[MiLoG] Mindestlohn

Löhne, Arbeitsbedingungen, Recht.
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scarda
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Beitrag von scarda » 27.08.2012, 12:17

RoNic24 hat geschrieben:
Filou hat geschrieben:@ SM
Man könnte auch die reine Vermehrung von Geld auf 10% im Jahr begrenzen. Wer drüber ist, füllt die Sozialkassen des jeweiligen Landes, in dem sich das Geld vermehrt hat. :lol:
Oder man koppelt die Prozente gleich direkt an den sozialen Haushalt des betreffenden Landes.
Meld dich hier mal an:

http://www.vwl.uni-muenchen.de/index.html

wenn du diesen Studiengang beendet hast weist du was du für einen Müll geschrieben hast.
Oder mach mal hier Urlaub:

http://de.wikipedia.org/wiki/Wunder_von ... reigeld.29
DEREGULIERUNG IST AUCH NUR REGULIERUNG. ZIELFÜHRENDE VORSCHLÄGE? NEIN? ACH SO!
Taxi_2017 ist gut, innovativ, technisch top, hat beste Fahrzeuge zu vernünftigen, regulierten Preisen
http://www.yumpu.com/de/document/view/2 ... toi-studie#

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reasoner
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Beitrag von reasoner » 27.08.2012, 13:50

Meine Entscheidung, einen gesetzlichen Mindestlohn zu unterstützen, kam nicht über Nacht. Die halbherzigen Versuche der deutschen, aber auch anderer europäischer Politiker, der Schulden- und Wirtschaftskrise Herr zu werden, führen zu keinen greifbaren Ergebnissen. Es ist immer noch so, dass wir bspw. den griechischen Banken helfen, aber nicht dem griechischen Volk, welches zudem zu einem Großteil nicht bereit zu sein scheint, das Wort ‚Steuern‘ in sein Vokabular aufzunehmen.

Die daraus entstehenden Kosten werden in diesem Land kompensiert, indem ein prekär hoher Anteil von Niedriglöhnern herangezüchtet wird. Niedriglohn geht irgendwann einmal nahtlos in Altersarmut über. In unserem Gewerbe zahlen zum Großteil ebenfalls an der Armutsgrenze lebende Unternehmer den Fahrern einen Lohn, der fast immer im Niedrigbereich angesiedelt ist. Der eine Hungerleider knechtet den anderen, gewollt von denen, die sich in Deutschland arrangiert haben. Das ist schlichtweg paradox.

Ich wünsche mir eine Zukunft, in der ein steuer- und abgabenehrlicher Unternehmer seinen Leuten, für die er eine Fürsorgepflicht trägt, einen Lohn zahlt, von dem diese leben können. Kann er das nachgewiesenermaßen nicht, bekommt er keine Konzession für ein weiteres Taxi. Hierzu braucht es ein substantiiertes Gutachten, welches eine Aussage zu treffen in der Lage ist, ob der Unternehmer einen Mindestlohn von 8,50 € x 180 Stunden x 133% (Abgaben, Urlaub, Krankheit) = 2.035 € überhaupt bezahlen kann. Für die Mietwagen gilt ein Gleiches. Unternehmer sollen sich von mir aus weiter ausbeuten dürfen, so viel FDP darf sein.
Dass sich letztlich ein Stundenlohn ergibt, ist klar, aber wie will man in unserem Gewerbe einen Mindestlohn zahlen?
Ein Mindestlohn kann, wie in Österreich, auch ein Monatsgehalt sein. 8,50 x 180 = 1.530 €. Das ist die Summe, die auf dem Lohnzettel stehen muss, und für die eine entsprechende Kontobewegung existieren muss. Wenn jemand nur Teilzeit fährt, dann eben entsprechend weniger. Auf mittelfristige Sicht muss eine Apparatur her, die die Arbeitszeit überprüfen kann.
Gerade die großstädtischen Fahrer mögen das Wort Festlohn überhaupt nicht hören
Ich bekomme einen Festlohn, und freue mich jeden Monat darüber. Leider bekomme ich auch nicht, was ich verdiene … :roll:
Wer ein Problem mit einem Festlohn, ob auf Stunden- oder Monatsbasis hat, der sollte erklären können, warum. „Ich arbeite bei der WBT, da muss mehr drin sein“, ist natürlich ein guter Grund. Also müssen flexible Lohnanteile, wie hier schon vielfach gefordert, eingebaut werden, so schwer ist das nicht.

Natürlich kann es sein, dass sich einige Fahrer an die ruhigsten Halten stellen. Jede Firma zieht fleißige, aber auch faulere mit. Wer`s übertreibt, muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen, was im Grunde genommen ein ganz normaler Vorgang ist.

Die Drohkulisse, die gegen einen Mindestlohn aufgebaut wird, beinhaltet den Verlust des Arbeitsplatzes.
Ja, das wollen wir mittelfristig doch hoffen, dass das so ist. Der erwirtschaftete Umsatz wird zurzeit durch zu viele Mäuler geteilt, und den Taxitarif kann man nicht unendlich erhöhen. Das hat indirekt sogar das Möllerchen erkannt.

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Beitrag von scarda » 27.08.2012, 14:08

Wir befinden uns im Jahre 2012 nach Christus. In ganz Europa gibt es Mindestlöhne... Ganz Europa? Nein! Ein nicht ganz unbedeutendes Land in der Mitte hört nicht auf, Widerstand zu leisten. (...)

https://www.mindestlohn.de/hintergrund/ ... in-europa/
viele Daten und Downloads

http://de.wikipedia.org/wiki/Mindestlohn
auch sehr informativ
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Beitrag von SindSieFrei? » 27.08.2012, 14:28

reasoner hat geschrieben:... Also müssen flexible Lohnanteile, wie hier schon vielfach gefordert, eingebaut werden, so schwer ist das nicht.
Ich unterschreibe jeden Satz von Dir in dem grandiosen Beitrag! Ich hoffe, das sich die anderen führenden Zentralen der Großstädte deiner weisen Voraussicht anschließen und auf ihre Unternehmer einwirken. Und das möglichst schnell! Denn wer hier, auch bei den Unternehmern unserer Branche, Pionierarbeit leistet, wird später zu den Gewinnern gehören. Der Mindestlohn kommt, soviel ist sicher. Je schneller er kommt, desto besser!

LG
Dura lex, sed lex.

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Beitrag von Pittlepuk » 27.08.2012, 22:47

Nach Hartz4 und Aufbau des Niedriglohns kommt wohl statt Mindestlohn erstmal die Agenda 2020, uns geht's ja anscheinend noch zu gut.

http://www.nachdenkseiten.de/?p=14262

roter stern
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Beitrag von roter stern » 27.08.2012, 23:25

Die Reichen werden reicher
die Armen werden ärmer
Umfairteilen.de
bitte die Vermögens - Verschuldungsuhr beachten.

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Beitrag von reasoner » 28.08.2012, 07:27

Pittlepuk hat geschrieben:Nach Hartz4 und Aufbau des Niedriglohns kommt wohl statt Mindestlohn erstmal die Agenda 2020, uns geht's ja anscheinend noch zu gut.

http://www.nachdenkseiten.de/?p=14262
Ich bin beileibe nicht mit Allem einverstanden, was unsere Berufspolitiker produzieren. Wenn sich allerdings Amateure an der Weltrettung versuchen, kann nur Bullshit herauskommen. Die Schreiberlinge der Welt sollten bei ihrem Leisten bleiben.
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf

Jochen Lembke

Beitrag von Jochen Lembke » 28.08.2012, 08:56

reasoner hat geschrieben:Ich bin beileibe nicht mit Allem einverstanden, was unsere Berufspolitiker produzieren. Wenn sich allerdings Amateure an der Weltrettung versuchen, kann nur Bullshit herauskommen. Die Schreiberlinge der Welt sollten bei ihrem Leisten bleiben.
Ich weiß, dass du in diesem speziellen Fall nicht mich meinst aber dennoch muss ich dir widersprechen.

Unsere Eliten sind in einem Maße korrumpiert, dass es einem der Atem stockt. Es ist wie in der Mafia, sobald einer irgendwo in einer Position angekommen ist wird ihm ein Angebot gemacht, dass er nicht abschlagen kann.

Das fängt schon ganz unten an, als ich damals mich im Telefonbuch unter "Schriftsteller" habe registrieren lassen, kam die örtliche Sektion der Cosa Nostra (FDP) auf mich zu und lud mich zu einer Veranstaltung ein. Niemand sonst tat das, weil niemand sonst das Geld für sowas hat.

Ergo, Amateure an die Macht! Wir alle, wildgelockte Schreiberlinge und andere Wirrköpfe, steht auf, werft den Joint weg und tut etwas! Kein Mensch hat auf meine Blitzer-Resolution hin Interesse gezeigt, aber genau das ist ein Beispiel, wie unsere Gesellschaft verändert werden kann und sonst durch nix.

Wahlen bestätigen die Machtverhältnisse, Gelaber ändert nix, Handlung muss her! Ziviler Ungehorsam und andere Mittel der Druckausübung von unten und es verändert sich etwas, sonst nicht.

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Beitrag von scarda » 28.08.2012, 09:17

Es kann nie Schaden über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Verbündete lauern überall - gerade in diesem Thema - am Ende sogar bei den Christlichen Demokraten... Das schöne ist ja: in der Wirklichkeit gibt es keine Einheitlichen Blöcke...

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Hier zwei eher allgemeine Links von Mindestlohnbefürwortern; zur Einordnung ins gesamtwirtschaftliche Bild.


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Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik


1 - Europa am Scheideweg - Solidarische Integration oder deutsches Spardiktat

"Im Zuge der Bewältigung der internationalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise sind weltweit die Ausgaben der öffentlichen Haushalte gestiegen. Konjunkturprogramme und Maßnahmen zur Bankenrettung haben zwangsläufig zu einer deutlichen Steigerung der Staatsverschuldung beigetragen. Dabei sind die Spannungen im Finanzsektor weder in Deutschland noch auf der europäischen Ebene beseitigt.

Eine zentrale Ursache der derzeitigen Krise ist die seit über 30 Jahren weltweit betriebene Umverteilung von den Arbeits- zu den Besitzeinkommen. In vielen Ländern verfielen die Lohnquoten und stiegen die Gewinnquoten. Bei zurückbleibender Nachfrage führte dies nicht zu vermehrten Investitionen in die Realwirtschaft, vielmehr speiste die überschüssige Liquidität die Finanzmärkte.

Verstärkt wurde diese Entwicklung durch eine starke Deregulierung der Finanzmärkte. Dadurch wurde es möglich, dass im Finanzsektor für Vermögende zeitweise Renditen erwirtschaftet werden konnten, die weit über den realwirtschaftlichen Zuwachsraten lagen.

All das hat sich auch nach der Krise kaum geändert. Daher bleibt der Finanzsektor das Epizentrum krisenhafter Entwicklungen. Durchgreifende Reformen wurden bislang vermieden. Vielmehr wird versucht, durch kleinere Reparaturen das Vorkrisensystem zu stabilisieren."

Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik analysiert in ihrem MEMORANDUM 2012 die aktuellen Verwerfungen, die die Eurokrise verursacht hat, und setzt der herrschenden Austeritätspolitik einen alternativen Entwicklungspfad entgegen, der den europäischen Ländern die Chance bieten würde, aus der Krise herauszukommen. Um Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, enthält das MEMORANDUM Vorstellungen, wie der Finanzsektor neu zu strukturieren und mit einer strengen Regulierung auf eine für die Volkswirtschaft nützliche Funktion zurückzuführen wäre. Außerdem wird die Gestaltung einer "High-Road für die Dienstleistungsgesellschaft" am Beispiel von Pflege und Alltagsunterstützung älterer Menschen aufgezeigt. Weitere Themen sind: Arbeitsmarkt- und Arbeitszeitpolitik, Einkommens- und Vermögensverteilung, Finanz- und Steuerpolitik, Staatsverschuldung und Schuldenbremse, Bildung.

Memo 2012

www2.alternative-wirtschaftspolitik.de/uploads/kurzfassung_memorandum_2012.pdf


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2 - Politik hat nichts gelernt - das Umverteilen von unten nach oben geht weiter

Die deutsche Regierung hatte relativ schnell ihre ablehnende Haltung gegen jede Art von staatlichen Konjunkturprogrammen über Bord geworfen, die Wirtschaft mit zwei milliardenschweren Konjunkturpaketen vor einem weiteren Absturz bewahrt und damit gleichzeitig auch den Anstieg der Arbeitslosigkeit gebremst. Doch diese Politik wurde eher als Betriebsunfall denn als Paradigmenwechsel gesehen. Schnell wurde klar, dass die Regierung wieder zu einem neoliberalen Kurs der Entstaatlichung wechseln würde. Zunächst wurde allgemein erwartet, dass nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen der Kurswechsel erfolgen würde. Im Schatten der Fußballweltmeisterschaft wurde schließlich ein großes Kürzungspaket zu Lasten vor allem der Arbeitslosen beschlossen. Dabei wird es nicht bleiben. Die Logik der Konsolidierungspolitik wird weitere Einschnitte erforderlich machen.

Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik lehnt diesen Rückfall in alte Politikmuster entschieden ab. Eine solche Politik ist unsozial und ökonomisch kontraproduktiv. Alternativen sind möglich und notwendig.

SonderMemo 2010 - Umverteilung

www2.alternative-wirtschaftspolitik.de/uploads/sondermemorandum_august_2010.pdf


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Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (http://www.alternative-wirtschaftspolitik.de/index.html)
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Lotterliese
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Beitrag von Lotterliese » 29.08.2012, 23:25

reasoner hat geschrieben:...beinhaltet den Verlust des Arbeitsplatzes. Ja, das wollen wir mittelfristig doch hoffen, dass das so ist. Der erwirtschaftete Umsatz wird zurzeit durch zu viele Mäuler geteilt, und den Taxitarif kann man nicht unendlich erhöhen.
Dafür brauchen wir keinen Mindestlohn. Das schafft auch Frau von der Leyen mit ihrer Zwangsvorsorge . Ergebnis wird sein, dass viele oder fast alle(?) selbst fahrenden Unternehmer ihre Konzession zurückgeben (müssen). Ob diese zwangsläufige "Monopolbildung" dem Gewerbe zuträglich ist, sei dahingestellt.

Unendlich erhöhen kann man den Tarif sicherlich nicht, aber ich halte die derzeitigen Tarife insgesamt für zu niedrig. Jeder Webdesigner, der von zu Hause arbeitet, also weitaus geringere Anschaffungs- und Betriebskosten hat, stellt seinen Kunden einen höheren Stundenlohn in Rechnung. Und welche Sätze bei der "Sternwarte" angezogen werden, weiß hier auch jeder.

Zitatanfang:
Und warum das Ganze? (Altersvorsorgezwang)

Die Vernichtung selbstständiger Existenzen im Bereich der Niedrigeinkommen ist offenbar kein Versehen der Bundesregierung, sondern Programm. Das von der Bundesregierung finanzierte Bonner Institut für Mittelstandsforschung veröffentlichte im November 2011 die Studie „Selbstständige in der Grundsicherung“. Dort stellt man zu den 125.000 selbstständigen Aufstockern auf S. 36 f. fest: „Durch das Außerkraftsetzen eines betriebswirtschaftlich gebotenen Marktaustritts wird der Strukturwandel gebremst“. Wegen „des Substitutionseffekts und der möglichen Schaffung von Marktaustrittbarrieren“ sei „eine dauerhafte bzw. langfristige Unterstützung von Selbstständigen in der Grundsicherung volkswirtschaftlich nicht wünschenswert.“

Für diese Sichtweise ist offenbar ohne Belang, dass das Zehnfache an Hartz IV-Aufstockern - sehr häufig zu Niedrigstlöhnen - bei den besser verdienenden mittelständischen Betrieben unselbständig beschäftigt werden - ebenfalls indirekt subventioniert durch Hartz iV. Sollten die zweifelhaften, weil rein theoretisch abgeleiteten Aussagen der Studie tatsächlich stimmen, müsste genauso für diese zehnfach größere Gruppe von Arbeitnehmern als Aufstocker gelten, dass sie für die Volkswirtschaft "schädlich" sind. Diese Gruppe bleibt aber gänzlich außen vor - nur die Selbständigen mit Grundsicherungszuschuss gelten als Volks(wirtschafts)schädlinge. Das passt zu anderen Maßnahmen rund um die „Förderung“ von Selbstständigen:

Bereits zum 01.01.2006 wurden nach Eintritt der CDU in die große Koalition ab Herbst 2005 gemäß Koalitionsvertrag die erfolgreiche Ich-AG-Förderung der rot-grün Regierung gestrichen, die besonders für Gründer aus Arbeitslosigkeit mit niedrigem Arbeitslosengeld I angedacht war. Auch den Förderetat mit Einstiegsgeld für Gründungen aus Hartz IV hat man von 2007 bis heute massiv reduziert.

Zum 1. Januar 2012 folgte dann durch schwarz-gelb die Streichung eines wesentlichen Teils des Gründungszuschusses um eine Milliarde durch Kürzungen am Programm und durch Streichung des Budgets der Arbeitsämter für diese Maßnahme - trotz guter Kassenlage. Damit unterbleiben nach Schätzungen des DIW rund 50.000 Gründungen jährlich - eine halbe Großstadt.

Und jetzt drohen den Selbständigen die Vorsorgepflichtbeiträge an die Finanzbranche oder die Rentenkasse.

So versperrt man hungrigen Selbstständigen den Zugang zu den Futterstellen am Markt und schützt den etablierteren Mittelstand vor der Konkurrenz, der eher zum Wählerkreis von schwarz-gelb gehört als Kleinselbständige. Dass dann gleichzeitig die Zahl – wohlgemerkt nicht selbstständiger - Hartz IV Empfänger wächst, ist für ein Umfeld durchaus attraktiv, das mit Niedriglöhnen kalkuliert.
Zitatende

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Beitrag von Pittlepuk » 30.08.2012, 02:01

Lotterliese hat geschrieben:

Die Vernichtung selbstständiger Existenzen im Bereich der Niedrigeinkommen ist offenbar kein Versehen der Bundesregierung, sondern Programm. Das von der Bundesregierung finanzierte Bonner Institut für Mittelstandsforschung veröffentlichte im November 2011 die Studie „Selbstständige in der Grundsicherung“. Dort stellt man zu den 125.000 selbstständigen Aufstockern auf S. 36 f. fest: „Durch das Außerkraftsetzen eines betriebswirtschaftlich gebotenen Marktaustritts wird der Strukturwandel gebremst“. Wegen „des Substitutionseffekts und der möglichen Schaffung von Marktaustrittbarrieren“ sei „eine dauerhafte bzw. langfristige Unterstützung von Selbstständigen in der Grundsicherung volkswirtschaftlich nicht wünschenswert.“

Datscha 'n Hammer! Unsere sog. EXPERTEN

Dann lasst uns doch alle in die BRDGmbH eintreten und auch "Beamte" werden, wo ist das Problem!

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Beitrag von Lotterliese » 30.08.2012, 07:45

Pittlepuk hat geschrieben:Lotterliese hat geschrieben:
Nein.
http://www.akademie.de/ hat geschrieben...
Ich hatte den Text als Zitat gekennzeichnet, allerdings nicht mit dem üblichen "quote" wegen der besseren Lesbarkeit. Bezog sich aber auf oben genannten Link, nämlich diesen hier:

http://www.akademie.de/wissen/altersvor ... keitsluege

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Beitrag von Anna Chronismus » 31.08.2012, 11:56

(Antwort von Beitrag in anderem Thread hierher kopiert)
reasoner hat geschrieben:Sinn und Zweck eines Mindestlohns sind, dass der Lohnempfänger von seinem Salär leben kann. Sinn und Zweck eines guten ML sind, dass er dieses Salär in einer normalen Arbeitszeit von 160 bis 180 Stunden im Monat schafft.

Es ist doch nicht sinnvoll, 8,50 € ML zu zahlen, wenn Angestellte 200 oder mehr Stunden arbeiten. Das sollte man nicht als Axiom voraussetzen.
Im Sinne einer ordentlichen Auslastung des Arbeitsmaterials "Auto" müsste das aber eine andere Schichteinteilung bei mehrfach besetzten Wagen nach sich ziehen. Abkehr von der reinen Tag- und Nachtfahrerei (wechselnde Schichtzeiten für jeden Schichtfahrer), 3-Schichten-Wagen usw. - kann ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen, dass das großstädtische Taxengewerbe das bis zur oder mit der Einführung eines Mindestlohnes hinbekommt. Weswegen ich glaube, dass die derzeitigen Arbeitszeiten größer als 40 Stunden uns noch eine lange Weile erhalten bleiben werden.
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Beitrag von Filou » 31.08.2012, 12:05

Gibt es eigentlich in unserer Branche Unternehmungen unserer Unternehmer und dazugehörigen Verbänden den Stundenumsatz Richtung 23€ und mehr zu treiben ohne dass unsere Dienstleistung auseinander fliegt? Kann sich der BZP dass mal auf die Fahne schreiben? :wink:

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Beitrag von reasoner » 31.08.2012, 15:39

Der Ansatz ist beim BZP nicht unbekannt. Sonst bin ich in aller Bescheidenheit wohl der Erste, der alles am Umsatz ausrichten will. Mir sind jedenfalls nur Bruchstücke bekannt, z. B. Tarif erhöhen, Auslastung erhöhen, Beobachtungszeitraum einführen.

Bis auf beim Engel liest man den Zusammenspiel mehrerer Faktoren selten.
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Beitrag von nightdancer » 31.08.2012, 18:39

Lotterliese hat geschrieben: Dafür brauchen wir keinen Mindestlohn. Das schafft auch Frau von der Leyen mit ihrer Zwangsvorsorge . Ergebnis wird sein, dass viele oder fast alle(?) selbst fahrenden Unternehmer ihre Konzession zurückgeben (müssen). Ob diese zwangsläufige "Monopolbildung" dem Gewerbe zuträglich ist, sei dahingestellt.

Dass die EWSA verschwinden wäre richtig und gut. Wer das nicht begriefen will oder kann, so what. Das Problem ist halt, dass die EWSA nicht rechnen können.

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Beitrag von Filou » 31.08.2012, 19:19

Wollen! :wink:

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Beitrag von reasoner » 31.08.2012, 20:24

Mich erreichte eben eine pn, die ich gerne im Forum beantworten möchte.
pn hat geschrieben:Viel Spass bei der Arbeit , 2035,00 ist ca, 2435,00 Brutto für den arbetgeber also mußt Du 5500,00 Einfahren . Also 15,00 euro die Stunde macht 366 Stunden Viel Spass Beim Arbeitzamt und Hartz Vier .Oder Fährst Du 30,00 euro die Stunde dann reichen183 Stunden ,...
Selbstverständlich geht ein Mindestlohn von 8,50 € nur, wenn der Umsatz auf etwa 23 € pro Stunde gesteigert werden kann, in anderen Beiträgen nahm ich gerne 25 € als Richtschnur. Wie man den erreichen kann, können wir in einem anderen Thread diskutieren, wenn jemand einen aufmachen möchte.

Nur soviel. Wenn ein Schichtauto mit 2 Fahrern in 360 Stunden 9.000 € umzusetzen in der Lage ist, können 8,50 € locker bezahlt werden, da sich die Fixkosten und die variablen nicht erhöhen, nur die Lohnkosten.
In deinem Beispiel würden für 366 Stunden (5.500 Umsatz bei 15 €) Lohnkosten von mehr als 4.000 € anfallen. Man sieht also sofort, dass 15 € nicht reichen. Hier müssen eben umsatzerhöhende Maßnahmen helfen, auch Geschäftsaufgaben und Personalabbau.
pn hat geschrieben:... es gibt keine Rechtliche grundlage die deine Idee denn mehr ist das nicht rechtfertigt.
Momentan gibt es die nicht, deshalb muss ein Mindestlohn her, weil viele im Gewerbe Beschäftigte vor Hunger nicht mehr 'Schrippe' sagen können. Also nicht lamentieren, sondern Pobacken zusammenkneifen, damit du bei einem Mindestlohn -das ist die rechtliche Grundlage, die ich ja haben will- einen der Jobs abbekommst. Es ist doch wohl nicht sinnvoll, alles, was keinen Job hat, in der Taxibranche abzuparken!?
pn hat geschrieben:Es gibt kein Tarifvertrag im Taxen Gewerbe Oder.
Es gibt in B einen, der zwar ausgelaufen ist, sich aber noch in der rechtlichen Nachwirkung befindet.
Das ist allerdings sekundär, da ein nicht allgemeinverbindlicher TV eh nur für die Tarifparteien gilt.
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Beitrag von SindSieFrei? » 31.08.2012, 20:53

Rea, den Unternehmern steht die eigentliche Arbeit bevor, nämlich wieder Unternehmer zu werden und nicht bloß Fuhrparkverwalter. Ich sage jetzt nicht, wer mir das als Unternehmer gerade gesagt hat, aber derjenige hat es begriffen. Mir machen solche Aussagen Mut. Es ist eine Freude zu sehen, das es einige Unternehmer geben wird, die wieder "aktiv" werden. Nicht ins Bockshorn jagen lassen. Zusammen mit "umsatzerhöhenden Maßnahmen", die die nächsten Gespräche mit den Behörden hoffentlich zumindest langfristig bringen. Das dazu Taxen vom Markt verschwinden müssen, die keiner braucht, ist selbstredend.

Solange in unserem Job Leute arbeiten, die zusätzlich nach 12 Stunden Schichtzeit mit Hartz 4 aufstocken müssen/wollen(!), ist das System falsch! Und das betrifft nicht nur MWU-Angestellte! Solange EWU massive Schichtzeitüberdehnungen leisten müssen, um ihre Familien ernähren zu können, ist das System falsch. Und solange diese nicht mal ihre Krankenversicherung bezahlen können, ist unser System falsch. Solange die Auslastung der meisten Taxen gegen 20% geht, ist das System falsch! Der Tarif ist nicht die Stellschraube, wenn er auch fürs Überleben notwendig ist.

Ich hoffe, wir alle werden nach dem 6.9. schlauer! Ich hoffe da auf die Arbeit der ARGE, zunächst mal.

LG
Dura lex, sed lex.

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Beitrag von Filou » 31.08.2012, 20:59

SindSieFrei? hat geschrieben:Ich hoffe, wir alle werden nach dem 6.9. schlauer! Ich hoffe da auf die Arbeit der ARGE, zunächst mal.LG
Du SindSieFrei, wir sind hier mal ausnahmsweise nicht in Hamburg. :wink:
Selbst wenn ihr einiges hinbekommt, woran ich noch zweifle, sind grundsätzliche Fragen unseres Gewerbes immer noch nicht bundesweit geklärt.

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