Hamburger Taxen-Demo am 27.9.2004

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Martin Berndt

Hamburger Taxen-Demo am 27.9.2004

Beitrag von Martin Berndt » 22.09.2004, 21:08

Auf die dringende Bitte der unabhängigen Hamburger Taxenverbände fand gestern ein Gespräch mit Senator Freytag statt. Entgegen unserem Wunsch wurden auch die Funkzentralen eingeladen.
Die Behördenleitung hat sich leider keinen Milimeter bewegt. Dafür durften wir uns wieder die Ergüsse einiger vor Erfolg strotzender Zentralenleiter anhören, die nach dem Senator die meiste Redezeit für sich beanspruchten. Zuhörer, die die Lage des Hamburger Taxengewerbes nicht kennen, mußten den Eindruck gewinnen, dass die Verbände nur geschäftsuntüchtige "Graupen" vertreten, denen zur Verbesserung ihrer Lage nicht anderes als eine Tariferhöhung einfällt. Dagegen scheint das Geschäft der Funkzentralen dank der hervorragenden Logistik einiger genialer Zentralenleiter nur so zu brummen, wenn man ihrer Selbstdarstellungen Gauben schenkt. Nein, nein - Herr Kruse hielt sich zurück. Ich spreche hier von Herrn Menzerolf von "das taxi". Kenner der Szene fragen sich nach diesem Auftritt allerdings, wie hoch Marios Gage für diese Vorstellung wohl ist.
(Vertreter der Stadtrandzentralen, deren Beiträge sich während des letzten Gesprächs in der Behörde wohltuend von der Propaganda der "großen" 3 abhoben, waren seltsamerweise nicht zum Gespräch mit dem Senator geladen. Blankenese hat diesen Affront vornehm ignoriert und erschien trotzdem!)
Da der Senat offensichtlich nichts auf das Personenbeförderungsgesetz gibt und sich auch von der jahrelang geforderten Einigkeit der Verbände nicht beeindrucken läßt, sondern die Gespräche ad absurdum führt, indem er sie zur Bühne von Leuten ohne Mandat macht, die in den vergangenen Jahren an der Debatte nicht teilgenommen haben, die Zahlen der Kostenentwicklung nicht aus eigener Anschauung kennen aber unbeeindruckt von der eindeutigen Rechtslage 20 Prozent Tarifsenkungen fordern, was von den Verantwortlichen mit zustimmendem Nicken zur Kenntnis genommen wird, müssen wir notgedrungen andere Wege der Kommunikation wählen.

Die unabhängigen Verbände, LHT, LPVG, MUV und HTV, haben heute für Montag den 27.9.2004 eine Demonstration angemeldet.

Die genaue Route wird hier morgen oder Freitag bekanntgegeben, da die Polizei noch kleinere Änderungswünsche hat. Geplant sind zwei Züge Richtung Stadtentwicklungsbehörde. Einer aus Fuhlsbüttel, der andere von Hammerbrook aus. Die Abschlusskundgebung vor der Behörde wird gegen 9:00 stattfinden. Die Aufstellungs- und Abfahrtzeiten der Züge werden mit der endgültigen Route bekanntgegeben.

Wir fordern ein unabhängiges und gerichtsfestes Gutachten als Grundlage für zukünftige Behördenentscheidungen, sowohl für die Konzessions- als auch die Tarifpolitik.
Eine reine Datenerhebung, die anschließend von der Behörde selbst ausgewertet wird, ist kein Ersatz, weil der Behörde, die 20 Jahre die Augen vor den Zahlen verschlossen hat, schlicht die Kompetenz fehlt. Außerdem lassen alle amtlichen Stellungnahmen der letzten Jahre klar erkennen, dass die wenigen bekannten Fakten auf das Wunschergebnis hin "gebogen" wurden.

Wir fordern außerdem eine Tarifanpassung, die uns ein Überleben ermöglicht, bis Konsequenzen aus dem Gutachten gezogen werden und diese Maßnahmen auch greifen.

Ein Zeichen des guten Willens seitens der Behörde wäre in diesem Zusammenhang eine Korrektur der Tarifstruktur. Die Wartezeit soll nach dem Wunsch der Mehrheit der Hamburger Taxenunternehmer (siehe Handelskammerumfrage!) wieder exakt berechnet werden.
Dies sind keine überzogenen Forderungen! Vielmehr ist es ein Skandal, dass wir dafür auf dies Straße gehen müssen, weil wir damit nur die Anforderungen, die das Personenbeförderungsgesetz an die zuständige Aufsichtsbehörde stellt, aufgreifen.

Montag ist der letzte Zeitpunkt, den Senat vor eine rechtwidrigen Entscheidung zu bewahren, indem wir ihn an die Rechtslage erinnern. Am 28.9.2004 soll im Senat die Entscheidung über die fällige Tarifanpassung fallen. Die Ausschreibung des "Gutachtens" läuft bereits.
Sollte der CDU-geführte Senat kaltschnäuzig Macht über Recht stellen, bleibt uns nur der langwierige Rechtsweg. Von diesem Senat haben wir dann in dieser Legislaturperiode nichts mehr zu erwarten. Der hat dann offensichtlich eine ganze Branche schlicht abgeschrieben.

Daher rufen wir alle Taxenunternehmer und Fahrer auf, sich an dieser Demonstration zu beteiligen, ihre Stimme zu erheben und das Feld nicht unverantwortlichen Dampfplauderern, vom Schlage Menzerolf, Möller & Co zu überlassen.

PS: Für die Wahl der Worte möge man mich persönlich verantwortlich machen. Was die Forderungen betrifft, sind sich die vier genannten Verbände einig!

Jörn

Beitrag von Jörn » 22.09.2004, 21:13

Ich bin dabei, Martin!

Und ich hoffe, daß viele andere mitkommen. Auch unsere Kollegen vom Hansa-Funk.

Martin Berndt

Beitrag von Martin Berndt » 23.09.2004, 11:36

Hansis sind natürlich willkommen! Auch für sie gilt das Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Funkschild abdecken und los geht´s! So kann auch kein Vorwurf konstruiert werden, man habe sich genossenschaftsschädlich verhalten.

LexiHamburg
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Beitrag von LexiHamburg » 01.10.2004, 13:49

Welcher verkappte Spät-68er ist eigentlich auf die "geistreiche" Idee gekommen, dieser Stadt die Notwendigkeit eines anderen Tarifs / einer Tariferhöhung mittels dieser Demo nahezubringen ???

Der Bürger mit gesundem Menschenverstand fragt sich doch folgendes:

Was wollen die Taxifahrer ?
-> vermutlich wollen sie eine Verbesserung ihrer Einkommenssituation.
Okay. Wollen ja auch andere.

Was tun sie, um dies zu erreichen ?
-> Offensichtlich wollen die Taxifahrer (u.a.) auf die ihrer Meinung nach bestehenden Mißstände im Hamburger Taxi-Tarif in der Öffentlichkeit aufmerksam machen. Ist ja auch nachvollziehbar. Wenn man Verständnis in der Öffentlichkeit - d.h. z.B. unter der wahlberechtigten Bevölkerung - erwirkt, erhöht dies den Druck auf den Senat.

Und was tun die Taxifahrer deshalb ???
Sie blockieren am Montag morgen zur heftigsten Rush Hour die komplette Innenstadt + wichtiger Einfallstrassen mit einer Demonstration in Form einer Sternfahrt incl. Sperrung einiger wichtigsten Straßen in der Innenstadt :shock:
Hunderte von Autofahrern stehen im Stau, kommen zu spät zur Arbeit, zu ihren Terminen etc. Hungrige Kinder schreien in den Autos. etc.

Herzlichen Glückwunsch !
Ziel komplett verfehlt. Die Öffentlichkeit hat Euch zwar wahrgenommen - aber so, daß sie jetzt stinksauer sind auf Euch und Eure Tariferhöhung !
4% sind Euch also zu wenig ! 15% sollen es auch sein ? Die hätten Lieschen Müller und Max Mustermann auch gerne ! Haltet Ihr Euch für die Flugkapitäne der Lufthansa, oder was ???

Und zur Krönung nach das: Es gibt tausende Taxen in Hamburg. Und was findet man, wenn man sich mit dieser "Großdemo" näher beschäftigt (wider Willen beschäftigen muß, weil man 2,5 Stunden statt 40 min von Harburg in die Rothenbaumchaussee gebraucht hat) ? - 40 Hansel an der Stadthausbrücke, vor denen ein wildgewordener, langhaariger Obertaxifahrer mit nem Megaphon rumwirbelt und auf Gott, die Welt, den Senat und die Medien schimpft...

Eine Demo, die die ganze Stadt lahmlegt, die aber nur von einem minimalen Prozentsatz der Taxifahrer genutzt/unterstützt wird ???

Jungs ! Auch wenn viele von Euch auf Lehramt studiert haben und auf Großdemos stehen: Die Zeiten von Startbahn West, Love not War und Kein Blut für Öl sind vorbei !
Demos auf dem Rücken der Bevölkerung sind für Eure Zwecke absolut kontraproduktiv. Besonders, wenn man eigentlich, die Bevölkerung auf seine Seiten bringen sollte/wollte.

Gruß Lexi,
der öfter mal geschäftlich ne Taxe braucht, um zum Zug oder zum Flughafen zu kommen - oder vom Kiez nach hause.
Der aber in Zukunft wann immer es geht, Bus und Bahn benutzen wird.

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Beitrag von shortie2004 » 02.10.2004, 12:44

moin , tja - im Prinzip alles richtig . Fürs Image , falls mann/frau da überhaupt noch von reden kann , voll daneben !
Verbandspolitik will halt gelernt sein - so jedenfalls nicht .

anbei nochn Auszug aus der Webseite des vorherigen 'posters'

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Mi. 19. Februar 2004
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da stand dann wohl auch n Harleyfahrer im Stau - aufm Weg zum ... :lol:

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Beitrag von E. G. Engel » 02.10.2004, 14:32

Taxendemo am 27.09.2004 in Hamburg.

Es ist ja ziemlich ruhig um dieses Thema. Da es aber nun mal ein öffentliches Ereignis war, sollte es meines Erachtens hier im Forum diskutiert werden.


Fakten:

Es gibt in Hamburg diverse Taxenverbände:

LHT (Landesverband Hamburger Taxenunternehmer),
LPVG (Landesverband Personen Verkehrs Gewerbe)
Taxen Union Hansa e.V. (Hansaverband)
MUV (Mehrwagenunternehmerverband)
HTV (Hamburger Taxenverband)
IHT (Interessengemeinschaft Hamburger Taxenunternehmer)

Bis auf die „Taxen Union Hansa“ haben alle genannten Verbände die Demo unterstützt (die „Taxen Union Hansa“ soll ihren Mitgliedern „dringend“ abgeraten haben an der Demo teilzunehmen)

In Hamburg gibt es z. Z. c. 3500 Taxen. Abzüglich der c. 650 „Union“-Taxen bleiben also c. 2850 Taxen (potentielle Demoteilnehmer) als noch verfügbar übrig. Von diesen 2850 Taxen nahmen nach glaubwürdigen Presseberichten c. 235 Taxen an der Demo teil.

Gemessen an der Tatsache, dass ein Teil der 235 Taxen per „ordre de Mufti“ (Mehrwagenunternehmertaxen) beordert wurden (?) ist die letztendlich erreichte Teilnehmerquote von c. 8% der verfügbaren potentiellen Masse gering.

Gemessen an der Tatsache dass alle (außer der „Union) relevanten Taxenverbände die Demo unterstützten, ist das Ergebnis verheerend. Verheerend deshalb, weil entweder die

- VERBÄNDE
oder/und das
- THEMA
oder/und die
- ORGANISATION/AUFBEREITUNG

nicht im Gewerbe verankert zu sein scheinen. Verheerend auch deshalb, weil wer die Muskeln spielen lässt (... ein heißer Herbst ...) auch welche haben muss oder er führt sich selbst als ad absurdum vor.


An dieser Stelle muss man sich noch einmal die Kernthemen der Demo vor Augen halten:

„Wir fordern ein unabhängiges und gerichtsfestes Gutachten und eine Tarifanpassung, die uns bei legaler Betriebsführung ein Überleben ermöglicht! Wir fordern den Senat auf, nicht länger Bundesrecht zu brechen, Schwarzarbeit zu fördern und Qualitätsverbesserung zu verhindern, sondern bei seinen Entscheidungen das Personenbeförderungsgesetz zu beachten.“

Im Kern ist dieses Thema reduziert auf:

- Gutachten für einen KONZESSIONSSTOP
- TARIFERHÖHUNG um 15% (anstelle von 3 – 4% zum 01.11.2004.

Wie wir in den Presseberichten gelesen haben, hat die Demo einen Riesenwirbel verursacht, weniger in der Sache als viel mehr verkehrstechnisch. Politisch und gewerbepolitisch ist diese Demo aber als gescheitert zu betrachten.

Funkzentralen, Handelskammer, BSU stellen sich vor den Bürger den es zu schützen gilt vor dieser >kleinen Minderheit von Taxenfahrern<.

Zitat:

„Stadtentwicklungssenator Michael Freytag: „Eine überzogene Preispolitik auf dem Rücken der Bürger wird es nicht geben.“

Die Grundfrage, die sich stellt, lautet:

Ist ein KONZESSIONSSTOP und eine TARIFERHÖHUNG um 15% das Thema mit dem (alle) Verbände (außer „Union“) die Gewerbeprobleme lösen wollen oder sind die Kollegen in ihrer Mehrzahl anderer Auffassung als die „vereinigten Gewerbevertreter“. Sind die „vereinigten Gewerbevertreter“ die Personen die Kompetenz und Vertrauen ins Gewerbe ausstrahlen?

Gemessen an den Problemen und dem Aktivierungsgrad (c. 8%) hat sich diese Frage von selbst beantwortet.

Gruß Eberhard

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Anschlussgebühren runter

Beitrag von Rolf » 02.10.2004, 16:05

Hallo Jörn, ich beziehe mich auf einen nicht mehr vorhandenen Beitrag (wegen der Störung Forum-Datenbank) von Dir .

Was ich jetzt auf Anhieb nicht ganz verstehe:

Offenbar sind in Hamburg neben anderen die Bestell-Vermittler (Funkzentralen) gegen eine Anhebung des Tarifes, während grosse Teile der Taxihaltenden und Taxilenkenden dafür sind?

Meistens ist das doch exakt anders herum; da sind es die Bestell-Vermittler mit ihren hohen Anschlussgebühren, welche auch an einem hohen Tarif interessiert sind.

Wenn in Hamburg am Tarif nichts verändert werden kann, dann bleibt als Alternative die Reduzierung der Anschlussgebühren der Bestell-Vermittler bis hin zum Angebot eines neuen, kostengünstigeren Vermittlers. GPS Lösungen wie von Taxikomm mit Direktverbindung der Kundschaft aufs Taxi über herkömmliche GSM-Handys zum Beispiel.

Wäre doch irgendwie logisch: Wenn die Bestell-Vermittler kostendeckende Tarife verhindern, müssen sie mit den Anschluss-Gebühren runter (als Beitrag zur Kostendeckung).

:)

E. G. Engel
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Beitrag von E. G. Engel » 03.10.2004, 05:31

@Rolf

Ich will mich nicht in Deine Diskussion mit Jörn mischen, darum nur kurz.
Deine schweizer Logik ist nicht verkehrt. Wir leben aber in Deutschland. Hier gehen die Uhren anderes. Normal ist hier nichts mehr. Das Absurde findet Gehör und Unterstützung, das normale und vernünftige gilt als pervertiert.

Ein Beispiel von unserer 2. (Ex)Bürgermeisterin Frau Christa Sager, jetzt Fraktionschefin der Grünen (im politischen Aufwind) im deutschen Bundestag. Frau Sager empfahl im Verkehrsausschuß der Hamburger Bürgerschaft vor c. 2 Jahren die Taxifahrer sprachlich fortzubilden (Englisch, Französisch) um die Qualität zu steigern. Sie übersah dabei, dass das größere Problem darin besteht dass viele nicht ausreichend deutsch können (wollen).

Gruß Eberhard

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Deutschkenntnisse

Beitrag von Rolf » 03.10.2004, 06:19

@Eberhard

Auf Druck der Kundschaft wurde bei uns nun eingeführt:

Taxiausweisbewerbende mit nichtdeutscher Muttersprache müssen bei der Anmeldung für die Fachprüfung beibringen:

• Zertifikat B1-Niveau “gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen“

oder

• Genügende Zeugnisnoten in Deutsch (Note 4 oder höher) von mindestens drei Schuljahren in einer deutschsprachigen Schule


Wichtig ist, dass die Kundschaft mit ihren Beschwerden an die zuständige Aufsichtsbehörde verwiesen wird, da die üblichen Reklamationen bei den Bestell-Zentralen keine Konsequenzen zeigten.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass die Uhren in Deutschland anders gehen, wie Du das nennst. Da wir aber hier in der Schweiz im Taxigewerbe die gleichen Probleme haben, halte ich den Gedankenaustausch über die (noch existierende) Grenze hinweg für sinnvoll.

:)

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Beitrag von E. G. Engel » 03.10.2004, 15:05

@ Rolf

Allein die Existenz

Zitat:

• Zertifikat B1-Niveau “gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen“

oder

• Genügende Zeugnisnoten in Deutsch (Note 4 oder höher) von mindestens drei Schuljahren in einer deutschsprachigen Schule“

dieser Regelung sagt schon etwas über gemeinsame Probleme aus. Sicher kann dazu viel gesagt werden, aber von der Thematik gehört dies nicht in diesen Thread sondern sollte eine eigene Diskussion sein. Ich wollte mit dem Beispiel „Frau Sager“ nur die Weltfremdheit und Absurdität deutschen Denkens aufzeigen das sich auf eine andere Weise auch bei den Spielern im Taxengewerbe zeigt.

Gruß Eberhard

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Beitrag von Wikinger » 03.10.2004, 17:26

Zertifikat B1- Niveau...

Sach dat man nich so laut... Denk an die letzten Wahlen.

Zu guten Zeiten ist Frau Sager mit dem Fahrrad gefahren, heute gibt es die Fahrbereitschaft. Also sind Taxen überflüssig, zumindest von ihr nicht genutzt, also ist es auch egal, ob "Nichtdeutschsprachige" Taxi fahren. Sowieso nur Müll, der Taxi fährt... (Hüstel, hüstel) Was, Herr Fischer war auch mal Taxifahrer??? Egal, auch Müll, sowieso nur noch ein Normalo...

Also nutzt das Gejammer hier eh nix, weils keinen interessiert. Dem Bürger ist doch egal, ob der Fahrer Kohle macht oder nicht, am liebsten fährt er billig. Natürlich sollte es ein Top- Fahrer sein, mit Top- Gehalt, aber doch nicht auf seine Kosten. Der Bürger hat ein vollkommen falsches Bild über diese Branche und ihre Probleme, wie auch. Schwarzarbeiter seit Jahr und Tag, fahren alle neue Daimler, die sich eigentlich keiner mehr leisten kann, der Neid ist gross. Fährt einer viel, um sein Level einigermassen zu halten, sieht das keiner, nur den Daimler vor der Tür...

Die ganze Branche samt Vorstand im BZP geht die Probleme seit Jahr und Tag falsch an, und wundert sich, dass die Bevölkerung sauer auf die Sozialschmarotzer ist.

Der WIKINGER

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Beitrag von jr » 03.10.2004, 18:37

Sehr schön!

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Beitrag von E. G. Engel » 03.10.2004, 19:27

@Rolf

Im Prinzip vertrittst Du mit Deiner Ansicht die These „Eine Kuh die ich melken will muss ich füttern“. Deine Schlussfolgerungen beziehen sich auf normale Marktbedingungen innerhalb volkswirtschaftlicher Logik. Wie ich schon an anderer Stelle diskutiert habe sind die Strukturen im Hamburger Taxengewerbe zerstört. Dies betrifft auch das Verhältnis Vermittlung – Teilnehmer.

These: Märkte (Anbieter und Nachfrager) funktionieren nur im freien Wettbewerb insofern die Spielregeln für alle gleich sind, u. a. freier Zugang gewährleistet ist.

Warum im Verhältnis Taxenvermittlung – Teilnehmer in Hamburg der Markt nicht funktioniert bedarf es einer umfassenderen Betrachtung.

Behauptung: Der Markt für Taxenvermittlung in Hamburg ist monopolistisch strukturiert, genauer gesagt liegt ein Oligopol vor das aber monopolistisch funktioniert.

D. h., ich kann die Kuh melken ohne sie zu füttern. Die Hoffnung auf Futter lässt die Kuh (magere) Milch produzieren. Ob das klug ist, ist eine andere Frage. Aber sozialphilosophisch ist bekannt das die Hoffnung zuletzt stirbt.

Nun wird es viele geben die nicht ganz zu Unrecht sagen, es gibt kein Vermittlungsmonopol in Hamburg. Der Engel spinnt!

Aber schauen wir uns das Ganze genauer an.

Funkvermittlungen in Hamburg:

- Autoruf (350 Teilnehmer (?))
- Taxi Hamburg (850 Teilnehmer (?))
- Hansa Taxi (650 Teilnehmer)
- Das Taxi (120 Teilnehmer (?))
- Alstertaxi (40 Teilnehmer (?))

- Harburger Taxi
- Bergedorfer Taxi
- Blankenesener Taxi

Die Vielfalt lässt auf einen funktionierenden Markt schließen (kein Monopol, kein Oligopol). Um zum Kern der Sache zu kommen wenden wir hier die Negativselektion an und schauen was von dieser Vielfalt übrig bleibt.

Harburg, Blankenese und Bergedorf (jeweils 40 – 70(?) Taxen) sind zwar periphere Stadtteile von Hamburg, aber geographisch eher wie autarke Randgemeinden zu betrachten. Die Taxen dort bedienen fast ausschließlich ihren lokalen Kern und spielen bei der Gesamtbetrachtung für den Vermittlungswettbewerb in Hamburg keine Rolle. Interessant ist dass sich die Funktionsträger von einem der Verbände (LPVG – Landesverband Personen Verkehrsgewerbe) fast ausschließlich aus dem Bereich Harburg – Blankenese rekrutieren, aber gewerbepolitisch für den gesamten Hamburger Raum sprechen wollen. Also, Harburg, Blankenese und Bergedorf fallen faktisch aus dem Vermittlerwettbewerb für den raum Hamburg heraus.

Eine geographische Zwittersituation nimmt der Alstertaler Funk ein. Er bedient ein Gebiet innen an der Peripherie und tritt auch fast ausschließlich dort auf. Da wo in Hamburg die Musik spielt, spielt dieser Funk keine Rolle.

Das Taxi. Dieser Funk (Genossenschaft) hat seit seinem Bestehen permanente Überlebensschwierigkeiten. Nach hören sagen müssen i. d. R. die Genossen nach jeder Wirtschaftsprüfung den 13. und manchmal 14. Monatsbeitrag nachschießen. Dieser Funk war einmal alternativ und „weltsozial“ ausgerichtet (z. B. Soli-Schichten für Chile). Mittlerweile hängen die Trauben höher und die Soli-Schichten fallen aus. Aber im allgemeinen lässt sich sagen dass dieser Funk schwerpunktmäßig immer noch die alternative Szene, somit eine eng umrissene marginale Szene bedient mit einem Faible für eine soziale Klientel (in der Zentrale soll ein Brett mit jeder Menge Wohnungsschlüsseln von Kunden/innen hängen).

Bleiben jetzt noch Autoruf, Taxi Hamburg und Hansa Taxi übrig die zusammen großräumig den Hamburger Taxenmarkt (80 - 90%?) bedienen.

Autoruf und Taxi Hamburg sind obwohl nach außen zwei getrennte Vermittlungen mittlerweile in einer Eigentümerhand.

Somit ist deutlich dass faktisch ein Oligopol (bei zwei Anbietern eher ein Monopol) vorliegt und der vielfältige Wettbewerb der Vermittlungsgesellschaften nur theoretisch stattfindet.
Markttechnisch ist der Wettbewerb mehr oder weniger ausgehebelt.



Nun können wir zu Deiner Ausgangsfrage kommen:

Zitat:

„... da sind es die Bestell-Vermittler mit ihren hohen Anschlussgebühren, welche auch an einem hohen Tarif interessiert sind.“

bzw. warum es in Hamburg anders ist.

Der Hansa Funk ist eine Genossenschaft. Die Mitglieder entscheiden mehr oder weniger frei wie viele Fahrzeuge bei der Genossenschaft angeschlossen sind. Im Prinzip wird dort mehr oder weniger das „Closed Shop“ – Modell praktiziert. Der eigentliche Umsatz wird weniger über den Tarif als mehr über die Auslastung hergestellt.

Allgemeine Formel: Touren x Tarif / Taxen = Umsatz

Wenn ich also am Faktor Tourenaufkommen sowie am Divisor Taxen drehen kann erreiche ich auch bei konstantem Tarif ein Umsatzziel. Insofern macht es Sinn, wenn der Hansa Funk die angebotenen c. 4% „hinnimmt“ und mehr ablehnt (macht sich marketingtechnisch auch gut). Bleibt noch übrig zu sagen dass der Hansafunk eine gute Relation Touren/Taxen aufweist und somit der Umsatz mehr oder weniger als gut im Rahmen Hamburger Parameter bezeichnet werden kann.

Autoruf/Taxi Hamburg. Beide (das) Unternehmen bewegen sich in einem Restmarkt. Dieser Markt ist gekennzeichnet (Graupen sowie Funkteilnehmer) durch eine schlechte Touren/Taxen-Relation und somit nicht ausreichende Umsätze. Die Motivation in diesem verbleibenden Markt an der einzigen noch maßgeblichen Funkvermittlung teilzunehmen ist im großen und ganzen nichts anderes als das „Prinzip Hoffnung“. Damit liegt weniger ein markttechnisches Argument vor als ein „ausbeutertechnisches Argument“ das typisch für monopolistische Märkte ist. Für Autoruf/Taxi Hamburg macht es unter diesem Aspekt wirtschaftlich sogar Sinn eine Tarifsenkung zu fordern um auch noch weitere Teile des „Graupenmarktes“ in das „Prinzip Hoffnung“ zu treiben und damit die potentielle Teilnehmerzahl zu erhöhen, also auch die eigene Gewinnmarge und das ohne Tariferhöhung. Im übrigen profitiert auch „das Taxi“ derzeit von diesem Effekt. „Das Taxi“ hat in der letzten Zeit einige Teilnehmer „Prinzip Hoffnung“ ködern können. Insofern macht auch die Forderung nach einer massiven Tarifsenkung (20%) Sinn. Sarkastisch könnte man sagen, „das Taxi“ hat aufgrund seiner eigenen Historie (Soli-Schichten) reichlich Erfahrung mit Mangelmärkten und hat gut gelernt.

Ich könnte noch einige Seiten schreiben aber es soll erst einmal gut sein.

Gruß Eberhard

Jörn

Beitrag von Jörn » 04.10.2004, 16:47

Du, lieber Engel, vergißt in deiner bemerkenswert mathematisch-korrekten Rechnung Touren x Tarif / Taxen = Umsatz die Tatsache, daß der Tarif ja in diesem Falle nicht das Entscheidende ist, sondern die Summe des Geldes, die man im Schnitt für eine Tour erhält, und DIE hat nur sehr bedingt mit dem Tarif zu tun!
Es gilt: Je kleiner der Tourendurchschnitt, umso geringer der Umsatz!
Eine Rechnung, die selbst ein Sonderschüler ohne weiteres versteht!

Es ist also weniger wichtig, ob ich in einer Schicht 20 Touren fahre oder nur 15, sondern nur, wieviel ich im Schnitt eingenommen habe!

Noch vor 10 Jahren waren etwa 11 - 12 Euro der Schnitt einer Tour mit einer 'normalen' Taxe und etwa 16 - 18 Euro mit einem Großraum!

Heute hat sich diese Angelegenheit HALBIERT! Und das gilt auch für deinen so hochgehaltenen Hansa-Funk!

Also bringen mehr Touren als früher noch lange nicht den Erhalt der Einnahmen, vor allem nicht der in NETTO, denn die dramatisch gestiegenen Kosten stehen dem simpel entgegen!

Wenn man dann noch feststellt, daß der bedauernswerte Genosse beim Hansa dazu noch jede Menge Fremdkosten an seine 'Genossenschaft' abdrücken muß, so relativiert sich deine Rechnung noch weiter!

Für einen Neuunternehmer (aber auch für die alten) lohnt es sich schon lange nicht mehr, bei deiner Zentrale Genosse zu werden.
Deshalb steigt der Anteil von Türken bei euch, sei es als Fahrer oder Unternehmer so stark (jedenfalls, wenn man sich die Optik der Kutscher ansieht), da nur noch diese aus ihren Familienverbänden heraus diese Gelder aufbringen können!

Und selbst, wenn die Gelder für eure merkwürdigen Immobilien irgendwann mal zurückgezahlt werden sollen (?), so müssen diese Summen doch erst einmal aufgebracht werden!
Und dann auch wieder reingebracht werden!
Und das dauert auch beim Hansa verdammt lange!

Wenn man dann noch angestellte Fahrer hat, die auch wirklich reell angemeldet werden, so lohnt es sich erst recht nicht, bei euch zu fahren!
Von den 'Freiheiten' die man dort so hat als 'freiwillige' Claqueure der Vorstandspolitik wollen wir hier gar nicht erst reden!

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