Und - warum nicht?
Was wir machen müssen ist politischen Druck ausüben, zusammen mit allen anderen Fuhrknechten aus anderen Sparten, dass endlich eine Ausgleichszahlung stattfindet, die das ausgleicht, etwa in Form einer Prämie für gutes Fahren!
Ich habe deshalb eine Gerichtsverhandlung nächste Woche in Müllheim (Baden), weil ich dazu maximalen zivilen Ungehorsam angekündigt habe! Es würde mich interessieren was ihr dazu denkt und ob ich mit Solidarität rechnen kann!
Das habe ich dem Amt geschrieben (ich habe ein wenig dick aufgetragen

B378, Richtung Neuenburg, Höhe Baustelle
Sehr geehrte Damen und Herren,
die eingeforderte Strafe werde ich nicht bezahlen. Ich lege also Einspruch ein.
Aus folgenden Gründen:
a. die Idiotie der Verkehrsführung
b. die offensichtliche Wegelagerei, die Sie da betreiben
c. meine persönlichen Finanzen
d. die Verarmung aller Taxifahrer und besonders auf dem Land, im Stundenmindestlohn
e. die exorbitante Steigerung der Strafen und dem fehlenden Ausgleich für Berufskraftfahrer
a.: Idiotie der Verkehrsführung
Ich habe den PKW-Führerschein seit 1981 und fahre Taxi seit 1985, in bisher sieben Städten und drei Ländern, ich kenne mich also ein ganz klein bisschen aus mit dem Straßenverkehr.
Ich sage Ihnen, ich habe selten eine solch idiotische Verkehrsführung erlebt.
Sie kommen endlich aus der Zone 50 heraus auf die Bundesstraße, mit Tempo 70, beglückt darüber drücken Sie auf die Tube und dann aber kommt, genau dann, eine Baustellenausfahrt mit erneut Tempo 50.
Diese Ausfahrt ist jedoch einsichtbar genug. Mit den modernen Bremsen, wenn Sie ein gutes Auto haben, und das hatte ich, neue Mercedes E-Klasse mit Topbremsen (Sie haben ja da ein sehr schönes Foto, da können Sie das sehen) – dann können Sie ohne Probleme mit 70 da dran vorbei, da Sie ja eben auch Vorfahrt haben.
Die Baustellenfahrzeuge, die da heraus wollen, haben Stoppschild oder wenigsten Vorfahrt-Beachten, weiß ich nicht (es sollte Stoppschild sein), es ist von einem Berufskraftfahrer zu erwarten, dass er schaut, bevor er fährt. Wir haben heute viele orts- und sprachfremde LKW-Fahrer, aber sie haben alle Augen und alle den Führerschein. Gab es schon einmal einen Unfall, so war das die Schuld des Baustellenfahrzeugs, es sei denn, es kam einer mit 100 gebrettert, aber 70 ist angepasst genug.
Es ist also keineswegs erforderlich hier 50 zu fordern!
Beziehungsweise, eine andere Lösung wenn Sie auf absolut Sicher gehen wollen, dann lassen Sie das kurze Stück Tempo 70 weg und bleiben auf 50, bis die Baustelle passiert ist.
b.: krasse Wegelagerei.
Aber genau hier haben Sie dann gelegentlich eine Radarfalle und da sehr viele Fahrzeuge entlangfahren und sehr viele bereits mit 70, da kaum jemand abbremst, außer er kennt die Stelle und die Falle, dann können Sie echt gut g´schwind abkassieren.
Sie wollen also von mir 120 Euro, das verdiene ich in eineinhalb Tagen nicht.
Ich brauche dafür, bei 10.50 Euro Mindestlohn und keinerlei Zulagen, Feiertag unbezahlt, fast zwei Tage um das bezahlen. Ich denke, das ist leicht verdientes Geld für die Stadtkasse, aber es ist höchst unmoralisch und rechtlich bedenklich.
Stellen Sie Blitzer vor Schulen, da haben Sie meinen Applaus dafür. Ich bin auch bereit die andere, bereits hohe, Strafe mit 50 Euro zu zahlen, weil ich selbstverständlich generell Tempokontrolle befürworte. In den beiden anderen Ländern, wo ich länger Taxi fuhr, England und die Schweiz, gibt es sehr viele Schweller auf der Straße, das ist nervtötend und fahrzeugverschleißend und da ist mir das Blitzen lieber.
c.: meine persönlichen Finanzen
Ich habe aufgrund meines Lebenslaufs, sehr viel Gedanken über diese Welt, persönliche Bildung, (was nun in meinen politischen Ambitionen mündet) lange Jahre im Billiglohn, Finanzcrashs, teure Auslandstaxischeine – etwa 30.000 Euro Schulden, dabei habe ich zuletzt 2 Jahre im absoluten Mindestmindestlohn gearbeitet und trotzdem noch auf Wohngeld verzichtet, ich habe keinerlei Rücklagen, aktuell habe ich jetzt seit einem Monat überhaupt kein Geld, weil ich fristlos gekündigt wurde, vors Arbeitsgericht ging, und bisher noch kein ALG bekam.
d.: Natürlich haben alle Taxifahrer wenig Geld und auch generell sind Berufskraftfahrer eher Geringverdiener und diese exorbitante Steigerung also, Verdoppelung der Verkehrsstrafen, und dies bei stagnierenden Löhnen, also eher realer Verlust wegen Teuerung/Inflation, ist daher nicht tragbar.
Niemand von uns rast, Berufskraftfahrer rasen nicht, wer rast, der soll gerne aus dem Verkehr gezogen werden, meine Rede. Aber wir Profis schwimmen im Verkehr mit, wir schleichen nicht. Wenn Sie mich ansehen, ich habe in meinem Leben noch keinen schwereren Unfall verschuldet, höchstens leichte Blechschäden beim Rangieren, aber da meist im Schritttempo, ich fahre absolut sicher und angepasst, es gibt keinen Grund mich zu gängeln. Durch den täglichen Einsatz mit vielen Kilometern – gerade in Müllheim – ergibt sich zwangsläufig, wenn wir im Verkehr mitschwimmen, eine höhere Belastung durch Verkehrsbußgelder als beim Durchschnittskraftfahrer, dieser nimmt die gelegentlichen Bußgelder in Kauf, wir aber haben dadurch erhebliche Schmälerung unseres ohnehin geringen Lohns.
e.: Es muss von daher spätestens jetzt, durch die exorbitante Steigerung, ein finanzieller Ausgleich kommen, etwa in Form einer Pauschale, wer angepasster fährt kann das als Prämie für braves Fahren einstreichen, wer eher flott fährt muss sie dann zurückgeben. Aber es geht so nicht weiter! Das sage ich Ihnen, Sie schüren einen Hass, den gab es noch nie in diesem Land seit 1945. Taxifahrer werden stets gesucht, weil es ein mieser Job ist, sie verdienen wenig, riskieren täglich ihr Leben im Verkehr (nicht durch ihre Schuld, sondern die anderer). Sie müssen jetzt noch idiotische Masken tragen bis sie ersticken, sie setzen sich, nach Coronalogik, gleichzeitig noch einer tödlichen Gefahr durch diesen Megahammer-Supervirus aus (Ironie aus) und dann werden sie noch zur Kasse gebeten!
Niemand will diesen sch*** mehr ertragen!!!!
Ich kündige Ihnen also maximalen zivilen Ungehorsam an!
Ich bin, wie gesagt, Taxi gefahren, in sieben Städten und drei Ländern, ich habe einige Bücher darüber geschrieben, die einem Joschka Fischer gefallen haben, ich kann mit Fug und Recht sagen ich bin der rechtmäßig berühmteste Taxifahrer der Welt – mein Wort hat Gewicht!
Ich rufe ohnehin schon zum bundesweiten Taxifahreraufstand auf, ich werde das erweitern durch maximalen Widerstand gegen diese unglaublichen Zusatzbelastungen durch Blitzer und deren Steigerung ohne Ausgleich. Wir arbeiten uns arm! Wir haben die Schnauze gestrichen voll!
Da ich aber ohnehin sehr viel zu tun habe biete ich Ihnen also nun zwei Vorgehensweise an:
Erstens, eine individuelle:
Sie berücksichtigen meine Finanzlage und dass ich in Müllheim ortsfremd eingesetzt war und können von mir aus gerne das Äquivalent der Geldforderung in Punkte in Flensburg umwandeln, ich fahre so bald ohnehin kein Taxi mehr, da es vollkommen inaktzeptabel ist. (Höchstens noch in Frankreich, meinem vierten Land, mais il faut attendre, und da juckt mich dann das nicht, je m´en foute.) In diesem Fall werde ich darüber Stillschweigen vereinbaren und den entsprechenden Eintrag auf meiner Webseite von heute wieder löschen.
Zweitens, Sie weigern sich, übergehen meinen Einspruch und fordern über das Gericht weiter das Geld.
Dann werden Sie alle aber von mir Ärger bekommen, das haben Sie noch nie erlebt und wenn ich ganz Deutschland in den Aufstand bringen muss!
Ich weiß, Sie führen nur Befehle aus, aber das war stets die Ausrede für so Manches.
Mit freundlichen Grüßen, Jochen Lembke, „Europas taxifahrender Schriftsteller“