Der Kunde ist König!

Der virtuelle Taxitreff.
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Rolf
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Der Kunde ist König!

Beitrag von Rolf » 09.09.2004, 18:16

Zur Zeit grassiert in weiten Teilen des europäischen Taxigewerbes ein hoch ansteckendes Virus: "Qualitätitis".

Ob Top-, Premium-, Service-, Gütesiegel-Taxi oder wie sie alle heissen, richtig ist, den Leitsatz "Der Kunde ist König" wieder vermehrt in den Vordergrund zu stellen.

Vergessen wird dabei leider der ebenfalls existente Nebensatz des Leitsatzes, nämlich "solange sich der Kunde wie ein König benimmt".

Wir haben in Zürich im Nachtdienst eine wachsende Zahl an Taxikundschaft aus der untersten Schublade, die aber auch ein Taxi benützen darf, weil sie Geld hat (hoffentlich). Die schlenzen sich in den Fonds eines 500er-SL und reissen erst mal wie Affen im Zoo an allem greifbaren herum, zünden sich ohne Nachfrage eine Zigarette an und heben womöglich noch die Beine auf den Vordersitz (die Mitnahme von halbvollen Gläsern und triefendem Schnell-Imbiss kann noch vor Einstieg verhindert werden). Mit etwas Glück sprechen sie eine definierbare Sprache und können dann wenigstens zurecht gewiesen werden. Für solche Kundschaft ist ein 5-Sterne-Taxi mit freundlichem Fahrpersonal eine Zumutung. Oder die ungepflegten, stinkenden Zeitgenossen, deren Fuss-Schweiss-Geruch manchmal noch stundenlang im Taxi haften bleibt. Oder die an Inkontinenz leidenden älteren Menschen ohne entsprechende Vorkehrungen, deren Uringeruch dann tagelang mit Parfum überdeckt werden muss. Es gäbe der Beispiele noch viele.

Zusammenfassend stelle ich fest, dass immer öfter ein Lieferwagen (Kotzkübel), den man nach der Fahrt mit Wasser ausspritzen kann, für Teile der Kundschaft die bessere Wahl wäre wie ein Qualitäts-Taxi.

Das Qualitätitis-Virus geht davon aus, dass Kunde gleich Kunde sei und das ist definitiv falsch.

Immer häufiger haben Fahrgäste am Fahrziel auch kein Geld, um die Taxifahrt zu bezahlen. Das Taxi ist noch die einzige Transportart, die generell auf Kredit beansprucht werden kann, indem erst am Ende der Fahrt bezahlt werden muss. Auch hier besteht Handlungsbedarf in Form der Einführung einer grob geschätzten Vorauszahlung.

:)

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nowhereman
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Beitrag von nowhereman » 09.09.2004, 21:02

besser hätte ich´s nicht sagen können...danke :!:
"Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?".(B. Brecht)

"Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann feind wird." (Thomas Müntzer)

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jr
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Beitrag von jr » 09.09.2004, 22:47

Dazu paßt ja gut, daß in Osnabrück die Fahrzeuge eines Mietwagenunternehmens als Schweinetransporter bezeichnet werden. Die Ursache liegt dort aber sicher an anderer Stelle ...

Vorauszahlung zu verlangen ist nach vielen deutschen Taxi(tarif)ordnungen möglich. Teilweise geht das der Formulierung nach auch ohne konkreten Anlaß.

Ansonsten denke ich: Die Klagen von und über Kunden halten sich wohl die Waage. Ein Gleichgewicht des Schreckens sozusagen.

Qualitätitis ist ein Weg, den Willen des Taxigewerbes zu bekunden, daran was zu ändern. Wie die Kunden sich dafür revanchieren, das entscheidet die und unsere Zukunft.

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Beitrag von shortie2004 » 10.09.2004, 04:38

... inkontinent zum Interconti ?! :lol:

Gast

Beitrag von Gast » 10.09.2004, 05:03

Hallo Rolf,

nachdem was ich hier so lese, komme ich zu der Erkenntnis, dass Düsseldorf ein >Eldorado< für Taxifahrer ist.
Die von dir erwähnten Kotzbrocken steigen bei mir, wenn es schlecht läuft, drei Mal pro Jahr bei mir ins Taxi ein.

shortie2004,
wie wäre es denn zur Abwechslung mal mit einem ganz sachlichen Beitrag ??
:twisted:

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Rolf
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Beitrag von Rolf » 10.09.2004, 06:27

jr hat geschrieben:Die Klagen von und über Kunden halten sich wohl die Waage.
Das widerspricht meinen Erfahrungen. In der Regel gibt es für die Kundschaft verschiedene Möglichkeiten, sich über Fahrpersonal zu beschweren, während sich das Fahrpersonal meist ausnahmsweise bzw. bei krassen Vorfällen beklagt. Zudem hat ein grosser Teil des Fahrpersonals, z.B. als selbstständig Erwerbende, vielleicht gar keine Möglichkeit, sich zu beschweren. Hinzu kommt, dass Bestell-Vermittlungen sachbedingt ein "Janus-Gesicht" zeigen (müssen): Gegenüber der Kundschaft mit "wir sind die Besten, wir machen alles" und gegenüber dem Fahrpersonal, welches zu wenig Aufträge erhält infolge zu vieler Angeschlossener und welches trotzdem im Dienst behalten werden soll, mit "Sie haben Recht, aber letzten Monat hatten wir 3% mehr Fahraufträge". Charakteristisch ist vielleicht die Feststellung, wenn mehrere ortsansässige Bestellvermittler es nicht schaffen, Verursacher von Fehlfahrten bis zur Bezahlung derselben mittels einer koordinierten Aktion auszusperren.
jr hat geschrieben:Qualitätitis ist ein Weg, den Willen des Taxigewerbes zu bekunden, daran was zu ändern. Wie die Kunden sich dafür revanchieren, das entscheidet die und unsere Zukunft.
Ich befürworte jede Massnahme zur Qualitätsverbesserung im Taxigewerbe. Aber mit dem Willen bekunden bzw. dem Ausrüsten von bestehenden Taxiflotten mit einem Qualitätskleber ändert sich nichts. Über die Qualität entscheidet die Auswahl des Fahrpersonals und der Zustand des Fahrzeuges. Für beide Kriterien gibt es direkt verantwortliche Gewerbetreibende. Ein Güte-Siegel müsste persönlich und nicht übertragbar zum Fahrpersonal gehören.

Ich habe den Eindruck, dass die Entwicklung jetzt in die falsche Richtung läuft, weil die Qualität offenbar lediglich als Wettbewerbsvorteil betrachtet wird. Für mich ist das reines Wunschdenken. Damit eine Bestellvermittlung (Stadt) mit top motiviertem "First Class"-Fahrpersonal arbeiten kann, müssten nach meinen Erfahrungen im Schnitt ca. 2,6 Bestellungen pro Stunde und Fahrzeug abgegeben werden. Sinkt diese Zahl, nimmt aus verschiedenen Gründen automatisch auch die Qualität ab (unabhängig vom Güte-Kleber auf dem Taxi).

Die Qualität ist noch aus einem weiteren Grund ein untaugliches Mittel zur Verdrängung eines Mitbewerbers: In einem ersten Schritt führt die bessere Qualität des Einen zu einem Rückgang beim Anderen. Dieser ist gezwungen, Kapazität abzubauen. Nun kommt das oben erwähnte Paradox zum Zug: Eine ideal besetzte oder gar schwach unterdotierte Bestellvermittlung leistet ihre Dienste effizienter als die andere. Der Bekämpfte wird besser und kann aufbauen. Nach ein paar Jahren ist wieder alles beim Alten.

Da frag ich mich doch: Was soll dann das Ganze?

Nebenbei noch was: Die Kundschaft ist das unsicherste Element in der Planung. Ich habe in den vergangenen 20 Jahren bei drei verschiedenen Bestellvermittlungen teilweise die gleiche Kundschaft jeweils als Stammkunden bedient (und jedes Mal war die Vermittlung am Besten, für die ich zufälligerweise gerade fuhr).

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jr
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Beitrag von jr » 10.09.2004, 22:31

Deine Ausführungen zur Qualitätsverbesserung schildern wesentliche Apsekte vollkommen zutreffend.

Beim Thema Kundenklage habe ich allerdings ein andere Meinung. Vielleicht extrapoliere ich da aber auch ein wenig zu sehr: Denn ich bin ein sehr unangenehmer Kunde. Einer von denen, die sich nämlich nicht beschweren, sondern ohne weitere Rücksprache den Anbieter wechseln. Und ich hatte bisher den Eindruck, immer Teil einer großen Masse Gleichgesinnter zu sein.

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