Sehr geehrte Kollegen
In der Stadt wir darüber diskutiert, ob man die Prozentlohn im Taxigewerbe verbieten soll. Am 20. Januar 2012 ist bei der Behörde zu diesem Thema eine Diskussionsrunde einberufen.
Manche Kollegen wollen gar für die Stundenlöhne demonstrieren. Bei Napp im Forum findet ihr Demo-Aufruf.
Es stellt sich die Frage, ob die Prozentlöhne für das Gewerbe schädlich sind?
Ich habe dazu eine Meinung und möchte sie als Kontrapunkt zu den in dem Demo-Aufruf stellen:
Die Prozentlöhne im Taxigewerbe sind die optimale Entlohnungsweise für das Taxigewerbe in einer Großstadt.
Die Gründe sind:
- Die gerechte Entlohnung
Es wird unterstellt, dass die Prozente ungerecht sind, weil ein wartender Taxi kein Geld verdient. Man sagt, die Wartezeit ist die Arbeitszeit und deswegen wie die Fahrzeit zu entlohnen. Ist das so? Nur augenscheinlich.
Die Prozente sind die gerechteste Entlohnung. Wer faul ist, der bekommt kaum was. Wer fleißig ist, der hat mehr. Das ist aus meiner Sicht gerecht. Jeder Taxifahrer, welcher seine Zeit in der Taxe aktiv verbringt, verdient ein anständiges Lohn. Die Netto-Löhne der Hamburger Taxifahrer verbessert durch das Trinkgeld sind höher als bei vielen Normalangestellten. Aus den Wartezeiten macht man ein Thema, obwohl klar ist, dass dieses sachlich falsch ist. Eine Taxifahrer bekommt durch das Warten Touren. Diese beeinflussen seinen Lohn. Sich jetzt wegen der Wartezeit zu beklagen ist scheinheilig.
Wer glaubt, durch die Einführung eines Stundenlohnes sein Einkommen als angestellter Taxifahrer verbessern zu können, liegt falsch.
Eher Gegenteil ist richtig, weil man als fauler Fahrer gekündigt wird. Dann ist man bei Harz IV. - Prozentlöhne sichern Frieden in den Betrieben
Da Umsatz abhängig bezahlt wird, ist das Verhältnis zwischen den TU und TF in aller Regel entspannt. Ein TF welcher % bekommt hat sehr viele Freiheiten. Im Grunde genommen, ist ihm überlassen, wie und wohin er fährt. Auch ist ihm überlassen, wie er seine Schicht zeitlich organisiert. Ob man jetzt oder später Pause einlegt ist einfach ihm überlassen. Genau aus diesem Grund sind viele in das Taxifahren vernarrt.
Im Falle der Stundenlöhne würde sich dieses komplett ändern. Die Unternehmer hätten keine Wahl, als die Fahrer, welche unter dem Durchschnitt liegen, ständig zu kontrollieren. Da Unternehmer nicht die ganze Zeit hinter seinen Autos fahren kann, wird die Kontrolle elektronisch geschehen. Anstatt sich um ihr Geschäft zu kümmern, werden die Unternehmer zu den Kontrolleuren mutieren. Die Betriebsklima dürfte sich ziemlich abkühlen. Man wird sich mit unzähligen dummen Ausreden auseinandersetzen müssen. Dazu später.
Da in Jörns Forum Datenschutz scheinheilig groß geschrieben wird, frage ich mich, ob man tatsächlich die ständige elektronische Überwachung in den Taxen haben möchte? Oder habe unser Habenichts eine bessere Überwachungsmethode? - Auswirkung auf die Bedienfähigkeit des Taxigewerbes
Die Bedienfähigkeit des Hamburger Taxigewerbes dürfte um großen Umfang fallen. Die Gründe liegen auf der Hand.
Stellen wir uns vor, es ist 16:00 Uhr und ein Taxi fährt aus der Innenstadt zum Flughafen. Da der Taxifahrer einen Stundenlohn bekommt, wir er einfach am Flieger bleiben, obwohl in der Stadt die Taxen dringend benötigt werden.
Dem Taxifahrer kann man kaum Vorwurf machen. Warum sollte er in die Innenstadt zurück fahren, wenn er am Flieger seine Stunden in Ruhe absitzen kann? Einen Taxifahrer zu zwingen zurück zu fahren, ist auch keine Lösung, weil in der Tat, manchmal sinnvoller ist am Flieger zu bleiben. Man sieht schnell, die generellen Anweisungen des Unternehmers helfen hier nicht, auch wenn sie gut gemeint sind.
Um die Bedienfähigkeit zu sichern braucht man nicht die starren Verhaltensanweisungen durch die Unternehmer sondern die Schwarm-Intelligenz der Taxifahrer. Im Falle der Stundenlöhne wird diese Intelligenz verkümmern und die Bedienfähigkeit wird erheblich fallen.
Es wird behauptet, dass der Prozentlohn die Sicherheit beeinträchtigt, weil die Taxifahrer zu schnell fahren würden, unter Druck stehen würden usw.
Wenn man diesen Gedanken konsequent weiter denkt, wird klar, dass man dann die Selbständigkeit im Taxigewerbe verbieten muss und alle Betriebe verstaatlichen muss. Damit sind die Alleinfahrenden Taxiunternehmer die tickenden Zeitbomben, weil sie immer und ewig vom Umsatz bezahlt werden und weil sie fast 50 % der Touren abfahren. Dieser Prozentsatz dürfte steil nach oben gehen, weil viele Unternehmer die Fahrer entlassen würden, welch dann wiederum selber ihre Betriebe gründen würden. Es ist bekannt, dass die alleinefahrenden Unternehmer diejenigen sind, die am meisten arbeiten. Damit würde in der Frage der Sicherheit eine Paradoxe Situation eintreten:
Die vermeintliche Gefahrenlage würde statt zu sinken, steil nach oben gehen.
Diese absurde These über Sicherheit in der Verbindung mit dem Prozente-Lohn ist eine Sackgasse, damit auch die Trennung zwischen Taxifahrer und Taxiunternehmer eine unsachliche.
Wir sollten in diesen Diskussionen lieber sachlich bleiben, oder konsequenterweise das Taxifahren verbieten.
Nachteile für die ehrlichen Betriebe
Es ist denkenden Menschen sofort klar, wer die Verlierer bei den geforderten Umstellungen auf Stundenlohn wären. Das sind die ehrlichen Unternehmer, welche ihre Umsätze und die Arbeitszeiten nicht fälschen. Die unehrliche Konkurrenz würde die Arbeitszeiten in den Büchern fälschen, um auf die nötigen Umsätze pro Stunde zu kommen. Die ehrlichen müssten dann die Fahrer entlassen, welche wiederum Zielsicher in die unehrlichen Betrieben landen würden. Weil die Arbeitszeiten unmöglich von der Behörde zu überwachen ist, wird man die ehrlichen Betriebe ins Konkurs oder in die Unehrlichkeit treiben
Auswirkungen auf das Geschäft
Um die geforderten Stundenlöhne mit den Zuschlägen bezahlen zu können wird eine beachtliche Tarifanpassung bis zu 50 % nötig. Diese würde dem Taxigewerbe enormen Schaden zufügen. Die Kunden würden auf die Alternativen umsteigen. Car To Go oder die anderen Anbieter dürften sich die Hände reiben. Auch das Mietwagengeschäft bekäme dann in Hamburg eine solide Geschäftsgrundlage.
Auswirkungen auf die Fahrer
Diejenigen welche einen unrealistischen Stundenlohn fordern entziehen den Fahrern ihre Lebensgrundlage, weil die Unternehmer bei mangelnde Produktivität die Fahrer entlassen müssen. Die Fahrer, welche nicht entlassen werden möchten, werden jetzt erst recht unter den Umsatzdruck geraten. Jede schlechte Schicht wird zum Thema bei der Abrechnung. Die Tor und Tür für Mobing in den Betrieben wird geöffnet. Es wird ein Überwachungsapparat geschaffen, und die Fahrer werden zu den leidtragenden. Solche Fahrer werden erst recht eine Sicherheitsrisiko für die Fahrgäste. Streit und Missgunst in den Betrieben wird Regelfall, bis die Kündigung mit anschließenden Rechtsstreit die Erlösung nicht bringt.
Fragen an die angestellten Taxifahrer:
- Möchtest du auf deine Freiheiten verzichten?
- Möchtest du täglich überwacht und kontrolliert werden?
- Möchtest du dich für jede schlechte Schicht rechtfertigen müssen?
- Möchtest du unter Druck stehen, hohe Umsätze fahren zu müssen, um die Kündigung zu verhindern?
- Möchten Sie, dass die Geschäftsreisenden morgens und abends keine Taxen zum Flieger oder Bahnhof bekommen?
- Möchten Sie, dass viele Kranken nicht befördert werden, weil die meisten Taxen eben keine Lust verspüren sich sinnvoll zu verteilen, obwohl an vielen Stellen Autos fehlen?
- Möchten Sie, dass viele Behinderten nicht befördert werden, weil die meisten Taxifahrer lieber an der Stelle verharren, statt die potenziellen Fahrgäste wo anders zu holen.
- Möchten Sie, dass die Hotels nachmittags un-bedient bleiben, weil die Taxifahrer lieber bei Bubu (Kiosk am Flieger) sich gemütlich Kaffee holen und sich in die Warteschlange einreihen?
- Möchten Sie, dass die Messebesucher zu Fuß zu den Hotels, anschließend zu Fuß zu den Restaurants und dann wieder zu den Hotels gehen?
- Möchten Sie aus der Staatskasse Hunderte entlassene Taxifahrer bezahlen?
- Möchten Sie einen Tarif beschließen, welcher um 35 % bis 50 % höher ausfallen dürften, damit diese Mindestlöhne mit den Zuschlägen zu zahlen sind?
- Möchten Sie, dass eine Fahrt vom Flieger zu der Innenstadt statt 25 € satte 40 € kostet?
- Möchten Sie, dass das Taxigewerbe eine ultimative Luxusleistung anbietet?
- Möchten Sie, dass es nur noch Taxiunternehmer aber keine angestellte Taxifahrer gibt und damit in Kauf nehmen, dass die Bedienfähigkeit drastisch absinkt, ohne dass sich die Frage der Sicherheit um einen einzigen Punkt verbessert ?
- Möchten Sie eine Verstaatlichung der Taxibetriebe, damit jegliche Umsatzabhängigkeit (z. B. alleinfahrende Taxiunternehmer) und damit "das Sicherheitsrisiko" verschwindet?
- Möchten Sie, dass die ehrlichen Taxiunternehmer ihr Geschäft aufgeben müssen, während die Betrüger ihr Geschäft ausbauen können?
Ivica Krijan