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von Löwenzahn » 25.10.2015, 10:19
Mir geht es hauptsächlich darum, wie die Arbeit vor Gericht ausgelegt werden kann. Ob die Chancen für den Arbeitnehmer schrumpfen.
Wenn es weiterhin heißt, dass der Arbeitnehmer darauf achten soll, dass 8 Stunden pro Schicht nicht überschritten werden sollen.
Auf 8 Stunden Anmeldezeit gerechnet schafft der Arbeitnehmer die 22 Euro nicht. Jetzt sagt sich der Chef: Lenkzeiten knapp 4 Stunden, 6 Touren gefahren, bezahlt werden nur 7 Stunden nach Mindestlohn von 8 Stunden Anmeldezeit.
Entweder der Arbeitnehmer fühlt sich benachteiligt und klagt oder er bangt um seinen Arbeitsplatz, weil nach Anmeldezeit unwirtschaftlich. Gehen wir davon aus, er klagt die fehlende Stunde vor Gericht ein, wie könnte das ausgelegt werden?
Nun, der Arbeitnehmer wird sagen, dass er 8 Stunden angemeldet war und das Warten an der Taxihalte Bereitschaftsdienst ist.
Der Chef argumentiert dagegen. Er wird sagen, dass niemand ihn zwingt an der Taxihalte zu stehen. Er kann genausogut das Auto parken und im Cafe sitzen. Ob man im Taxi sitzt oder woanders, steht im Ermessen des Arbeitnehmers. Es gibt kein Bereithalten nach Anweisung, weil es keine Anweisungen vom Chef gibt. Der Angestellte muss nur erreichbar sein. Diese Erreichbarkeit kann das eigene Handy sein, wo der Chef anruft und sagt: Es gibt Arbeit. Es kann aber auch genausogut das PDA vom Funk sein, was irgendwann mal klingelt und metaphorisch sagt: "Ich habe hier ein Auftragsangebot, haben Sie Interesse?" Der Arbeitnehmer kann den Auftrag annehmen oder nicht, seine Entscheidung. Er kann alle Angebote ablehnen, die am Tag einrasseln. Da passiert gar nichts, er verliert zwischendurch vielleicht mal die Position und muss sich hinten anstellen, aber Sanktionen oder Sperren für wiederholtes Ablehnen gibt es bei der TZB nicht mehr. Die wurden abgeschafft. Wenn sich der Arbeitnehmer nicht arbeiten will, wird ihm das auch nicht als Arbeitszeit angerechnet, solange das Taxi stehen bleibt. Es gibt kein aufgezwungenes Bereithalten nach Anweisung bei Funkaufträgen, also Rufbereitschaft = keine Arbeitszeit. Vorbestellungen vom Funk sind so ausgelegt, dass man entweder 10 Minuten oder 15 Minuten warten muss bevor man das Taxameter einschalten darf. Da der Chef pro Auftrag 30 Minuten Standzeit bezahlt, ist auch diese Zeit aufgelistet. Das Taxameter speichert die Lenkzeit, der Chef guckt nach der Anzahl der Aufträge und knallt noch 30 Minuten pro Auftrag drauf, natürlich so, dass die Anmeldezeit nicht überschritten wird. Wer permanent 8 Stunden unterwegs ist, der bekommt auch nur 8 Stunden, wobei man auch hier sagen muss, dass der Arbeitnehmer 8 Stunden 45 Minuten angemeldet ist und verpflichtet ist nach 4 bis 6 Stunden die gesetzliche Pause einzuhalten.
Kommen wir abschließend zu den Einsteiger am Taxihalteplatz. Niemand zwingt den Taxifahrer eine gewisse Zeit an der Halte zu stehen und solange zu warten, bis ein Einsteiger kommt. Man steht vor Ort und ist bereit, wenn einer kommt. Man hat die freie Wahl, bleibt man da stehen oder fährt man weg. Wenn ein Einsteiger kommt, wird man für die halbe Stunde davor belohnt. 30 Minuten reichen aus um einen Rundumblick der Umgebung zu wagen, ob es so aussieht, als wenn ein Einsteiger kommt. Wenn weit und breit keiner zu sehen ist, der den Anschein erweckt, kann man tun und lassen, was man will. Rufbereitschaft. Selbst auf Position 1 darf man sich in Berlin von der Taxe wegbegeben. Es gibt keine mir bekannte Regelung, dass man an erster Stelle stehen bleiben muss. Selbst wenn es diese Regel geben würde, niemand wird gezwungen stehenzubleiben. Wer nach Hause fahren will, soll nach Hause fahren. Die Bedingungen einer Rufbereitschaft sind erfüllt.
Die große Preisfrage: Wie würde das Arbeitsgericht entscheiden? Arbeitnehmer hat Recht, es waren 8 Stunden Arbeitszeit? Oder Chef hat Recht und es waren nur 7 Stunden Arbeitszeit?
Auf den Monat hochgerechnet macht das ein Unterschied zwischen 20 und 25 Stunden in Abhängigkeit der geleisteten Schichten.