Besonders schlechtes Beispiel: Hr. Müller
@KehrenTAXI
Richtig, Beispiele hinken. Hier: Taxibetriebe können ihre Preise idR nicht selbständig festlegen. Es gibt so einiges, was ein Konditor kann und was ein Taxifahrer nicht kann oder nicht darf. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten: z.B. haben beide die Möglichkeit flexibel auf eine neue Situation zu reagieren und Pläne für ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln. Da ich gerne Pläne schmiede, ärgert mich das sehr! Sollte ich mich dabei im Bespiel vergriffen haben, so bitte ich dies zu entschuldigen.
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@ Pirat
Interessant wäre jetzt mal ein Fallbeispiel aus dem realen Leben und mit PBefG-Bezug, z.B. wo ein Taxiunternehmer gegen einen Kommunalbus, einen Rufbus, ein Linientaxi oder dergl. geklagt hätte. Könntest Du solche Fälle mal recherchieren? Und uns mal berichten wie sie ausgegangen sind?
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Viel spannender als die vielen fachkundigen Hinweise auf das fehlende PBefG in meinem Fallbeispiel, fand ich die gestrige Sitzung des Verkehrsausschusses der Hamburger Bürgerschaft (= Hbg. Landesparlament) in der Schmiedestraße. Hier mein höchst subjektiver Eindruck von der Sitzung:
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Horneberger Schießen mit Käse überbacken
Weil, es war lediglich eine Anhörung, und alle Parteien waren nett und freundlich zum Taxigewerbe, denn kein Politiker wird sich ohne zwingende Not mit dem Taxigewerbe anlegen. Die Entscheidungen werden ohnehin auf höherer Ebene getroffen. Der Ausschuss berät die Abgeordneten lediglich, und an diesem Abend hat er sich nur informiert.
Immerhin hat sich der Ausschuss der Idee genähert, dass es möglich sein könnte, die Verkehrsprobleme mit gänzlich neuen Ansätzen zu lösen. Einige Gehirne im Ausschuss werden anfangen zu rattern: Wie viele MOIAs würde man brauchen, um x % des Busverkehrs und y % des PKW-Verkehrs auf MOIA zu verlagern? Sollte man MOIA dazu die Busspuren öffnen? Welche Buslinien sind defizitär? Hat der Linienverkehr überhaupt noch eine Zukunft? Was kostet eine neue U-Bahnlinie, was eine gleichlange ÖPNV-Sonderspur für Fahrzeuge bis 3,5 t? Wie fällt ein Betriebskostenvergleich U-Bahn/BUS/MOIA aus? Wie die Umweltbilanz?
Wie müsste der MOIA-Tarif aussehen, um den maximalen Umwelteffekt zu erzielen? Sollte die Kurzstrecke zu einem Bahnhof preislich günstiger sein? Wenn wir dem HVV und dem Taxigewerbe haarklein die Preise vorschreiben, warum sollten wir es nicht bei MOIA auch so machen? … usw. … .
Manche Fragen der Abgeordneten zielten bereits in solche Richtungen. Andere scheiterten bereits an der Aufgabe, MOIA als Teil des ÖPNV zu begreifen. Wieder andere nutzten die Gunst der Stunde, um Wasser auf die Mühlen ihres Parteiladens zu lenken.
Bald werden dem Ausschuss Verkehrsdaten in ungeheurer Menge zufließen und das mit einer Detailgenauigkeit wie man sie bisher nur in Ausnahmefällen kannte. Wenn der Ausschuss beim Erreichen der 500er-Grenze die Möglichkeit erhält Feintuning am System MOIA vorzunehmen, dann wird’s spannend, und noch mal spannend wird’s, wenn auf dem IST-Kongress 2021 im CCH das gut dokumentierte MOIA-Projekt einem breiten Fachpublikum vorgestellt wird.
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Auch tauchte im Verkehrsausschuss einmal kurz die Frage auf, ob MOIA auch MIT Fahrern profitabel arbeiten könne (z.B. wenn sich die Einführung des autonomen Fahrens verzögert).
Dazu müsste MOIA m.E. nur tief genug in die Trickkiste greifen und sich u.a. ganz gezielt die Rosinen rauspickten. Eine der möglichen Rosinen hat E.G. Engel hier neulich bereits genannt: Einen Shuttle-Service zwischen den Innenstadt-Hotels und dem Flughafen. Diese Hotels wären dann zugl. virtuelle Haltestellen. Am Flughafen eröffnet MOIA eine Lounge, wo der Fahrgast das erforderliche App erhält und die Touren zusammengestellt werden. Wer gepoolt fahren will und von MOIA nicht bedient werden kann (bzw. darf), der geht zum Schalter nebenan zu den Hanseln von 211 211 - oder zu einer noch zu gründenden kooperationswilligen Zentrale, mit der MOIA sich die Miete teilt (es muss ja nicht gleich 50:50 sein).
Die 10,1 km lange Fahrt vom Flieger zum Jungfernstieg würde bei 50 cent pro Platzkilometer 5 Euro kosten (Taxi = knapp unter 25,-), macht bei 4 besetzten Plätzen 20 Euro. Beim Verteilen der Fahrgäste wird bereits die Rückfuhre eingeladen. Reine Fahrzeit pro Richtung: 22 Min. Theoretisch kann ein Fahrzeug in der Stunde ungefähr eine Runden drehen, was ca. 30-40 Euro Umsatz/Std. entsprich. Das wäre auskömmlich - falls nicht, dann hebt man die Preise an. Selbst bei 40% Preiserhöhung (= 7 Euro für die Einzelfahrt) wären man immer noch konkurrenzfähig.
Dergl. Rosinen gibt es in dem großen Hamburger Verkehrskuchen gewiss noch mehr, und wenn VW tatsächlich darauf abzielen würde MOIA in Hamburg bis 2021 in die Gewinnzone zu fahren, so wäre das vermutlich sogar möglich. Deshalb klingt die Dumpinglüge so entsetzlich hohl und bringt VW am Ende nur auf dumme Gedanken.
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Berechtigt fand ich die Frage, woher MOIA die vielen FahrerInnen herkriegen will. Schließlich ist der Job befristet. Der ideale Kandidat fährt demnach nicht nur seit vielen Jahren unfallfrei Taxi, er geht auch noch demnächst in Rente.
Sowohl Clemens Grün als auch Robert Henrich argumentierten geschickt. Gewohnt genial: Martin Huber. Schwach: Heike Sudmann. Der Artikel von IK auf
http://www.dieklage.de beschreibt den Ablauf des Abends erstaunlich neutral.
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Poorboy hat geschrieben:Wer sich seiner Sache sicher ist, scheut eine gerichtliche Überprüfung nicht!
Poor Boy!
Wenn ich ein Projekt verfolge, von dessen Sinn ich von ganzem Herzen überzeugt bin, dann hüte ich es wie mein eigenes Kind und halte ALLES von ihm fern, was ihm auch NUR IM GERINGSTEN schaden KÖNNTE.
Als gute Mutter würde ich mein armes Kind niemals freiwillig einem Richter übergeben, der es kaltherzig zum Tode verurteilen könnte, mag die Wahrscheinlichkeit auch noch so gering sein. Eine gute Mutter wird dieses Risiko niemals eingehen. - Ein Schuft, wer ihr daraus den Vorwurf der Feigheit macht.
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Einfach keine Klagebefugnis
Staatsrat Rieckhof nannte im Verkehrsausschuss das Ziel des Senats: „Hamburg soll zu einer führenden Stadt der Elektro- und Digitalmobilität werden.“ Dass Hr. Müller das gar nicht gut findet, nimmt der Senat freundlich zur Kenntnis, lässt sich davon aber nicht aufhalten.
So gibt es hier in Hamburg auch keinen stundenlangen Boxkampf zwischen dem Senat und Hr. Müller, bei dem am Ende *) das Blut von den Seilen tropft, sondern es gibt lediglich zu Beginn der 1. Runde einen kurzen linken Haken an den Kopp. Schon liegt der Held auf den Brettern. Einfach keine Klagebefugnis, sehr frei nach Machiavelli: Ein linker Haken zur rechten Zeit - schafft Ruhe und Gemütlichkeit.
*) am Ende der Seite
https://dieklage.de/blog-posts/rumble-i ... tml#rumble)
Die nun eintretende Stille könnte man dazu nutzen, um jetzt endlich mal in Ruhe über einen Plan B nachzudenken. Mein TIP: radikal umdenken und versuchen MOIA als Kunden zu begreifen, ganz ähnlich wie wir einen Bahnhof betrachten. Einerseits sind Bahnen Mitbewerber, andererseits fällt bei deren Aktivitäten auch für uns immer etwas ab. Das könnte bei MOIA ähnlich sein, insbesondere dann, wenn MOIA zu niedrigen Preisen verdonnert wird. Dann kann MOIA nur wirtschaftlich arbeiten, wenn es auf einen hohen Besetzungsgrad kommt. Wenn es z.B. in einem Bedienkorridor zu 7 Nachfragen kommt, das einzige in der Nähe verfügbare MOIA-Fahrzeug aber nur 5 davon bedienen kann, dann könnte es für MOIA wirtschaftlich Sinn machen, solche Touren an Taxis weiterzugeben, die heute (= mit Fahrer) üblicherweise 3 Einzelpersonen problemlos poolen können, später auch 4.
MOIA wird irgendwann anfangen fahrerlos zu fahren und das Taxigewerbe wird es auch tun. Die neuen Fahrzeuge werden in der Anschaffung teurer sein als die heutigen Modelle. Ergo braucht das Gewerbe Geld. Der neue Kunde hat Geld. Er befindet sich zudem in einer schwierigen Aufbauphase und er befindet sich auf der Suche nach Verbündeten. Und er klopft höflich bei uns an.
Jetzt hat man drei Möglichkeiten, 1.) man tut so als wäre man nicht zu Hause, 2.) man öffnet die Tür und fragt „Was kann ich für Sie tun?“ oder 3.) man öffnet die Tür und zischt: „ich werde sie verklagen!“ –
Wer sich an dieser Stelle für die ruppige Variante entscheidet, der begeht einen Fehler. Denn wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus. Das sieht dann in der Praxis so aus: „Das Schreiben (der BWVI in dem die Klagebefugnis bestritten wird – Anm. hjm) schlägt in Passagen einen erstaunlich schroffen Ton an, überrascht mit unsachlichen Randbemerkungen und gibt der herablassenden Haltung seines Verantwortlichen Ausdruck.“ (Quelle:
https://dieklage.de/status.html – Jungs, habe ihr es endlich geschafft die BWVI sauer zu machen!? „Herzlichen Glückwunsch“!)
Wer hingegen die Kaltblütigkeit aufbringt die Tür zu öffnen und den neuen Mitbewerber freundlich über die Schwelle zu bittet, ist ganz klar im Vorteil, denn nur so kann man erfahren was der Gast will und was er zu bieten hat. Das aufmerksame Zuhören und eine anschließende lebhafte Debatte schärfen den Blick dafür was man selber will. Am Ende steht dann die Frage, können wir uns auf eine Zusammenarbeit einigen?
Wer solche Sondierungsgespräche verhindern will, der ballert dazwischen. Wo keine Kanone zur Hand, da wählt man böse Worte und fiese Bilder. Das macht – zugegeben – zunächst Eindruck auf die eigenen Reihen, wirkt aber nach außen eher abschreckend. Je kleiner eine Gruppe ist, d.h. je mehr sie auf die wohlwollende Unterstützung von außen angewiesen ist, umso riskanter ist diese Methode. Der Gipfel der Dummheit (oder der Durchtriebenheit?) ist erreicht, wenn sich der Rabauke anschließend verwundert über die allg. Verschärfung des Umgangstons beschwert.
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Es wäre ein Aberwitz gewesen, wenn man 1830 die fluchenden Pferdekutscher darüber hätte abstimmen lassen, ob man in Deutschland Eisenbahnlinien bauen darf oder nicht. Eine Regierung verdient den Namen nicht, wenn sie es zulässt, dass ein Vorhaben von vergleichbarer Bedeutung von wenigen Bürgern (oder sehr kleinen Interessengruppen) verhindert wird.
Der Senat zeigte an dieser Stelle klare Kante. Wenn wir uns gegen die Einführung der neuen Mobilitätsdienste entscheiden, sagte Staatsrat Rieckhoff am Freitag vor dem Ausschuss, „verlieren wir den Anschluss an die Zukunft.“
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Auch das noch:
Neuer Shuttle-Service von „ioki“ in Osdorf und Lurup schon ab Juli
https://www.mopo.de/hamburg/politik/aut ... s-30647238