Ich glaube es wird Zeit, die Nachtschicht mal wieder zum Leben zu erwecken. Nein Holger, das richtet sich nicht an Dich.
Ich habe in den letzen Wochen, insbesondere in den von mir gefahrenen Wochenendnachtschichten ein immer wiederkehrendes, sich dabei verstärkendes Déjà-vu. Ich habe das alles schonmal erlebt, in den 90ern, genauer so nach 1993/94 als es in Lübeck erstmalig eine beschränkte Konzessionsfreigabe gab. Plötzlich hatten wir binnen einen halben Jahres 50-60% mehr Taxen in der Stadt. Es gab kaum noch freie Taxistände und in jeder Schicht entdeckte man neue Autos mit immer neuen Gesichtern. Sitten verfielen, Regeln, gleich ob geschrieben oder ungeschrieben, interessierten niemanden mehr. Keine drei Jahre später war der Spuk wieder vorbei. Von den 100 Glücksrittern hat es 90 zerrissen, der Rest hat irgendeine Lücke gefunden. Der Markt gab halt nicht genug her für alle.
Dann kam 2010 und die totale Markfreigabe. Zuerst wandelten die Masse der Mietwagen, die zuvor von Taxiseite rechtlich verfolgt wurden, in Taxen. Sitten verfielen, Regeln wurden wieder ignoriert, Bereitstellung wo man will, Touren abputzen, Verdängung, naja, das Übliche halt. OK, der ganz große Schrecken blieb aus, es wurden absolut kaum mehr Wagen, halt eben mehr Taxen auf den Ständen. Am ehesten merkten es die Graupen mit dem Geschäftsmodell Bahnhofstaxi. So weit, so gut.
Nun sprach es sich so um 2012 wohl herum, dass Lübeck das Paradies für ortsunkundige und sachkenntnisfreie Taxiunternehmer und -fahrer sei. Ein kurzer Schwenk über den Bahnhof führt heute zum Blick ins Navi, man könnte sich ja verfahren haben. Denn bekannte Gesichter sind kaum noch zu sehen. Jede Woche ein, zwei neue Autos, also Ordnungsnummern, von wechselnden Fahrzeugen mit immer denselben ON mal gar nicht zu reden. Fahrer, die man zuvor nirgends nicht auf irgendwelchen anderen Taxen oder Mietwagen sah. Die wachsen hier neuerdings auf den Bäumen, scheint es. Vielleicht werden sie auch importiert, aus einer größeren deutschen Metropole, man weiß es nicht, denn seit zwei Jahren gibt es ein neues Taxiunternehmen in der Stadt mit Stammsitz in - richtig - einer größeren Deutschen Metropole. Man hört, dass sich die dortige Ortskunde vom Taxistand bis zur nächsten Ampel erstreckt, denn den Weg vom Kohlmarkt in die Eschenburgstraße überfordert dann doch, immerhin links und dann 1,5km geradeaus.
Naja, ein Déjà-vu ist das eigentlich nicht mehr, denn das waren ja noch richtig gute Zeiten, damals in den 90ern und die waren schon schlecht, also gefühlt wenigstens.
Es gibt kein gefährliches Halbwissen, aber zu viele schlechte Informationen.