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Begrüßungspostings und Selbstvorstellungen.
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niterider
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Beitrag von niterider » 28.08.2019, 23:05

Hallo Kollegen, bin zwar nicht taufrisch registriert bei DAS, hatte aber bis jetzt keine Zeit das Forum zu lesen, geschweige denn irgendetwas zu fragen oder gar zu kommentieren.
Ich fahre seit 4 Jahren Taxi in Berlin und bin seit April als allein fahrender Unternehmer weiterhin in der Branche. Als "nicht so langjähriger" Taxifahrer habe ich den Verfall des Gewerbes regelrecht beschleunigt - quasi im Zeitraffer - miterlebt, da er ja wie eine Exponentialfunktion verläuft, wobei die x-Achse, wie so oft die Zeit, und der y-Wert unsere drastisch steigende Belastung (materiell wie auch psychisch) darstellt.

Trotzdem habe ich mich entschlossen erst einmal das Spiel weiter zu spielen. Nicht zuletzt weil sich das finanzielle Risiko einer Bruchlandung - zumindest als Einzelunternehmer - in Grenzen hält. Obwohl es ja natürlich kein Spiel ist.
Beim Überfliegen einiger Threads ist mir aufgefallen, das hier vielen Sachen nachgegangen wird und man auch wirklich in vielen Punkten zustimmen muss, Überhaupt ist es fabelhaft eine solche Plattform des Austausches zu haben und ich danke auch recht herzlich den Betreibern dafür.

Jedoch kann ich auch einige Kritikpunkte nicht unerwähnt lassen und seid nicht gleich erbost (Wat will den der Grünschnabel ?) Es soll doch gleich ehrlich zugehen und ich will nicht mit meiner Meinung hinterm Berg halten, zumal ich auch denke das mir, als ein in verschiedensten Branchen seine Brötchen verdienten 52 Jährigen eine gewisses Lebensweisheit zugestanden werden sollte. Oder seht es als die Bestandsaufnahme eines "Frischlings" (in der Branche) der vielleicht einige Dinge unvereingenommener beurteilen kann. Diese Beurteilungen müssen natürlich trotzdem nicht zwangsläufig richtig sein.
Ich bin leider nicht absolut drin in der Materie, wie einige hier, kann damit nur die gröbsten Sachen umreißen, die mir sauer aufstoßen.

Also zuallererst finde ich den Ton in unserer Branche - und zwar in jede Richtung - Ämter/Staat, Kollegen, Kunden, Konkurrenz, Mietwagenfahrer, App-Firmen usw...sehr sehr überheblich. Genau das - überheblich und manchmal ziemlich arrogant. Die Rückkehrpflicht wird zu einem unverrückbaren, in Stein gemeißelten 11. Gebot eines jeden Mietwagenfahrers, der P-Schein zum Vordiplom für Atomphysik hochstilisiert. Vielleicht verständlich von unserer Warte aus, aber wir erwarten ja auch das die Bevölkerung das akzeptiert. Dabei wissen wir doch selber wie hirnrissig, das Ganze ist. Wir sollten doch lieber versuchen MITZUREDEN als immer nur zu REAGIEREN (komischerweise vorzüglich auf Änderungen von obsoleten Gesetzen, die dem Normalbürger schwer vermittelbar sind. Warum soll ein Mietwagen Dutzende Kilometer leer durch die Stadt fahren, wenn er nicht sofort aber VORRAUSSICHTLICH eine halbe Stunde später einen bekommen könnte von der gleichen Position). Leute wacht auf! Ich dachte immer: Taxifahrer sein heißt aufgeweckt sein, im Kopf schnell, Augen und Ohren offen, am Puls der Stadt etc.
Auch verantwortungsvoll, weil wir auch Dompteure über zig PS sind die sie sicher und gewieft (zB. nicht schnell fahren,sondern Grünphasen erwischen ist das Geheimnis) durch den allzeit komplizierten und anstrengenden - in meinem Fall Berliner - Staßenverkehr führen um den FG sicher und, den Umständen entsprechend, schnell an sein gewünschtes Ziel bringen sollen. Wir sind die, Abkürzungen kennen um Staus zu umgehen, oft Gentle(wo)men sind, die mal die Tür aufhalten, mal einen Regenschirm oder auf Wunsch auch einfach mal nur ne Minute warten bis der Fahrgast im dunklen Hauseingang verschwunden ist.
Man könnte auch einfach sagen: Taxifahrer = aufgeweckter, das Tagesgeschehen im Blick habender Mensch der reaktionsschnell ist in jeder Hinsicht.

Im Großen und Ganzen sind wir das auch nach meiner Erfahrung, ich will niemanden zu Nahe treten, aber als Kollektiv versagen wir. Ist es nicht so dass, einige Kardinalforderungen unserer Zunft einfach lächerlich sind?
Ich war auch auf dieser Scheuerveranstaltung, weil anders kann man es ja nicht nennen, und habe immer gedacht: Was soll das mit diesem vor-uns-her-tragen einer sturen Ziege gleich das Festhalten an der Rückkehrpflicht. Gibt es IRGENDEIN Argument, das vom ökonomischen, aber auch ökologischen Gesichtspunkt aus betrachtet für eine Rückkehrpflicht spricht? Nein! Sie ist einfach sinnfrei heutzutage!
Geschäftschädigend soll sie sein und deswegen bleiben. Es kann doch nicht sein, dass wir unser Brot zum Teil dadurch verdienen, indem wir es Mietwagenunternehmer besonders schwer machen WIRTSCHAFTLICH profitabel zu bleiben. Ich weiß nicht, mir fällt kein Beispiel ein aber das ist vielleicht ungefähr so wie wenn man verbieten würde Autos mit DVD Player auszuliefern, weil wir ein Kartell aus Musikkasettenplayer-Hersteller sind, die ihr Geschäft schützen. Wohlgemerkt...gesetzlich manifestiert auch noch das Ganze. Der Vergleich hinkt, aber mir ist nichts Besseres eingefallen. Auch ständig diese Diskussionen über UBER und Co..Mein Gott platzt UBER kommt halt DRUBER. So isses doch! Das Kapital findet sich seinen Weg. Und am Liebsten sammelt es sich da, wo noch wirtschaftlich was rauszuholen ist, z,B. Rückkehrpflicht (attraktiv, weil bei Umgehung höhere Profite winken.) Wir würden also dieses Thema sowieso ständig weiter vor uns her tragen wie ein Eitergeschwür weil es ökologisch UND auch ökonomisch absolut sinnfrei ist.
Wobei sich in einer gesunden Gesellschaft natürlich nicht jedes Gesetz ökologisch sinvoll erklären muss, aber die Rückkehrpflicht ist ja auch nicht als Sozialgesetz gedacht. Zumindest sollte es von uns nicht so gesehen werden, aber das wird es leider. Als soziale Schuldigkeit der Gesellschaft an uns Taxlern, zumindest wird es von unseren Innungsoberen so an uns verkauft. Geht doch mal in die Essenz, ist es nicht so? Noch dazu ein unhaltbarer Posten weil nicht erklärbar warum 2 Tonnen von einer Daimlergroßlimosine leer zurückfahren MUSS um die Einnahmen bzw. die Zahl der Aufträge eines Mietwagenunternehmers so zu zügeln, dass wir auch unser Auskommen haben. Welchen Nicht-Taxi-Fahrenden Mitbürger kannst du denn, zumindest in einer Welt in der die Resorssen immer knapper werden, die Umwelt immer dreckiger, das erklären!!! Schlimm genug, dass wir seit Jahren PR mäßig so schlecht aufgestellt sind, warum schießen wir wieder ins eigenes Knie?
Wird da vielleicht sogar mit eigener Schützenhilfe ein neues, finales Kuckucksei in unsere Reihen gepflanzt um es dann platzen zu lassen?
Entschuldigt, falls sich einige angesprochen fühlen vielleicht, aber ich fand es etwas lächerlich Scheuer dreimal (!!der gleiche Witz!!) die Eier zu lecken und ihn für die 50 Meter Fußweg und 15 Minuten Redezeit die er ausgegeben hat 10 Mal zu danken. Von mir aus kann er eine Harems-Eunuche sein, die seinen fetten A...nicht vom Schreibtischsessel bewegt. Er soll nur seine Arbeit machen und vor allem RICHTIG soll er sie machen. Und reden, reden soll er von mir aus nur mit unseren Delegierten und der Presse, aber er soll RICHTIGE Sachen machen. Und unser Vertreter auch!!

Die Rückkehrpflicht ist soviel ich weiß als Unterscheidungskriterium installiert worden. Die genaue Historie dieses Gesetzes kenne ich nicht. Aber genau da sollten wir anpacken als Taxlerzunft. Rückkehrpflicht...vergiss es, kannste sowieso nicht halten über kurz oder lang und hat sogar negativen PR Effekt. Wir reden doch immer von Traditionsberuf Taxi, dann besinnen wir uns doch darauf was eigentlich die Philosophie unseres Gewerbes ist. Wir SIND doch Mietwagen! Schon immer gewesen. Wir waren und müssen einfach die BILLIGEREN Mietwagen auch bleiben, frei erkenntlich durch Dachzeichen, die bei Inanspruchnahme aber auch gewisse Pflichten erfüllen müssen. Wie zum Beispiel Beförderungspflicht.
Wie schön wäre es gewesen, wenn wir Scheuer natürlich erst einmal zugehört hätten, ihn dann aber überrascht hätten mit der Aussicht auf ein Abrücken unserer Position am Festhalten der Rückkehrpflicht für Mietwagen, da sie auch aus unserer Sicht ein, zumindest in unserer heutigen Zeit, ein unsinniger Hebel der Berufsregulierung/-unterscheidung ist.
BAMMM...gleich tausend Punkte, zumindest bei der Gripsbevölkerung, die man auch als Fahrgast gerne hat. Ja, genau die, die 30 Euro Touren machen und noch n 5er Trinkgeld geben.
Übrigens: Wie soll sowas auch wasserfest erfasst werden? Wann ist wer zurückgekommen, hat über welche App wann welchen Auftrag angenommen? Warum wurde da 40 min getrödelt? Ahh..hier er war auf WC so lange steht in der Abrechnung, naja solange es vermerkt ist muss man ja diesen Umstand durchgehen lassen....bla bla bla"
Wenn es rein technisch ein Kinderspiel ist und wir den MWUs auch gewisse Betriebs-und Persönlichkeitsrechte zugestehen wollen müssen wir doch sogar gegen eine Auswertung von GPS Daten und was weiss ich nicht alles sein, denn es sind auch Unternehmer oder Fahrer und ich meine den kleinen MWU oder Subunternehmer, nicht UBER oder seine Pseudo-Subunternehmen, versteht mich bitte nicht falsch. Heute müssen sie abgeben und morgen wir. Am Besten diesen Punkt gar nicht erwähnen, braucht man auch beim Wegfall der Rückkehrpfl. überhaupt nicht diese Daten eigentlich.

Als nächstes könnte man Scheuer ja mal fragen, ob er als Bundesminister für Verkehr überhaupt die Politik verfolge der weiteren Unterscheidung von Taxi und MW oder ob das aus seiner Sicht auch unnötig sei. Spätestens da würde er uns vertrösten um Bedenkzeit zu schinden, da meiner Meinung nach er und seine Generation leider schon (wahrscheinlich die 1.) zu den Leuten gehören die gewohnt sind alles vorgekaut zu bekommen. Trotz tausend Berater keine Konzepte entwickeln können und so weiter. Allerdings sind diese aufgezählten Faktoren nur die halbe Wahrheit, denke ich. Keiner kann mir erzählen, dass ein Bundesministerium nichts zustande bringen könnte, aber sie wollen nicht, sie müssen nicht.
Man lässt uns ins Messer laufen, nicht so ganz ausgebufft wie in NY wo man die Fahrer auch noch finanziell fertig gemacht hat, mit Taxikonzessionen, deren Erwerb man hat erst schmackhaft gemacht, dann den Zerfall der Werte durch Uber und Co eingeleitet hat. Zurück blieben etliche Fahrer, die bis an ihr Lebensende Sklaven der Schulden ihrer Kredite sind / waren (manche haben ja Selbstmord begannen).
Lasst euch den letzten Satz mal gewahr werden nochmal. Selbstmord! Geht schon an die Knochen, wenn man sich vorstellt was dieser UBER-TAXI Krieg allein schon an menschlicher Kälte weltweit erschaffen hat. Menschen machen Selbstmord (!) wegen dieser Schei... und Scheuer fährt auf der selben Linie weiter wo selbst das Heimatland des Neo-Kapitalismus in gewissen Punkten eigentlich schon wieder teilweise zurückkehren. Aber wie gesagt, wahrscheinlich ist es eine Urbequemheit deren psychologische Wurzeln wahrscheinlich bereits in seiner wohlbehüteten Kindheit liegen, wo er vieleicht Daddys Zweitporsche vorzeitig schon zum 16 geschenkt bekam und im eigenen Anwesen rumbrettern durfte, ganz wie Daddy. Aber wenden am Wendehammer am Steingarten wo Mamas Petuinen blühen: Nur mit Papas Aufsicht!!

Wie gesagt: Ich finde unsere Delegierten sollten in dieser ganzen Diskussion sich vermehrt dahingehend engagieren neue Konzepte miteinzubringen (z.B. die Ausarbeitung zum Aufbau einer philosophischen /ökologischen Argumentation) und sie auch öffentlich diskutieren, die Berliner und Bundesbürger sogar regelrecht dazu auffordern mit ihre Gedanken zu machen. Ich kann mir schon vorstellen, dass auch die Presse parteiisch ist, angesichts der ganzen Schmiergelder heutzutage, aber einfache Argumente versteht jeder und sowas kriegt automatisch öffentliche Beachtung.
Warum wird der ganze Pool an Taxifahrzeugen nicht als riesiges Experimentierfeld benützt für neue, innovative Antriebe. Ich denke die Autoindustrie hat Probleme? Warum kann man nicht den Linienverkehr und die U-Bahn mehr ausbauen? Privat-PKW-freie Innenstadt - warum nicht? E-Scooter? Auch ok, aber bitte erst die geeigneten Fahrbahnen bauen, bevor es noch mehr Verkehrstote gibt. Konzessionszahlen und Bedarf immer schön im Auge haben, zur Not mal einen Stopp ausrufen.
Unterscheidungsmerkmal Rückkehrpflicht abschaffen - dafür Mietwagen daran binden, dass sie nur Aufträge annehmen dürfen, die oberhalb von 50 Euro liegen und mind. 1 Stunde dauern. Das wäre doch auch einfacher zu überwachen.
Und und und....
Naja...schönen Abend noch liebe Kollegen

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sivas
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Re: Hallo Forum

Beitrag von sivas » 29.08.2019, 09:27

Die Abkehr von der Rückkehrpflicht bedeutet die Öffnung des Marktes. Der Kampf um den Kunden wird dann über den Fahrpreis geführt. Den wird derjenige gewinnen, der den stärksten Finanzierer in der Hinterhand hat. Das wird letztendlich die öffentliche Hand sein. Taxi bedient sich der schon lange, in Form von Aufstockung und Grundsicherung im Alter. Die 'Neuen' (nicht Uber) machen's besser, die schöpfen gleich aus den Töpfen des ÖPNV. Das hat Taxi versäumt zu tun.

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