Fahrerentlohnung im Taxigewerbe

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IK
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Beitrag von IK » 17.11.2013, 13:07

@ +-0
plusminus0 hat geschrieben:@IK: Einen Mindestlohn wird es in einem Taxigewerbe der Art, wie es in Hamburg existiert, sowieso nicht geben. Dazu müsste man die Arbeitszeiten sicher erfassen können. Das tolle Fiskaltaxameter kann das nicht. Die Graupen können weiterhin machen was sie wollen und die Funktaxen müssen sich eben mal ne zeitlang abmelden, während sie am Posten "Pause" machen. Die ganz doofen lassen sich am Flughafen erwischen.
Diese Darstellung teile ich zu 100 %. Ich durfte vor kurzem erfahren, wie man den Mindestlohn in der Reinigungsbranche effektiv umgehet. Das Spiel geht so:

Reinigungsunternehmer und sein Kunde vereinbaren einen Reinigungsauftrag. Es werden 8 Stunden täglich vereinbart. Den Kunden interessiert der Branchenmindestlohn nicht. Er möchte bezahlen wie bisher. Was macht der Reinigungsunternehmer? Ganz einfach:

Er vereinbart mit seinen Angestellten, dass dieser Reinigungsauftrag in 6 Stunden zu erledigen ist. Die Angestellten Reinigungskräfte stehen jetzt vor der Wahl, zu kündigen oder beim Reinigen Turbo einzuschalten. Und was tun Sie? Sie schalten Turbo ein! Was denn sonst? Sicherlich ist es so, dass die Mitarbeiter nach wie vor diesen Reinigungsauftrag in 8 Stunden erledigen dürfen. Die zwei zusätzlichen Stunden bekommen sie aber nicht bezahlt.

Auch an diesem Punkt kann man leicht erkennen, dass die künstlichen roten Linien nicht das halten, was sie versprechen.

Wattwurm
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Beitrag von Wattwurm » 17.11.2013, 13:11

RA Sokolovic hat doch gesagt, es gibt kein Problem mit der Umsatzentlohnung. Ihr bekommt ein Grundgehalt von 1 Euro und der Rest ist Umsatzbeteiligung! Alles Prima! Und für den Mindestlohn wird man sich auch noch eine Schmutzigkeit einfallen lassen! Alles bleibt so wie es ist, alles wunderbar....

Suche den Mindestlohn: http://youtu.be/v33OJYbwy2c

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IK
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Beitrag von IK » 17.11.2013, 13:44

@ pauline

Eins vorweg: Keiner meiner Fahrer ist auf staatliche Hilfe angewiesen.

Deiner Unterstellung, von 1400 € Brutto kann man nicht leben, möchte ich widersprechen. Ein Beispiel:

Er und sie sind angestellte Taxifahrer und leben zusammen in einer zwei Zimmer Wohnung. Beide verdienen sieben Euro pro Stunde und arbeiten 208 Stunden im Monat.

Bruttolohn er: 1.456 €
Bruttolohn sie: 1.456 €

Nettolohn bei Steuerklasse 1 beide zusammen 2.136 €.

Da beide um die 3.500 € Umsatz machen haben sie zusammen 700 € Trinkgeld.

Damit haben er und sie bei einem Stundensatz von 7 € ganze 2.836 € fürs Leben. Wenn die Wohnung 600 € kostet, bleiben noch 2.236 € fürs Leben.

Wem das zu wenig ist, der kann harzten gehen.

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Beitrag von nightrider » 17.11.2013, 16:03

Zwar bin ich auch der Meinung, dass ein Vollzeitfahrer diese 1400 brutto mindestens verdienen kann, sogar muss ansonsten ist sowohl er als auch der Job an sich überflüssig.

Ob man davon in einer Großstadt leben kann ist eher „Geschmackssache” vor allem aber gibt es auch Singles ohne Partner und dann sieht das nach Miete und Nebenkosten schon ganz anders aus.

Trinkgelder sind definitiv kein Gehalt, schon gar nicht eine berechenbare Größe.
Wer Trinkgeld als Teil des Gehalts sieht darf sich nicht wundern wenn Vater Staat das irgendwann wörtlich nimmt und pauschal eine Steuer für Trinkgeld festlegt. (Gab es glaube ich schon mal bei Frisören).

Also eines ist ganz sicher, wer Vollzeit arbeitet muss auch davon leben, nicht vegetieren können, aber das hat absolut NICHTS mit ML zu tun.

Ein Vollzeitjob muss auch ohne jegliche Vorschriften soviel abwerfen um in der Stadt in der man lebt tatsächlich „normal” leben zu können.

Trifft das nicht zu, sollte man nicht Jammern und nach Hilfe schreien, sondern entweder zu einem anderen Unternehmen wechseln und wenn das nicht hilft ganz aufhören und völlig neu starten mit einem anderen Beruf.

Auch Unternehmer sollten sich überlegen ob es generell sinnvoll ist einen Wagen laufen zu lassen der mit ach und krach gerade soviel bringt dass er sich nach Abzug aller Kosten und Löhne kaum selbst trägt, wenn überhaupt.
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Beitrag von Hinkefuss » 17.11.2013, 16:08

IK hat geschrieben:@ pauline

Eins vorweg: Keiner meiner Fahrer ist auf staatliche Hilfe angewiesen.

Deiner Unterstellung, von 1400 € Brutto kann man nicht leben, möchte ich widersprechen. Ein Beispiel:

Er und sie sind angestellte Taxifahrer und leben zusammen in einer zwei Zimmer Wohnung. Beide verdienen sieben Euro pro Stunde und arbeiten 208 Stunden im Monat.

Bruttolohn er: 1.456 €
Bruttolohn sie: 1.456 €

Nettolohn bei Steuerklasse 1 beide zusammen 2.136 €.

Da beide um die 3.500 € Umsatz machen haben sie zusammen 700 € Trinkgeld.

Damit haben er und sie bei einem Stundensatz von 7 € ganze 2.836 € fürs Leben. Wenn die Wohnung 600 € kostet, bleiben noch 2.236 € fürs Leben.

Wem das zu wenig ist, der kann harzten gehen.
IK das is ja ne tolle Rechnung die du da aufgestellt hast.
1.tens
Was der Fahrer als TG bekommt geht dem Unternehmer ein sch**ßdreck an.
2.tens
selbst wenn du das TG mitzählst gibts Urlaub oder Krankzeiten wo kein TG anfällt. Auch in diesen Monaten will die Miete bezahlt werden.
3.tens
wo bleibt deine beispielrechnung wenn er Arbeitet und sie wegen der Kinder zu Hause bleiben muß.
Eine diskusion ist sinnlos mit jemandem der meint die Wahrheit nicht zu suchen, sondern sie zu kennen!: meint hinkefuss

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Beitrag von nightrider » 17.11.2013, 16:12

IK hat geschrieben:@ nightrider

Poorboy ist ein Unternehmer. Allerdings hatte es versäumt durchzurechnen, dass diese Selbstständigkeit keinen Sinn ergibt. Als Angestellter Fahrer bei der gleichen Stundenzahl hätte eher ein höheres Nettoeinkommen aus jetzt. Offenbar ist ihm die unternehmerische Freiheit wichtiger als das Geld.
Dann hat er etwas mit mir gemeinsam ;-)

Ich selbst habe in meiner Zeit als Fahrer gut verdient, unterm Strich meistens mehr als Heute mit eigenem Taxi, aber mir ist die „unternehmerische Freiheit” nämlich dann und so oft und lange wie ich will, (oder auch mal gar nicht) zu arbeiten in der Tat mehr wert als Geld.

Wenn ich mal rein in Stunden umrechnen würde hätte ich als Fahrer sogar deutlich mehr verdient und lässiger, ohne den Stress mit laufenden Kosten, Reparaturen, Neuanschaffungen, usw...

Aber das ist der Preis der „Freiheit” den ich gern bezahle.
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Beitrag von Anna Chronismus » 17.11.2013, 17:04

IK hat geschrieben:Die zwei zusätzlichen Stunden bekommen sie aber nicht bezahlt.
Gut, dass solche ausbeuterische Praxis durch die im Fiskaltaxameter gespeicherten Daten in unserer Branche spätestens 2017 nicht (mehr) gehen werden. Und ich spreche von signierten, also gerichtsfesten Daten im Fiskaltaxameter.
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Beitrag von nightrider » 17.11.2013, 18:14

Anna Chronismus hat geschrieben: Gut, dass solche ausbeuterische Praxis durch die im Fiskaltaxameter gespeicherten Daten in unserer Branche spätestens 2017 nicht (mehr) gehen werden. Und ich spreche von signierten, also gerichtsfesten Daten im Fiskaltaxameter.
Nur meine ganz persönliche Meinung, wenn ich mich ausgebeutet fühle, höre ich auf und gehe neue Wege, es gibt viele davon man muss sich nur etwas umsehen und flexibel sein.

Würden das die „Ausgebeuteten” so machen, gäbe es bald keine Fahrer mehr und das ganze Thema würde sich von selbst erledigen.

Aber irgendwie scheint es leichter sich „ausbeuten” zu lassen und zu schimpfen :twisted:

In der Gastronomie schein das langsam aber sicher so zu greifen, die Wirte haben es Heute sehr schwer Personal zu finden, sie müssen entweder bessere Bedingungen schaffen, oder wenn das nicht möglich ist verkleinern und selbst Arbeiten :P

Es gibt NIEMALS nur einen Weg, es gibt immer mehrere Möglichkeiten ganz ohne Hilfe „von Oben”, aber man muss eben auch selbst was tun und nicht immer nur erwarten, dass Wunder und Gesetze kommen.
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Beitrag von IK » 17.11.2013, 19:24

@ Anna

Das was du ausbeuterische Praxis nennst, hat eine einzige Ursachen: Ein willkürlich festgelegter Mindestlohn im Reinigungsgewerbe.

Der Fiskaltaxameter erhöht in der Tat die Möglichkeit Taxibetriebe effizienter zu kontrollieren. Allerdings gibt es auch da Grenzen der Machbarkeit. Eine Kontrolle der aufgeschriebenen Pausen, halte ich wegen der Datenmenge, für nicht durchführbar. Erschwerend kommt hinzu, dass in Zukunft fast alle ihre Pausen aufschreiben werden. Wenn einer 10-15 % mehr Pausen macht als die anderen, bleibt er noch immer unauffällig.

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Beitrag von Otto126 » 17.11.2013, 20:10

pauline hat geschrieben: (...)
+1
"In der Lebenswelt gibt es drei Kategorien, das Essbare, das Kopulierbare und das Gefährliche"

"Mir gefällt Ihr Benehmen nicht."
"Macht nichts. Ich verkauf's ja nicht."

Wat woll'n die Atzen eigentlich von mir?

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Beitrag von Anna Chronismus » 17.11.2013, 20:21

nightrider hat geschrieben:Es gibt NIEMALS nur einen Weg, es gibt immer mehrere Möglichkeiten ganz ohne Hilfe „von Oben”, aber man muss eben auch selbst was tun und nicht immer nur erwarten, dass Wunder und Gesetze kommen.
Da will ich Dir nicht widersprechen, aber ergänzen: Es gibt eine Menge Leute da draußen, die arbeitswillig und arbeitsfähig sind, aber nicht besonders kämpferisch. Auch die haben ein Anrecht darauf, einen Job innerhalb akzeptabler Bedingungen auszuüben. Hier muss dann der Staat seiner Schutzpflicht für die Schwächeren nachkommen und die berechtigten Interessen der Schwächeren gegenüber den (wirtschaftlich) Stärkeren durchsetzen. Aktuell eben mit einem gesetzlichen Mindestlohn. Oder auch mit der strafbewehrten Durchsetzung von Arbeitnehmer-Schutzgesetzen. Das ist die originäre Aufgabe eines demokratischen Rechtsstaates: Den Schwachen vor dem Starken schützen, wenn der seine Stärke in ungerechter Weise ausübt.
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Beitrag von IK » 17.11.2013, 20:45

@Hinkefuss

Es freut mich zu lesen, dass dir meine Berechnung gefällt.

Zu 1.
Nicht ganz richtig, was du sagst. Wenn ich als Unternehmer von jemanden gefragt werde, was man als Fahrer verdienen kann, sage ich auch, wie viel Trinkgeld man bekommt. Die Trinkgeld Menke kann entscheiden, ob jemand Taxifahrer wird oder nicht. Warum sollte man über diesen Fakt schweigen?

Zu 2.
In den 2136 € ist Miete drin, auch dann, wenn man Urlaub macht und kein Trinkgeld bekommt. Dieser Ausfall des Trinkgeldes kann man abmildern, indem man jeden Monat eine Rücklage von 100 € gebildet. Damit hätte unseres Pärchen aus dem Beispiel statt 2836 € bescheidenere 2.736 €. Weltuntergang sieht anders aus.

Zu 3.
In meinem Beispiel hat sie keine Kinder und arbeitet. Würde sie Kinder haben und deswegen nicht arbeiten können, müsste diese Familie auch bei einem Mindestlohn von 8,50 € zum Amt gehen. Außerdem hält sich mein Mitleid in solchen Fällen in Grenzen. Ich selber habe zwei Kinder, arbeite Vollzeit und meine Frau arbeitet auch Vollzeit. Kindergärten haben wir doch genug. Oder etwa nicht!?

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Beitrag von nightrider » 17.11.2013, 21:23

Anna Chronismus hat geschrieben: Da will ich Dir nicht widersprechen, aber ergänzen: Es gibt eine Menge Leute da draußen, die arbeitswillig und arbeitsfähig sind, aber nicht besonders kämpferisch. Auch die haben ein Anrecht darauf, einen Job innerhalb akzeptabler Bedingungen auszuüben. Hier muss dann der Staat seiner Schutzpflicht für die Schwächeren nachkommen und die berechtigten Interessen der Schwächeren gegenüber den (wirtschaftlich) Stärkeren durchsetzen.
Nur tatsächlich ist nicht jeder Unternehmer tatsächlich der Stärkere es sieht nur so aus. Eher ist das Gegenteil zu oft der Fall, hat er keine Fahrer ist er sehr schnell pleite.

Da muss ich schon auch aus eigener Lebenserfahrung sagen, wer sich an irgendwas „festbeißt”, egal ob Job, Lebenspartner, oder was auch immer ist deutlich eingeschränkt in seiner „Lebensfähigkeit” und sollte nicht den Staat, oder die Gemeinschaft dafür verantwortlich machen.

Manchmal muss man sich selbst eben anpacken, die nötigen Konsequenzen ziehen und was tun, nicht hoffen es passiert was und alles löst sich in Wohlgefallen auf das wird es ganz sicher nicht, egal was kommt.

Der ML der ziemlich sicher kommen wird, wird genauso sicher nicht alle Probleme vom Tisch wischen, im Gegenteil er wird neue Probleme schaffen die vielleicht weit schlimmer sind als die Jetzigen für ALLE Beteiligten.

Die Zeit sich auf Staat, Gesellschaft und Recht zu verlassen ist vorbei, ein für allemal. Gefragt ist der „Macher” nicht nur bei Selbstständigen sondern mehr als jemals zuvor bei ALLEN.

Mir ist absolut unbegreiflich warum Leute die einen Job machen der nicht unbedingt leicht ist, für den es Einstiegshindernisse wie OKP, Leumund, Gesundheitsprüfung usw gibt dann letztlich so „eingeschränkt” sind und keine anderen Optionen/Alternativen für ihr Leben mehr sehen.

Gerade Fahrer haben Hindernisse überwunden die kein Anderer überwinden muss um irgendeinen Job zu machen, sie haben Monate gelernt, sie haben Prüfungen bestanden, sie haben Gesundheitschecks überstanden und müssen sie alle 5 Jahre wieder überstehen, ebenso die Leumundsnachweise. Warum sind gerade die Leute dann so umflexibel wenn es darum geht sich einen anderen Job zu suchen?

Oder die letzte Prüfung, die zum Unternehmer ist zumindest in größeren Städten im Vergleich zur Ortskundeprüfung eher ein „Klacks” und wenn mir der Beruf gefällt und ich da bleiben will werde ich Unternehmer, nicht gleich MWU, aber EWU und damit kann man leben.
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Beitrag von IK » 17.11.2013, 23:47

@ nightrider
nightrider hat geschrieben:Warum sind gerade die Leute dann so umflexibel wenn es darum geht sich einen anderen Job zu suchen?
Diese Aussage möchte ich einmal mit einer Gegenfrage in Frage stellen: Warum sollten Sie einen anderen Job suchen?

Der Taxifahrerjob ist einer der freiesten Jobs, die man ausüben kann. Der Job ist abwechslungsreich und damit interessant. Das Verhältnis zwischen der Anstrengung und dem Lohn ist angemessen. Deswegen sind die meisten Taxifahrer mit ihrem Job sehr zufrieden. Und deswegen war die Demo der Taxifahrer für einen Mindestlohn von 8,50 € in Berlin ein Flop. Zugegebenermaßen gibt es ein paar Kollegen, angestellte Taxifahrer, welche das anders sehen und zufälligerweise in diesem Forum schreiben.

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Beitrag von scarda » 18.11.2013, 00:02

Mal so zur Anregung:

Schland steht ja sooo gut da? 40h müssten dann ja reichen.

Wie hoch müsste eigentlich der ML sein, wenn man den Warenkorb zugrunde legen würde?

Alles andere ist doch Subvention der Konkurrenz - oder?

Als Unternehmer kann man nur ML = mindestens Warenkorb bei 40h-Woche fordern. Oder mit Freuden die eigene Konkurrenz subventionieren (per Steuern). Oder?

Ein Gewerbe, dass sich nicht rechnet dürfte nur als volkswirtschaftsfeindlich verschwinden.

Dann müssen eben die Preise rauf, sprich der Tarif. Und falls es keiner Zahlen kann, dann die Löhne aller anderen auch.

Aber wir pampern ja brav jeden: angefangen bei der eigenen Konkurrenz, über die Blasenbauer von den Banken, bis hin zur Exportwirtschaft. Als wenn eine Volkswirtschaft nicht auch von was anderem Leben könnte. Kommt mir vor wie planwirtschaftliche Diktatur.

Wir leben in einer beknackten Welt. Und die Notlösungsidee bleibt: Wenn alle sch***, dann ist das wohl Notwehr, dann darf ich das auch.

Und die Fiskaltaxameter-Einführung dauert gefühlte Jahrzehnte. Aber wer baut dem Rest der sonderbaren Wirtschaftsblase namens "Schland steht gut da" ein Regelgerät ein?

Achso, nur unsereiner kriegt das. Irgendwer muss ja die nächste Blase bezahlen.
DEREGULIERUNG IST AUCH NUR REGULIERUNG. ZIELFÜHRENDE VORSCHLÄGE? NEIN? ACH SO!
Taxi_2017 ist gut, innovativ, technisch top, hat beste Fahrzeuge zu vernünftigen, regulierten Preisen
http://www.yumpu.com/de/document/view/2 ... toi-studie#

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Beitrag von nightrider » 18.11.2013, 01:04

IK hat geschrieben: Diese Aussage möchte ich einmal mit einer Gegenfrage in Frage stellen: Warum sollten Sie einen anderen Job suchen?
Damit sind natürlich nur die gemeint die ständig am Jammern sind wie schlecht es ihnen doch geht und die Frage habe ich bereits beantwortet.
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Beitrag von Thomas-Michael Blinten » 18.11.2013, 01:28

Okey, dann unterstütze ich dies vollumfänglich....die Fahrerzahl geht dann auf gesunde 20 % zurück 8) :lol:

...und die MWU können sich dann jeden Tag neu aussuchen welchen ihrer Wagen sie denn heute fahren :wink:
„Alle sind irre, aber wer seinen Wahn zu analysieren versteht wird Philosoph genannt" (Ambrose Bierce)

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Beitrag von scarda » 18.11.2013, 01:40

Thomas-Michael Blinten hat geschrieben:Okey, dann unterstütze ich dies vollumfänglich....die Fahrerzahl geht dann auf gesunde 20 % zurück 8) :lol:

...und die MWU können sich dann jeden Tag neu aussuchen welchen ihrer Wagen sie denn heute fahren :wink:
:D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D
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Beitrag von pauline » 18.11.2013, 02:54

Na super !
206 Stunden im Monat ! Das sind 48 Stunden in der Woche oder eine 6-Tagewoche mit jeweils 8 Arbeitsstunden. Freizeit so gut wie nicht mehr vorhanden.
Das ist genau das, was ich meinte : Man findet sich in diesem beknackten Gewerbe mit diesen Bedingungen ab.
7,- Euro die Stunde sind ein lächerlicher Lohn und dennoch in vielen Taxen nicht einmal zu erzielen (etwa 17,- Stundenumsatz). Selbst 8,50 sind grenzwertig. Wir leben mittlerweile in einer Klassengesellschaft. Der Mittelstand (früher gehörten wir dazu, schon vergessen ?) schmilzt ab. Ein paar Leuten geht's so gut wie nie, die andern sacken dort hin, wo große Teile des Taxengewerbes jetzt schon sind nämlich ans Ende der Nahrungskette.

Früher musste ich 1 1/2 Stunden arbeiten, um eine Handwerkerstunde zu bezahlen, heute mindestens 4. Eine Werkstattstunde liegt bei den Edelschmieden bereits bei über 90 Euro, bei den günstigeren musst du bei 5,- Euro Netto eigenem Stundeneinkommen eine ganze Schicht in der Taxe hocken, um einmal die Bremsen belegen zu lassen. Dabei sind die Teile nicht so wesentlich teurer geworden.
So sieht's aus !

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Beitrag von IK » 18.11.2013, 03:22

@ pauline
pauline hat geschrieben:206 Stunden im Monat ! Das sind 48 Stunden in der Woche oder eine 6-Tagewoche mit jeweils 8 Arbeitsstunden. Freizeit so gut wie nicht mehr vorhanden.
Ich erlaube es mir, noch einmal nachzuhaken. Ein Taxifahrer darf wie jeder andere Arbeitnehmer ohne Wenn und Aber bis zu 10 Stunden am Tag arbeiten. Fädelt man es als Unternehmer geschickt ein, darf der Fahrer auch länger als 10 Stunden arbeiten. Das brauchen wird jetzt aber nicht zu vertiefen.

Bei 10 Stunden Arbeit pro Tag bleiben im Monat 9-10 Tage frei. Einiges was andere Arbeitnehmer in der Freizeit machen, können Taxi Fahrer während Ihrer Schicht tun. Zum Beispiel: Lesen, im Forum schreiben, Stricken, Nickerchen machen, im Internet surfen, mit der Geliebten telefonieren, Fernsehen, Leibesübungen machen, Rauchen, Tagträumen, mit sich selbst reden, mit sich selbst schweigen oder einfach nur da sitzen und nach vorne schauen. Und natürlich beten. Fast vergessen.

Kann sein, dass Taxifahrer früher zum Mittelstand gehörten. Früher hatte nicht jeder einen Führerschein oder ein Auto. Heute ist das bekanntlich anders. Wer heute zum Mittelstand gehören möchte, der muss mehr können, als ein Taxifahrer es kann. Jammern hilft hier nicht viel.

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