Nach der Rechtsprechung bleibt der Arbeitgeber auch dann zur Lohnzahlung verpflichtet, wenn er den Arbeitnehmer wegen Auftragsmangels nicht beschäftigen kann. Dies beruht darauf, dass grundsätzlich der Arbeitgeber nach
§ 615 BGB das Risiko trägt, den Arbeitnehmer nicht beschäftigen zu können (s. d. BAG-Urteile vom
07.12.2005, aaO. und
23.06.1994, 6 AZR 853/93).
Von diesem Grundsatz kann abgewichen werden, wenn beide Parteien Abrufarbeit vereinbaren. Eine solche Vereinbarung muss jedoch wirksam sein. Die einseitig vom Arbeitgeber abrufbare Arbeit des Arbeitnehmers darf dabei nicht mehr als 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen (2. Leitsatz des
BAG-Urteils vom 07.12.2005, aaO.). Ist im Arbeitsvertrag z. B. eine regelmäßige wöchentliche Mindestarbeitszeit von 30 Stunden vereinbart und dem Arbeitgeber das Recht eingeräumt, die Arbeitszeit einseitig auf bis zu 40 Stunden verlängern zu können, ist die Klausel gemäß
§ 307 BGB unwirksam (
BAG, aaO., unter B.III.5 der Gründe).
Die Unwirksamkeit einer solchen Klausel führt nicht zu einer regelmäßigen Arbeitszeit in Höhe der Mindestarbeitszeit (im Beispiel 30 Stunden), sondern vielmehr ist die Höhe der regelmäßigen Arbeitszeit im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln (
BAG, aaO., unter B.IV.3 der Gründe, Rdn. 52 bei lexetius). Im Falle der vor dem BAG klagendenen Arbeitnehmerin ergab sich dadurch -trotz einer vertraglich vereinbarten Mindestarbeitszeit von 30 Wochenstunden- eine regelmäßige Arbeitszeit von 35 Stunden in der Woche, wobei die Arbeitgeberin auf Anforderung eine Arbeitsleistung von bis zu 40 Wochenstunden verlangen konnte.
Wie hoch die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermittelnde Wochenarbeitszeit und damit auch die zu entrichtende Vergütung im Einzelfall ist, hängt maßgeblich von der tatsächlichen Vertragsdurchführung ab, weil diese am ehesten Aufschluss über die von den Parteien wirklich gewollte Arbeitszeitdauer gibt (
BAG, aaO., unter B.IV.3a) der Gründe, Rdn. 53). Dabei kommt der bisherigen durchschnittlichen Arbeitszeit besondere Bedeutung zu: Hat der Arbeitnehmer seit Abschluss des Arbeitsvertrags regelmäßig eine bestimmte Anzahl an Stunden pro Woche gearbeitet, kann festgestellt werden, dass dies die durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelte regelmäßige Arbeitszeit ist (
BAG, aaO., unter B.IV.3c) der Gründe, Rdn. 55).
Mit anderen Worten: Hat der Arbeitgeber in der Zeit seit Vertragsschluss bislang keine Probleme damit gehabt, dass der Arbeitnehmer regelmäßig 48 Stunden in der Woche arbeitet, ist dies die durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelte regelmäßige Arbeitszeit und dementsprechend zu vergüten. Der Einwand des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer gar nicht soviel zu tun hatte, kann wegen
§ 615 BGB nicht durchgreifen.