[Neumünster] So funktioniert der Mindestlohn

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alsterblick
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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von alsterblick » 06.02.2015, 14:44

taxologe hat geschrieben: Nicht der Umsatz sollte bezahlt werden, sondern die Bereitstellung, da dafür ein öffentliches Interesse vorliegt.
...
Im Übrigen sollte man auch gleich der Selbstausbeutung der selbstfahrenden Unternehmer einen Riegel vorschieben :wink:
Denke, schmerzerlösungssuchend mutieren `diese EWU` dann von ganz alleine zu den MWU rüber. 8)
Zuletzt geändert von alsterblick am 06.02.2015, 14:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Wattwurm
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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von Wattwurm » 06.02.2015, 14:56

taxologe hat geschrieben:Im Übrigen sollte man auch gleich der Selbstausbeutung der selbstfahrenden Unternehmer einen Riegel vorschieben :wink:
Da gebe ich Dir vollkommen recht und deswegen verbringe ich vor meiner Computertastatur mehr Zeit als vor meinem Lenkrad.... :wink:

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alsterblick
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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von alsterblick » 06.02.2015, 15:54

Wattwurm hat geschrieben: und deswegen verbringe ich vor meiner Computertastatur mehr Zeit als vor meinem Lenkrad.... :wink:
...vor allem ist hier ja auch ein "möglicher Verlust" verschmerzbarer. :wink:
oder gar gewinnbringend :?: :shock:
Zuletzt geändert von alsterblick am 06.02.2015, 16:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Wattwurm
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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von Wattwurm » 08.02.2015, 12:11

Da der Nachtzuschlag nicht in Stein gemeißelt ist, werden in Neumünster 10% Zuschlag für Nachtarbeit gewährt.

Das hat mir gestern ein angestellter Nachtfahrer der bei einem Mehrwagenunternehmer der marktführenden Zentrale beschäftigt ist, kolportiert. Ob das vor einem Arbeitsgericht Bestand haben wird, wage ich mal stark zu bezweifeln!

Es kommt auf den Einzelfall an, ob Nachtzuschläge unterhalb von 25 % vor einem Arbeitsgericht als "angemessen" erachtet werden. Es soll auch Arbeitgeber geben, die 35 % oder sogar 40 % Zuschlag auf Nachtarbeit bezahlen.

Das AG in Neumünster gilt als ziemlich arbeitnehmerfreundlich in seinen Entscheidungen und die Verjährungsfrist aus Forderungen aus Arbeitsverträgen beträgt laut BGB 3 Jahre. Das kann im Falle von Nachforderungen verdammt teuer werden für den Unternehmer.

Es ist ja nicht damit abgetan, die in "angemessener" Höhe vorenthaltenen Nachtzuschläge nachzubezahlen, sondern auch Sozialversicherungsbeiträge müssen nachentrichtet werden. Denn bis zu 25 % Nachtzuschlag sind zwar steuerbefreit, das ist richtig, aber jeder Zuschlag egal in welcher Höhe fließt in die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge mit ein. Die Nachzahlung von SV-Beiträgen kommt dann noch einmal On Top... :shock:
Zuletzt geändert von Wattwurm am 08.02.2015, 12:12, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von Haschmich » 08.02.2015, 12:19

Der Arbeitgeber sollte auch die Strafen nicht vergessen, die zu bezahlen sind, wenn nur einer der Arbeitnehmer mit 10 % Nachtzuschlag nicht einverstanden ist.

Zu wenig Nachtzuschlag ist genauso, als hätte der Arbeitgeber keinen Nachtzuschlag gezahlt.

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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von Jim Bo » 08.02.2015, 12:58

Wattwurm hat geschrieben:
taxologe hat geschrieben:Im Übrigen sollte man auch gleich der Selbstausbeutung der selbstfahrenden Unternehmer einen Riegel vorschieben :wink:
Da gebe ich Dir vollkommen recht und deswegen verbringe ich vor meiner Computertastatur mehr Zeit als vor meinem Lenkrad.... :wink:
Wo ist der Unterschied? Deine Arbeitszeit verringert sich dadurch nicht.

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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von Pirat » 08.02.2015, 14:19

Amtsgericht Kiel Aktenzeichen: GnR 235 NM

GnR 235 NM: Taxi 44444 Neumünster e. G., Neumünster (Christianstraße 133, 24534 Neumünster). Gegenstand der Firma: Gegenstand des Unternehmens ist a) der Betrieb einer Funk- und Telefonzentrale und anderer Einrichtungen zur Vermittlung von Fahraufträgen im Personenverkehr an die angeschlossenen Taxi-Unternehmer oder zur Beförderung von Gegenständen, die in einem Personenkraftwagen befördert werden können; b) der Abschluß von Verträgen mit Dritten hinsichtlich aller mit einer Beförderung zusammenhängenden Fragen, insbesondere Verträge mit Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und sonstigen Großkunden und Institutionen; c) der Abschluß von Vereinbarungen mit öffentlichen Verkehrsträgern im Rahmen von Arbeitsteilung, Zusammenarbeit oder sonstigen Konzepten zur Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs; d) das Inkasso von Beförderungsentgelten; e) die Wahrnehmung sonstiger Aufgaben zur Erreichung oder Förderung des Genossenschaftszwecks. Die Genossenschaft kann sich zur Erreichung ihres Zweckes und zur Verwirklichung der Gegenstände des Unternehmens an anderen Unternehmen beteiligen oder solche erwerben. Die Ausdehnung des Geschäftsbetriebs auf Nichtmitglieder ist zulässig. Rechtsform: Die Satzung ist am 11.03.2014 geändert und komplett neu gefasst.

Nach meinem Kenntnisstand ist auch die e.G. in Neumünster Adressat für § 13 MiLoG Auftraggeberhaftung.
Bei zahlungsunwilligen Genossen haftet die e.G. für den Nettolohn des Arbeitnehmers vom Genossen wie ein Bürge.
Bei Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz) des Genossen haftet die e.G. dagegen nicht, hier trägt auch weiterhin der AN ein gewisses Risiko.

Was werden Taxizentralen die als Auftraggeber nach § 13 MiLoG infrage kommen wohl nun tun?
Verträge/Vereinbarungen mit den angeschlossenen Genossen, die die e.G. von der Haftung befreien würde, müssten vom Genossen nicht angenommen/unterzeichnet werden.
Wäre das nicht annehmen/unterzeichnen der Verträge/Vereinbarungen ein Ausschlussgrund?
Wohl er nicht, denn wenn der Gesetzgeber dies erlaubt – dürfte dadurch auch kein Schaden entstehen.

Der Gesetzgeber will ja gerade die Zentralen in die Pflicht nehmen.
Genossen, die gleichzeitig als Vertreter der e.G. und als Taxiunternehmer und als Arbeitgeber agieren, hätten auch weiterhin durch interne Gestaltungsfreiheiten alle Möglichkeiten.
Deshalb ist die verschuldensunabhängige Haftung von Auftraggeber so wichtig.
Nur die Weisesten und die Dümmsten können sich nicht ändern... Konfuzius.

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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von taxologe » 10.02.2015, 21:57

Wattwurm hat geschrieben:Ich schätze mal das 25 % aller Taxifahrer schon vor der Einführung des ML mehr als 8,50 Euro verdient haben. Weitere 25 % aller Fahrer bekommen nun einen legalen Mindestlohn seit dem 1.Januar und zwar ohne Tricks und doppelten Boden. Die restlichen 50% gucken in die Röhre. Nur jeder 2.Taxifahrer hat auf seinen Lohnzettel wirklich 8,50 Euro Stundenlohn stehen! Und zwar ohne irgendwelche Taschenspielertricks!

Vielleicht sind es ja 50 %, wenn die übrigen das Handtuch werfen .. Allerdings muss man auch Folgendes bedenken, die Fahrer, die vorher schon mehr verdient haben, sind zumindest in der von mir bekannten Zentrale diejenigen mit gutem Draht zum Funker, welche bevorzugt die umsatzstarken Touren bekommen. Der Mehrwagenunternehmer muss nun zukünftig deren Umsätze auf alle Kollegen gleichmäßig umlegen, ein Schritt in Richtung Gerechtigkeit. Die Fahrten zum Flughafen werden wohl an Beliebtheit einbüssen .. :D
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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von alsterblick » 10.02.2015, 23:54

Weiterer Faktor:
EWU's die 'aus Angst zu beschäftigen' jetzt gänzlich alleine auf dem Bock sitzen.
Diese fahren tendenziell mehr Tag als Nicht.
Hat jemand ne Größenordnung wieviel diese zuvor so Beschäftigten und nun Freigesetzten so ausmachen könnten ?
Zuletzt geändert von alsterblick am 10.02.2015, 23:57, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von Wattwurm » 20.01.2018, 08:06

Mein Leserkommentar im Holsteinischen Courier....

https://www.shz.de/lokales/holsteinisch ... 48361.html
Zuletzt geändert von Wattwurm am 20.01.2018, 08:07, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: [Neumünster] So funktioniert der Mindestlohn

Beitrag von Cabby Steve » 24.05.2018, 09:38

@Wattwurm

Wenn Du Ford Geschichten schreibst haben wir was zu lesen.

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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von miamivice » 26.05.2018, 08:23

Wattwurms Leserkommentar in der shz.de vom 23.1.18:
Kaum Aussagekraft

In dem man Events mit viel Publikumsverkehr zum Maßstab nimmt, suggeriert der Artikel dem Leser man könnte im Taxigewerbe viel Geld verdienen. Silvester, Ball der Pferdefreunde oder der Ball des Sports sind die umsatzstärksten gesellschaftlichen Highlights des Jahres. Was danach folgt kann man mit guter Berechtigung als Tristesse bezeichnen. An der prekären Einkommenssituation der Taxifahrer konnte auch der gesetzliche Mindestlohn wenig ändern. Warum sich trotz Mindestlohn kaum etwas an der Einkommenssituation der Taxifahrer geändert hat, überlasse ich der KREATIVITÄT des geschätzten Lesers...
Die shz.de übertitelt ihren Bericht mit "Über 1000 Fahrten mit 43 Wagen". Angenommen es würden an diesen Spitzentagen 24 Touren pro Fahrzeug absolviert mit einem durchschnittlichen Zeitaufwand von 12 Minuten pro Tour, so ergäbe sich eine bezahlte Arbeitszeit von nicht mal 6 Stunden.

Wie wirkt sich die Konzessionsschraube in Neumünster aus? Wieviele Beförderungsaufträge stehen 80 Taxis pro 24 Stunden im Schnitt zur Verfügung?

Wattwurm
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Re: So funktioniert der Mindestlohn in Neumünster

Beitrag von Wattwurm » 27.05.2018, 11:37

miamivice hat geschrieben:
Wie wirkt sich die Konzessionsschraube in Neumünster aus? Wieviele Beförderungsaufträge stehen 80 Taxis pro 24 Stunden im Schnitt zur Verfügung?
Eine sehr theoretische Frage, die auch nur sehr schwer zu beantworten ist. Nicht alle 80 Taxen sind 24 Stunden im Einsatz, nicht alle Taxen sind einer Zentrale angeschlossen. Daran kann man schon mal erkennen wie schwierig es ist eine Aussage zu machen. Und bei den Beförderungsaufträgen sollte man auch die Einsteiger berücksichtigen. Setze ich mal rein theoretisch vorraus das eine Taxi 24 Stunden im Dauereinsatz ist, dann schätze ich mal die Zahl der Beförderungsaufträge, einschließlich der Einsteiger und der doch etwas lebhafteren Nachtschichten am Wochenende, im Durchschnitt auf 25 Fahrten am Tag je Fahrzeug ein. Das beinhaltet Tage mit hoher Nachfrage aber auch Tage mit niedriger Nachfrage. Theoretisch wären das insgesamt 2000 Fahrten pro Tag und theoretisch 60.000 Beförderungsaufträge im Monat. Das ist aber keine seriöse Grundlage, um daraus irgendwelche Schlüsse zu ziehen oder halbwegs plausible Hochrechnungen anzustellen. Das ganze ist mit zu vielen Unwägbarkeiten behaftet. Aber es sind immerhin Zahlen die sich im Bereich des Möglichen bewegen. Gehe ich rein theoretisch mal davon aus, dass die durchschnittliche Tourenwertigkeit bei 15 Euro (inkl. Landtouren) liegt, wäre auch wieder rein theoretisch angenommen, ein Tagesumsatz von 375 Euro am Tag je Taxi möglich. Das wäre also ein theoretischer Stundenumsatz von knapp unter 16 Euro. Ein Mindestlohn von 8,84 Euro wäre also ohne "kreative Pausenzeitgestaltung" kaum möglich. Aber auch das ist alles nur ein fürchterliches Gestocher im Nebel, weil man irgendwo auch mal einen Schnitt machen muss.

Insgesamt ist die Lage der Taxiunternehmen in Neumünster als prekär zu betrachten. Das Taxigewerbe in Neumünster arbeitet am wirtschaftlich unterem Limit. Die Ehefrau geht putzen für die Leasingraten!
Zuletzt geändert von Wattwurm am 27.05.2018, 12:04, insgesamt 8-mal geändert.

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