Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Löhne, Arbeitsbedingungen, Recht.
Guter_Kollege
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Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von Guter_Kollege » 01.08.2015, 14:35

Sittenwidrigkeit der Vergütungsabrede

Trotz Zeitlohns, gegründet auf den Mindestlohnanforderungen, ist eine Umrechnung von umsatzabhängiger, d.h. schwankender, Entlohnung
auf einen Bruttogrundlohn möglich und wird in der Praxis auch angewendet (die - ungeklärte - Zulässigkeit unter dem Aspekt
des FPerG mal ausser Acht gelassen).
Wer aber hat es grade als Taxifahrer-Angestellter nicht schon erlebt, das ihm der Umsatz des Taxameters, den Fahrgäste z.B.
bei Unbar-Abrechnungen (oder auch weil sie einfach verduftet sind) nicht erbracht haben, im Nachhinein storniert wurde.
Was dann natürlich auch den Verdienst schmälert.
Der typische Umgang damit ist dann meistens schlicht der buchungstechnische Vorgang der Fehlfahrt.
Soweit so üblich, aber aus Sicht der Lohnabrechnung auch richtig? Denn, siehe dieses neuerliche Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamm,
vom 24.4.2015 – AZ: 14 Sa 1249/14, als Leitsatz (im Volltext demnächst zu lesen - wie üblich auf meinem in der Signatur zu sehenden Taxirecht-Blog):

Eine Vergütungsvereinbarung ist sittenwidrig, wenn der Arbeitnehmer mit dem Betriebs- oder Wirtschaftsrisiko des
Arbeitgebers belastet wird, in dem eine Beteiligung am Honorar der für Mandanten des Arbeitgebers erbrachten
Leistungen davon abhängig gemacht wird, dass die Mandanten das Honorar bezahlen.
Zuletzt geändert von Guter_Kollege am 01.08.2015, 14:38, insgesamt 3-mal geändert.

Sascha1979
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von Sascha1979 » 01.08.2015, 14:41

Hammer!

Mit diesem Urteil haben wir die Chance, dass Millionen von umsatzanhangigen Angestellten im Außendienst die Chance auf mehr Geld haben!

Jeder Autoverkäufer bekommt seine Provision nur, wenn der Vertrag unterschrieben UND auch abgewickelt ist! Holt der käufer sein Auto nicht ab, zahlt er nicht, bekommt er die Provision auch nicht.

Jede Fitnessstudio Verkäuferin bekommt ihr Geld nur, wenn der Vertrag in den ersten Monaten nicht platzt / widerrufen / bezahlt wird.

Gilt für jeden Angestellten im Außendienst.
Rücksendungen werden jedem Angestellten von der Provision abgezogen.

Ich freu mich drauf, dass gerade das TAXI Gewerbe hier revolutioniert.
Zeige einem schlauen Menschen einen Fehler und er wird sich bedanken, zeige einem dummen Menschen einen Fehler und er wird dich beleidigen.
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von Guter_Kollege » 01.08.2015, 15:13

Danke für die Genesungswünsche! Ob das aber die entsprechenden Auswirkungen zeitigen wird, wage ich noch zu bezweifeln,
denn das Taxigewerbe ist extrem hartnäckig.

Beside ist dieses Urteil aber nicht ganz überraschend, zumal das LAG Hamm schon Erfahrung im Umgang mit Provisionsabreden hat.
Das Urteil dazu aus dem Jahre 1989 findet sich - wie immer bequemerweise ohne lange Recherche im WorldWideWeb -auf meinem Taxiurteile-Blog
unter der Rubrik 'Arbeitnehmer – Lohn & Arbeitsplatz' mit dem Titel '§ Nichtigkeit einer Vergütungsvereinbarung auf Provisionsbasis, LAG Hamm v. 16.10.1989'
Hier: https://taxiurteile.wordpress.com/
oder direkt:
https://dl.dropboxusercontent.com/u/171 ... 0.1989.pdf

eichi
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von eichi » 02.08.2015, 03:35

Zitat GuKo:
Wer aber hat es grade als Taxifahrer-Angestellter nicht schon erlebt, das ihm der Umsatz des Taxameters, den Fahrgäste z.B.
bei Unbar-Abrechnungen (oder auch weil sie einfach verduftet sind) nicht erbracht haben, im Nachhinein storniert wurde.
Was dann natürlich auch den Verdienst schmälert.
Das setzt allerdings den unwahrscheinlichen Umstand voraus, dass eine
nachträgliche Korrektur in der Abrechnung auftaucht, mitgeteilt wird oder
deutlich erkennbar ist. Das dürfte i.d.R. nicht der Fall sein.
Somit gilt: wo wg. Unwissenheit kein Kläger, da ist auch auch kein Richter.

Ich empfehle den Angestellten einen Zusatz zur Abrechnung:
"Änderungen od. Korrekturen nur nach vorheriger Rücksprache!"
Und Umsatz durch einen abgehauenen Fahrgast sollte nicht als Fehlfahrt,
sondern als Umsatz (mit offener Forderung) notiert werden.
Die Arbeitsleistung wurde ja erbracht, der Betrag kann dann eingeklagt werden.
Quasi so'ne Art Verrechnungsscheck.
Zuletzt geändert von eichi am 02.08.2015, 03:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von taxipost » 02.08.2015, 09:37

und jetzt der clou.
taxitarif HH schreibt zum einschalten des taxameters u.a.:
... im Falle einer Bestellfahrt nach Eintreffen am Bestellort...

jetzt kann jeder fahrer mit nur 2 "zusätzlichen" fehlfahrten pro schicht
seinen monatsumsatz steigern. ich finde das irgendwie gut.
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von LRKN » 02.08.2015, 12:24

Sascha1979 hat geschrieben:Hammer!

Mit diesem Urteil haben wir die Chance, dass Millionen von umsatzanhangigen Angestellten im Außendienst die Chance auf mehr Geld haben!

Jeder Autoverkäufer bekommt seine Provision nur, wenn der Vertrag unterschrieben UND auch abgewickelt ist! Holt der käufer sein Auto nicht ab, zahlt er nicht, bekommt er die Provision auch nicht.

Jede Fitnessstudio Verkäuferin bekommt ihr Geld nur, wenn der Vertrag in den ersten Monaten nicht platzt / widerrufen / bezahlt wird.

Gilt für jeden Angestellten im Außendienst.
Rücksendungen werden jedem Angestellten von der Provision abgezogen.

Ich freu mich drauf, dass gerade das TAXI Gewerbe hier revolutioniert.
Du vergleichst Äpfel mit Birnen.

1. Im Gegensatz zu Taxifahrern bekommen deine Beispiele eine Kombination aus Fest- uznd Provisionslohn. Ein Taxifahrer bekommt nur Provisionslohn. Und wenn es durch solche nicht zusatnde gekommenen Fahrten zu einer Verminderung seines Verdienst kommt trägt er auch ein deutlich höheres wirtschaftliches Risiko als ein Verkäufer.

2. Dein Beispiel mit dem Autoverkäufer: Ein Vertrag ist zwischen dem Händler und Käufer zustande gekommen sobald der Käufer den Vertrag unterschrieben hat. Er ist also gezwungen den Kaufbetrag zu zahlen. Somit bekommt der Verkäufer seine Provision. Wenn der Kunde jetzt nicht zahlt ist der Händler in der Lage den Verkaufspreis juristisch vom Käufer einzuklagen. Das ist ausschließlich in der Verantwortung des Händlers.
Im Taxigewerbe kann auch ein angestellter Fahrer seine Dienstleistung als Gehalt vom Unternehmer einfordern auch wenn die Fahrt nicht zu stande gekommen ist. Denn im Taxigewerbe wird ein Vertrag geschlossen wenn ein Kunde ein Taxi bestellt oder ein Fahrtziel angibt. Somit könnte jeder Unternehmer sich diesen Betrag vom Fehlfahrtverursacher einklagen. Es wird nur nie gemacht. Aber das ist grundsätzlich nicht das Problem des Angestellten sondern des Unternehmers.

3. Es steht jedem Unternehmer frei einen festen Monatslohn in Kombination mit festen Arbeitszeiten einzuführen. Dann sind sehr sehr viele juristische Fallgruben und Fragestellungen auf einen Schlag gelöst.

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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von IK » 02.08.2015, 16:52

@ LRNK

In der Bezahlung nach dem erzielten Umsatz gibt es keine juritischen Fallgruben. Allerdings es hat einen Versuch Mitte 2011 eine solche Grube mit Hilfe des FahrPG auszuheben. Dieser Versuch endete damit, dass die Ausheber selbst in dieser landeten und allem Anschein nach, eine solche Nummer nie wieder starten werden. Und jetzt versucht unser GK ein neues Grübchen auszuheben. Aber auch daraus wird nichts.

Das Thema Fehlfahrten in Kontext der Entlohnung nach dem erzielten Umsatz ist fruchtlos, weil völlig irrelewant. Die Fehlbeträge bewegen sich bei den Graupen im Nullbereich. Selbst bei den Hansataxen sind diese Beträge kaum größer als 1% und damit auch irrelevant.

Würde man die Generierung der Fehlfahrten belohnen, indem man die Entlohnung nach dem errzielten Umsatz auch auf die Fehlfahrten ausdehnt, wäre das einer Einladung zum Betrug gleichkommen. Viele Fahrer würden plötzlich sehr viel Fehfahrten haben. Der Fahrer, welcher nicht in der Lage ist, seine Dienstleistung bezahlt zu bekommen, sollte lieber was anderes machen.

Aber selbst dann, wenn irgendein Gericht auf die ganz dumme Idee käme sich hier einzumischen, wäre die ganze Mühe umsonst. Die Unternehmer würden die Vereinbarung geringfügig anpassen. Sie würden eine Entlohnung nach Umsatz anbieten, welche sich ausschließlich nach bezahlten Touren orientiert. Noch eleganter wäre eine Prämie für das erfolgreiche Abrechnen mit den Kunden auszuloben. Das geht dann so: Man senkt die Prozente um x%. Diese zahlt man nur dann aus, wenn Fahrer dafür sorgt, dass der Kunde zahlt. Das ist fair, oder :wink:

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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von Guter_Kollege » 02.08.2015, 17:33

IK hat geschrieben:Und jetzt versucht unser GK ein neues Grübchen auszuheben. Aber auch daraus wird nichts.
Du bist ein Blödmann!!
Ich hab lediglich ein Urteil gepostet und knapp kommentiert. Und wenn Du mal aufmerksam gelesen hättest, hättest Du mitbekommen, dass ich geschrieben habe, das eine umsatzorientierte Entlohnung rechtlich durchaus möglich ist.

Zitat IK: "Das geht dann so: Man senkt die Prozente um x%. Diese zahlt man nur dann aus, wenn Fahrer dafür sorgt, dass der Kunde zahlt. Das ist fair, oder?"
Das ist nicht fair, das ist nur eine rechtlich undurchsetzbare Schwachsinnsidee und Papperlapapp.

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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von SindSieFrei? » 02.08.2015, 18:39

IK hat geschrieben:...
Das Thema Fehlfahrten in Kontext der Entlohnung nach dem erzielten Umsatz ist fruchtlos, weil völlig irrelewant. Die Fehlbeträge bewegen sich bei den Graupen im Nullbereich. Selbst bei den Hansataxen sind diese Beträge kaum größer als 1% und damit auch irrelevant. ...
Naja IK, es gibt durchaus mal Schichten im Monat, das hast du 2-4 Fehlfahrten hintereinander! Insbesondere immer an den Fehlfahrtknotenpunkten wie Johannes-Brahms-Platz. Da gurkst du denn von einer Null zur anderen (alles erlebt!). Eine Stunde und mehr sind locker passé.

Ich stimme dir trotzdem zu, das sie im Vergleich zum Monatsumsatz gegen 1% und weniger tendieren und ein guter Fahrer das ausgleichen kann (auch wenn der Frustfaktor bei sowas hoch ist).

Was aber gar nicht geht, ist das der Fahrer plötzlich noch Zusatzprovision bekommen soll, wenn er alle Fehlfahrten eintreibt! DAS ist Job des Tourenmaklers indem er das Hotelpersonal einweist, wie eine korrekte Bestellabwicklung funktioniert. Funktioniert komischerweise bei manchen Hotels prima, bei anderen gar nicht!!! Hast du mal versucht, im Hotel X für 3 bestellte Taxen mit 20 Minuten Wartezeit Geld zu bekommen??? Da gibts ein Achselzucken, trotz das gesagt wurde, die Kunden sind noch im Hause!!! Das muss geregelt werden! Und zwar dergestalt, das der Besteller (Hotel) zahlt und es den Kunden auf die Rechnung setzt! DAS ist der Job der Zentrale! Sorry, das mußte mal raus! :P

LG
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von am » 02.08.2015, 20:22

Möglicherwiese sollte mal die Begrifflichkeit "Fehlfahrt" geklärt werden.

Ich verstehe unter einer Fehlfahrt eine Bestellfahrt, bei der am Ende kein Kunde wartet. Der Wert einer solchen Fahrt für den Fahrer ist =0

Wenn hier nun geschrieben wird, dass die Anrechnung von Fehlfahrten auf den Umsatzlohn Betrug durch die Fahrer ggü den Unternehmern Tür und Tor öffnen würde, können damit doch nur Einnahmeausfälle durch Nichtbezahlung gemeint sein. Die Quote ist doch lächerlich gering. Soll hier etwa unterstellt werden, dass diese Quote urplötzlich ansteigen würde?

Ja ja, alles was ich selber tu, trau ich auch jedem anderen zu.
Es gibt kein gefährliches Halbwissen, aber zu viele schlechte Informationen.

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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von Guter_Kollege » 02.08.2015, 21:27

Wir diskutieren doch nur übers Prinzip, oder?
Meine Intention war es sicher nicht aus ner Mücke nen Elefeanten zu machen.
Ich habe bloß ein interessantes Urteil mit etwas Relevanz zum Taxigewerbe gepostet.
Nicht mehr und nicht weniger.

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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von Thomas-Michael Blinten » 03.08.2015, 02:53

Also irgendwie scheine ich etwas naiv zu sein.
Ich bekomme den Mindestlohn von 8,50 €/Std. und obenauf die Differenz zur Umsatzbeteiligung als Bonus.
Wenn ich also eine Fehlfahrt habe (durchschnittlicher Zeitwert etwa 10-15 min) bekomme ich die Zeit doch bezahlt.
Auch die Bonushöhe verändert sich nicht, kein Umsatz kein Bonus.
Bei Kunden die den Usain Bolt machen habe ich noch nie Geld bekommen, musste aber den Verlust auch nicht aus eigener Tasche zahlen.
Bei Kunden die zur Zahlung überredet werden mussten bekam ich meinen Anteil anstandslos wenn sie bezahlt haben.
Bei Kunden die nicht kamen und man die Uhr schon eingeschaltet hatte (z.B. Vorbestellungen) wird der nicht erzielte Umsatz am Schichtende abgezogen, kein Umsatz keine Zahlung an den Unternehmer.
Warum sollte sich dies ändern ?
Wo liegt das Problem ?
„Alle sind irre, aber wer seinen Wahn zu analysieren versteht wird Philosoph genannt" (Ambrose Bierce)

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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von Guter_Kollege » 03.08.2015, 07:32

Ausgegangen vom einfachsten Fall (wie im Eingangsthread beschrieben):
Trotz Zeitlohns, gegründet auf die Mindestlohnanforderungen, ist eine Umrechnung von umsatzabhängiger, d.h. schwankender, Entlohnung
auf einen Bruttogrundlohn möglich und wird in der Praxis auch angewendet.
Gilt also dort wo tatsächlich noch rein nach Umsatz bezahlt, aber in Stundenlohn umgerechnet wird.

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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von taxipost » 03.08.2015, 08:29

am hat geschrieben:...

Ich verstehe unter einer Fehlfahrt eine Bestellfahrt, bei der am Ende kein Kunde wartet. Der Wert einer solchen Fahrt für den Fahrer ist =0

...
dieses urteil sagt eben etwas anderes aus.
in HH sind es min. 3,20.
Thomas-Michael Blinten hat geschrieben:Also irgendwie scheine ich etwas naiv zu sein.
Ich bekomme den Mindestlohn von 8,50 €/Std. und obenauf die Differenz zur Umsatzbeteiligung als Bonus.
Wenn ich also eine Fehlfahrt habe (durchschnittlicher Zeitwert etwa 10-15 min) bekomme ich die Zeit doch bezahlt.
Auch die Bonushöhe verändert sich nicht, kein Umsatz kein Bonus.
...
nicht ganz.
der AN aus dem o.g. fall bekam auch ein grundgehalt und die "provision" extra dazu.
da du bei bestellfahrten, min.B u. HH, den taxameter am bestellort einschalten musst,
das unabhängig vom vorhandensein eines fahrgasts,
so ist bereits beim antreffen am bestellort "provisionspflichtiger"-umsatz entstanden.
das diese rechnung unbezahlt bleibt, spielt für die "provision",
zumindest nach diesem urteil, keine rolle.
IK hat geschrieben:...
Aber selbst dann, wenn irgendein Gericht auf die ganz dumme Idee käme sich hier einzumischen, wäre die ganze Mühe umsonst. Die Unternehmer würden die Vereinbarung geringfügig anpassen. Sie würden eine Entlohnung nach Umsatz anbieten, welche sich ausschließlich nach bezahlten Touren orientiert. Noch eleganter wäre eine Prämie für das erfolgreiche Abrechnen mit den Kunden auszuloben. Das geht dann so: Man senkt die Prozente um x%. Diese zahlt man nur dann aus, wenn Fahrer dafür sorgt, dass der Kunde zahlt. Das ist fair, oder :wink:
genau das schließt das gericht in dem urteil aus.
Zuletzt geändert von taxipost am 03.08.2015, 08:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von Sascha1979 » 03.08.2015, 09:36

Guter_Kollege hat geschrieben:Ausgegangen vom einfachsten Fall (wie im Eingangsthread beschrieben):
Trotz Zeitlohns, gegründet auf die Mindestlohnanforderungen, ist eine Umrechnung von umsatzabhängiger, d.h. schwankender, Entlohnung
auf einen Bruttogrundlohn möglich und wird in der Praxis auch angewendet.
Gilt also dort wo tatsächlich noch rein nach Umsatz bezahlt, aber in Stundenlohn umgerechnet wird.
A) Das wird es doch im Taxen Gewerbe überall
Oder
B) Nirgends

Oder nicht?
Jeder Taxi Fahrer bekommt x% vom Umsatz.
Diese Provision wird auf seine Stunden aufgeteilt und auf 8,50 EUR erhöht, wenn sie drunter liegt.

Thomas seinen Beitrag finde ich super.

Hat das ganze nun (mit dem ML) noch eine Relevanz fürs Taxen Gewerbe, oder nicht?
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von am » 03.08.2015, 11:44

taxipost hat geschrieben:
am hat geschrieben:...

Ich verstehe unter einer Fehlfahrt eine Bestellfahrt, bei der am Ende kein Kunde wartet. Der Wert einer solchen Fahrt für den Fahrer ist =0

...
dieses urteil sagt eben etwas anderes aus.
in HH sind es min. 3,20.
Du beziehst Dich vermutlich auf das fällige Entgelt, wenn ein bestelltes Taxi nicht in Anspruch genommen wird? Ja, prinzipiell richtig, jedoch ist es ebenfalls extrem selten, dass man des Kunden noch angesichtig wird, um den Betrag zu verlangen. Bezahlt er, ist es keine Fehlfahrt mehr.
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von IK » 03.08.2015, 11:47

@ Taxipost
Taxipost hat geschrieben:genau das schließt das gericht in dem urteil aus.
Das Gericht schließt die Änderung der Verträge aus?
Wieso das denn? Der Fahrer, welcher im unwahrscheinlichen Fall gerichtlich eine solche Forderung dursetzen würde, bekäme am nächsten Tag Kündigung oder eine Änderungskündigung von seinem Chef. Diese wird er annehmen, sonst verliert er seinen Job.

Da die Lohnforderungen in der Regel wegen der vertraglichen Klauseln schon nach 3 Monaten verfallen, kann der Fahrer im besten Fall einen niedrigen dreistelligen Betrag erstreiten. Gegenrechnen muss er die Gerichts- und die Anwaltskosten. Was bleibt überig? Nix!

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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von IK » 03.08.2015, 11:53

@ SSF

Eine genossenschaftlich organisierte Taxizentrale ist keine Tourenmakler.

Du möchtest, dass die Hotels den Kunden die Fehlfahrten in Rechnung stellen? Na schön. Aber wie wäre es damit, dass die Kunden uns eine Rechnung stellen, wenn wir sie nicht bedienen können. Stell dir vor, ein Hotel hat einen Kunden, welcher zum Flieger muss. Da wir aber überlastet sind und nicht bedienen können, heuert das Hotel eine Limusine an und im Anschluss darauf noch einen Privatjet für den Kunden. Wo ist dabei Vorteil für uns?

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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von Sascha1979 » 03.08.2015, 14:45

IK hat geschrieben:@ SSF

Eine genossenschaftlich organisierte Taxizentrale ist keine Tourenmakler.

Du möchtest, dass die Hotels den Kunden die Fehlfahrten in Rechnung stellen? Na schön. Aber wie wäre es damit, dass die Kunden uns eine Rechnung stellen, wenn wir sie nicht bedienen können. Stell dir vor, ein Hotel hat einen Kunden, welcher zum Flieger muss. Da wir aber überlastet sind und nicht bedienen können, heuert das Hotel eine Limusine an und im Anschluss darauf noch einen Privatjet für den Kunden. Wo ist dabei Vorteil für uns?
Inhaltlich finde ich das Thema unspannend.

Spannend finde ich hier, wie jeder Taxi-Fahrer es aus einer anderen Brille betrachtet und eigentlich alles durcheinander geschmissen wird.

Zu deinem Fall:
Es besteht nicht die Möglichkeit irgendeinen Schadenersatz geltend zu machen, weil ihr nicht bedienen könnt.
Ihr habt nämlich keine Pflicht 24/7 zu bedienen. Daher hinkt dein Vergleich.

Wenn jedoch ein Vertrag geschlossen ist und ein Taxi vorbestellt ist und dieser Vertrag angenommen wurde, so kann der Taxi-Fahrer sehr wohl schadenersatzpflichtig werden.
Auch wenn der Kunde sich dann eine Limousine oder einen Privatjet bestellt.

Allerdings muss er im Rahmen seiner Schadenmidnerungspflicht natürlich den kostengünstigsten Weg gehen.

Beispiel, welches realistisch werden könnte:

- Ich bestelle für 17 Uhr ein Taxi zu einem kleinen Hinterhof Flughafen weil ich um 18 Uhr einen Termin habe
- Das Taxi kommt nicht
- Es ist mir nicht möglich irgendein anderes Taxi, Mietwagen, Bus, Bahn zu bekommen
- Ich steige wieder in mein Flugzeug und fliege zum nächstgrößeren Flughafen, wo ich ein Taxi bekomme, welches mich pünktlich zu meinem Termin bringt

In solch einem Fall würde ich auch meine Charterkosten und weitere On-Top-Ausgaben als Schadenersatz geltend machen - und sehe hier große Chancen damit durchzukommen.
Zeige einem schlauen Menschen einen Fehler und er wird sich bedanken, zeige einem dummen Menschen einen Fehler und er wird dich beleidigen.
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Re: Wirtschaftsrisiko bei Erfolgsabhängiger Entlohnung

Beitrag von eichi » 03.08.2015, 16:48

Zitat IK:
Eine genossenschaftlich organisierte Taxizentrale ist keine Tourenmakler.
Du irrst!
Das Unternehmen Taxibetrieb A führt die Fahrten aus,
die Unternehmen Funkzentrale Z "vermakelt"/ vermittelt.
Ob die Funkzentrale eine GmbH ist oder im Besitz einer
Genossenschaft, ist nicht von besonderer Bedeutung.

Für den disziplinarischen Durchgriff von Firma Z auf die (angestellten)
Fahrer von Firma A ist die Krücke 'Funk- und Betriebsordnung' erforderlich.
Es ist so bequem, unmündig zu sein. (Immanuel Kant)

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