Buchrezension

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Jörn

Buchrezension

Beitrag von Jörn » 18.06.2006, 16:19

TAXI! - Cabs and Kapitalism in New York City
Author: Biju Mathew
Verlag: The New Press / New York – London
Erscheinungsjahr: 2005
ISBN1-56584-811-X
Preis bei Amazon.com ca. 15,- Dollar

Rezension:

Biju Mathew, selber ein US-Immigrant indischer Abstammung, arbeitet seit etlichen Jahren im Organizing Committee der New Yorker Taxi-Alliance (eine Art Gewerkschaft für angestellte Fahrer).
Das gibt ihm genau den Hintergrund, um sehr profund die Situation amerikanischer Taxifahrer, im ganz speziellen der New Yorker, von einem sehr aktuellen Standpunkt aus (2005), zu beleuchten.

Jeder, der selber irgendwo auf dem Bock sitzt und versucht, mit dieser Profession seinen Lebensunterhalt zu verdienen, sollte dieses Buch gelesen haben! Schließlich hinken wir unserem Großen Bruder USA ja immer 5 bis 10 Jahre hinterher!
Gibt es doch einen kleinen Vorgeschmack dessen, was auf uns alle weltweit im Zuge der so genannten ‚Globalisierung’ und ‚Liberalisierung’ zukommt!

So muß es einem jeden Taxen-Unternehmer auch in dieser unserer Republik wie ein Traum vorkommen, wenn er lesen darf, dass in New York die angestellten Fahrer vor Beginn der Schicht erst einmal 100 Dollar (Horse-Hiring) für den Wagen und 20 weitere Greenbacks für Sprit abdrücken dürfen.
Egal, ob seine Schicht gut oder schlecht ausfällt, der Unternehmer hat immer sein Geld! Das Risiko wird auf den Kleinen Menschen (Fahrer) abgewälzt (Sinn der Globalisierung)!
Danach muß der Fahrer dann sehen, wie er zunächst einmal diesen Betrag wieder hereinbekommt. Meist benötigt er 9 oder 10 Stunden seiner 12-Stunden-Schicht, um überhaupt erst einmal den Break-Even-Point zu erreichen, bevor etwas für ihn übrig bleibt!
Oft gelingt ihm noch nicht einmal das, wodurch er dann nicht nur kein Geld verdient, sondern sogar noch zusetzen muß!

Dann zeigt der Author auf, wie es, dank des Stichwortes ‚Globalisierung’ zu der heutigen Situation gekommen ist, dass praktisch alle Kutscher in NY Pakistanis, Inder, Haitianer etc. sind. Also Immigranten aus der 3. Welt, die oft noch nicht einmal einen wirklich einwandfreien Einwanderer-Status haben, aber bis auf’s Blut ausgebeutet werden.

Richtig spannend aber ist der Teil, wo es um den großen Taxi-Streik 2004 geht, in dem die Kutscher einen besseren Anteil am Einkommen erkämpften.
Während die Unternehmer nach dem 9/11(dem Angriff auf das World-Trade-Center) große Summen an Geldes bekamen als Kompensation, weil ihre Geschäfte bis zu 50% und mehr eingebrochen waren, erhielten die Fahrer keinen müden Cent! Das, so kann man sich vorstellen, war für viele von ihnen der Todesstoß!

Die New Yorker Regierung war sich sicher, dass die Fahrer keine größeren Kampfmaßnahmen machen würden, weil sich, in der großen Politik z.B. Pakistanis und Inder spinnefeind waren und noch sind. Nach alter Kolonial-Manier versuchte man die Interessen der einzelnen Gruppen gegeneinander auszuspielen.
Aber das war ein schwerwiegender Irrtum!

Und besonders HIER wird es auch für uns in Hamburg oder der BRD interessant.
Eine kleine Gruppe Fahrer (etwa 600) gründeten die Allianz. Und nach nur zweiwöchiger Vorbereitung kam es zum Streik.
Praktisch alle New Yorker Fahrer nahmen teil. Etwa 24.000! Die Stadt war gelähmt!
Da der erste Ausstand noch keine größeren Ergebnisse zeigte, folgte einige Wochen später noch ein zweiter, dessen Auswirkungen so waren, dass die Stadt nun endlich den Forderungen nachgab, den Fahrern Kompensation zahlte und sie auch sonst erheblich besser stellte!

Besonders beeindruckend aber sind auch die Kapitel, wo z.B. die Entwicklung der Stadt in den letzten Jahren zu einer FIRE-City (Finance, Investment und Real Estate) in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung im Taxigeschäft gestellt wird, was auch bei uns riesige Auswirkungen hat, wenn ich z.B. mal unser Hamburg ansehe, immer die Entwicklung in unserer ‚Hafen-City’ vor den Augen.

Fazit: Unbedingt kaufen und lesen!

PS: Wer mehr über Taxi-Bücher wissen will geht auf meine Website www.crazytaxi.de unter Medien und Literatur

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