Beleidigung, Üble Nachrede, Verleumdung - was ist das?

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jr
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Beleidigung, Üble Nachrede, Verleumdung - was ist das?

Beitrag von jr » 05.09.2007, 20:11

Beleidigung, Üble Nachrede, Verleumdung - was ist das?

Im Forum kam es in der Vergangenheit immer mal wieder zu Postings, die von der Forenleitung mit Zensur-Sternchen bedacht wurden. Wir würden uns freuen, wenn diese unumgänglichen Maßnahmen nicht weiter herausgefordert werden. Um euch den Umgang mit heiklen Sachlagen zu erleichtern, bieten wir euch unten eine kleine Richtschnur an Begriffen an, die bisher schon einmal die Gerichte beschäftigt haben.

Ein kurzer Überblick über die drei wesentlichen Straftatbestände:

Eine Beleidigung (Ehrabschneidung) im weiteren Sinne ist jede Verletzung der persönlichen Ehre eines anderen. (§ 185 StGB)
http://de.wikipedia.org/wiki/Beleidigung

Die Üble Nachrede ist eine Beleidigung in Form einer ehrverletzenden Tatsachenbehauptung, die nicht erweislich wahr ist. (§ 186 StGB)
http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cble_Nachrede

Eine Verleumdung begeht, wer über eine Person ehrverletzende Behauptungen aufstellt, obwohl er weiß, dass sie nicht wahr sind. (§ 187 StGB)
http://de.wikipedia.org/wiki/Verleumdung

Die Üble Nachrede kommt schnell zustande, wenn man Aussagen von sich gibt, die auf Hörensagen beruhen, auf der Wahrnehmung, daß ja "alle wissen, daß das so ist" oder auch auf Kaffeesatzleserei, wo aus (scheinbaren) Fakten schon mal Unterstellungen werden, die für sich nicht belegbar sind. Auch wer z.B. von einer Firma (belegbar) übers Ohr gehauen wurde, darf das Wort "Betrüger" erst in den Mund nehmen, wenn die entsprechende Verurteilung stattgefunden hat.

Für die Praxis bedeutet das z.B.: Die Nennung von konkreten Namen in Verbindung mit strafrechtlich relevanten Vorwürfen (der - konkrete - Kneipenwirt, der mit Drogen handelt, die - konkrete - Firma, die betrügt etc.) hat zu unterbleiben bzw. kann von den Moderatoren mit Sternchen geahndet werden.

Sticheleien werden in allen Foren in gewissem Ausmaß toleriert, davon sollen auch hier keine Abstriche gemacht werden. Vieles von dem, was für den einen schon eine Beleidigung ist, ist für den anderen lediglich eine zulässige freie Meinungsäußerung. In diesem Zusammenhang ist oft von "Schmähkritik" die Rede. Deren Unzulässigkeit beginnt spätestens dann, wenn das Bemühen, den Kontrahenten in seiner persönlichen Ehre zu verletzen, in den Vordergrund tritt und den Sachgehalt einer Aussage überwiegt. Diese Grenze, die auch hier im Forum nicht überschritten werden sollte, haben Gerichte in zahlreichen Urteilen definiert.

Zu beachten ist stets auch, daß Beleidigungen, Üble Nachrede oder gar Verleumdungen nicht nur gegenüber Forenmitgliedern problematisch sind sondern auch gegenüber Dritten, die dieses Forum nur als Gast anschauen oder über den Inhalt in Kenntnis gesetzt werden.

Gerichtlich durchgegangen sind in der Vergangenheit z.B. folgende Begriffe:

"Alle reden vom Klima - wir ruinieren es." (Greenpeace legte dem Vorstandsvorsitzenden eines Chemiekonzerns diese Worte in den Mund.)
"Soldaten sind Mörder" (eine der bekanntesten Entscheidungen)
"Zwangsdemokrat" (über Franz-Josef Strauß)
"Nazi" (über jemand, aus dessen Wohnung nationalsozialistische Propaganda zu hören war)
"Kredithaie" (über Kreditvermittler)
"Abkassierer" (über einen Fußballspieler, der gut bezahlt war, aber null Leistung brachte)
"terroristischer Schläfer" (weil es eine für jeden erkennbare satirische Übertreibung ist)

Dabei ist zu beachten, daß immer das konkrete Umfeld der Äußerung entscheidend für die Würdigung der Aussage ist.

Vor Gericht abgesägt wurden dagegen:

"Schwein", "Ferkel", "Affe", "dämlich", "bescheuert", "durchgeknallt" Selbst das simple und oft genutzte Wort "doof" wird in Juristenkreisen als Beleidigung gewertet.

"***", "Kanaille" und "Schuft" stellten selbst dann ein Problem dar, wenn damit ein Unternehmer gemeint war, der sich dubioser Geschäftsmethoden bediente.

Vorstehende Begriffe werden ohne sachliche Nähe zu einem kritisierten Verhalten grundsätzlich als unzulässige Schmähkritik eingestuft. Daraus ist nicht der Schluß abzuleiten, daß die Titulierungen bei geeignetem Bezug erlaubt wären. Die Unzulässigkeit beruht vielmehr darauf, daß die Schmähung selbst keinen sachlichen Aussagewert besitzt.

"Halsabschneider" (über einen Arbeitgeber als Kontrahenten in einer Arbeitsrechtssache)
"steindummer, kenntnisloser und talentfreier Autor" (über Heinrich Böll)
"Berufsdesinformant" (unerlaubte Schmähkritik, solange nicht mit Tatsachen belegt werden kann, daß der Geschmähte nachhaltig und planmäßig falsche Nachrichten publiziert)
"Doktorand der Knastologie" (über einen mehrfach vorbestraften Rückfalltäter)
"Bulle" (über einen Polizisten)
"Killertruppe" (über die GSG 9)
"geistiger Miturheber des Terrorismus" (über Heinrich Böll)
"allergrößte Pfeife" (über einen Lokalpolitiker)
"Wehrsklavenhalter" (über einen Offizier der Bundeswehr)
"Kindermörder" (über einen Frauenarzt, der bekanntermaßen Abtreibungen vornimmt)

Die Bezeichnungen "Nazi", "***" oder "Stasi-Spitzel" können erlaubt sein, wenn dem nachweislich Tatsachen zugrunde liegen wie z.B entsprechende Parteizugehörigkeit. Wenn nur Anhaltspunkte dafür vorliegen, wird es kritisch. Wenn der Vorwurf nicht untermauert werden kann, ist er unzulässig.

Einen Teil der vorstehenden Beispiele und vieles mehr zur Strafbarkeit von öffentlich zugänglich gemachten Äußerungen findet man im Buch "Presserecht" von Jörg Soehring. An einigen Formulierungen läßt sich gut sehen, wie schmal der Grat zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem sein kann. Die Titulierung eines Lokalpolitikers (oder auch einer anderen Person) als allergrößte Pfeife ist im realen Leben fast gang und gäbe, auf Papier und in der Online-Welt gibts dafür einen hinter die Löffel. Mit Schweinen, Ferkeln und Affen geht das nicht anders.

Es sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, daß auch auf Dritte bezogene Smilies, Bilder oder Avatare die genannten Straftatbestände transportieren können.

Wir hoffen, daß die Begriffe und ihre Einordnung euch künftig einen angemessenen Umgang mit ihnen erlauben.

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