Tarifgeschichte Hamburg mit Tucholsky

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jr
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Beitrag von jr » 12.11.2012, 23:20

Aber holla - natürlich sind Politik und Behörde(n) beim Thema "Menge der Konzessionen" in der Verantwortung.
Ich habe nichts zur Menge der Konzessionen geschrieben. Auslastung als etwas Passives wahrgenommen, kann ich deinen Satz allerdings nachvollziehen. Der Tarif ist jedoch nur ein Werkzeug, verpflichtend bereitgestellt von den zuständigen Behörden, damit jemand, der sich um angemessene Auslastung bemüht, von diesem Job leben kann. Die Behörde ist nicht in der Pflicht, auch für den zu sorgen, der sich darauf verläßt, daß die Fahrgäste schon von allein ins Taxi fallen.

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Anna Chronismus
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Beitrag von Anna Chronismus » 13.11.2012, 22:08

jr hat geschrieben:Der Tarif ist jedoch nur ein Werkzeug, verpflichtend bereitgestellt von den zuständigen Behörden, damit jemand, der sich um angemessene Auslastung bemüht, von diesem Job leben kann.
Bei den vielerorts, auch in Hamburg üblichen Überkapazitäten an Taxen, bezogen auf die derzeitige Menge an Geschäft, dürfte es für viele zumindest kurz- und mittelfristig kaum schaffbar sein, aus eigener Kraft eine gute Auslastung zu erreichen. Nicht jeder hat die Millionen so im Überfluss wie jener russische Inverstor, der mit längerem Atem eine Flotte an Luxus-Taxen (Phaeton und S-Klassen) auf die Straße stellt und bei einer in Hamburg nicht raren Zielgruppe von Neureichen und ihrem Nachwuchs seine Dienste mit offensichtlich ansteigender Erfolgsquote anbietet. Ansonsten ist der Kuchen erst einmal aufgeteilt, und einzelne Nischenanbieter sind kein Beweis dafür, dass in diesem Markt jeder seines Glückes Schmied ist.
jr hat geschrieben:Die Behörde ist nicht in der Pflicht, auch für den zu sorgen, der sich darauf verläßt, daß die Fahrgäste schon von allein ins Taxi fallen.
Aber die Taxipolitik hat schon abzuheben auf das Durchschnittstaxi und nicht, wie bei uns in den letzten Jahren geschehen, sich nur orientieren darf an Spitzenumsätzen und Peakwerten. Im Umkehrschluss heisst das natürlich, dass das eine oder andere unterdurchschnittliche Taxi (ich denke da insbesondere an so manchen Vielwagenunternehmer, der zwar eine eigene Werkstatt betreibt, aber keine eigene Touren-Akquise) tatsächlich überflüssig ist, zumal dort schon jetzt durch die lt. jahrelang erhobener Gutachterzahlen die schlechtesten Umsätze und damit auch die miesesten Löhne bezahlt wurden und werden. Kurzum: In Verbindung mit einer ordentlichen Tariferhöhung wäre eine Wagenreduzierung um mindestens 10% (bei Beachtung von Arbeitszeitgesetzen ergäbe das eine Senkung der tatsächlichen gleichzeitigen Präsenz von mindestens 15%) der richtige Schritt in Richung "Auskömmlichkeit" der dann verbleibenden Taxen.

Der nächste Schritt müsste dann eine zunehmende Verzahnung mit den anderen Elementen des "neuen Mobilitätsmixes" sein - mit der Neugestaltung des Bahnhofes "Berliner Tor" soll hier eine solche Verzahnung getestet werden. Mehr noch verspreche ich mir von einem verdichteten Netz an kleineren Taxiposten: 3 x 3 Plätze statt 1 x 9, näher ran an das Publikum, kürzere Anfahrten, mehr Postenanläufer. Kurzum: Eine bessere Präsenz der Dienstleistung Taxi zumindest in den verdichteren Wohngebieten, die heute schon überquellen und ersticken an privaten PKWs und in denen die wachsende Gruppe jener urbanen Schichten wohnen, die in zunehmendem Maß auf ein eigenes Auto verzichten. Menschen, die mal U- und S-Bahn fahren, mal Carsharing-Wagen wie die von Car2Go nutzen oder ein (Leih-) Fahrrad - und die in Ermangelung eines eigenen Wagens mal weniger, mal mehr auch ein Taxi nutzen. Auf jeden Fall mehr als zu Zeiten, als sie noch einen eigenen PKW hatten.

Hier entstehen sicherlich Wachstumsmöglichkeiten - der eine oder andere mag das früher erkennen als andere und daraus einen Wettbewerbsvorteil für sich schaffen. Insgesamt aber ist die Stärke eines einheitlichen Taxengewerbes mit einem standardisiertem Preis die Austauschbarkeit des einzelnen Wagens - zumindest der Kluge stellt sich an einen der nächsten nicht bedienten Taxenposten, statt quer durch die Stadt zu seinem Stammposten leer zurück zu fahren. Mit niedrigschwelligen und niedrigpreisigen Vermittlungsangeboten, wie sie in Hamburg derzeit nur myTaxi anbietet (aber das muss ja nicht auf ewig so singulär bleiben), kann ein im modernen Mobilitätsmix angekommenes Taxi in einer insgesamt reduzierten Taxenflotte bei dann angemesseneren Fahrpreisen mit Sicherheit auch dann auskömmlich wirtschaften, wenn es sich "nur" um ein Durchschnittstaxi handelt. Mindestanforderungen in Hamburg könnten das (von den alleinfahrenden Unternehmern abgesehen, solange die noch legal 60 Stunden und mehr fahren dürfen) Taxen mit mind. 70.000 bis 80.000 Kilometern bei einem Kilometerschnitt ab € 1,- und mindestens zwei Vollzeitfahrern (oder stundenentsprechend mit anteilig Teilzeit- und Aushilfsfahrern) sein.
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Otis Redding - Hard To Handle
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IK
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Beitrag von IK » 13.11.2012, 23:18

Mir wird schwindelich.

Ich muss gerade an Frankreich denken.
Klickste HIER :?

Archy
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Beitrag von Archy » 14.11.2012, 00:20

Anna,
http://de.wikipedia.org/wiki/Taxigewerbe_in_Berlin
wieso gibt es dann in M und S effektiv höhere Tarife als in HH?
Fahren durch Oktoberfest bzw. Was`n mehr, während ich beim Hafengeburtstag Umsatz einbüße.
Wir sind jetzt jahrelang in Vorleistung gegangen, aber wo ist die höhere Auslastung?
Wenn ich besetzt im Stau stehe und wenig Geld stehe?
so oder so , die Ampel wird Rot

roter stern
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Beitrag von roter stern » 14.11.2012, 01:08

an Arne
Die Bestellgebühr wurde meines Wissens mit dem Tarif 2000 abgeschaft.
Die kostenlose Bezahlung mit EC Karten wurde nie eingepreist.
Die Kosten für die Geräte, die Gebühren und die verspätete Auszahlung
und der erhöhte Abrechnungsaufwand wurde nie eingepreist.
Die Karenzminute ( zuerst 3 ) wurde mit dem 2000ér Tarif eingeführt.
Führte zu einer massiven Verbilligung speziell der Kurztouren.
Wann wurde eigentlich die Anfahrt zur Kundenadresse abgeschafft ?
Versteht mich nicht falsch.
Ich möchte nicht alles - und auch garnicht alles auf einmal wiederhaben.
Aber Handlungsbedarf seitens der Tarif - und Konzessionsbehörde besteht schon.
Ihre einzige Daseinsberechtigung ist es, für eine für den Kunden
möglichst sichere öffentliche Personenbeförderung zu sorgen.
Deshalb hat sie die Tarif und Konzessionshoheit.
Es gibt keinen anderen Grund.
Und Tarife ( und ungebremste Konzenausgabe) die den Lebenshaltungskosten, den allgemeinen KFZ Kosten
über Jahre hinterher hinken führen zwansläufig zu überlangen Arbeitszeiten beim Fahrpersonal.
bis danne
roter stern

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