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von det » 28.03.2018, 23:21
Ich bin neu hier. Und eigentlich will ich auch gar nicht hier sein. Vielleicht habe ich noch ein wenig Welpenschutz, bevor Ihr dann alle über mich herfallt. Aber wenn ich mich jetzt nicht äußere, dann platze ich. Und das gibt Schweinkram.
Ich habe mich durch die Beiträge zum „Aufruf zum bundesweiten Taxistreik am 12.03.18“ und zur "Klage gegen MOIA" gekämpft und versucht zu verstehen, worum es geht. Erst ging es um die Behördenwillkür und so wurde es im Radio auf Hamburg 2 auch berichtet. Dann wurde auf N3 gezeigt, wie die wenigen beteiligten Kollegen mit ausgestecktem Mittelfinger an den wartenden Fahrgästen am Flughafen vorbeifuhren. Was für ein Affront. Zum Glück haben fast alle meiner Kunden diese Aktion nicht mitbekommen, da nur auswärtige Fahrgäste betroffen waren. Solche dilettantisch vorbereiteten Aktionen sind komplett kontraproduktiv.
Dann wurde während der Aktion der Kampf gegen MOIA ausgerufen. Keiner der Kollegen, mit denen ich zu diesem Thema sprach, wusste irgendetwas. Ich muss schon sagen, toll vorbereitet. Da hat auch das schnell zusammengezimmerte Flugblatt, das an späte 68 Agitation erinnerte, nichts geholfen. Die meisten angesprochenen Kollegen haben es den Veranstaltern auch wieder vor die Füße geworfen, wie man im Bericht auf N3 sehen konnte.
Und das Ganze wurde von unserem Vertreter in der Handelskammer organisiert. Orhan Tasbilek, den ich sogar auch gewählt habe, weil die anderen Kandidaten noch weniger wählbar waren. Schlimmer Fehler. Kann sich vielleicht mal ein ordentlicher Kandidat aufstellen, der dann uns auch mit Sachverstand und Ideologie frei vertritt.
Ich liste hier einmal die Pros und Contras aus dem Forum auf. Wenn ich richtig gezählt und zugeordnet habe, sind es 7 Pros (C.L., IK, Marvin; alsterblick, roter stern, HTV-Vorstand, Asphalt Runner) und 11 Contras (E.G.Engel, Poorboy, Taxi Georg, eichi, sivas, sascha1979, Thomas-Michael Blinten, Taxi Babsi, Vasg, SindSieFrei, Löwenzahn). Um mich mal selber zu positionieren, würde ich mich dem Beitrag von SindSieFrei vom 07.03.18 inhaltlich anschließen. Oder um es mal auf den Punkt zu bringen: was für ein Schwachsinn. Es geht nicht darum, die Fahrgäste zu bestrafen. Natürlich können wir uns nicht alles gefallen lassen, aber so lösen wir die Anforderungen der Zukunft nicht. Wir müssen uns den Veränderungen auf dem Mobilitätsmarkt stellen.
Das Taxigewerbe wird in 10 Jahren nicht mehr so aussehen wie heute und in 20 Jahren wird sich kaum noch einer erinnern, wie es mal war. Das ist der Lauf der Zeit und wer sich dagegen stellt, hat schon verloren. Keiner von uns sammelt noch Pferdeäpfel auf und kein Fahnenschwenker läuft mit roter Flagge vor unseren Autos. Auch haben unsere Eltern oder für manche ihre Großeltern über die Einführung des Containers gelacht und behauptet, das wird nie etwas. Heute ist er nicht mehr wegzudenken. Nichts ist so beständig wie der Wandel. Also müssen wir versuchen, ihn mitzubestimmen. Gestalten wir die Zukunft. Das geht nur durch Mitmachen und nicht durch Verweigern.
Zurück zum Thema: Klage gegen MOIA. Ivica spreche ich Dir meine Hochachtung dafür aus, dass Du es mit VW und 50 Millionen aufnehmen willst. Und ich schließe mich auch der Meinung an, dass der, der nicht kämpft, schon verloren hat. Aber es hat schon so ein wenig von Don Quichote. Trotzdem ist es Dein Ding und wenn Du es durchziehst, hast Du meinen Respekt. Es ist Deine Entscheidung und lass Dir da nicht reinreden. Aber fall auch nicht auf Deine Souffleuse vom HTV rein.
Respekt auch an alle, die für Ivica gespendet haben. Mehr als 20.000 Euro ist wirklich respektabel und vielleicht wird es noch mehr. Und ob ihr diese Kriegskasse verbrennt oder beim Sieg versauft, ist alleine die Sache derjenigen, die eingezahlt haben. Da sollten sich alle Skeptiker raushalten.
Ich also auch, weil ich glaube, dass der Feind übermächtig ist und weil die Klage nicht gegen MOIA gerichtet sein kann, sondern nur gegen die BWVI, die ggf. eine Sonderkonzession für einen Testbetrieb vergibt. Ivica, Du wirst keine Chance haben, aber kämpfe. David hatte gegen Goliath auch keine Chance.
Außerdem bin ich in meiner Meinung sehr ambivalent.
Einerseits bin ich für die Idee, die hinter MOIA oder ähnlichen Anbietern steckt, solange es nicht um Ansinnen des Ausbeuters Uber handelt, weil viel zu viele Autos, die nur mit einer Person besetzt sind, unsere Straßen verstopfen. Insbesondere sind mir da im Stadtverkehr die SUVs ein Dorn im Auge, „so ein typisches Arschlochauto“ (Zitat: Soko Hamburg). Aber leider werden wir genau diese unnützen Verkehrsteilnehmer durch MOIA nicht von der Straße kriegen.
Ich denke, MOIA wird sich zunächst in einer Nische positionieren und sich einen neuen Kundenkreis schaffen. Durch Mund zu Mund Propaganda wird sich das in der Folge aber auch auf die Ränder auswirken, nämlich auf Taxen und Busse. Wie groß die Schädigung des bestehenden Marktes sein wird, vermag ich nicht zu ermessen. Es sollte aber bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung seitens der Behörde genauestens geprüft werden.
Weiterhin weht der gesellschafts- und dem zu Folge parteipolitische Wind in Richtung „Sharing“ oder neudeutsch „Pooling“. Wenn also die Behörde keine Ausnahmegenehmigung hinkriegt, dann wird spätestens der Neoliberalismus mit den entsprechenden Gesetzesänderungen zuschlagen. Der Verlust von Arbeitsplätzen im Taxengewerbe wird als hinnehmbarer Kollateralschaden einem höheren gesellschaftspolitischen Ziel untergeordnet. Der Lobbyismus bestimmt die Politik.
Andererseits kann ich auch Ivica und seine Förderer verstehen, die wenigstens geklärt haben wollen, welche Rolle das Taxengewerbe in der zukünftigen Mobilität spielen soll. Wir sollten eigentlich unsere Arbeitsplätze nicht kampflos aufgeben, auch wenn viele der angestellten Fahrer noch nicht einmal den Mindestlohn erhalten. Manchmal denke ich, die wären bei MOIA in einer Festanstellung besser dran.
Abschließend möchte ich fragen, wo sind unsere Verbände als unsere Interessenvertreter. Der sich hier präsentierende HTV ist, wie wir alle wissen, eine one man show, der LHT schläft sich aus, vielleicht um für größere Aufgaben gerüstet zu sein, den LVPG gib es nicht mehr, die Taxen Union vertritt arrogant nur ihre Hansa-Mitglieder und der MUV hat wenigstens durch eine üppige Spende Flagge bekannt.
Und nun soll am 17.April eine Taxendemo stattfinden, von der bisher kaum einer etwas weiß und die scheinbar genauso stümperhaft wie der Taxenstreik vorbereitet ist.
Gute Nacht Taxengewerbe.
p.s. was wird eigentlich in Sachen Tarifanpassung 2018 unternommen?