Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Neuigkeiten aus dem Taxigewerbe.
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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von LRKN » 28.06.2014, 12:18

ilkoep hat geschrieben:
LRKN hat geschrieben:
Ich könnte mich auch auf den Kompromiss einlassen das ich 8,50 Lohn bekomme und 10% Umsatzprovision.
Darauf wird es auch m.E. hinaus laufen. Nur dass die X-% Umsatzsprovision auf einem Zwischenkonto geparkt und mit "schlechten Monaten" verrechnet werden.

Für 8,50 ist ein Umsatz von brutto 18,19/h erforderlich.

Wer ihn überschreitet bekommt am Quartalsende seinen Bonus, wer ihn unterschreitet seine Papiere.
Ein solchen Arbeitsvertrag würde ich nicht unterschreiben. Sobald das Monatsende erreicht ist will ich meine Provision. Das ist bei ALLEN Berufen mit Provisionslohn eine Selbstverständlichkeit. Ich bin mir auch sehr sicher, das ein einbehalten eines Teils des vereinbarten Lohns einfach Rechtswiedrig ist.

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von ilkoep » 28.06.2014, 12:38

LRKN hat geschrieben:
Ein solchen Arbeitsvertrag würde ich nicht unterschreiben. Sobald das Monatsende erreicht ist will ich meine Provision. Das ist bei ALLEN Berufen mit Provisionslohn eine Selbstverständlichkeit. Ich bin mir auch sehr sicher, das ein einbehalten eines Teils des vereinbarten Lohns einfach Rechtswiedrig ist.
Dieses Provisionsmodell ist bei Vertrieblern gang und gäbe. In fast jedem Gewerbe gibt es gute und schlechte Zeiten. Die Kassierein bei Feinkost-Aldi bekommt im Sommerloch auch den gleichen Lohn wie in der Vorweihnachtszeit.

Einfach mal über den Tellerrand schauen.

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von IK » 28.06.2014, 13:07

@ pauline

Wie ich das schon mal gesagt habe, betreibe ich ein Graupe, welche ich brauche um neue Leute aus der Taxischule fit für den HansaFunk zu machen. So weit die betrieblichen Realitäten.

Was von der Realität weit entfernt ist, ist deine Behauptung, die Nichthansis (Graupe) würden nur die Hälfte verdienen. Offenbar du hast einfach wenig Ahnung, was Nicht-Hansa Geschäft angeht. Es freut mich zu sehen, dass du vom Hansa überzeugt bist. Was aber nicht hilfreich ist, ist die Ausblendung der Realität. In diesem Jahr liegen Umsätze der Hansafahrer, mich inclusive unter 22 € Brutto pro Schichtstunde. Der tatsächliche Abstand zu den Graupen liegt im besten Fall um 30%.
pauline hat geschrieben:Da musst du dir ganz schön was zurechtstottern !
Noch ein unbedachter Satz von dir. In meiner Taxischule erkläre ich den Leuten, wie viel sie wo verdienen können. Hansa als Ziel wird immer hervorgehoben. Es ist aber so, dass nicht alle Kollegen zu Hansa wollen oder können. Ich spiele mit offenen und nicht mit den gezinkten Karten. Deswegen ist deine blöde Unterstellung, ich würde den Leuten irgendwas vormachen, völlig deplatziert.

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von pauline » 28.06.2014, 13:12

@LKRN
Zitat :
In allen Berufen wo ein normaler Monatslohn gezahlt wird......
....steht der Angestellte auf irgendeine Weise unter "Bewachung" .
Selbstverständlich wird wohl kein Fahrer an irgendeinem Posten den ganzen Tag Zeitung lesen. Aber warum sollte er sich den Arx aufreißen, um "ins Geschäft" zu fahren ? Er bekommt doch auch so sein Geld. Einziges Motiv : Die Langeweile am Posten und Mecker vom Chef. Viel besser wirken Motive, die Aktivität belohnen. Der aktive Fahrer muss mehr Lohn bekommen, als der phlegmatische. Sonst haut der aktive ab.....verständlicherweise. Und die phlegmatischen bleiben im Betrieb. Und sage nicht, dass es diese beiden Typen von Fahrern nicht gibt ! Bitte nicht ! :lol:

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von pauline » 28.06.2014, 13:24

@Ivica
Deine Graupenfahrer gehen der selben Tätigkeit nach wie deine Hansis. Du bezahlst sie unterschiedlich ( vielleicht nicht nur die Hälfte, aber ich vermute mal deutlich). Das Ausbildungsargument zählt schon lange nicht mehr ( würde ich für geringere Bezahlung gelten lassen) : Heute muss man nur noch ein paar Schichten absolvieren, um aufgenommen zu werden. Bleibt das Argument, dass deine Hansa-Wagen schon besetzt sind. Also bildest du für einen übersättigten Markt aus ?

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von IK » 28.06.2014, 13:44

@ pauline

Seit wann darf man Menschen nicht unterschiedlich bezahlen?

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von pauline » 28.06.2014, 13:55

Seit wann darf man Menschen nicht unterschiedlich bezahlen?
Das ist nicht die Frage. Die Frage ist, ob man Leute für einen übervollen Markt ausbilden soll, die man selbst nicht zu einem vernünftigen Lohn beschäftigen kann. Aber da bist du ja beileibe nicht der einzige.
Wir brauchen nicht mehr Taxifahrer, sondern weniger, aber dafür besser ausgebildete Fahrer.
Auch nichts neues !
Zuletzt geändert von pauline am 28.06.2014, 13:57, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von LRKN » 28.06.2014, 14:01

ilkoep hat geschrieben: Dieses Provisionsmodell ist bei Vertrieblern gang und gäbe. In fast jedem Gewerbe gibt es gute und schlechte Zeiten. Die Kassierein bei Feinkost-Aldi bekommt im Sommerloch auch den gleichen Lohn wie in der Vorweihnachtszeit.

Einfach mal über den Tellerrand schauen.
Ich schaue also mal über den Tellerrand:

Da sehe ich das ein Vertriebler einen Teil seines Gehalts als festen Monatseinkommen bekommt und den anderen Teil aus Provision. Das ist Normal. Mein Vater ist zufällig in einer Firma die mit Vertrieblern genau so ein Lohnmodell haben.

Außerdem sprach ich auch von 99%! Das heißt das Lohnmodell von Vertrieblern sind die 1% Ausnahme. Sich also auf die zu berufen blendet die Realität der anderen 99% komplett aus.
pauline hat geschrieben:@LKRN
Zitat :
In allen Berufen wo ein normaler Monatslohn gezahlt wird......
....steht der Angestellte auf irgendeine Weise unter "Bewachung" .
Ich gehe mal davon aus das du unter "bewachung" verstehst das ein Vorgesetzter permanent in Physischer nähe ist und dadurch ein Kontrolldruck für den Arbeitnehmer entsteht. Nun wenn du wirklich glaubst, dass das die Basis im normalen Berufsleben ist, das ein Arbeitnehmer nur Arbeitet wenn er auch durch körperliche Präsenz eines Vorgesetzten arbeitet dann mußt du dies so glauben. Meine Wahrnehmerung ist eine andere. Sowohl in meinem persönlichen Umfeld, als auch in anderen Berufsfelder in denen ich tätig war, haben die Angestellten von sich aus ihr Tätigkeit selbstständig ausgeführt. Das der Arbeitgeber dabei Vorgaben machte gehört zum normalen Arbeitsleben. Das alles kann auch ein Taxiunternehmer machen. Er kann vorgaben machen (von Locker bis Streng) und dies auch Kontrollieren. Wenn er wirklich erleben sollte, dass ein Fahrer deutliche Umsatzeinbrüche hat, dann muß er klar und Deutlich sagen was der Arbeitnehmer zu tun hat. Auch das ist die Aufgabe eines Unternehmers! Einfach nur passiv zu sagen dass dies alles Gottgegeben ist und er keinen Einfluß auf seine Angestellten hat zeugt nur vom Unvermögen eines Unternehmers.

Ein Unternehmer kann sowohl Umsatzvorgeben machen als auch sagen das ein Fahrer z.B. in der Zeit von 18-22 Uhr permanent den Flughafen anzufahren hat. Er kann auch sagen das er in der Zeit von 12-14 Uhr 45 Minuten Pause machen muß. Er kann auch sagen das der Fahrer Posten XY nicht anzufahren hat. Er kann auch sagen dass er im Funk alle Touren annehmen muß die ihm angeboten werden. Das alles darf ein Arbeitgeber einem Angestellten vorgeben. Sollte sich ein Arbeitnehmer nicht an diese Vorgaben halten kann man ihm kündigen. Bei nicht erreichung des Umsatzziels aus wirtschaftlichen Gründen, bei den anderen Vorgaben wegen Arbeitsverweigerung und Nichterfüllung der Vorgaben.

Nochmal: 99% aller Angestellten bekommen einen Festlohn. Der Taxifahrer ist der EINZIGE Beruf wo ein REINER Provisionslohn normal ist. Und ihr habt damit echt keine Probleme und findet das völlig normal? Ich nicht...

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von am » 28.06.2014, 14:46

8,50€ plus Provision gleich Illusion?

Die Forderung nach 8,50€ zuzüglich Provision bei Überschreitung eines Umsatzlimits könnte eine Illusion für diejenigen Arbeitnehmer bleiben, die an einem Vollzeitarbeitsplatz interessiert sind. Darüber hinaus kann es aber auch ein Modell für Aushilfen sein.

Was beispielsweise in Gartenbaubetrieben geht, dort wird im Sommer oft länger gearbeitet, um witterungsbedingten Arbeitsausfall im Winter zu kompensieren, kann auch ein Modell für das Taxigewerbe sein, vielleicht muss es das sogar, wenn es weiter funktionieren soll. Und es ist nicht etwa so, dass in solchen Betrieben sogenanntes Schlechtwettergeld bezahlt wird, wie es früher im Bauhauptgewerbe regelmäßig der Fall war, das heutige Saison-Kurzarbeitergeld.

Nein, es wird schlichtweg so sein müssen, dass zu nachfragestarken Zeiten eingefahrene Umsatzüberschüsse aufgespart werden müssen, um Mitarbeiter auch in Flautezeiten bezahlen zu können. Um drüber hinaus Kosten zu reduzieren, können Fahrer in entsprechenden Schichten jedoch auch Mehrarbeit ohne Zuschläge leisten, um dann bezahlt freigestellt zu werden, wenn keine Umsätze zu erzielen sind. Damit ließen sich dann ein paar Prozent.

Und natürlich kann in Taxibetrieben auch über das Saison-Kurzarbeitergeld nachgedacht werden. Ordentlich geführte Betriebe können das auch darstellen. Solche, die sich auf Steuersparmodelle spezialisiert haben können das natürlich nicht leisten, ohne aufzufliegen.

Das Taxigewerbe in die Riege der Gewerbezweige aufzunehmen, die Saison-Kurzarbeitergeld beziehen können, könnte Aufgabe des BZP sein - darauf sollte eine Satzungsänderung abzielen. Den ML hinauszuzögern, verlängert das Leiden nur unnötig.
Zuletzt geändert von am am 28.06.2014, 14:49, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von nightrider » 28.06.2014, 14:50

LRKN hat geschrieben:Was ich meine mit "normalen Beruf" ist das es für 99% aller Angestellten eine absolute Normalität ist, dass sie ihren vollen Monatslohn bekommen auch wenn Sie durch einen Unfall im Krankenhaus liegen. Bei Taxlern ist das zu 99% die Ausnahme.
Was ist da beim Provisionslohn anders? Normal bekommt der Fahrer bei Urlaub oder Krankheit den Schnitt der letzten 3 Monate, also ganz normalen Lohn
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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von am » 28.06.2014, 15:00

nightrider hat geschrieben:
LRKN hat geschrieben:Was ich meine mit "normalen Beruf" ist das es für 99% aller Angestellten eine absolute Normalität ist, dass sie ihren vollen Monatslohn bekommen auch wenn Sie durch einen Unfall im Krankenhaus liegen. Bei Taxlern ist das zu 99% die Ausnahme.
Was ist da beim Provisionslohn anders? Normal bekommt der Fahrer bei Urlaub oder Krankheit den Schnitt der letzten 3 Monate, also ganz normalen Lohn

Bei einem nicht unbeträchtlichem Teil der Betrieb dürfte eher das Moto gelten: Wer nicht fährt, der nicht verdient. Ich habe hier sogar einen originalen Arbeitsvertrag liegen, bei dem Urlausbentgelt und LFZ bei Krankheit ausgeschlossen werden.
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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von nightrider » 28.06.2014, 15:36

am hat geschrieben: Bei einem nicht unbeträchtlichem Teil der Betrieb dürfte eher das Moto gelten: Wer nicht fährt, der nicht verdient. Ich habe hier sogar einen originalen Arbeitsvertrag liegen, bei dem Urlausbentgelt und LFZ bei Krankheit ausgeschlossen werden.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dies legal und damit rechtswirksam ist. Lohnfortzahlung bei Krankheit und Urlaub ist doch meines Wissens bei abhängig Beschäftigten gesetzlich festgeschrieben, sogar bei 450-Eurojoblern.
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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von Yes » 28.06.2014, 15:40

Guter_Kollege hat geschrieben:Anders als beim Ausgleich für S.u.F-Arbeit ist der Ausgleich bei sagen wir mal 5-Tage-Woche Mo-Fr an einem darauffolgenden Sonnabend dann zusätzlich entlohnte Freizeit + x ?
Mir ist die exakte Aufrechnung nicht ganz klar. Denn in bezahlter Freizeit entlohnt werden soll ja (sofern ich das richtig verstanden habe) der Mehraufwand analog zu den 25% Nachtzuschlag. Was hält der Gesetzgeber denn für "angemessen" bei der Umrechnung % von Bruttolohn in Zeit?
Deine Berechnung würde bei vielen Tätigkeiten, für die ein Nachtzuschlag von 25 % "angemessen" ist, stimmen.

Es stimmt, dass die Ausgleichsleistung in Freizeit der in Geld 1:1 entsprechen muss. Anderenfalls hinge der Umfang der Ausgleichsverpflichtung nämlich davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet (BAG, Urteil vom 01.02.2006 - 5 AZR 422/04).
Guter_Kollege hat geschrieben:25% Nachtzuschlag
Die Höhe dessen, was noch "angemessen" im Sinne von § 6 Abs. 5 ArbZG ist, liegt nicht bei 25 %, sondern eher bei 10-15 %.

Der Prozentsatz richtet sich nach dem Zweck, der mit der Ausgleichsleistung verfolgt wird. Der Zweck der Nachtzuschläge besteht zum einen darin, die mit der Nachtarbeit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers auszugleichen und ihn für die erschwerte Teilnahme am sozialen Leben zu entschädigen. Zum anderen besteht er darin, durch die finanzielle Belastung des Arbeitgebers Druck auf diesen auszuüben, um dadurch die Nachtarbeit möglichst zu verhindern (BAG, Urteil vom 05.09.2002 – 9 AZR 202/01).

Für den ersten Zweck, den Ausgleich der gesundheitlichen und sozialen Einschränkungen des Arbeitnehmers, wird regelmäßig ein Zuschlag von 10 % als angemessen angesehen, auch wenn in die Nachtarbeit Arbeitsbereitschaft fällt (BAG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98) und die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Branche begrenzt sind (BAG, Urteil vom 11.02.2009 - 5 AZR 148/08).

Ein um 5 % höherer Prozentsatz kann gerechtfertigt sein, wenn der Einsatz in Dauernachtschicht erfolgt, also der ständige Einsatz in Nachtarbeit (BAG, Urteil vom 27.05.2003 - 9 AZR 180/02). Einschränkungen können allerdings für Teilzeitkräfte gelten, die zwar Dauernachtschicht leisten, aber andererseits die Hälfte der Kalendertage frei haben (BAG, Urteil 24.02.1999 - 4 AZR 62/98).

Diese Voraussetzungen dürften bei den meisten Nachtfahrern vorliegen.

Der Regelsatz von 25 % ist aber nur angemessen, wenn der Zweck der Ausgleichsleistung vollständig zu erreichen ist. Gründe, um von ihm nach unten abzuweichen, liegen vor, wenn der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern, nicht erreicht werden kann (BAG, Urteil vom 31. 8. 2005 - 5 AZR 545/04 unter I 4 b der Gründe). Das ist im Taxigewerbe der Fall. Nachtarbeit ist in diesem Bereich unvermeidbar, da Taxen insbesondere als Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs grundsätzlich auch nachts verfügbar sein müssen.

Somit dürfte der Nachtzuschlag im Regelfall bei 10 % und für Dauernachtfahrer bei 15 % verbleiben. Letztendlich hängt die Angemessenheit des Nachtzuschlags aber von der Gesamtbetrachtung des konkreten Einzelfalls ab.
Guter_Kollege hat geschrieben:Ist das (im Rahmen der Vollzeitnachtarbeit) ein zu entlohnender Mehrwert von 4:1 auf die Grundleistung. Hieße, bei der einer 5-Tage Woche, 4 Tage arbeiten und 1 Tag bezahlt frei? Oder 5 Tage Nachtarbeit + 1 bezahlter Freizeit-Tag + X ?
Bei Teilzeitkräften und in Wechselschicht tätigen Fahrern heißt das:
  • mind. 10 % Nachtzuschlag oder
    5 Tage Arbeit -> 0,5 Tage frei
    10 Tage Arbeit -> 1 Tag frei
    20 Tage Arbeit -> 2 Tage frei
Bei Dauernachtschichtfahrern:
  • mind. 15 % Nachtzuschlag oder
    5 Tage Arbeit -> 0,75 Tage frei
    10 Tage Arbeit -> 1,5 Tage frei
    20 Tage Arbeit -> 3 Tage frei
IK hat geschrieben:Ein AN kann immer gekündigt werden, insbesondere dann, wenn man ihn nicht bezahlen kann. Welcher Fahrer wird unter solchen Umständen darauf bestehen, dass man ihm steuerfrei Zuschläge bezahlt, wenn nicht mal sicher ist, dass er sein Grundlohn in der Zukunft bekommen wird?
Umgekehrt: Wie will der Unternehmer unter solchen Umständen einen Fahrer halten, wenn diesem ab 2015 alle anderen Arbeitgeber diese Mindestzahlungen gewähren?
IK hat geschrieben:Auch ein großer Betrieb kann kündigen, wenn die Existenz des Betriebes gefährdet ist. Ein Fahrer, welcher unter veränderten Umständen (ML 8,50 €) derart seinem AG in den Rücken fallen würde, hätte als Fahrer nie wieder einen Unternehmer finden, welcher ihn beschäftigte.
Es gibt mehr Unternehmer, die erfolglos Fahrer suchen, als Fahrer, die keinen Unternehmer finden. Ein Fahrer, der seinen Mindestlohn und die gesetzlichen Nachtzuschläge verlangt, fällt seinem Unternehmer auch nicht in den Rücken.
IK hat geschrieben:Noch immer haben wir in Deutschland Vertragsfreiheit. Ich kann sehr wohl mit unterschiedlichen AN unterschiedliche Löhne vereinbaren. Auch ML-Gesetz hebt dieses Recht nicht auf, sofern man nicht weniger als 8,50 € zahlt.
Die Vertragsfreiheit besteht nur soweit sie nicht zwingendes Recht verletzt. Die Ausgleichsleistungen für Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG sind zwingendes Recht und damit der Privatautonomie entzogen.

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von ilkoep » 28.06.2014, 15:51

am hat geschrieben:.... Ich habe hier sogar einen originalen Arbeitsvertrag liegen, bei dem Urlausbentgelt und LFZ bei Krankheit ausgeschlossen werden.
Mit so einem Arbeitsvertrag steht der AG mit einem Bein im Knast.

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von am » 28.06.2014, 16:01

nightrider hat geschrieben:
am hat geschrieben: Bei einem nicht unbeträchtlichem Teil der Betrieb dürfte eher das Moto gelten: Wer nicht fährt, der nicht verdient. Ich habe hier sogar einen originalen Arbeitsvertrag liegen, bei dem Urlausbentgelt und LFZ bei Krankheit ausgeschlossen werden.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dies legal und damit rechtswirksam ist. Lohnfortzahlung bei Krankheit und Urlaub ist doch meines Wissens bei abhängig Beschäftigten gesetzlich festgeschrieben, sogar bei 450-Eurojoblern.
Natürlich ist das nicht legal. Es ist aber auch selten ein Unternehmer so blöd, sowas schriftlich zu machen. Er bekam wohl auch kalte Füße und hat den entsprechenden Mitarbeiter zwei Wochen später auf die Straße gesetzt. Der betreffende Arbeitnehmer hat diesen Vertrag sogar der Zulassungsstelle vorgelegt und Schulterzucken als Antwort erhalten. Auch die IG-Taxi-Lübeck hat das Thema angesprochen. Antwort: Nicht unsere Aufgabe und kein Personal. So sieht es aus außerhalb Hamburgs.
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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von nightrider » 28.06.2014, 16:22

am hat geschrieben: Natürlich ist das nicht legal. Es ist aber auch selten ein Unternehmer so blöd, sowas schriftlich zu machen. Er bekam wohl auch kalte Füße und hat den entsprechenden Mitarbeiter zwei Wochen später auf die Straße gesetzt. Der betreffende Arbeitnehmer hat diesen Vertrag sogar der Zulassungsstelle vorgelegt und Schulterzucken als Antwort erhalten. Auch die IG-Taxi-Lübeck hat das Thema angesprochen. Antwort: Nicht unsere Aufgabe und kein Personal. So sieht es aus außerhalb Hamburgs.
Grundsätzlich kann in Arbeitsverträgen alles Mögliche stehen, doch was nicht der aktuellen Gesetzeslage entspricht ist einfach hinfällig, nicht relevant und kann ignoriert werden

Zum Anderen ja in der Tat wird nicht überall so konsequent gehandelt wie angeblich in Hamburg, oft muss man den Behörden auf die Sprünge helfen, wenn es sein muss mit handfesten offiziellen und öffentlichen Beschwerden, Personalmangel ist keine Ausrede schließlich sind die Behörden für die Einhaltung der Gesetze zuständig, auch Dienstaufsichtsbeschwerde ist ein gutes Mittel.
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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von IK » 28.06.2014, 16:50

pauline hat geschrieben:
Seit wann darf man Menschen nicht unterschiedlich bezahlen?
Das ist nicht die Frage. Die Frage ist, ob man Leute für einen übervollen Markt ausbilden soll, die man selbst nicht zu einem vernünftigen Lohn beschäftigen kann.
Was vernünftiger Lohn ist entscheidet jeder für sich. Diese Freiheit wird durch den ML eingeschränkt. Zumindest vorläufig. Wenn die Zahl der Arbeitslosen anfängt zu steigen, wird unser Gabriel Agenda 2025 ausrufen.

Wenn dir der Markt voll ist, mach was anderes. Wo hast du den Anspruch her, das du den Taxifahrerjob beibehalten sollst, andere aber nicht?

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von nightrider » 28.06.2014, 17:41

Bin mal gespannt wann das endlich aufhört, ich meine die ewige Diskussion über ML.

Alles was hier darüber orakelt wird sind Mutmaßungen, Vermutungen und nicht zuletzt das unendliche Zitieren von Gesetzestexten.

Wartet doch einfach mal ab was wirklich passiert ab 1.1.15.Wahrscheinlich wird kein Unternehmer zum 1.1. Konzessionen zurückgeben und massenweise Fahrer ausstellen. Die Meisten werden erstmal abwarten, genau beobachten kalkulieren, rechnen. Stellt sich nach einem Quartal heraus ein Fahrer bringt höchstens eine schwarze 0, oder gar eine rote 0 wird gehandelt.
Vielleicht ergeben sich auch noch Lösungen an die heute noch gar keiner denkt, vielleicht werden die Tarife doch drastisch erhöht, oder verändert, z.B. so dass die Zeitvariante stärker zum Tragen kommt?

Auf dem Land gibt es da keine großen Änderungen hier wissen die meisten Unternehmer genau was sie am 30. in der Tasche haben und zahlen oft Heute schon mindestens ML. In Städten in denen es die Behörden Heute schon schleifen lassen wird wahrscheinlich so lange am Status Quo weitergewurstelt bis irgendeine Behörde ernsthaft einschreitet das kann manchmal Jahre dauern.

Fest steht nur Eines, kommt durch den Fahrereinsatz nichts rüber, oder höchstens die schwarze 0 werden wohl Viele Unternehmer zumindest stark reduzieren, ganz einfach weil sie es müssen, vom Draufzahlen kann kein Unternehmer existieren.
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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von IK » 28.06.2014, 17:56

@Yes
Yes hat geschrieben:Umgekehrt: Wie will der Unternehmer unter solchen Umständen einen Fahrer halten, wenn diesem ab 2015 alle anderen Arbeitgeber diese Mindestzahlungen gewähren?
Welche Mindestzahlungen meinst du denn?
ML alleine oder ML + Zuschläge?

Beachte bitte dabei, dass es nicht darum geht, ob der AG die Mindestzahlungen bezahlen will sonder kann!
Wenn ich einem Nachtfahrer wegen dem ML die Nachtzuschläge ab dem 01.01.2015 streichen muss, wird er keinen AG finden, welcher ihm diese gewähren wird. Denn andere AG werden es auch nicht bezahlen können, es sei denn, sie haben keinen FT und fälschen die Arbeitszeiten.
Yes hat geschrieben:1. Es gibt mehr Unternehmer, die erfolglos Fahrer suchen, als Fahrer, die keinen Unternehmer finden.
2. Ein Fahrer, der seinen Mindestlohn und die gesetzlichen Nachtzuschläge verlangt, fällt seinem Unternehmer auch nicht in den Rücken.
Zu 1:
Das dürfte sich ab dem 01.01.2015 in Gegenteil verkehren.

Zu 2:
Sehr wohl, wenn er auf der Fortzahlung der Zuschläge ab 01.01.2015 besteht, wohl wissend dass das mit einem Grundlohn von 8,50 € nicht bezahlbar ist. Selbst wenn solche Fahrer vor einem Gericht doch recht bekämen, würden sie ihr Betrieb verlassen müssen. Vielleicht mit einer kleinen Abfindung. Danach können sie von einem neuen Job nur träumen. Keiner wird sie mehr einstellen wollen. Danach ist der Weg zu Hartz 4 nur noch ein Jahr entfernt. Aber erst, nachdem die Abfindung aufgezehrt wurde.
Yes hat geschrieben:Die Vertragsfreiheit besteht nur soweit sie nicht zwingendes Recht verletzt. Die Ausgleichsleistungen für Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG sind zwingendes Recht und damit der Privatautonomie entzogen.
Sehe ich genau so. Deswegen habe ich in einem Posting davor gesagt, dass es ab dem 01.01.2015 keine Nachtfahrer mehr geben wird. Die Arbeit wird man pünktlich um 01:00 beenden müssen. An 48 Tagen im Jahr wird man sich austoben dürfen. Aber die Tagfahrer, welche zwischen 06:00 und 09:00 anfangen, wird es auch nicht mehr geben. In der Zukunft wird der Tagfahrer um 04:30 seinen Dienst antreten. 10 Stunden Schicht, davon mindestens 1 Stunde Zwangspause.

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Re: Angestellter und Mindestlohn,was nun ?

Beitrag von Guter_Kollege » 28.06.2014, 18:15

Kollege YES,
Danke für Deine ausführliche Antwort!
Mit den Quellen kann ich etwas anfangen.
Besonders interessant daran natürlich die Anrechnungsverhältnisse.
Ich werd' das mal nachrecherchieren.
ilkoep hat geschrieben:
am hat geschrieben:.... Ich habe hier sogar einen originalen Arbeitsvertrag liegen, bei dem Urlausbentgelt und LFZ bei Krankheit ausgeschlossen werden.
Mit so einem Arbeitsvertrag steht der AG mit einem Bein im Knast.
Dieser Passus ist schlicht ungültig und es ergeben sich daraus herbe Nachforderungen für den Arbeitgeber. Für ein Taxiunternehmen kann das ganz fix das AUS bedeuten.

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