Der "Münchner Weg" zum Führerschein für Diabetker

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taxilemi
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Der "Münchner Weg" zum Führerschein für Diabetker

Beitrag von taxilemi » 05.08.2011, 03:43

Liebe Kollegen,

vielleicht erinnert sich noch jemand an den Beitrag im Taxikurier 3/2010 (http://www.taxi-muenchen.com/fileadmin/ ... 010-03.pdf) auf S. 6f. über die Untersuchungen bei der "pima mpu".

Nun, das wird in Zukunft bei jedem übergewichtigen Kollegen Realität werden, der sich durch sein Übergewicht Diabetis 2 zugezogen hat. Für die gesunden Kollegen: Diabetis 2 ist die Folge einer genetische geerbten Insulinresistenz und wird auch als Alterszucker bezeichnet im Gegensatz zur Fehlfunktion des Typ 1 Diabetikers (http://de.wikipedia.org/wiki/Diabetes). Häufig ist mit Reduktion des Übergewichts auch der erhöhte Blutzucker in den Griff zu bekommen, aber nicht immer.

Wichtig ist hier erstens, diese Krankheit offensiv anzugehen, denn ein Autofahrer mit Hypoglykämie (Unterzucker) oder Hyperglykämie (im schlimmsten Fall Zuckerkoma!) ist eine potentielle Zeitbombe. Daher schreibt die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) in § 11 http://www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/ auch hier eine gesonderte Begutachtung durch ein Facharzt mit verkehrs- oder arbeitsmedizinische Qualifikation vor. So weit, so alltäglich und in Ordnung, denn was geht und was nicht, kann man in den Anlagen 4 und 5 der FeV auch für andere Krankheiten genau nachlesen.

München versucht nun, diese Begutachung einer Gruppe von derzeit acht Institutionen "zu zuschanzen", die allesamt ihr Hauptgeschäft in der MPU, also meist der Begutachtung drogen- und alkoholauffälliger Patienten sehen. Bei vier der Institutionen konnte ein Check der Webseite über vorhandene Diabetes-Qualifikation keinerlei Auskünfte liefern, das Wort tauchte schlicht nicht auf. Die Dekra erwähnte dieses Thema nur in einem deutschen Dokument, das sich mit der innerbetrieblichen Vorsorge beschäftigt.

Die Folgen kann man man im erwähnten Taxikurier nachlesen: Man wird von Pontius nach Pilatus geschickt, um kostenpflichtige Gutachten zu beschaffen, die häufig sinnlos sind, weil gerade bei uns die Krankheit so rechtzeitig entdeckt wird, so daß durch Behandlung und Einstellung des Zuckerwertes zumindest die durchaus gefährlichen Spätfolgen noch nicht zu erwarten sind. Dazu braucht es aber Fachleute, die dies auch beurteilen können. Und in wie weit diese Kenntnisse bei psychologischem Fachpersonal vorliegen, möge jeder selber entscheiden.

Das zieht dann eine Menge zusätzliche Gutachten nach sich - die gutachtende Institution muß sich absichern und ihre Beurteilung dokumentieren - und führt zu den angesprochenen Kosten zwischen 900 und 1500 Euro, die nicht erstattungsfähig sind und von meist finanziell nicht übermäßig gut gestellten Taxlern aus eigenener Tasche bezahlt werden muß.

Diese Maßnahme ist, wie mir Juristen glaubhaft versicherten rechtswidrig, aber aus zwei Gründen nicht angreifbar: Erstens handelt es sich bei der Anordnung nur um die Vorbereitung eines Verwaltungsaktes - und nur den Verwaltungsakt als solchen kann ich angreifen - und zweitens ist das Schreiben als individuelle Anordnung abgefaßt, obwohl die Verwaltungsangestellten es aus dem Computer zieht und nur um einen Satz ergänzt, was die Rechtswidrigkeit als genereller statt individueller Anordnung begründet. Auch gegen individuelle Anordnungen kann man kaum erfolgreich klagen, sofern ein Grund gegeben ist - und der liegt mit der Diabetes vor. Hiergegen mal die Gerichte zu bemühen, wäre verdienstvoll, bedarf äußerst sorgfältiger Planung und einer Menge Geld im Rücken. Und nicht zu vergessen: Es stehen die Führerscheine auf dem Spiel, weil § 11 FeV nicht nur den Taxischein betrifft. vgl. z.B. http://www.hillmann-partner.de/fileadmi ... en/MPU.pdf und http://www.eu-fuehrerschein-forum.de/di ... einer-mpu/

Wie also als Betroffener vorgehen?

1. Zunächst sich vom Hausarzt nur Überweisungen zu Fachärzten mit verkehrsmedizinischer Zusatzqualifikation geben lassen und diese gleich auf die drohende Gefahr hinweisen.
2. Mit dem verkehrsmedizinisch geschulten Diabetesarzt über die Therapie sprechen und so schnell als möglich runter mit überflüssigen Pfunden, dann bekommt man die überhöhten Zuckerwerte häufig schnell in den Griff. Denkt dran, daß ein dauerhaft überhöhter Langzeitzucker (HbA1c, [http://de.wikipedia.org/wiki/HbA1c, [=Glykohämoglobin] von über 8, Sollwert wäre unter 6,5) immer Probleme mit dem Führerschein verursacht. Die FeV verlangt, daß wir uns um unsere Krankheiten kümmern und die Begutachtung dieser Bemühungen durch Fachärzte mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, aber keinen Hindernislauf beim Gutachter mit Kosten eines Familien-Jahresurlaubes.
3. Die Teilnahme an der 5-tägigen Diabetes-Schulung, die dann vom Diabetesarzt angeordnet wird, ist als Pflichttermin zu sehen, den sie beantwortet eine Frage aus dem Fragenkatalog: Ist die zu begutachtende Person mit sämtlichen Vorsorgemaßnahmen, die ein autofahrender Diabetiker beachten muß, vertraut?
4. Wenn weiter Untersuchungen/Behandlungen notwendig werden, dies so schnell als möglich beim verkehrsmedizinsich geschulten Facharzt vornehmen lassen. So könnt ihr Eure Bemühungen glaubhaft nachweisen und der Gutachter kann schwerer die Anordnung neuer Untersuchungen begründen.
5. Vorsicht vor Gutachten der Hausärzte: Wie mir aus Kreisen der Verkehrsmediziner versichert wurde, ist es durchaus möglich, bei Diabetes ärztliche Gutachten so abzufassen, daß das KVR einen nicht durch den Fleischwolf dreht. Zumal man uns häufig das für Autofahrer exzellente, weil kritischen Unterzucker verhindernde Metformin verabreicht. Mehrdeutige oder nachlässig abgefaßte Gutachten werden genadenlos zur Überweisung an die MPU-Gutachter ausgenutzt. Wer hier einen übervorsichtigen Arzt das Gutachten verfassen läßt, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er einen 500er (oder mehr) "Strafzoll" bei den MPU-Gutachtern lassen muß. Das KVR verlangt nicht nur berechtigte Auskunft über unsere Krankheit, sondern will auch bei "Einsteigern" schon eine Beurteilung von Langzeitfolgen.
5. Wer sich nicht sicher ist, soll bei den langjährig bekannten Taxiärzten Rat einholen, bevor er mit dem Gutachten zum KVR läuft.

Fortsetzung folgt ...

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Der "Münchner Weg" zum Führerschein für Diabetker,

Beitrag von taxilemi » 05.08.2011, 03:57

Liebe Kollegen, hier die Fortsetzung:
Hier der Fragenkatalog:

Zur Klärung der Fahreignung sind insbesondere folgende Fragen zu beantworten:
1. Welcher Typ der Diabetes-Erkrankung liegt bei der zu begutachtenden Person vor?
2. Ist die Diabetes-Erkrankung behandlungsbedürftig und wenn ja um
welche Behandlungsmethode handelt es sich?
3. Besteht eine ausgeglichene Stoffwechsellage ohne die Gefahr von
Hyperglykämien oder Hypoglykämien?
4. Sind krankheitsbedingte Komplikationen, wie
- Retinopathia diabetica (evtl. gesondertes Augenarztgutachten),
- Nephropathia diabetica,
- kardiale und cerebrale Angiopathien,
- periphere Neuropathie,
aufgetreten oder zu erwarten?
5. Können evtl. Hypoglykämien oder Hyperglykämien bemerkt oder erfolgreich behandelt werden (i.d.R. durch Stoffwechselselbstkontrollen)?
6. Ist die zu begutachtende Person mit sämtlichen Vorsorgemaßnahmen, die ein autofahrender Diabetiker beachten muss, vertraut?
7. Ist die zu begutachtenden Person in der Lage den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 gerecht zu werden?
8. Sind Nachuntersuchungen bzw. ist eine Nachuntersuchung erforderlich? Wenn ja, in welchen zeitlichen Abständen?


Erläuterungen:
Punkt 4: Allgemein handelt es sich hier um Langzeit-Folgen aufgrund von Gefäßerkrankungen durch die Diabetes.
- Retinopathia diabetica (=Diabetische Retinopathie, http://de.wikipedia.org/wiki/Diabetische_Retinopathie) sind Spätfolgen durch Erkrankungen der Netzhaut der Augen.
- Nephropathia diabetica (Diabetische Nephropathie, http://de.wikipedia.org/wiki/Diabetische_Nephropathie) sind Spätfolgen durch verminderte Leistungsfähigkeit der Nieren, die irgendwann auch zur Dialyse führen können. Diese Patienten hat wohl jeder schon mal gefahren.
- kardiale Angiopathien sind Gefäßerkrankungen am Herzen und cerebrale Angiopathien sind Gefäßerkrankungen im Hirn

Fortsetzung folgt... taxilemi

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Beitrag von taxilemi » 05.08.2011, 04:07

Liebe Kollegen, hier die Fortsetzung:

- periphere Neuropathie (oder Polyneuropathie, http://de.wikipedia.org/wiki/Polyneuropathie) ist eine Erkrankung des Nervensystems, bei dem man Verletzungen z.B. am Fuß nicht mehr merkt, sich in der Folge eine Blutvergiftung einhandelt, die dann zu Amputatitonen führt. Wers nicht glaubt, dem sei gesagt, daß bei 70% der Fußamputationen Diabetes voraus geht.

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Der "Münchner Weg" zum Führerschein für Diabetker,

Beitrag von taxilemi » 05.08.2011, 04:14

Fortsetzung:

Punkt 5: Hypoglykämien sind Unterzucker, Hyperglykämien zu hoher momentaner Zucker (bis hin zum Zuckerkoma! Für Nicht-Diabetiker sei hinzugefügt, daß schwankende Zuckerwerte bei jedem Menschen in gewissem Rahmen (100-140 Millimol/Liter = 5,6-6,8%) vorkommen.

Wer an der Diabetes-MPU nicht vorbeikommt, den möchte ich darauf hinweisen, daß die Punkte 3, 5, 6 und 7 eine Prognose vom Gutachter verlangen, ob der Patient willens ist, sich in der Zukunft mit seiner Krankheit auseinanderzusetzen. Die Regeln der Deutschen Diabetes Gesellschaft verlangen u.a. Null-Alkohol und Null-Nikotin für Diabetiker, dies wird im Diabetes-Kurs in sehr deutlicher Form gegen alle Einwände vorgetragen, zumal es sich sehr einfach mit dem Verlauf von Diabetes begründen läßt. Ebenso Ernährungsumstellung und ein wenig Sport. Und ich bin von ärztlicher Seite deutlich gewarnt worden, z.B. irgendwelche Feierabendbiere (als ein Grund fürs Übergewicht) einzugestehen!!! Also Finger von der Flasche und vom Glimmstengel, obiger Artikel im Taxikurier spricht ja nicht umsonst von einer Kontrolle der Leberwerte.

Ansonsten müßt Ihr, das schreibt die FeV vor, dem KVR euren Gutachter mitteilen, um den Gutachtertourimus zu unterbinden. Wer hier die falsche Wahl trifft, landet möglicherweise bei jemandem, der einen schon mit dem Mißtrauen begengnet, tendenziell ungeeignete Leute begutachten zu müssen. Eine weitere Frechtheit des Schreibens vom KVR sind die "Weiterführenden Hinweise" in der Anordnung vom KVR: hier wird in teilweise drohendem Sprachstil unter Beifügung diverser Urteile versucht, jeden möglichen Einwand schon im Keim zu ersticken. Dazu gibt noch ein Blatt zur Wahl des Gutachters: Hier muß man nicht etwa einen der acht Insitutionen ankreuzen, sondern handschriftlich eintragen, sonst würde die Rechtwidrigkeit selbst jedem Jurastudenten offenkundig. Zudem unterschreibt ihr, daß ihr wißt, wenn ein positives Gutachten nicht binnen drei Monaten beim KVR ist, sämtliche Führerschein eingezogen werden!!! Und enthaltet Euch irgendwelcher unflätiger Kommentare gegenüber den Verwaltungsbeamten vom KVR. Ich hatte den Eindruck, daß diese durchaus von der Rechtswidrigkeit ihres Tuns wissen und von vorgesetzter Seite eindrücklich ermahnt wurden, dieses Verfahren gegen alle Widerstände durchzuziehen und keinen anderen Gutachter als die MPU-Läden aus der Liste zu akzeptieren.

Also nicht den Kopf hängen lassen, hier nochmals zu Zusammenfassung:

1. Überweisungen und weiter Behandlungen/Untersuchungen nur zu nur zu/bei Fachärzten mit verkehrsmedizinischer Qualifikation.
2. Den Arzt auf die Wichtigkeit der genauen Formulierung seiner Begutachtung hinweisen. Wenn daraus nicht einwandfrei hervorgeht, daß ihr die Kranheit zu "200 Prozent" im Griff habt,
3. sicherheitshalber das Gutachten durch unsere Taxiärzte duchsehen lassen.
4. Überflüssige Pfunde müssen runter, Ernährungsumstellung und ein wenig Sport (Schwimmen kann jeder - und man schwitzt nicht dabei ;-) ).
5. Nikotin und Alkohol sind einzustellen, denkt an die zusätzliche kostenflichtige Untersuchungen der Leberwerte!

Ich weiß, das ist ein wenig sehr lang, aber dann hat man alles auf einmal zum Ausdrucken. Und die ForumsSW hat noch ihre Tücken.

Gruß taxilemi

Hauke
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Beitrag von Hauke » 05.08.2011, 07:31

Super Beitrag!

Eine große Hilfe für alle Betroffenen oder für so viele unter uns die aufgrund des Jobs und der damit verbundenen Lebensweise zur Risikogruppe gehören.

taxilemi
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Noch ist nix in trockenen Tüchern

Beitrag von taxilemi » 05.08.2011, 18:28

Danke! Der Beitrag gehört aber fortgesetzt, denn noch habe ich meinen Schein nicht wieder! Ich wollte nur andere davor warnen, wie ich auf eine mal schnell am Freitag geschriebenes Gutachten zu setzen, weil die Praxis ab MO Urlaub macht.

Außerdem ist es eine alte Weisheit - nicht nur im Morgenland (Tunesien, Ägypten, Jemen, Libyen, Syrien): Gegen stattliche Repressalien hilft nur der Aufbau von Gegendruck, also das Wissen, mit welchen vorbeugenden Maßnahmen man dieser Anordnung am besten begegnet.

Und dazu gehört z.B. das Wissen, welche Institutionen sich zickig und teuer verhalten usw., wo nach Einschätzung des "Delinquenten" ;-) die kompetentesten Ärzte sitzen, die

- dem Kollegen begleitende Hilfe entgegenbringen
- auf Zeigefinger a la daß es Zeit sei, im Straßenverkehr den Sumpf von ungeeigneten 80-jährigen auszutrocknen verzichten - und das gegenüber einem Mitfünfziger!!!
- auch mal über Kleinigkeiten hinweg schauen können

Das kann nur ein Forum etc. leisten. Ich habe hier noch mehr auf Lager, aber zunächst muß das dringendste Problem lösen und meinen Schein zurück haben. Übrigens: Ich empfehle mal die FS-Foren nach Beiträgen abseits von Alkohol und Drogen zu durchsuchen, da wimmelt es von Dramen, die durch unsinnige MPU-Anordnungen veranlaßt werden.

Gruß

taxilemi

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Termine, ALG und Diabeteskurs

Beitrag von taxilemi » 28.08.2011, 19:32

Hallo,

jetzt ist wieder eine Ergänzung fällig: Am DO (25.) war ich (fast) pünktlich zum Termin bei der natürlich ganz freiwillig ;-) ausgesuchten ABV Moosacher/Lerchenauer im Volvo-Gebäude. Doch die anwesende Sekretärin konnte mir nur eröffnen, daß es leider nicht genügend Ärzte gebe, sie erst gestern wieder aus dem Urlaub zurück sei und ich nicht im Telefonbuch zu finden sei. Letzteres trifft wohl auf viele Kollegen zu, denn bei unseren Arbeitszeiten (und dem Verdienst) ist ein Festnetzanschluß mit korrespondierendem Telefonbucheintrag meist überflüssiger Luxus.

Aber jetzt kommt der Hammer: Der neue Termine ist der 29. - nein, nicht August - September. Man habe, so die nette Dame, doch Endtermin am 26. Oktober, da sei noch viel Zeit. Stimmt - zum Hungern, denn ich lebe schon einige Wochen von den finanziellen Reserven.

Also die Lehre aus der Geschichte:

1. Genug Zeit einplanen

Wer als Diabeteskandidat oder -betroffener sicher gehen will, daß genügend Zeit bleibt, muß spätestens 3 Monate vor Ablauf des P-Scheines den Antrag auf Verlängerung stellen, und ihr 2,5 Monate vorher mit allen notwendigen Unterlagen beim KVR erscheinen könnt, wenn der Brief eintrifft, daß im KVR alle Unterlagen zur Verlängerung des P-Scheines bereit liegen.

Der P-Schein wird bekanntlich seit ca. 10 Jahren immer auf das Datum des Ablaufes der Gültigkeit ausgestellt, so daß niemand - im Gegensatz zu früher - mehr einen Verlust erleidet, wenn er zu früh beim KVR erscheint. Auch die ärztlichen Gutachten sind nach meiner Erinnerung nach ein Jahr gültig.

Wenn dann irgendwelche zusätzlichen Gutachten angefordert werden, die nach Auffassung des KVR eine Begutachtungsstelle für Fahreignung (§ 11 FeV Absatz 2 Punkt 5 -> http://www.verkehrsportal.de/fev/fev_11.php) erfordern, wie derzeit bei den Diabetikern, dann bliebt genügend Zeit, selbst wenn man wegen Organisationsversagens der begutachtenden Stelle - Anlage 14 FeV behandelt die Anforderungen an eine solche Begutachtungsstelle - einen neuen Termin erst in vier Wochen erhalten kann.

Bei mir lief das terminlich so ab: Am 26. Juli wurde mir das Schreiben ausgehändigt, ich habe absichtlich auf das sofortige Ausfüllen der Gutachten-Anforderung verzichtet, um mir erst ärztlichen Rat zu holen, weil mir zur diesem Zeitpunkt der erwähnte und vorher zu lesende Artikel im Taxikurier wieder zu Bewußtsein kam. Am 3. 8. hat das KVR das Schreiben an die ABV geschickt, am 10. kam die Einladung für den 25. und am 25. kam die Vertagung auf den 29. September.

Wer nicht im Telefonbuch (s.o.) steht, sollte zudem spätestens eine Woche vorher per Mail oder Telefonat bei beim Gutachter seine Kontaktdaten (Telefon/Mail) hinterlassen, denn vom KVR bekommen diese nur Eure Anschrift.

Also 4 Wochen bis zum ersten Termin und, wenn's schief geht - auch das steht schon in obigem Taxikurier-Artikel - zwei Monate. Die Begutachter gehen jedenfalls davon aus, daß sie viel Zeit - eben die drei Monate, die im Gesetz stehen - haben.

Denkt auch daran, daß der Gutachter die 400 Mäuse vorher - spätestens am Untersuchungstag in bar - haben will, das steht ausdrücklich im Schreiben.

Ich habe in der Vergangenheit immer (P-Schein ununterbrochen seit 1983, in München seit 1987) den P-Schein 5 Wochen vor Ablauf neu beantragt und ich hatte nie Grund, mich über das KVR zu beklagen. Also an die alten Kämpen im Gewerbe die Mahnung, das Ganze nicht schleifen zu lassen. Der § 11 FeV läßt dem KVR - leider - genügend Spielraum, auch bei anderen Krankheiten eine Begutachtung durch entsprechende Fachärzte als nicht ausreichend abzulehnen.

2. Wenn der Zeitraum nicht reicht

Wenn der Zeitraum (bei angestellten Taxlern - für die Selbständigen fehlt mir trotz bestandener Unternehmerprüfung der Überblick) wie bei mir nicht reicht, denkt bitte daran, daß ihr nicht selbst kündigen (Sperrzeiten) dürft. Wer nicht unverzüglich eine neue Beschäftigung findet, marschiert sofort zum Arbeitsamt und stellt Antrag auf ALGI. Geld gibt es frühestens ab dem Tag, bei dem ihr das erste Mal in der Kapuzinerstraße erscheint. Den Ersttermin bestätigen lassen! Den Nachtfahrern sei gesagt , Öffnungszeiten bis 12:30h, nur DO gibt es einen Nachmittagstermin.

Wichtig ist dabei, daß ihr wegen der Sperrfristen nicht selber kündigt, sondern mit den Mitarbeitern absprecht, was zu tun ist. Das Dilemma der Einkommenslosigkeit könnt ihr ja belegen, Eurer Unternehmer muß Euch spätestens nach vier Wochen Untätigkeit zwangsweise rauswerfen.

Wichtig für die Antragstellung ist außerdem, daß ihr die letzten zehn Jahre mit den Tätigkeiten - Tätigkeiten, nicht Einkommen - auflisten könnt. Da wir bekanntlich nix aufheben, weil das Finanzamt auch bei uns mal zu neugierig werden könnte - wir erinnern uns an die Nachzahlungen von angestellten Fahrern der FA Groh von bis zu 9000€ -, man bekommt die Übersicht auf Anfrage bei der Krankenkasse. Wer der Auffassung ist, irgendwelche geringfügigen Beschäftigungen verschweigen zu können, weil sie zu gering sind und zuviel Recherche erfordern, der sei daran erinnert, daß jeder Unternehmer seit einigen Jahren Eure Daten vor Antritt des Arbeitsverhältnisses in Datenbanken einzutragen hat, so daß ihr gezwungen seid, diese Dinge auf Nachfrage doch zuzugeben. und auch dann riskiert ihr Sperrfristen. Im Zweifel Eure Erinnerung mit der KK abgleichen.

Entscheidend sind hier die Zeiten auf den Tag genau. Ich persönlich konnte dabei lernen, daß die Nachfolgefirma vom Groh - Volan GmbH unter dem GF Paul von Anyal - zwar dreißig Prozent von mir als Sozialabgaben erhalten hat und darüber auch monatlich Rechnung legte, aber bei meiner KK nix angekommen ist. ich muß da mal bei der RV anfragen, was in solchen Fällen passiert. Wie die alten Kämpen wissen, hat der Konkurs auch über diese Firma das letzte Wort gesprochen, sie existiert in stark verkleinerter Form als MAX GmbH weiter.

Für die letzten beiden Jahre werdet ihr aufgefordert, den Verdienst für die exakte Berechnung des ALG Bescheinigungen per Formular bei den alten Arbeitgebern einzufordern. Mir wurde versprochen, daß dann die ALG-Berechnung in meinem Beisein erfolgt und das Geld unverzüglich angewiesen wird.

3. Diabetes-Kurs

Wer zum Diabetes-Arzt geschickt wird, den meldet dieser auch gleich zur Schulung an, gehalten von einer Diabetes-Assistentin. Der dauert 1 Woche jeweils einen halben Tag, meist vormittags, Nachtfahrer sollen sofort nach Alternativen fragen. Denn die Option Krank Schreiben bringt uns bekanntlich gar nichts.

Ihr solltet den Kurs besuchen und auch halbwegs pünktlich dort sein, den darüber gibt es ein Bestätigung - auch über Fehlzeiten -, die der begutachtende Arzt sicher sehen will. In diesem Kurs gibt es auch einen Abschnitt Unterzucker, den man keinesfalls auslassen sollte. Wie heißt es doch in den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung [http://www.fahrerlaubnisrecht.de/Beguta ... %203.5.htm] unter Punkt 3.5 "im Umgang mit der Erkrankung informierte Diabetiker": Wer sich nicht mit der Krankheit befaßt, verliert das Anrecht auf alle seine Führerscheine.

Soweit für Heute

Gruß

taxilemi

PS: Mal die Frage an die Admins: Ein Forum ist für ein solche lange Geschichte eigentlich nicht der richtige Ort. Besteht die Möglichkeit, ein Wiki einzurichten?

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Taxi Georg
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Re: Termine, ALG und Diabeteskurs

Beitrag von Taxi Georg » 29.08.2011, 09:49

taxilemi hat geschrieben:PS: Mal die Frage an die Admins: Ein Forum ist für ein solche lange Geschichte eigentlich nicht der richtige Ort. Besteht die Möglichkeit, ein Wiki einzurichten?
Ich gebe das an die Forenleitung weiter!
Bitte betrachtet meine Postings nicht als Verpflichtung, sondern nur als gutgemeinte Hinweise!
Diese Hinweise sollen auch keine Rechts-/Steuerberatung darstellen oder sollen diese ersetzen. ☑

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Gutachten und Kosten

Beitrag von taxilemi » 30.08.2011, 03:48

Horafas hat geschrieben:Ich gebe das an die Forenleitung weiter!
Danke, aber jetzt wieder zum Thema: War heute beim Neurologen, da ist bei mir Handlungsbedarf. Zur Erinnerung: Langzeitfolgen von Diabetes sind Gefäßerkrankungen und Neuropathien.

1. Bedeutung fürs Diabetesgutachten

Die Langzeitfolgen, also bei rechtzeitiger Entdeckung, wie es bei uns Taxlern die Regeln ist, anfangs noch nicht von Interesse, aber können durchaus Führerscheinrelevant werden. Allerdings merkt man dann in schon fast nichts mehr in den Füßen und wackelt durch die Gegend.

Sobald aber irgendwelche Auffälligkeiten im Diabetespaß vermerkt werden, sollten man sich umgehend einen Termin beim Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation geben lassen. Der kann Euch genau erklären, ob und wann es für euch kritisch wird, schließlich haben auch die Neuropathien einen Eintrag in den zitierten Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung (hier 3.9.2).

Der unverzügliche Besuch beim Facharzt hat auch noch einen weiteren Vorteil: Ihr wißt, wo ihr steht und was an Zusatzbehandlung anfällt und wo es bei dem MPU-Gutachter, zu dem uns das KVR verdonnert, kritisch werden kann. Es kann genauso - wie bei mir - Erleichterung bringen, wenn zumindest teilweise Entwarnung kommt, daß die Erkrankung keinen großen negativen Einfluß bei der Begutachtung haben wird.

Allerdings kann ein übervorsichtiger oder sehr korrekter Gutachter natürlich trotzdem ein neurologisches Gutachten (350€!!!) anfordern. Denn erinnern wir uns, daß die FeV beim Thema Diabetes natürlich auch Vorkehrungen für den schlimmsten Fall treffen muß. Und der besteht darin, daß man schon 15-20 Jahre als Diabetiker lebt, bevor die Krankheit jemand auffällt - diese Mitmenschen haben dann große Probleme. Diabetes ist ein schleichende Krankheit, man spürt sie nicht. Aber gerade das schließt ja unser alle 5 Jahre beizubringendes Gesundheitszeugnis aus!

2. Der (Fach)Arzt als Gutachter

Wer sich beim zum Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation behandeln läßt, handelt sich damit jedoch auch einen Nachteil ein: Man muß woanders hin fürs Gutachten, denn der behandelnde Arzt darf wegen der innewohnenden Interessenkollision keine Gutachten ausstellen.

Nun kommt man auf Nachfrage von seinem Facharzt vermutlich unverzüglich einen Gutachter genannt, aber die Sache bleibt teuer, schließlich wird im Taxikurier von Zusatzkosten von 500-900€ gesprochen, zieht man den Standardpreis von 400 Mäusen für den MPU-Hauptuntersuchung schon ab. Lobend erwähnen kann ich, daß mein Augenarzt für sein - Gott sei Dank (Stichwort: Normalisierung des Sehvermögens) - dickes Lob nur 90€ haben wollte.

Allerdings gib es natürlich Umstände, die ein Gutachten zwingend machen, beispielsweise bei spritzende Diabetikern, das gilt seit Jahrzehnten: Denen sind z.B. seit 1. Juli Diabetiker gleichgestellt, die Medikamente nehmen, die ein großes Hypoglykämieriskio verursachen.

Es gibt noch eine andere Möglichkeit, die häufig viel mehr Sinn macht, wenn es Schädigungen gibt, aber keine drastischen Ausfälle: Der behandelnde Arzt kann eine Beurteilung (70€) für den Gutachter schreiben. Das hat für den Gutachter den Vorteil, daß er ein Papier in den Hand hält, mit dem er sein Gutachten absichern kann. Und für uns den Vorteil, daß Kosten und Aufwand sich im Rahmen halten.

Wenn ein Gutachten für nicht wesentliche Begleiterkrankungen erforderlich erachtet wird, sollte man versuchen, mit dem Arzt auf die Möglichkeit der Beurteilung ansprechen und erst, wenn dieser Hinweis auf die Geringfügigkeit abgelehnt wird, bei der Anforderung der Begutachtung unter Hinweis auf die Kosten und unsere Einkommenssituation eine schriftliche Begründung erwirken. Und nicht vergessen: Wir bleiben freundlich im Ton, aber hart in der Sache (dazu braucht es kein Latinum ;-) ).

Diese Strategie setzt aber voraus, daß man erstens vorher beim Facharzt war, sich dessen Begutachtung eingeprägt (oder aufgeschrieben hat) - interessant ist hier sicher auch, in welchen Zeiträumen man zur Kontrolle gebeten wird. Das hat zweitens den Vorteil einer weiteren Dokumentation, daß wir uns um unsere Krankheit kümmern. Und das ist ja eine der wichtigsten Anforderungen an den Diabetiker neben der Anpassung der Lebensweise. Stichwort: Unzureichende Behandlung, darunter ist nicht nur unzureichende Einnahme der verordneten Medikamente und Arztbesuche zu verstehen, sondern das laxe Angehen der zur Behandlung zwingend gehörende Ernährungsumstellung, die man zwar nicht mehr Diät nennt, aber damit durchaus etwas zu tun hat, wie auch der weitgehende Verzicht auf Alkohol und Nikotin.

Denkt dran, wir werden von einer Institution untersucht, die darauf eingestellt, ist Verhaltensänderungen gegen stärkste Widerstände zu erzwingen, sonst hätte sie bei einem zu hohen Prozentsatz der alkohol- und drogenauffälligen Autofahrer keinen Erfolg. Und das Wort MPU hätte bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung keinen so negativen Klang, wie wir von unseren Fahrgästen regelmäßig lernen können.

Gruß

taxilemi

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Beitrag von Thomas-Michael Blinten » 30.08.2011, 04:18

Mir gefällt deine sachliche und informative Art der Berichterstattung.
Danke dafür und alles Gute im weiteren Verlauf.
„Alle sind irre, aber wer seinen Wahn zu analysieren versteht wird Philosoph genannt" (Ambrose Bierce)

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