Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Löhne, Arbeitsbedingungen, Recht.
Poorboy
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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von Poorboy » 05.01.2014, 04:21

Schon klar. Der vom Gesetz vorgeschriebene eine freie Tag pro Woche ist dann der Ersatztag für einfach alles. Den Einsatz an gesetzlichen Feiertagen, den Urlaub und auch noch sechs Wochen Darmkrebs. Quasi der All-inclusive-Tag!

Warum ein Zeitrahmen für den Ersatztag vorgeschrieben ist, wo es doch jede Woche den All-inclusive-Tag gibt, wird wohl das ewige Geheimnis des Gesetzgebers bleiben.

Passt zum Zahlungsmodell. Lohn gibt es ja auch nicht, sondern einen Anteil am vom Fahrer generierten Umsatz.

Dieser Anteil ist dann im besten Falle schwankender Grundlohn, Essensgeld, Nachtzuschlag, Lohnfortzahlung Urlaub und Lohnfortzahlung sechs Wochen Darmkrebs etc pp. Eben auch all-inclusive!

Beide Varianten gibt es in keiner anderen Branche, was sicher daran liegt, dass Taxiunternehmer so besonders schlaue Kerlchen sind, die "Gesetzeslücke" finden, die kein Jurist findet.

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Thomas-Michael Blinten
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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von Thomas-Michael Blinten » 05.01.2014, 04:27

Jim Bo hat geschrieben:....
Bezahlung nach Tarifverträge bedeutet z.B. bei Angestellten von Apotheken, dass jeder Arbeitnehmer den gleichen Lohn erhält.
....[/b]
Kleine Richtigstellung, es bedeutet das keiner weniger als den tariflichen Lohn bekommt.
Nach oben hat der Tarifvertrag keine begrenzende Funktion :wink:
„Alle sind irre, aber wer seinen Wahn zu analysieren versteht wird Philosoph genannt" (Ambrose Bierce)

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Anna Chronismus
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AfA: "Arbeitszeit in Taxenunternehmen gestalten"

Beitrag von Anna Chronismus » 07.01.2014, 13:08

Das Hamburger "Amt für Arbeitsschutz" (AfA) hat im Juli 2013 eine Handreichung für die Taxenunternehmer herausgegeben. Titel: "Arbeitszeit in Taxenunternehmen gestalten". Da das Dokument zumindest hier in diesem Thread noch nicht eingeführt wurde, mache ich das mal:

-> Link zum Dokument
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Die Handreichung durch AfA ...

Beitrag von IK » 07.01.2014, 15:59

Woraus die Handreichung besteht, außer der gesonderten Aufzählung der Vorschriften, ohne jeglichen Hinweis auf die möglichen Ausnahmen?

OK, immerhin haben sie nicht geschrieben, das der Ersatzruhetag zu vergüten ist. :roll: :| :roll:
Das hätte noch gefehlt.

Wie AfA die "Handreichung" gestallten kann, ist im Gesetz aufgeschrieben.
Das findet im AfA-Brief allerdings keine Erwähnung.
Zuletzt geändert von IK am 07.01.2014, 16:00, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von Poorboy » 07.01.2014, 16:41

Ausnahmen ohne Tarif gibt es nicht!

Zahlung ist Zivilrecht!

Arbeitszeit dagegen Strafrecht, da ist Afa zuständig!

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Anna Chronismus
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Re: Die Handreichung durch AfA ...

Beitrag von Anna Chronismus » 08.01.2014, 01:29

IK hat geschrieben:Woraus die Handreichung besteht, außer der gesonderten Aufzählung der Vorschriften, ohne jeglichen Hinweis auf die möglichen Ausnahmen?
Aus den praxisnahen Erläuterungen in einer normalen Sprache, welche zumindest viele Taxiunternehmer gut verstehen können. Eine Qualität, die viele der hier zitierten Gesetzestexten und Gerichtsurteilen nicht haben.

Die Handreichung der AfA zum Thema "Arbeitszeit in Taxenunternehmen gestalten" darf ruhig ausgedruckt, verlinkt, versendet und sonstwie verteilt werden. Ist auf jeden Fall ein guter Einstieg in die Materie für jene große Mehrheit der Taxenunternehmer und angestellten Taxifahrer, die sich bisher kaum bis gar nicht damit beschäftigt haben.
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Beitrag von Otto126 » 08.01.2014, 16:42

Poorboy hat geschrieben:Arbeitszeit dagegen Strafrecht
Poorboy
:?:
Zuletzt geändert von Otto126 am 08.01.2014, 16:43, insgesamt 1-mal geändert.
"In der Lebenswelt gibt es drei Kategorien, das Essbare, das Kopulierbare und das Gefährliche"

"Mir gefällt Ihr Benehmen nicht."
"Macht nichts. Ich verkauf's ja nicht."

Wat woll'n die Atzen eigentlich von mir?

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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von Poorboy » 08.01.2014, 17:07

Missachtung des Arbeitszeitgesetzes kann bis zu einem Jahr Knast bringen!

Lohnunterschlagung nicht! Muss jeder AN einzeln einklagen, was ich als staatliche Aufforderung zum Lohnraub verstehe!

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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von Poorboy » 09.01.2014, 05:26

Und "freiwillige Zuschläge" sind nach einiger Zeit einklagbar!!

Ab Mindestlohn zahlt IK also bis zu € 25,- pro Stunde :mrgreen: :mrgreen: , "Triebwagen-Arne" legt pro Tag € 12 "Essensgeld" obendrauf :mrgreen: :mrgreen:

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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von Wikinger » 10.01.2014, 02:37

Lieber poorboy,

als dermassen kämpferischer Streiter für die gute Sache der Arbeitnehmer frage ich dich, wieviele Angestellte du beschäftigst? Suchst du noch Fahrer? Komme dann ins Grübeln...

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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von Poorboy » 10.01.2014, 20:52

Dazu müssen erst die raus, die ihre Wirtschaftlichkeit nur durch "illegale Tricks"
herstellen!

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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von Wikinger » 13.01.2014, 00:09

Also sagst du, dass ich als Fahrer bei dir mit illegalen Tricks arbeiten würde? Also nöööö, weil du ja selbst die ganze Zeit sagst, dass die Unternehmer mit illegalen Tricks arbeiten, und die Fahrer das leider erdulden müssen.

Nun würde ich gerne wissen, ob ich bei dir als Fahrer arbeiten könnte, und du weichst aus, indem du dich auf illegale Tricks berufst.

Jetzt will ich das aber doch gerne auf den Punkt gebracht wissen. Beschäftigst du nun "legal" Arbeitnehmer zu den von dir apostrophierten Bedingungen? Kann ich dann also bei dir anfangen, ja oder nein? Natürlich mit den von poorboy geforderten Arbeitszeitbedingungen, Feiertagsregelungen usw.

Ganz klipp und klar, ja oder nein? Und nicht: ja aber die anderen... NEIN, ganz konkret bei DIR!

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TomBlack
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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von TomBlack » 13.01.2014, 10:24

In Wien beträgt eine Arbeitsschicht 12 Stunden, die braucht man auch, bei einer Taxidichte von derzeit fast 5.000!!!
Taxen, alleine für Wien, könnt Ihr Euch gar nicht vorstellen, wie langweilig es auf den Standplätzen zugeht.

Man wird dieser Taxiflut nicht Herr - vielleicht mit ausreichenden Kontrollen, aber bei uns fragt man sich noch immer,
WER und WAS kontrolliert werden soll. 5.000 Taxen für 1,9 Mio Einwohner ist doch a bissl zu viel. Vor 24 Jahren,
als ich mich selbständig gemacht habe, waren wir noch 3.000 jetzt ist das Geschäft tot, weil viele glauben, beim
Taxifahren wird man unglaublich reich, das meint auch die Finanz. Eine 12 Stundenschicht sollten sie mal fahren
und sie werden mit dem weinen und heulen nicht fertig und sehnen sich nach ihr Büro zurück, wo sie ihr Geld schön pünktlich am Ersten am Konto haben. Traurig aber wahr. Wenn man sich hier nicht spezialisiert, bleibt man über!
Investiere in Dich selbst und denke positiv!

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Re: Die Handreichung durch AfA ...

Beitrag von TWG » 13.01.2014, 23:28

Anna Chronismus hat geschrieben:
Die Handreichung der AfA zum Thema "Arbeitszeit in Taxenunternehmen gestalten" darf ruhig ausgedruckt, verlinkt, versendet und sonstwie verteilt werden. Ist auf jeden Fall ein guter Einstieg in die Materie für jene große Mehrheit der Taxenunternehmer und angestellten Taxifahrer, die sich bisher kaum bis gar nicht damit beschäftigt haben.
Hallo,

ich weis ja nicht, wie es in anderen Städten aussieht, aber hier im Dorf und bei Rhein-Taxi wird alles eingehalten.

Schicht 6/3, entspricht 4,66 Tage/Woche, 10Std. Betriebsbereitschaft sind weniger als 48Std/Wo. Freizeitausgleich für Sonn- und Feiertage wird auch sofort gwährt. (Durch 3 frei Tage noch Schichtwoche).

Dazu kommt noch, das ca. 50% der Kollegen in der Woche (Nachtschicht) das Auto früher abstellen, mehr als 48Std./Wo. fährt hier keiner, es sei denn er fährt freiwillige Sonderschichten!

Gruß aus Düsseldorf
Thomas

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Re: Das Arbeitszeitgesetz und das Taxigewerbe

Beitrag von Poorboy » 14.01.2014, 04:21

Stelle ich Wikinger unter Einhaltung ALLER Gesetze ein, bin ich schnell pleite!!

Hatte heute zwei interessante Gespräche mit angestellten Fahrern.

Einer, sein iranischer Cheffe hatte schon Ärger mit der Steuer, ist hierzu verpflichtet:

Er fährt zwar die verbotenen 12 Stunden täglich von 18 Uhr bis 6 Uhr, trägt aber in den Schichtzettel den Arbeitsbeginn mit 22 Uhr ein, um eine Rechtfertigung für die nie gezahlten "Zuschläge" der steuerhinterziehenden Lohnabrechnung zu haben. Als Arbeitsende wird auch nie 6 Uhr eingetragen. Vielmehr muss er pro € 20,- Umsatz die Stunden errechen und entsprechend den Schichtzettel führen. Hat er € 100,-, ist er also von 22 Uhr bis 3 Uhr gefahren, sind es € 140,- war Schichtende eben erst um 5 Uhr.

Cheffe will so einen Umsatz von € 20,- pro Stunde den Behörden vorgaukeln, um die Mindestlohnvorgaben zu erfüllen. Cheffe hat mehr als 20 Wagen!!

Zweiter Fahrer am Posten an 1 informiert mich an 2, dass er nur noch eine Flughafentour annehmen würde. Anderes hätte ich zu fahren. Seine erlaubte Arbeitszeit ist kurz vor dem Ablaufen und er muss den Wagen zum Wechselpunkt bringen. Man ahnt es, er hat ein Fiskaltaxameter, das auch die Arbeitszeiten speichert!!!

Als ich ihn freundlich frage, ob er eine Beförderung verweigern will, geht er zu seinem Auto und schaltet das Dachlicht aus. Aber er schickt mir den nächsten Fahrgast, der leider nur zum Hauptbahnhof will :mrgreen:

Poorboy

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