM-Tarif. Danach ging es wieder abwärts, auch mit den Taxentouren und den Taxenumsätzen. Einschub: Es ging sogar so weit abwärts dass Gerhard Schröder und die SPD sich zu Hartz IV genötigt sahen.


1994 eine krasse Fehleinschätzung. 6 schlechte Jahre. Und 2000 wieder eine Fehleinschätzung. Und seit 2000 geht, nach anfänglichem Erfolg der KM, in Hamburg der Kampf um die KM. Es hat 14 Jahre gedauert bis die Fehler in der Struktur des KM-Tarif wenigstens annähernd aufgearbeitet wurden (Preisverhältnis kurze Touren zu langen Touren und resultierende Umsätze). Nehmen wir den Auslöser hinzu dann können wir in Hamburg auf 20 Jahre Tarifkrampf zurückblicken mit allen negativen Folgen und Auswirkungen.


Und heute stehen wir wieder vor einem ähnlichen Punkt. Ein Problem namens ML, eine einmalige Sonderkonjunktur und wieder eine Problemlösung mittels massiver Preissteigerungen und neuen Tarifideen wie der Paralleltarif anstatt endlich an die strukturellen Probleme des Gewerbes heran zu gehen.


So, nun habe ich fertig. Wer wieder 20 glückliche Jahre vor sich haben will, nur zu. Mit Tarifen ist wenig zu gewinnen, aber viel zu verlieren.


Nachdem das Umfeld auch historisch ein wenig aufgearbeitet ist können wir uns mit, so hoffe ich, etwas mehr Background dem Paralleltarif widmen.

Ach ja. Nicht zu vergessen dass wir so nebenbei in einen Preiskampf mit anderen Anbietern hineingeraten und u.U. eine Deregulierung des Gewerbes droht. Kleine Erweiterung des Umfeldes :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: .


Engel

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PS. Ich kann ganz gut damit leben wenn über mich gelächelt wird. Ich habe keine 20 Jahre Taxi mehr vor mir :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: .

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von Jim Bo » 14.10.2014, 15:17

jr hat geschrieben:Nun mag man erwidern: Der Umsatz ist nicht mehr relevant, wenn es Stundenlohn statt Prozenten gibt. Das mag ich aber nicht glauben. Denn anders als bisher dürfte künftig ein immenser psychischer Druck auf den Fahrern liegen, zum Lohn passende Umsätze reinzuholen oder im Falle des Mißlingens nach Haus gehen zu dürfen. Diejenigen, die halbwegs korrekt die Geschwindigkeitslimits einhalten, werden sich Forderungen der (tarifkundigen) Fahrgäste ausgesetzt sehen, mehr aufs Gas zu treten. Und sie könnten sich Abzocker-Vorwürfe einzuhandeln, falls sie dem nicht nachkommen.
Ich zähle mal auf, was in Berlin alles mit Blaulicht und Sirene unterwegs ist und diesbezüglich Sonderrechte im Straßenverkehr bekommt.

Nicht: Och Nö. Doch!

Also da hätten wir Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen, Notarzt, Entstörungsdienst und selbst die Betriebsaufsicht der BVG hat soetwas.

Würde man Taxen gleiches Recht einräumen, wäre das alles doch gar kein Problem. Und am besten noch das gelbe Blinklicht auf dem Dach wie bei der Müllabfuhr, das es uns erlaubt völlig legal Straßen zu blockieren.

:mrgreen:

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von jr » 15.10.2014, 02:24

FD hat geschrieben:Unser Gewerbe ist mit KEINEM ANDEREN GEWERBE VERGLEICHBAR!
Sehe ich auch so.

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von E. G. Engel » 15.10.2014, 12:25

@ FD

Na, lass mal Deine Zehennägel weiter gerade wachsen. So schlimm ist es ja auch nicht. Ich finde Deinen Beitrag gar nicht mal so schlecht, echauffiert, aber bemüht. Leider jubelst Du mir aber auch so einige Sachen unter. Die satzweise Diskussionsform „Du hast gesagt“, dann sage ich usw. mag ich zwar nicht so gerne, aber los.


Zitate von FD:

„Die meisten Vorurteile haben wir dem Hansa zu verdanken, der mit NEGATIVWERBUNG mittels ausschütten von verbaler Gülle über den Rest des Gewerbes Kundenfang betreibt.“

Hier gebe ich Dir Recht. Leider aber hatte, Betonung auf hatte, der Hansafunk Recht. Aufgrund seiner besonderen Struktur die letztendlich auch auf illegales Handeln aufsetzte konnte er aber sein fahrendes Personal unter disziplinarischen Druck setzen. Der Hansa war und ist nicht besser, aber cleverer.


„Über den Tarif holt man niemanden in die Taxe.“

Richtig. Aber man kann ihn damit abschrecken.


„Kann man durch eine Erhöhung Kunden verlieren? Ja, aber nur wenn wie seit dem 2000er Tarif die langen Touren überproportional teurer werden und …“

Besonders dann. Das sehe ich genauso und habe auch nie was anderes behauptet. Diesen Sachverhalt habe ich 14 Jahre lang, vor allem vor 14 Jahren, beackert. Mittlerweile hat es aber auch eine Tarifentwicklung gegeben die nicht nur hier im Forum sondern auch in einer Anhörung 2008 genau genommen von mir initiiert wurde (Stufe bei km 4). Ist noch nicht so lange her dass man mich hier wegen „Preissteigerungsdifferenz“ fürchterlich verhauen hat, bzw. wollte. Stichwort „lineare Tariferhöhungen“.


„Es war der Beginn einer langen …“

Ab hier geht es ein wenig durcheinander. Das möchte ich auch aus Zeitgründen nicht auflösen.


„Die Tourenzunahme 2000 hatte nix mit dem Tarif, sondern mit der New Economy Blase zu tun.“

Habe ich doch gesagt. Wirtschaftsaufschwung. Blase hin oder her, Wirtschaftsaufschwung.


„… die kurzen brachten noch weniger als zuvor.“

Habe ich auch immer gesagt. In den ersten Jahren nach 2000 sogar sehr ausführlich. Ich habe versucht die „Wartezeiten“ technisch modelliert zu erfassen und tariflich (KM-Tarif) mit Bezug zu Umsatzverlusten zu erfassen. Dabei lag ich verdammt nah an den Recherchen des Kollegen Martin Berndt (Stoppuhr) und an den Ergebnissen von L&K (Gutachten Taxenunion). Das Gutachten hat letztendlich nur bestätigt was ich vor 14 Jahren technisch modelliert dargestellt habe. War viel Arbeit.


„Es gibt nur einen bedingten Zusammenhang zwischen Preis und Nachfrage.“

Stimmt. Aber letztendlich bestätigst Du dass es einen gibt. Die Entscheidung Taxi fahren oder nicht ist in etwa wie „Ex oder hopp“. Da kommt es dann aber schon auf die Geldbörse an und die Frage was kostet es. Tun wir doch nicht so als wenn alle unserer Kunden Geld im Überfluss haben.


Wir haben aber ein Problem und das habe ich angesprochen. Der Taxentarif ist relativ starr. Fehler können nur „ausgeschwitzt“ werden, und zwar über Jahre. Wir können so gut wie überhaupt nicht auf Schwankungen des wirtschaftlichen Umfeldes reagieren, siehe auch meine Einlassung Bonusmeilen, Telekom und Congstar. So gesehen ist der Taxentarif immer ein unumkehrbares Langzeitprojekt und entsprechend vorsichtig anzufassen, respektive die ungewisse Zukunft möglichst mit einzukalkulieren um negative Auswirkungen zu minimieren. In der Wirtschaft nennt man das worst case Szenario.


„a) Die Fahrt wird bezahlt (Quittung)
b) Zeitdruck ba) Schnell ans Ziel bb) keine Zeit für Parkplatzsuche am Ziel
c) Keine wirkliche Alternative (entweder zu Fuß oder mit uns)“


Stimmt auch. Aber einen wesentlichen Punkt hast Du vergessen. Die Bequemlichkeit. Und hier trifft der Kunde seine ganz persönlichen Präferenzen im Verhältnis zu seinem Geldbeutel (oder Firmen für ihre Angestellten) im „Wettbewerb“ zu anderen Bedürfnissen, Möglichleiten, Ressourcen. Schau mal am Wochenende in die U- und S-Bahnen, oder in die Flughafen-S-Bahn. Waren mal alles unsere Kunden. Und wahrscheinlich blendest Du die derzeitige aktuelle Lage aus, wir geraten in einen Preiswettbewerb hinein.


„Man kann diese Aufzählung noch erheblich erweitern, aber ein Grund wird nie auftauchen: "Oh schau mal Schatz, Taxifahrt 8.30 statt sonst 8,70! Das Angebot lassen wir uns nicht entgehen." „

Auch das ist richtig. Aber ich habe immer gesagt dass Taxifahren kein Selbstzweck ist sondern immer nur an etwas anderes angehängt. Deswegen sind wir ja auch so abhängig weil wir keinen direkten Konsum an sich generieren können. Umso mehr sollte uns u.a. aber der Tarif wichtig sein. Denn abschrecken können wir.


„Frage an ALLE: Welche der Taxen kommt zuerst ans Ziel und wäre bei einem Paralleltarif somit billiger?“

Es gibt immer Möglichkeiten eine Fahrt zu verzögern. So kann ich mich im Stau in der Spur einordnen die am langsamsten geht, nur als Beispiel. Ich kann mich mit Navisoftware über die Verkehrslage informieren oder bewusst in den dichten Verkehr hineinfahren. Das Gewerbe ist und bleibt wie es ist.


„Du unterstellst, daß wir aber bei schnellem Vorankommen uns Wartezeit einstreichen würden, die wir nicht verdienen.“

Ich habe gesagt dass wir sie uns einstreichen und jammern wenn wir stehen. Ob wir sie verdienen oder nicht ist nicht die Frage. Aber Du hast Recht, der KM-Tarif ist der Sache nach eine Mischkalkulation. Aber genau darum geht es ja.


„Der Paralleltarif wäre ein deutlicher Beitrag für mehr Verkehrssicherheit.“

Das könnte ein großer Vorteil eines Paralleltarifes sein. Aber auch diese Sache könnte eine zweite Seite haben.


„Gegenwärtig wird der Fahrer mittels KM genötigt zu rasen und Ampeln bei Kirschgrün zu nehmen. Das ist auf perfide Weise von der Politik so gewollt. Den Nutzen hat ausschließlich der FG. Das Risiko ausschließlich der Fahrer. Der Fahrer darf aber wählen: Weniger Verdienst bei Einhaltung der StVO einerseits oder das Risiko den kompletten Verdienstausfalls wenn es dann mal knallt und der Lappen auf Dauer weg ist andererseits.“

Hier liegt‘s Du aber nun wirklich weit daneben. Es ist Dein Chef der den Druck aufbaut indem er sein Unternehmerrisiko Umsatz/Lohn über die Umsatzbeteiligung auf sein Personal abwälzt. Wie wäre es denn wenn Du Dich mit Deinem Chef zusammensetzt und über einen „Parallellohn“ verhandelst? Nur um den größten Druck aus der Blase zu nehmen.


„Wieso ist wohl Uber mit dem Paralleltarif so erfolgreich?“

Da gibt es so viele Gründe auch außerhalb eines Paralleltarifes. Wäre ein Thema für sich. Wundert mich auch warum hier im Forum darüber so weinig diskutiert wird und der ein oder andere sein Keyboard für ein Laserschwert hält mit dem man das Böse besiegt hat. Aber Tarif. Weil Uber damit suggeriert dass sie viel billiger sind und dass auch noch gut und laut verkaufen obwohl sie nur wenig billiger sind. Aber das wenig billiger scheint auszureichen. Und das wenig billiger ist nach deutschem Recht auch noch nur durch eine Förderung diverser Gesetzesbrüche möglich. Und, in diesem Zusammenhang sollten wir beim Taxentarif sehr, sehr vorsichtig sein.


Ich hatte schon mal aus Spaß überlegt mich Uber als Berater zur Verfügung zu stellen. Strategisch und argumentativ sind die schlecht aufgestellt. Ich wüsste wie man das Gewerbe zusammenkloppt, und das mit der Kohle im Hintergrund. Wahnsinn.



So, das soll es wenigstens auszugsweise sein.


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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von HW » 16.10.2014, 05:19

mario hat geschrieben:Dazu muss man noch sagen, daß mindestens 95% der Hamburger-Fahrgäste wissen nichts von der Karenzminute.
Dadrunter auch Stammkunden/Vielfahrer, Geschäftskunden etc.
Bei uns sind es 2 Minuten und außer den Fahrern fällt es wahrscheinlich auch keinem auf das die Uhr an der Ampel nicht weiter dreht.
Vorher brachte jede rote Ampel 50 Pfennig ein und es ist ja auch meine Arbeitszeit.

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von Jim Bo » 16.10.2014, 06:22

HW hat geschrieben: Bei uns sind es 2 Minuten
Wohl am Taxameter geschraubt?

Eine Minute bei absoluten Stillstand bis das Taxameter auf Standzeit umspringt und weitere 30 Sekunden bis es um 20 Cent teurer wird.

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von jr » 16.10.2014, 13:31

Bei uns sind es 2 Minuten
Falsch, 1 Minute.
und weitere 30 Sekunden bis es um 20 Cent teurer wird.
Ebenfalls falsch, es sind maximal 28,8 Sekunden.

Mal wieder ein schönes Beispiel: Wie sollen Kunden einen Tarif besser als die Fahrer durchschauen? Man stelle sich mal vor, die Bedienung an der Wurst- oder Käsetheke könnte nicht erklären, wie der Preis zustande kommt. Oder - vor dem Hintergrund des Paralleltarifs - sie müßte erklären, daß der Preis aus einer Kombination des Gewichts und der Aufenthaltszeit im Laden bestehe.
Zuletzt geändert von jr am 16.10.2014, 13:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von jr » 16.10.2014, 13:49

FD hat geschrieben:Es gibt übrigens ganz einfache administrative Maßnahmen der Fahrgastrekrutierung.
Wäre es nicht besser, wenn wir unsere Fahrgäste selbst rekrutieren? Das Abstellen auf Dritte birgt Tücken. Auf sie ist im Zweifelsfall kein Verlaß, du beklagst es ja selbst.

Der Paralleltarif verkauft die Fahrgäste für dumm, das wird auch ein Grund sein, warum Uber auf diesen Kosmetik-Trick zurückgreift. Und auch die Fahrer fallen darauf herein, wie ich vor ein paar Tagen feststellen mußte. In OL war zunächst ein Paralleltarif beantragt und hatte es schon in die örtliche Zeitung geschafft. Das gehe ja gar nicht, so die Fahrer. Wir bräuchten wegen des Mindestlohns höhere Tarife, nicht niedrigere. Daß der Antrag auf eine tatsächliche Erhöhung von 20 bis 50 % hinauslief, ist untergegangen.

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von nightrider » 16.10.2014, 14:00

jr hat geschrieben:die Bedienung an der Wurst- oder Käsetheke könnte nicht erklären, wie der Preis zustande kommt.
Mir zumindest konnte noch nie eine Bedienung erklären wie der Preis zustande kommt, weder im Laden, noch in der Kneipe.

Also Leute bleibt doch einfach mal sachlich, die Idee mit dem Tarif ist doch nicht verkehrt, der Kunde soll die tatsächlich erbrachte Leistung bezahlen, die sich aus Material (= Taxi und Verschleiß, sowie Sprit und Verwaltung) und Zeit (= Zeitaufwand Fahrer und Fahrzeug) ergibt.
Nichts Anderes macht jeder Handwerker und Dienstleister auch, auch er berechnet Material und Maschinenkosten, sowie die Arbeitszeiten, ein ganz normaler Vorgang.

Vielleicht bedarf es bei den bisherigen Vorschlägen noch etwas Feinarbeit, aber vom Grundgedanken her ist das absolut richtig und o.k.
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jr
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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von jr » 16.10.2014, 16:44

Mir zumindest konnte noch nie eine Bedienung erklären wie der Preis zustande kommt, weder im Laden, noch in der Kneipe.
In dem Satz erkennt man den Unternehmer. Nein: Mir ging es nicht um die betriebswirtschaftliche Kalkulation hinter dem Preis sondern um das Messen und Wiegen im Laden. Ich kann mir auch kaum vorstellen, daß der Fahrgast die Kalkulation dahinter hören möchte. Ich weiß allerdings, daß er sie oft genug zu hören bekommt.

Der Ansatz, die Kosten müßten sich möglichst exakt im Preis widerspiegeln, blendet als allein glücklich machender Ansatz die Kunden völlig aus. Entscheidend ist, was am Ende rauskommt. Die Protagonisten der vollständigen Kostenberechnung verzichten nach meinem Eindruck um ihres persönlichen Wohlbefindens wegen lieber auf Kunden als auf den "wahren" Preis. Meine Prognose: In den Städten, die sich einen Paralleltarif genehmigen, werden wir künftig deutlich mehr Mietwagen sehen. Nicht weil damit die Taxen unterboten werden können (der Mindestlohn dürfte das dort noch schwerer machen als bei den Taxen), sondern weil sie berechenbare Preise bieten. Daß Uber auf einen Paralleltarif setzt, muß man - von der Zahlenkosmetik abgesehen - nicht unbedingt ernst nehmen. Das Konzept der Firma mit nach oben, aber nicht nach unten, offenen Preisen verursacht in Fachkreisen (nein, hier sind nicht die Taxen gemeint) ebenfalls für Kopfschütteln.

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nightrider
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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von nightrider » 16.10.2014, 17:08

Ich weiß ja nicht was ihr bei euch da oben für Kunden habt, mich persönlich hat bisher kaum ein Kunde gefragt wie der Preis zustande kommt, allerhöchstens was da evtl. für Zuschläge stehen, aber auch das selten. 95% zahlen das was ich ihnen nenne, oder werfen einen kurzen Blick zur Orientierung auf die Uhr. Die restlichen 5% fragen mal während der Fahrt ob sich der Preis nach Strecke, oder nach Zeit berechnet. Ich sage dann fast immer „Beides”, solang wir fahren ist es Strecke, wenn wir stehen Uhr das reicht jedem.

Die weit überwiegende Mehrzahl an FG hat noch nie gefragt
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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von fränki » 16.10.2014, 17:11

Wie ich bereits sagte (in anderen Einträgen) werde ich im Moment Mietwagenunternehmer (EWU). Eine Konze für Taxi wurde mir angeboten, aber die Bestriebssitzgemeinde sagt mir nicht zu und würde ein extra Büro erfordern.

Seit ich mich dem Thema Preise beschäftige und noch als Aushilfe Basics in einem Taxibetrieb mit Mietwagen "erfahre" komme ich zu verschiedensten Schlüssen.

Die KM Preise ermöglichen gutes Geld zu verdienen, wenn es denn rollt. Beispiel? Selbst die Krankenfahrt mit 100 KM und 1,44 macht wenn ich ein wenig warte mal juste 288,00 in 3,5 Stunden. Finde ich gut. 2,50 Anschlag 5 KM zu 1,60 gleich ca. 10,00... dafür brauche ich keine 10 Minuten.

Nun ist mir klar, dass es so nicht immer läuft. Rückkehren und Abhängen der Elfenbeine verschlechtert das. Das Taxameter soll also irgendwie alles vereinen. Wenn es fluppt dann KM und wenn nicht dann Zeit. So ist es in der Regel. Man kann verdienen und wenns steht immerhin noch ne Absicherung nach unten - 30,00 je nach Ort.

Das bedeutet wie viele Fahrgäste heute kommen weiss niemand. Aber was man weiss: Egal ob ich gut oder schlecht durchkomme - das Taxameter schützt den Preis nach unten. Eine Obergrenze gibt es auch für den Kunden: 10 KM 16,00 und 2,50 macht 18,50 wenn es fluppt. Und wenn nicht? Ok... nach 1 Stunde Stillstand kommen eben noch 30,00 drauf. Bei 2 Stunden eben 60,00. Soll heissen: Stelle ich den Taxler vors Haus kostet das 240,00 für 8 Stunden.

Sieht man es aus Kundensicht ist stehen Schrott. Und auch der Taxler ist mit schnellem Schnitt besser dran.

Das ganze ist je nach Gebiet Stadt Ort Land ganz unterschiedlich zu betrachten.

Ich bin als jungendlicher in Berlin hin und wieder mit dem Taxi gefahren und habe da schon immer gestaunt wie schnell da Mark läuft auch wenn es steht... Und meine letzte Fahrt hier im Kreisgebiet? Bielefeld vor etwa 10 Jahren. Braake - IHK und umgekehrt. 10 Fahrten. Alle unterschiedlich. Im Preis, der Fahrer, das Auto! NUR eines klappte UND immerhin. Pünktlich waren alle!

Was heist das für meine Sicht? seit Monaten beobachte meinen Kreis. Ich erkenne Mietwagen ich sehe Taxis mit Hungerlampe an und Mädels drin. Ich werde an der Ampel von Tourans stehen gelassen (Golf TDI)... Ich sehe A6 Bildschön. Ich sehe E Klassen und noch so einiges Kunterbuntes. Von HF über Bi bis OS.

Ich habe nur eine Meinung als Kunde: Für immer den gleichen "Tarif" (ausser den verschieden Tarifgebieten) bekomme ich immer andere Preise und verschiedene Materialen (Auto und Driver).

Mmmmh. Mir haben von 10 Fahrten 2 Spass gemacht. 2 Waren eben gefahren -neutral. 6 waren abartig. Von nicht Fahren können bis alte Galosche war alles dabei.

Und da sollen Preise unvorhersehbar bleiben? Nach dem ich weiß, dass ich in ein Taxi meiner Wahl steigen kann (am Halteplatz) mache ich das. Wenn ich mal eines brauche. Und beim Bestellen kann ich jetzt ggf. meinen ehemaligen Arbeitgeber anrufen.

Als Kunde würde ich gern einen nur KM Tarif haben! Auch wenn der KM teurer wäre. Und dabei gibt es einen Maximalschnitt für den Kutscher. Der heisst Punktekonto.

Als Unternehmer werde ich mich am jeweiligen Taxitarif orientieren. Ohne verkehrsbedingte Wartezeit. Das geht hier auf dem Land bestens. Denn ich weiss was ich für KM/h Schnitte fahre und wie lange meine Krankenfahrten oder Flughafenfahrten dauern.

Jedenfalls sehe ich mich weder als böser Konkurrent zu Taxis, noch schere ich alle Taxler über einen Kamm. Und welche Karre übel aussieht sehe ich ja.

Gern fahre ich bei Bedarfspitze für nen anderes Unternehmen oder geb mal einen ab wenn ich Termine nicht absehen kann.

In einem sollten sich alle einig sein. Legal ja! Illegale nein. Egal ob über App oder vor der Disse lauernd!

Die Preise sind schwer fest zu legen. Denn eigentlich können manche besser oder schlechter fahren und A6 und Loggia kann man kaum vergleichen. Letztlich habe ich keinen perfekten Ratschlag - leider.

F.

fränki
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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von fränki » 16.10.2014, 17:18

Wie ich bereits sagte (in anderen Einträgen) werde ich im Moment Mietwagenunternehmer (EWU). Eine Konze für Taxi wurde mir angeboten, aber die Bestriebssitzgemeinde sagt mir nicht zu und würde ein extra Büro erfordern.

Seit ich mich dem Thema Preise beschäftige und noch als Aushilfe Basics in einem Taxibetrieb mit Mietwagen "erfahre" komme ich zu verschiedensten Schlüssen.

Die KM Preise ermöglichen gutes Geld zu verdienen, wenn es denn rollt. Beispiel? Selbst die Krankenfahrt mit 100 KM und 1,44 macht wenn ich ein wenig warte mal juste 288,00 in 3,5 Stunden. Finde ich gut. 2,50 Anschlag 5 KM zu 1,60 gleich ca. 10,00... dafür brauche ich keine 10 Minuten.

Nun ist mir klar, dass es so nicht immer läuft. Rückkehren und Abhängen der Elfenbeine verschlechtert das. Das Taxameter soll also irgendwie alles vereinen. Wenn es fluppt dann KM und wenn nicht dann Zeit. So ist es in der Regel. Man kann verdienen und wenns steht immerhin noch ne Absicherung nach unten - 30,00 je nach Ort.

Das bedeutet wie viele Fahrgäste heute kommen weiss niemand. Aber was man weiss: Egal ob ich gut oder schlecht durchkomme - das Taxameter schützt den Preis nach unten. Eine Obergrenze gibt es auch für den Kunden: 10 KM 16,00 und 2,50 macht 18,50 wenn es fluppt. Und wenn nicht? Ok... nach 1 Stunde Stillstand kommen eben noch 30,00 drauf. Bei 2 Stunden eben 60,00. Soll heissen: Stelle ich den Taxler vors Haus kostet das 240,00 für 8 Stunden.

Sieht man es aus Kundensicht ist stehen Schrott. Und auch der Taxler ist mit schnellem Schnitt besser dran.

Das ganze ist je nach Gebiet Stadt Ort Land ganz unterschiedlich zu betrachten.

Ich bin als jungendlicher in Berlin hin und wieder mit dem Taxi gefahren und habe da schon immer gestaunt wie schnell da Mark läuft auch wenn es steht... Und meine letzte Fahrt hier im Kreisgebiet? Bielefeld vor etwa 10 Jahren. Braake - IHK und umgekehrt. 10 Fahrten. Alle unterschiedlich. Im Preis, der Fahrer, das Auto! NUR eines klappte UND immerhin. Pünktlich waren alle!

Was heist das für meine Sicht? seit Monaten beobachte meinen Kreis. Ich erkenne Mietwagen ich sehe Taxis mit Hungerlampe an und Mädels drin. Ich werde an der Ampel von Tourans stehen gelassen (Golf TDI)... Ich sehe A6 Bildschön. Ich sehe E Klassen und noch so einiges Kunterbuntes. Von HF über Bi bis OS.

Ich habe nur eine Meinung als Kunde: Für immer den gleichen "Tarif" (ausser den verschieden Tarifgebieten) bekomme ich immer andere Preise und verschiedene Materialen (Auto und Driver).

Mmmmh. Mir haben von 10 Fahrten 2 Spass gemacht. 2 Waren eben gefahren -neutral. 6 waren abartig. Von nicht Fahren können bis alte Galosche war alles dabei.

Und da sollen Preise unvorhersehbar bleiben? Nach dem ich weiß, dass ich in ein Taxi meiner Wahl steigen kann (am Halteplatz) mache ich das. Wenn ich mal eines brauche. Und beim Bestellen kann ich jetzt ggf. meinen ehemaligen Arbeitgeber anrufen.

Als Kunde würde ich gern einen nur KM Tarif haben! Auch wenn der KM teurer wäre. Und dabei gibt es einen Maximalschnitt für den Kutscher. Der heisst Punktekonto.

Als Unternehmer werde ich mich am jeweiligen Taxitarif orientieren. Ohne verkehrsbedingte Wartezeit. Das geht hier auf dem Land bestens. Denn ich weiss was ich für KM/h Schnitte fahre und wie lange meine Krankenfahrten oder Flughafenfahrten dauern.

Jedenfalls sehe ich mich weder als böser Konkurrent zu Taxis, noch schere ich alle Taxler über einen Kamm. Und welche Karre übel aussieht sehe ich ja.

Gern fahre ich bei Bedarfspitze für nen anderes Unternehmen oder geb mal einen ab wenn ich Termine nicht absehen kann.

In einem sollten sich alle einig sein. Legal ja! Illegale nein. Egal ob über App oder vor der Disse lauernd!

Die Preise sind schwer fest zu legen. Denn eigentlich können manche besser oder schlechter fahren und A6 und Loggia kann man kaum vergleichen. Letztlich habe ich keinen perfekten Ratschlag - leider.

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von am » 16.10.2014, 17:56

Was spricht denn wirklich gegen einen nachfragegerechten Preis, wie er sich durch eine stärkere Berücksichtigung der Zeitkomponente ergibt?

Es gibt doch zahlreiche andere Beispiele gestaffelter Preise, die mehr oder weniger nachvollziehbar sind aber dennoch akzeptiert werden (müssen).

Wenn man im Theater oder Konzert unterschiedliche Preise noch mit den SIchtverhältnissen zu rechtfertigen vermag, sieht es doch in der Tourismusbranche schon ganz anders aus und zwar gleich zweifach:
  • - In den Ferien, Zeiten der höchsten Nachfrage, werden Urlauber grundsätzlich mit den höchsten Preisen belegt. Angebot und Nachfrage. Wer Kinder hat und sich Urlaub im Rahmen seiner Möglichkeiten leisten kann, muss aber zahlen oder zuhause bleiben.

    - Wer hingegen früh bucht, wird mitunter mit etwas günstigeren Preisen belohnt
In beiden Fällen erhält der Urlauber dieselbe Leistung für zum Teil extreme Preisunterschiede, wobei das teurere Angebot wegen der hohen Nachfrage mitunter das weitaus unentspanntere Urlaubserlebnis bietet.

Nun kann man sagen, dass man deshalb ja auch nciht in der Saison in Urlaub fährt. Klar, aber es tun dennoch so viele, dass es dennoch brummt und im übrigen leistet sich ja auch kaum ein Taxifahrer selbst eine Taxifahrt, weil er sie sich gar nicht leisten kann. Aber verdammt viele Menschen können es sich leisten und, ja, müssen es sich leisten können.
Es gibt kein gefährliches Halbwissen, aber zu viele schlechte Informationen.

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Re: Paralleltarif in der Kritik

Beitrag von HW » 16.10.2014, 21:28

jr hat geschrieben:
HW hat geschrieben:Bei uns sind es 2 Minuten
Falsch, 1
Richtig, 2 min war 2005 :D

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