Mir persönlich ist es lieber wenn man über Preise redet als über den Tarif. Der Tarif ist nichts anderes als ein künstlich festgelegtes Messinstrument um im Ergebnis zu einem Preis für eine Leistung/Ware zu kommen, ähnlich wie eine Waage im Supermarkt.
Die zuständigen Behörden haben mit der Festlegung eines Tarifes genau genommen die Aufgabe einen Preis für eine (Dienst)Leistung festzulegen. Da wir in einer Marktwirtschaft leben und nicht in einer Planwirtschaft sind dabei logischerweise betriebs- und volkswirtschaftliche anerkannte Regeln anzuwenden. Die Behörde stellt quasi einen institutionalisierten Markt(regulierer) dar. Dementsprechend muss sie versuchen die Nachfrage zu erfassen, ganz wichtig, die Nachfrage zu bestimmten Preisen, daraus den (politisch) gewünschten Preis herauszufiltern und über den Tarif festzulegen und letztendlich das Angebot mengenmäßig steuern.
Das mengenmäßig passende Angebot ergibt sich aus Preis und Nachfrage zu diesem Preis und ist in einer Volkswirtschaft abhängig von den Kosten des Angebotes wie:
fixe Kosten, variable Kosten, Personalkosten und als Gewinn zumindest eine schwarze Null.
Und hier kommen wir zum Kernproblem unseres Taxengewerbes. Der größte einzelne Kostenblock sind die Personalkosten. Wenn dieser Kostenblock subventioniert wird ergibt sich daraus eine ganz andere Zusammensetzung von Angebot <-> Preis <-> Nachfrage. Ist die Subvention gesteuert und kommt JEDEM Marktteilnehmer der Angebotsseite gleichmäßig zu Gute könnte der Markt funktionieren (Siehe auch Beitrag : Engel, „Die ultimative Idee“, Taxiforum Hamburg). Ist es aber so wie derzeit (36% der Unternehmen erklären unplausible Betriebsdaten) ist jede Tarifdiskussion einfach nur lächerlich, seitens des Gewerbes und seitens der zuständigen Behörde. Erst recht wenn diese 36% nur die nicht leugbare Spitze des „Eisberges“ ist.
Um den Sachverhalt noch einmal zu verdeutlichen. Wenn ein Großteil der Taxen (fast alle, auch der Edelfunk) sich Subventionen in der Größenordnung von c. 500 – 2000 Euro (und mehr) pro Monat und Taxe illegal erschleichen um das Angebot in den Markt zu drücken, erübrigt sich jede Tarifdiskussion auf der Basis von Kosten, erst recht wenn dann noch „x,47%“ herauskommen. Es ist einfach lächerlich. Wenn dann das illegale Angebot in der Menge zu groß ist stellt sich jeder Tarif in Frage. Kann der Tarif aufgrund der illegalen Eigensubventionierung (mit öffentlicher Duldung) niedriger sein als es die echten Kosten ermöglichen würde ist die Nachfrage ebenso unecht, sprich sozialisiert.
Ich halte einmal fest:
Die ganze Tarifdiskussion, ob sie von der Taxenbehörde oder aus dem Gewerbe geführt wird, ist nichts anderes als des „Kaisers neue Kleider“, einfach nur lächerlich.
Nichtsdestotrotz muss das Ganze ja weiter gehen, irgend etwas muss ja auf dem Taxameter stehen. Im folgenden werde ich erst einmal auf verschiedene Bemerkungen zur Karenzminute eingehen.
@ jr
Da sind wir schon bei einem Problem. Die Gegner der Karenzminute argumentieren in der Regel mit dem Kunden der den Vorteil aus der derzeitigen Karenzregelung hat. Gerne wird nicht wahrgenommen das andere Kunden dies bezahlen sollen. Das Ungleichgewicht zwischen erbrachter Leistung (Zeitaufwand) betrifft nämlich nicht nur den Taxifahrer, sondern auch den Kunden. Als Taxifahrer habe ich die Beförderungspflicht, aber der Kunde (Land-, Ausfallstrasse, Autobahn) der den anderen Kunden (Stau, Kurzstrecke) finanzieren soll hat keine Taxenbenutzungsverpflichtung, wenn es ihm zu teuer wird bleibt er weg. Nicht umsonst stehen am Flughafen jeden Tag Taxen aus SE, WL, OD, LG usw..Wenn darunter die Zeit verstanden wird, die der Kunde tatsächlich als Dienstleistung wahrnimmt (ähnlich wie in der Rechnung eines Elektrikers etc.), liegen alle Tarife über diesem Wert, bei langen Strecken zum Teil sogar erheblich ... Dafür sollte man im Gegenzug aber auch an die 100 € oder mehr denken, die auf einer freien Landstraße oder Autobahn fällig werden oder die 50 € für die Kurztour außerhalb der Stauräume. Daß wir bei diesen Zahlen ein Wahrnehmungsproblem haben ... .
Diese Argumentation ist oberflächlich. Ob es in einem Dorf mit drei Ampeln und einer Umgehungsstrasse es eine Karenzminute gibt ist nicht erheblich. Also, kein Argument. Im Übrigen, die Masse an Dummheit (10%) steigert zwar den Unterhaltungswert aber nicht die Aussagekraft. Gehen wir darüber hinaus davon aus dass auch in diesen Tarifgebieten die Wirtschaftlichkeit ebenso wie in Hamburg nicht über den Tarif sondern über Steuer- und Abgabenhinterziehung bis hin zur Erschleichung von Sozialleistungen hergestellt wird ist die Aussagekraft der 10% gleich null.Karenzregelungen gibt es im übrigen nicht nur in Berlin und Hamburg. Die 7,50/23-€-Regelung gibt es in etwa 10 % aller Tarifgebiete.
Kernaussage (gilt auch für Hamburg):
Erreiche ich die Wirtschaftlichkeit nicht über Angebotsmenge und Tarif, erhöhe ich den Umfang oben angesprochener Vergehen.
@ yellow
Klar, der Kunde möchte immer irgend etwas. Es soll sogar Kunden geben, die hätten das Taxi gerne umsonst.Der Kunde will, wenn er ein Taxi besteigt, eine Strecke bewältigen und nicht seine Zeit verbringen. Da unterscheidet er sich in keiner Weise vom Bahn- oder Flugreisenden.
Aber Scherz beiseite. Die Bahn oder auch die Lufthanza verlangen erst einmal die von Ihnen selbst festgelegten Preise. Die Preise basieren auf Kosten, ECHTEN KOSTEN, und einem zu erstrebenden Gewinn. Wie die Bahn/Lufthanza dann bei -zig Millionen Gästen ihren Betrieb führen ist ihre Sache. Beide haben aber keine Beförderungspflicht wie wir und keiner schreibt ihnen die Preise vor. Natürlich pflegen beide ihre unproduktiven, außerplanmäßigen Abläufen (Rollfeld) in den Preis ein, was aber nichts aussagt über die Relation der unproduktiven Abläufe im Verhältnis zu den produktiven, aber ich denke sie werden verschwindend gering sein und verteilen sich zusätzlich auf –zig Millionen Gäste.
Mehr entscheidend aber ist, es handelt sich um EIN Unternehmen bei dem alle Kosten und Umsätze zusammenlaufen, also um eine ganz andere Kalkulationsbasis wie bei uns. Wenn wir in Hamburg ein Taxenunternehmen hätten mit 3650 Taxen, das seine Fahrer im Stundenlohn bezahlt und seine Preise und DAS MENGENMÄßIGE Angebot selbst bestimmt und am erzielbaren Umsatz ausrichtet, dann dürftest Du den Vergleich mit Bahn/Lufthanza gerne bringen, so aber nicht. Du vergleichst hier Äpfel mit Birnen und Du weißt das auch.
Du sagst es. Aber, wie jr., verschweigst Du das die Mischkalkulation nicht nur die Erbringer der Leistung betreffen sondern ebenso den Kunden. Wie erklärst Du einem Kunden der vom Flughafen nach Harburg fährt den Preis von c. 45 Euro? Mit der Mischkalkulation? Versuchst Du im Verständnis dafür abzugewinnen dass er eingearbeitete Zeit bezahlt die ER NICHT VERBRAUCHT damit ein anderer Kunde für 4,20 Euro im Stau sich und seine Koffer zum HBF befördert? Der 4,20 Euro Kunde sagt „Danke“ und der 45.- Euro Kunde ebenso, wobei die Intention natürlich eine ganz andere ist.Die Arbeitszeit des Taxifahrers muss natürlich in Form einer Mischkalkulation in diesen Wegstreckenpreis einfließen.
Ja, ja. Der Kunde. Gehen wir doch einmal davon aus dass der Kunde nicht doof ist. Warum denken wir Taxenfahrer eigentlich immer alle sind doof, nur wir nicht. Der Kunde entscheidet immer, zu welchem Zeitpunkt er fahren will und wohin. Es ist die ENTSCHEIDUNG DES KUNDEN. Der Kunde bekommt auch schnell mit, dass er heute bei einem Stau mehr bezahlt, aber ebenso auch wenn er morgen ohne Stau weniger zahlt. Lass doch den Kunden die Mischkalkulation machen. Er entscheidet dann anhand seiner Präferenzen. Und, um noch einmal Dein Beispiel „Lufthanza“ aufzugreifen. Wenn der Kunde sich entscheidet seine Termindisposition an den Preisen der Lufthanza auszurichten, dann zahlt er weniger, fliegt er wenn alle fliegen wollen, dann zahlt er deutlich mehr. Der Lufthanza würde es im Traum nicht einfallen dem Kunden die Entscheidung anzunehmen und ihn zur verkehrsstarken Zeit zum Discountpreis zu fliegen.... als ihn plötzlich wieder für "das herumstehen in Staus" zur Kasse zu bitten.
Was aber ganz wichtig ist. Die Lufthanza steuert mit ihren unterschiedlichen Preisen zu unterschiedlichen Zeiten teilweise ihr Fluggastaufkommen, bzw. versucht ihre Auslastung zu verschiedenen Zeiten auszutarieren. Dadurch kann die Lufthanza kalkulatorisch ihr Material besser nutzen und das kommt im Endeffekt entweder dem Gewinn oder durch den Wettbewerb dem Kunden als Preis zu Gute, und zwar allen Kunden. PREISEN KOMMEN IN DER VOLKSWIRTSCHAFT IMMER AUCH EINE STEUERUNGSFUNKTION ZU. Wenn wir im Taxengewerbe dieses Steuerungselement aus der Hand geben in dem das Taxi zu allen Zeiten UND UNTER ALLEN BEDINGUNGEN immer das gleiche kostet, dann verschärfen wir selbst die Auslastungsspanne zwischen aufkommensstarken und aufkommensschwachen Zeiten.
Aber was sollen diese ganzen Argumentationen. Bei uns spielt das alles sowieso keine Rolle. Deckt der Preis nicht das Angebot, dann wird eben beschissen, auf Teufel komm raus. Wird der Preis noch unwirtschaftlicher, wird eben noch mehr beschissen. Geht auch das nicht mehr, fahren HARTZ IV – Empfänger Taxi. So geht es auch. Aber komm mir nicht einer mit Tarifdiskussionen und Pseudoargumenten.
@ pl
Einer dem ich 99,9% zustimmen kann. Danke, pl.Mal ernsthaft:
Wenn wir weniger Taxen haben, dann können wir auch höhere Tarife durchsetzen.
Wenn wir beim jetzigen Überangebot die Tarife erhöhen, verzögern wir dessen Abbau und provozieren unerlaubte Festpreisvereinbarungen unter Tarif. KLARTEXT hat uns darüber zur Genüge berichtet.
Deshalb halte ich es für angebracht, uns voll auf den Kapazizätsabbau zu konzentrieren, statt uns in Scharmützeln an unsinnigen Fronten zu verschleißen, deren erwünschte Früchte wir bei Erfolg in der Hauptsache fast umsonst bekommen können.
Wie kann es dann erst einmal weitergehen?
Eine kurzfristige Lösung ist nicht denkbar. Solange wir kein ECHTES ANGEBOT haben kann es nur um Schadensbegrenzung gehen.
Darum hier einmal kurz die derzeitige Situation in Hamburg. Vor einigen Wochen gab die Behörde eine Kostentabelle anhand deren sie zukünftig die Konzessionsberechtigung gewichten will an die Verbände heraus. Neben allerlei Pipifax, an denen sich LHT und HTV hochziehen, geht es vor allem um Personalkosten und daraus resultierende Einsatzzeiten.
Mit dieser Kostentabelle erklärte die Behörde in einem Zusatzschreiben aber auch (sinngemäß):
Akzeptieren sie diese Kosten und arbeiten sie an der Entwicklung der Tabelle mit, dann können wir über den Tarif reden. Akzeptieren sie diese Kosten nicht, sehen wir keine Veranlassung zu wesentlichen Tariferhöhungen.
Was passiert? Unsere Superverbände für das freie Gewerbe (außerhalb des Hanzafunks), LHT und HTV, vertreten durch Frau Taraske und Herrn Berndt, laufen Sturm gegen diese Tabelle und erklären sinngemäß das es diese Kosten so nicht gibt und erklären das nebensächliche (Garage etc.) zur Hauptsache.
Einige Wochen später gehen sie hin und verlangen deftige Tariferhöhungen um die 20% (und mehr?) mit dem Argument gestiegener Kosten bei gleichzeitiger Verweigerung an dem Abbau illegaler Strukturen im Gewerbe mitzuarbeiten.
Irgendwie kommt mir das Ganze ziemlich irre vor. Ich kann, will aber im Moment nicht weiter darauf eingehen.
Um diesen Beitrag auch etwas konstruktiv abzuschließen:
Mein Vorschlag (Struktur) zur derzeitigen Situation (Schadensbegrenzung):
1. Unterstützung der Behörde beim Abbau der illegalen Strukturen (Steigerung der Auslastung)
2. relativ massive Erhöhung im Kurztourenbereich (Einschaltgebühr 3.- Euro, die ersten 3 km plus 20 Cent/km, im Gegenzug Absenkung im Bereich über 10 km)
Engel