"Ich will´s ja nur mal gesagt haben ..."

Der virtuelle Taxitreff.
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jr
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"Ich will´s ja nur mal gesagt haben ..."

Beitrag von jr » 06.11.2013, 01:03

... meinte RA Benjamin Sokolovic, Leiter der Rechtsabteilung beim GVN, zum Ende des zweiten Workshops im Rahmen des 3. Norddeutschen Taxi- & Mietwagentags am 02.11.2013 in HH. Zuvor hatten zahlreiche Anmerkungen und Nachfragen der Zuhörer bis hin zu lauter Kritik seinen Vortrag zum Thema "Verbot der Fahrerentlohnung nach Umsatzbeteiligung – Hamburger Einzelfall oder zukünftige Realität?" immer wieder unterbrochen.

Sokolovics klare Ansichten zum Streit um die Umsatzentlohnung fand nicht das Wohlwollen aller Zuhörer. Manch einer hatte offenbar erwartet, daß der RA sich in Lobbyisten-Manier und erhaben über rechtliche Regelungen für die Prozente ins Zeug legte. Stattdessen überwog kritische Sachlichkeit: Ja, das Fahrpersonalgesetz gilt auch für Taxifahrer. Nein, die im Gesetzgebungsverfahren zunächst erwogene Ausnahme der Taxifahrer fand keine Aufnahme. Ja, die Prozente stellen eine mittelbare Vergütung nach Fahrstrecke dar, und die abstrakte Gefährdung im Sinne des Gesetzes könnte damit gegeben sein. Nein, die Gefahr durch Überforderung beim Fahrpersonal ist nicht die gleiche wie beim Unternehmer. Ja, Umsatzlohn wird seit Jahrzehnten in Kenntnis aller deutschen Behörden praktiziert, auch in Tarifverträgen. Zweifel an der Rechtmäßigkeit scheinen unbegründet, wenn ein Grundlohn definiert ist. Ein Bestandaufnahme, kein Plädoyer wie aus einer amerikanischen Krimiserie.

"Ich will´s ja nur mal gesagt haben ..." - Genau das, was sich wie ein roter Faden durch die Ausführungen zog, sagte er dann eben doch nicht: "Wo bleiben die Tarifverträge?" Arbeitszeit, Pausen, Grundlohn, Lohn, Zuschläge, Urlaub ... Fast überall ließen sich Regelungen finden, mit denen sich die besonderen Anforderungen im Taxigewerbe mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen ließen. Der niedersächsische Tarifvertrag, obwohl uralt und lediglich in der Nachwirkung, würde vom Hamburger AfA als zulässig angesehen, so Sokolovic.

Mein klares Fazit: Mit Verträgen geht viel, ohne wirds schnell heikel. Meine Fragen: Wird das Taxigewerbe, insbesondere die Fahrerseite, rechtzeitig "tariffähig"? Oder erledigt sich das Thema schon vorher, weil BZP-Müller mit seiner Aussage zum gesetzlichen Mindestlohn recht behält, die jetzigen Fahrer wären die künftigen Unternehmer, bei einem Rückgang der Kapazität Taxi um 30 bis 40% ?

roter stern
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Beitrag von roter stern » 06.11.2013, 02:59

Wer hat was gegen Kapazitätsrückgang ?
Über Jahrzehnte wurde der Taxentarif nicht der allgemeinen Preissteigerung
angepaßt !
Die Taxibilligheimer haben das durch Schwarz-Grau Geld ausgleichen können.
Oder durch Panzerschichten !
Nun ist Schluß damit.
Zumindest in Hamburg.
2017 vielleicht für alle ?
Sozialtouren müssen dann spätestens durch das SGBG 1 bis Unendlich
ausgeglichen werden.
Und die Reichen werden fetter und die Armen sterben halt früher.
roter stern

Wattwurm
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Beitrag von Wattwurm » 06.11.2013, 07:41

Alleine die Aussage von RA Benjamin Sokolovic das man Pausenzeiten am Taxistand als Rufbereitschaft mit der Hälfte eines zukünftigen ML vergüten könnte, fand ich schon extrem daneben! Das entspricht auch nicht den von BZP-Müller propagierten fairen und sachlichen Umgang mit dem Thema Mindestlohn! Was er da aus seinem schwarzen Zylinder gezogen hat, war kein weisses Kanninchen sondern eine Mogelpackung! Wo Mindestlohn drauf steht muß auch Mindestlohn drin sein! Ich glaube das war wohl ein gebrauchter Tag für ihn...! Für so einen Vortrag müßte man ihm eigentlich das Honorar kürzen!

Poorboy
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Beitrag von Poorboy » 06.11.2013, 13:49

Außerdem ist die Leerfahrt bis zum nächsten Fahrgast "Arbeitsweg" und ist natürlich auch nicht zu vergüten!

Poorboy

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Beitrag von eichi » 06.11.2013, 15:21

Frappierende Unkenntnis, oder steckt Absicht dahinter, wenn man die
Standzeit am Posten als "Rufbereitschaft" einordnet?
Die wesentlichen Merkmale für Rufbereitschaft wie freier Aufenthaltsort
etc. werden durch die Taxenordnungen unterbunden
(jederzeit aufziehen, Taxi nicht verlassen, jederzeit abfahrbereit...).

So sehen "Gefälligkeitsgutachten" aus!
Hatte über viele Jahre selbst einen Job mit gelegentlicher Rufbereitschaft
und die Begehrlichkeiten der Arbeitgeberseite kennen gelernt.
Same procedure as every year...
Es ist so bequem, unmündig zu sein. (Immanuel Kant)

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Beitrag von Poorboy » 06.11.2013, 16:48

Nicht "Ruf-", die man zu Hause verbringt, sondern "Arbeitsbereitschaft", die verbringt man am Firmensitz! Wechselnde Posten kann nur einer wie IK für seinen jeweiligen Betriebssitz halten!

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Beitrag von am » 06.11.2013, 18:41

Ein ganz wichtiger Punkt Poorboy, denn bisher haben wir hier immer über Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft gesprochen.

Tatsächlich müssen wir hier aber, zumindest im städtischen Bereich von Arbeitsbereitschaft sprechen.
Es gibt kein gefährliches Halbwissen, aber zu viele schlechte Informationen.

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Beitrag von SindSieFrei? » 06.11.2013, 18:59

War das jemals unklar? Also mir nicht, deshalb diskutierte ich nicht darüber.

LG
Dura lex, sed lex.

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Beitrag von am » 06.11.2013, 19:03

Es ging mir um den Begriff als Gegensatz zu Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft, die ja wiederum nur eine Form des Bereitschaftsdienstes ist.
Es gibt kein gefährliches Halbwissen, aber zu viele schlechte Informationen.

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Beitrag von reasoner » 07.11.2013, 01:23

Die von jr plastisch dargestellten Reaktionen auf Alles, was nicht sein kann, weil nicht sein darf, sind mir nicht fremd. Quer durch die Republik trifft man auf Betonschädel, die den Status Quo nicht antasten wollen, egal, auf welchem Gebiet. Ob Umsatzentlohnung, Arbeitszeiten oder Mindestlohn.

Damit ist ausdrücklich nicht die Präsidiums- und Geschäftsführungsebene des BZP gemeint. Aber bei den Landesfürsten geht es teilweise recht dickschädelig zu.

Ich will's ja nur mal gesagt haben. :wink:
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf

roter stern
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Beitrag von roter stern » 07.11.2013, 02:50

Hier geht es um die Verteilung eines Kuchens
Umsatz pro Stunde
der viel zu klein ist.
für ehrliche EWU´s incl. ausreichender Altersvorsorge
für Angestellte, die Gesetzes konform incl. Arbeitszeiten beschäftigt werden
müssen - in naher Zukunft.
Da kann man sich drehen, strecken und wenden wie man will.
Das Stück Kuchen ist einfach nicht groß genug.
Und die Nummer die Arbeitszeit eines Kutschers in Rufbereitschaft, Arbeitsbereitschaft, reale Fahrzeit zu unterteilén, ist - mir fehlen die Worte.
roter stern

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Beitrag von Poorboy » 07.11.2013, 04:21

am hat geschrieben:Es ging mir um den Begriff als Gegensatz zu Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft, die ja wiederum nur eine Form des Bereitschaftsdienstes ist.
Alle oben genannten Arten, die für Taxifahrer in Großstädten niemals zutreffen, fallen unter das Arbeitszeitgesetz, sofern es keine abweichenden Regeln innerhalb eines Tarifvertrages gibt.

Die gibt es hier nicht!

IK und Konsorten könnten also alle ihre Fahrer pro Woche maximal 48 Stunden in "Rufbereitschaft" zu Hause oder auch 48 Stunden in "Arbeitsbereitschaft" am Betriebssitz (was sicher nicht wechselnde Posten sind) halten, und müssten ihnen aber für 48 Stunden den "Mindestlohn", so er denn kommen sollte, zahlen.

Setzt aber voraus, dass sie fahrend mindestens das Doppelte, also € 17,- pro Stunde bekommen.

Einen Diskussionsbedarf gibt es hier also mal wieder nicht!

Poorboy

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Beitrag von jr » 07.11.2013, 05:53

@ Wattwurm:
Du warst auch dabei?
roter stern hat geschrieben:Das Stück Kuchen ist einfach nicht groß genug.
Ein anderer Kuchen könnte das Problem lösen. Aber den willst du ja nicht.

Ist noch eine Antwort auf meine Anfangsfragen zu erwarten?

TWG
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Beitrag von TWG » 07.11.2013, 06:44

Hallo,

ich muss es nochmal los werden, einfache selbstbeschränkung der MWU´s, setzt euer Personal so ein, das an schwachen Tagen die Hälte der Autos stehen bleibt, und schon ist der Mindestlohn kein Diskussionsthema mehr.
Aber solange soviel Autos wie irgend möglich im Schichtsystem auf die Strasse geprügelt werden, und die Fahrer bei Freiquoten um 70% auf einen Stundenlohn von unter 2,- € kommen wird weiter diskutiert. Bei 70% und mehr Autos frei, sind 2/3 der Autos zu viel auf der Strasse.

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Re: "Ich will´s ja nur mal gesagt haben ..."

Beitrag von Wattwurm » 07.11.2013, 09:24

jr hat geschrieben:Genau das, was sich wie ein roter Faden durch die Ausführungen zog, sagte er dann eben doch nicht: "Wo bleiben die Tarifverträge?" Arbeitszeit, Pausen, Grundlohn, Lohn, Zuschläge, Urlaub ...
In dieser Branche herrscht absolute Anarchie! Wenn es das BUrlG, das FPersG sowie das ArbZG nicht gäbe, würden soziale Mindeststandards im Taxi-und Mietwagengewerbe komplett fehlen! Aktuelle Tarifverträge gibt es nicht, Betriebsräte auch nicht und in vielen Betrieben sind selbst Arbeitsverträge unüblich! Die Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitsbedingungen obliegen in freien Verhandlungen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Und am längeren Hebel sitzt immer derjenige der einen Job zu vergeben hat. Der kann die Bedingungen diktieren! Die sozialen Standards im Taxi-und Mietwagengewerbe sind vergleichbar mit denen des Toilettenpersonals auf Autobahnraststätten!

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Beitrag von Emilie » 07.11.2013, 11:27

TWG hat geschrieben:Hallo,

ich muss es nochmal los werden, einfache selbstbeschränkung der MWU´s, setzt euer Personal so ein, das an schwachen Tagen die Hälte der Autos stehen bleibt, und schon ist der Mindestlohn kein Diskussionsthema mehr.
Aber solange soviel Autos wie irgend möglich im Schichtsystem auf die Strasse geprügelt werden, und die Fahrer bei Freiquoten um 70% auf einen Stundenlohn von unter 2,- € kommen wird weiter diskutiert. Bei 70% und mehr Autos frei, sind 2/3 der Autos zu viel auf der Strasse.

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Gebt mir ruhig die Schuld!

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Beitrag von Otto126 » 07.11.2013, 16:47

jr hat geschrieben:Ist noch eine Antwort auf meine Anfangsfragen zu erwarten?
Meinungen sind wie ***, jeder hat eines...
"In der Lebenswelt gibt es drei Kategorien, das Essbare, das Kopulierbare und das Gefährliche"

"Mir gefällt Ihr Benehmen nicht."
"Macht nichts. Ich verkauf's ja nicht."

Wat woll'n die Atzen eigentlich von mir?

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Beitrag von pauline » 07.11.2013, 20:01

Arbeitsbereitschaft, Arbeitszeit, Bereitstellung, Rufbereitschaft, Bereitschafgtsdienst, Lenkzeit, Wartezeit, Anfahrt........bla bla bla !
Die Arbeit ist dann beendet, wenn der Arbeitnehmer über seine Zeit wieder frei verfügen kann. Arbeitszeit ist die Zeit, in der der AG über seine Zeit verfügt. Alles andere ist ein selten dämliches bla bla !

Wollte ich nur mal gesagt haben :roll:

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Beitrag von IK » 07.11.2013, 21:47

@ alle, die nicht dabei waren

Herr Sokolovic sprach eindeutig von der "Arbeitsbereitschaft", wie das aus meinem Posting zu diesem Thema leicht zu entnehmen war und noch immer ist. Alle Improvisationen zu dem Gesagten sind einfach falsch. Und natürlich leugnete Herr S. mit keinem einzigen Wort, dass die Arbeitsbereitschaft zu der Arbeitszeit zählt.

Und natürlich wünscht sich Herr Sokolovic Tarifverträge, weil diese Vieles möglich machen. Allerdings mit der Einführung eines ML von 8,50 € wird kein AV oder TV diesen unterwandern dürfen. Damit dürfte ein Tarifvertrag unter solchen Umständen kaum vom Nutzen sein.

Ich bin für den Status Quo, sofern damit gemeint ist, dass AG und AN frei ihre Verträge aushandeln können. Wir haben genug Gesetze, welche die Interessen der AN schützen. Ein ML-Gesetz ist in diesem Sinne ganz überflüssig und für angestellte Taxifahrer schädlich. Und wenn man deswegen als Betonschädel benannt wird, dann bin ich eben gerne ein Betonschädel, egal was die anderen Schädel darüber denken mögen.

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Beitrag von reasoner » 07.11.2013, 23:02

:wink:
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf

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