Auf dem Lande ...

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Ulises
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Auf dem Lande ...

Beitrag von Ulises » 04.11.2013, 17:22

Hallo liebes Forum!

Ich wohne in einer Kreisstadt mit ca. 80.000 Einwohnern. Das Pflichtfahrgebiet ist in 11 Städte und Gemeinden unterteilt, in denen man als Taxifahrer überall fahren darf, aber nicht stehen.

Der Bahnhofsvorplatz ist Privatgelände der Deutschen Bahn AG, die Stellplätze dort sind begrenzt und werden vermietet. Als Neuling kommt man da nicht dran.

Ein nennenswertes Nachtleben existiert nicht: es gibt nur eine Diskothek und einen größeren Sportverein. Die Stadthalle wurde dichtgemacht, der Nachtbusverkehr eingestellt.

Die Taxilandschaft ist total zerstritten. Es gibt ca. 50 Taxen. Jeder Unternehmer mit ein paar mehr Taxen hat seine eigene Zentrale, daneben eine GbR als Gemeinschaftszentrale für Einzelunternehmer. Es herrscht ein knallharter Unterbietungswettbewerb, Preise werden oft mit den Kunden ausgehandelt. Ergänzt wird das Geschäft durch 1-2 Fahrer, die nachts sog. private "Gefälligkeitsfahrten" (30 Cent/km) von der Kneipe oder der Diskothek anbieten.

Ich kann jetzt eine Taxikonzession bekommen. Die kann man hier einfach so vom Straßenverkehrsamt nach einem Jahr Wartezeit und 150 € Bearbeitungsgebühr erhalten.

Hat jemand irgendwelche Tipps und Ratschläge, wie man unter diesen Rahmenbedingungen ein Taxiunternehmen aufbauen könnte?

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nightrider
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Beitrag von nightrider » 04.11.2013, 17:30

Ist ja unglaublich welche „Sitten” in manchen deutschen Städten noch herrschen, Anarchie pur (wenn es so stimmt)

Unter diesen Umständen würde ich sofern ich nicht muss auf eine Konzession verzichten, oder die Behörden stürmen damit da mal so richtig kontrolliert und aufgeräumt wird, aber das ist ein langer mühevoller Weg mit vielen Anfeindungen.

Eigentlich sind 50 Taxen bei 80.000 Einwohnern noch ein vernünftiges Verhältnis, da sollte doch jeder auch ohne Dumpingpreise gemütlich leben können.
Doch das ist eben die Dummheit vieler Taxler die niemals vorher irgendwas im kaufmännischen Bereich gemacht haben und glauben billig ist gut
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Wattwurm
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Re: Auf dem Lande ...

Beitrag von Wattwurm » 04.11.2013, 23:53

Ulises hat geschrieben: Hat jemand irgendwelche Tipps und Ratschläge, wie man unter diesen Rahmenbedingungen ein Taxiunternehmen aufbauen könnte?
Ich wollte eigentlich ganz spontan Nein sagen! Eigentlich!

Aber dann habe ich mir mal die Mühe gemacht Deine Umgebung zu erforschen. Da wäre zum Beispiel Bad Oeynhausen mit seinem Kurbetrieb. Die Porta Westfalica sowie Bückeburg und überhaupt das gesamte Weserbergland sind beliebte Touristenhochburgen mit vielen Sehenswürdigkeiten. Und Minden am Wasserstraßenkreuz von Weser und Mittellandkanal verfügt sogar über einen Hafen mit durchaus nennenswerter Industrie und Gewerbe!

Der wirtschaftliche Background wäre schon vorhanden um sich erfolgreich am Markt zu behaupten. Schau mal nicht so sehr auf das marode und zerstrittende Taxigewerbe in deiner Stadt, da kann einem in der Tat der Mut sinken, sondern schau Dich mal um welche Möglichkeiten sich in Deiner Nähe ergeben!

Wer neu anfängt muß erst einmal Klinken putzen. Das heißt die Firmen abklappern Flyer und Visitenkarten verteilen, einen kompetenten,freundlichen und netten Eindruck vermitteln! Wichtig sind auch soziale Netzwerke wie Facebook, Xing oder Linkedin und eine kleine Internetvisitenkarte!

Und über eines solltest Du Dir auch im Klaren sein: Feierabend hast Du erst, wenn Dein letzter Stammkunde im Bett liegt! Wenn Du auf eine geregelte Arbeitszeit bestehst, mußt Du die Beamtenlaufbahn einschlagen! Ich wünsche Dir viel Glück und Erfolg und laß Dich nicht entmutigen! Schau nur nach vorne und was Deine "netten" Mitbewerber da für einen Heckenpiss veranstalten soll Dir egal sein!

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Beitrag von taxi.micha » 05.11.2013, 11:14

Minden ist nicht schlecht, da geht bestimmt einiges, man muss nur besser sein wie seine Mitbewerber, aber nicht Billig, den das bringt nichts.

und eins ist auch klar ich hatte meinen letzten freien Tag vor 2750 Tagen...!
...sicha mit Micha

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Beitrag von Wattwurm » 05.11.2013, 14:09

Richtig Micha! Stell Dir mal vor es ist Sommer und sehr warm! Du hast im Kofferraum eine Kühlbox an einer 12 Voltsteckdose angeschlossen und sagst zu Deinem Fahrgast: Welchen Eisbecher darf ich Ihnen anbieten. Vanille, Erdbeer oder Stracciatella? Der absolute Burner! Nach dem Abkassieren noch ein 4711 Erfrischungstuch und eine Visitenkarte mit in die Handrücken! Wollen wir wetten, der ruft wieder an....? Wenn Du immer ein paar Brekkies in der Hosentasche hast, wollen wir wetten das selbst nach 5 Jahren Hundi sein Herrchen wie von selbst zum "richtigen" Taxi zieht....?

Das ist der Unterschied zwischen einer 08/15 Dienstleistung und einer DerKundeistKönig-Dienstleistung! Die letztere wird sich durchsetzen...!

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Beitrag von Emilie » 05.11.2013, 14:21

Warum verrätst du hier MEINE Strategie? :?
Bloß kein Stress...

Gebt mir ruhig die Schuld!

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Beitrag von nightrider » 05.11.2013, 14:22

@ Wattwurm

Der war gut, eine fahrende Eisdiele ;-) Wenn du das machst komme ich extra mal nach Neumünster um mit dir zu fahren ;-))

Spaß bei Seite wenn du einem Kunden etwas schenkst mag das noch angehen, aber erweiterte Dienstleistungen oder Waren verkaufen darfst du im Taxi nicht, auch keine Stadtpläne, Zeitungen usw...

Abgesehen davon, gem. eindeutigen Verordnungen ist der Kofferraum komplett frei zu halten für Gepäckstücke von Fahrgästen und nicht gedacht für Kühlboxen usw...
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Beitrag von Emilie » 05.11.2013, 14:23

"und nicht gedacht für Kühlboxen usw..."

Stimmt so nicht! :roll:
Bloß kein Stress...

Gebt mir ruhig die Schuld!

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Beitrag von taxi.micha » 05.11.2013, 14:34

Richtig der KundeistKönig und ich habe mehr als 1000 Meinungen, für jeden Kunden die Richtige, erzähl deinen Kunden was er hören will und er ist glücklich....
...sicha mit Micha

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Beitrag von Ulises » 07.11.2013, 22:54

Na ja, ein paar Strategien gäbe es schon:

Am erfolgreichsten ist ein Taxiunternehmen, das neben den Taxen auch Mietwagen betreibt und so seinen Kunden immer eine preisgünstigere Variante anbieten kann. Dieses Unternehmen zahlt an seine Aushilfsfahrer zurzeit 5,12 € brutto/Std. (=4,50 € netto).

Beliebt ist es auch, zwei Betriebssitze in angrenzenden Gemeinden anzumelden. Dann kann man seine Taxen in der Kreisstadt positionieren, aber das Geschäft im Nachbarbezirk auch mitnehmen. Natürlich sind dann Anfahrten und Betriebskosten höher.

Erfolg hat auch ein Unternehmen, das seinen Betriebssitz direkt im Ärztehaus neben dem Krankenhaus eingerichtet hat.

Der Rest wurstelt sich so durch. Oft sind die Fahrzeuge dementsprechend. Manchmal ist es eine Mix-Strategie aus allem.

Ein Trend geht dahin, dass auch Unternehmer das Taxigewerbe nebenberuflich betreiben und sich nur auf umsatzstarke Zeiten (z.B. am Wochenende/vor Feiertagen) konzentrieren.

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Beitrag von nightrider » 08.11.2013, 13:11

Ulises hat geschrieben: Ein Trend geht dahin, dass auch Unternehmer das Taxigewerbe nebenberuflich betreiben und sich nur auf umsatzstarke Zeiten (z.B. am Wochenende/vor Feiertagen) konzentrieren.
Die mag ich „besonders gern”. Eigentlich muss bei uns zumindest bei Konzessionszuteilung oder Verlängerung JEDER dafür unterschreiben, dass er das Gewerbe hauptberuflich betreibt.
Eigentlich, in der Praxis sieht das aber leider ganz anders aus und Keiner macht was.

Einerseits kann ich es verstehen, dass jemand der die Gelegenheit hat sein Haupteinkommen wo anders holt, andererseits habe ich 0 Verständnis für Leute die in einem Job anständig verdienen, sich aber mit einem Taxi nebenher die Rosinen auspicken und nur dann fahren wenn es sich erfahrungsgemäß lohnt. Omas fahren die tagsüber nicht zum Frisör, oder Hausarzt, an langen Standzeiten zu eher schlechten Tageszeiten haben die natürlich auch kein Interesse, aber das gehört eben auch zu Job, würden wir alle so vorgehen würden sich die Taxen am Wochenende Nachts „stapeln” und unter der Woche wäre keines mehr vorhanden.
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Beitrag von Anna Chronismus » 08.11.2013, 14:46

nightrider hat geschrieben:
Ulises hat geschrieben:Ein Trend geht dahin, dass auch Unternehmer das Taxigewerbe nebenberuflich betreiben und sich nur auf umsatzstarke Zeiten (z.B. am Wochenende/vor Feiertagen) konzentrieren.
Die mag ich „besonders gern”. Eigentlich muss bei uns zumindest bei Konzessionszuteilung oder Verlängerung JEDER dafür unterschreiben, dass er das Gewerbe hauptberuflich betreibt.
Aus großstädtischer Sicht: Widerspruch. Ich bin für jeden selbstfahrenden Unternehmer dankbar, der sich auf die umsatzstarken Stunden (Peak-Zeiten) konzentriert. Der macht die für den Grundlastbetrieb notwendigen Schichtwagen, die (fast) rund um die Uhr auf der Straße sind, die Suppe in schwachen Zeiten nicht noch dünner, und er hilft, bei einer reduzierten Wagenzahl (die wir in HH gewerbepolitisch für erstrebenswert halten) die Bedienfähigkeit in den starken Stunden aufrecht zu erhalten.

Mag sich in kleineren Städten anders darstellen.
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Beitrag von nightrider » 08.11.2013, 15:12

Anna Chronismus hat geschrieben: Aus großstädtischer Sicht: Widerspruch.
Das mag aus mancher Sichtweise evtl. zutreffen. Ich jedoch sehe da eine starke Wettbewerbsverzerrung.

Wenn Einer einen festen Job mit festem Gehalt, samt vom Arbeitgeber zur Hälfte bezahlten Sozialversicherungsbeiträgen hat und dann als wie ich sage „Hobbytaxler” unterwegs ist kann das nicht ganz o.k. sein.

Der Vollerwerbstaxler zahlt alle seine Versicherungen, ist auf sein Geschäft angewiesen und muss seinen Lebensunterhalt ausschließlich damit verdienen.

Der Hobbytaxler darf eigentlich nur am WE arbeiten und auch das nur eingeschränkt, denn er unterliegt wie ein Fahrer den gesetzlichen Arbeitnehmerschutzgesetzen, das heißt er muss zwischen 2 Tätigkeiten mindestens 10 Stunden Pause haben, darf max im Schnitt 8 Stunden arbeiten und muss auch jeden 2. Sonntag frei haben usw........

Da frage ich mich sowieso wann will/darf der eigentlich legal und offiziell ein Taxi fahren?
Als Nächstes spielt bei ihm die Rendite keine so große Rolle, die haben meistens einen Fahrer um der Betriebspflicht genüge zu tun, aber der muss eigentlich nur seine und die Betriebskosten reinfahren, denn zusätzliche Versicherungen braucht der Hobbytaxler nicht, außer Berufsgenossenschaft und evtl. IHK, Krankheit, Rente, Arbeitslosigkeit sind bereits über den Hauptjob bezahlt. Damit reicht es ihm im Grunde völlig wenn er selbst am WE seinen dann wirklichen Bruttoverdienst einfährt.

Gerade diese „Kollegen” sind es dann auch oft die bei Verbänden und Zentralen ganz stark GEGEN Tarifanpassungen sind, sie haben es ja auch nicht nötig, sie leben von anderen Jobs haben aber das gleiche Mitspracherecht. Die haben auch die Zeit sich in Versammlungen zu setzen, weil sie sowieso nichts anderes zu tun haben, (überspitzt ausgedrückt)

Kurz es kann nicht sein, dass diese Hobbytaxler zwar überall mitreden, aber keine Ahnung haben wie es ist allein vom Taxi leben zu müssen und auch praktisch kein Risiko tragen.
Geht bei denen nichts mehr, dann wird die Konzession meistbietend verkauft und man wendet sich seiner normalen Arbeit zu fertig.

Zwar könnte man jetzt sagen, eigentlich gut, ein Taxi das kaum da ist nimmt mir nicht viel weg, aber das wäre zu einfach, es geht um Chancengleichheit und auch darum, dass es eigentlich so nicht statthaft ist ein Taxi zu betreiben.
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