Hamburger Taxifahrer

Verlagerung der Postengespäche in das Internet.
dieehl
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Hamburger Taxifahrer

Beitrag von dieehl » 06.04.2011, 17:49

Hallo liebe Taxi Gemeinde,
wann ist es zu erwarten, daß unser Gewerbe endlich Aufwacht. Wir sind Dienstleister mit einer gesetzlich vorgegebenen Beförderungspflicht und Teil des öffentlichen Nahverkehrs. Wir erfüllen wichtige Aufgaben für die Stadt Hamburg und das für einen "Hungerlohn" ( Unternehmer,genauso wie als angestellter Fahrer) .Am Tarif ist kaum noch zu schrauben. Wir sollten einmal in unsere Nachbarländer schauen. In Frankreich z.B. bekommt jeder Unternehmer für sein Taxi 5000 L Kraftstoff steuerfrei
.Egal ob mit oder ohne Funk oder welcher Zentrale man angehört, wer eine Pflicht erfüllt muß auch gestärkt werden. Oder handeln wir demnächst unsere Preise direkt aus....ach ,eilig zum Arzt oder zur Messe....hm das wir teuer.......nein das wollen wir sicherlich nicht. Aber was wir wollen sind 8 Stunden Schichten mit fairer Bezahlung und damit die Chance auf ein Privatleben.
Wünsche allen eine gute Fahrt .
Dierk :idea:

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Re: Hamburger Taxifahrer

Beitrag von SindSieFrei? » 07.04.2011, 18:18

dieehl hat geschrieben: Aber was wir wollen sind 8 Stunden Schichten mit fairer Bezahlung und damit die Chance auf ein Privatleben.
Moin Dierk,

also ich möchte keine 8 Std. Schichten, denn das reicht vom Auftragsaufkommen nicht, um meine Existenz zu sichern. So formuliert klingt das etwas provokanter.
Fordere dort, wo etwas zu holen ist!

1. Beim Tarif. Abschaffung der Karenzminute UND nachfrageorientierte Tarifgestaltung.

2. Bei den derzeitig existierenden Lobbyisten (Verbände), die sich um die Interessen der angestellten Fahrer in keinster Weise scheren, weil es Unternehmerverbände sind. Nicht mal die Gewerkschaft VERDI tut das.

3. Bei einer großen Hamburger Funkzentrale, die uns einst Mini-Taxen mit Dumping-Löhnen (-15%) vor die Nase setzen wollte.

4. Bei Dir selber: Dienstleistung auf hohem Niveau zu erbringen, ist oftmals kein Wunschkonzert. In anderen Branchen wird oftmals noch mehr und schwerer für weniger Geld gearbeitet, als wir es haben. (Was keine Rechtfertigung für unsere Situation darstellt, sondern nur ein Fakt ist.)

5. Bei der BSU/HK, die es in keinster Weise interessiert, unter welchen Bedingungen viele Kutscher arbeiten, dafür aber sogenannte Gutachten über eine angebliche "Lage" des Gewerbes erstellen läßt... usw.usf.

Herzlich willkommen im Gewerbe. Fordern können wir viel, aber die derzeitige Situation hat einen entscheidenden Nachteil: Die Fahrer haben nirgendwo eine Lobby... Noch nicht. :(
Dura lex, sed lex.

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Beitrag von oldstrolch » 07.04.2011, 21:14

warum hast du die überschrift

hamburger taxifahrer gewählt???

das ist doch ein deutschlandweites problem!




leider werden wir nie französische verhältnisse erreichen

da wir uns alle uneinig sind....die einigkeit der franzosen werden wir NIIIIIIE

erreichen!!!!!!------leider 8)
ich würde mich ja mit dir geistig duellieren,aber du bist unbewaffnet


komm auf die dunkle seite der macht....wir haben kekse :D


hier klickenzum poppen:D

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Beitrag von classictaxi » 07.04.2011, 21:21

oldstrolch hat geschrieben: leider werden wir nie französische verhältnisse erreichen
..auch hier wieder richtig. Selbst Lenin hat ja gesagt "Wenn der Deutsche zur Revolution geht, dann löst der eine Bahnsteigkarte."
Und der muß es ja gewusst haben,denn schließlich hat er ja in Deutschland gelebt.
Es heißt "Zeit ist Geld". Zeit ist nicht Geld, Zeit ist die Abwesenheit von Geld. Aber Heute haben wir Geld. Alles ist aus dem Gleichgewicht.

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Beitrag von CPL5938 » 08.04.2011, 02:03

Immerhin war seine Fahrkarte zur Revution ein deutsches Ticket!

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Beitrag von scarda » 08.04.2011, 12:46

Mal so ins Blaue diskutieren? Spezialdemokraten unter sich? Lenin war doch auch so einer?
DEREGULIERUNG IST AUCH NUR REGULIERUNG. ZIELFÜHRENDE VORSCHLÄGE? NEIN? ACH SO!
Taxi_2017 ist gut, innovativ, technisch top, hat beste Fahrzeuge zu vernünftigen, regulierten Preisen
http://www.yumpu.com/de/document/view/2 ... toi-studie#

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Beitrag von CPL5938 » 09.04.2011, 02:23

Lenin war kein Spezialdemokrat, sondern Kommunist. Spezialdemokraten sind in der SPD und wir diskutieren hier ins Rote hinein und nicht ins Blaue...! Also wirklich!

;)

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Beitrag von scarda » 09.04.2011, 15:15

Wie jetzt? Kommunisten sind doch die illegalen Kinder Sozen. Oder wo hatten sich die Minderheitler noch abgespalten? :(
DEREGULIERUNG IST AUCH NUR REGULIERUNG. ZIELFÜHRENDE VORSCHLÄGE? NEIN? ACH SO!
Taxi_2017 ist gut, innovativ, technisch top, hat beste Fahrzeuge zu vernünftigen, regulierten Preisen
http://www.yumpu.com/de/document/view/2 ... toi-studie#

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Beitrag von Yes » 09.04.2011, 17:24

also ich möchte keine 8 Std. Schichten, denn das reicht vom Auftragsaufkommen nicht, um meine Existenz zu sichern.
Das ist –wenn ich Dierk richtig verstehe- genau die Ursache, die es zu verbessern gilt.

Die Auslastung ist nicht Schicksal des Fahrers, sondern vornehmlicher Bestandteil des Arbeitgeberrisikos.

Allein die Unternehmer haben es in der Hand, den gesetzlichen (Mindest-) Anforderungen an einen Arbeitgeber gerecht zu werden. Der Unternehmer muss Beschäftigungsverhältnisse so gestalten, dass er sich nicht gleich wegen Lohnwuchers und Arbeitszeitüberschreitung strafbar macht.

Darüber hinaus bleibt es aber Sache des Arbeitnehmers, seine Rechte zu kennen und sie durchzusetzen.

Dabei stehen sich die Interessen zwischen Fahrer und Unternehmer nicht zwangsläufig entgegen:

Ein im Zweischichtbetrieb geführtes Unternehmen lässt sich beispielsweise mittelfristig ohne Gewinneinbussen auf einen Dreischichtbetrieb umstellen. Dauerhaft übermüdete und überlastete Mitarbeiter fahren in 12 Stunden nicht wirtschaftlich, sondern erhöhen die Pausendauer, das Schadensrisiko und erzielen geringere Stundenumsätze und Gewinne als Fahrer mit Acht-Stunden-Schichten. Im Drei-Schicht-Betrieb verringern sich die Fixkosten für jeden Arbeitsplatz um ein Drittel. Bei flächendeckender Umstellung erhöht sich zudem die Nachfrage pro Fahrzeug, weil sich durch die Arbeitszeitverkürzung die Anzahl mit angestellten Fahrern besetzter Wagen insgesamt entsprechend verringert.

Man sollte natürlich gerade im Arbeitsverhältnis versuchen, einen Konsens zu finden.

Wenn dieser aber nicht herzustellen ist, weil nur den Fahrer belastende Wege gefunden werden sollen, sollten Unternehmer in dem Maße mit Konsequenzen rechnen müssen, als sie ihren Fahrern selbst ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Rechtstreue abverlangen.

Ein Unternehmer etwa, der das Gehalt kürzen will, sei es durch Absenkung der prozentualen Umsatzbeteiligung oder durch sonstige Veränderungen an den Abrechnungsmodalitäten, muss das bestehende Beschäftigungsverhältnis erst kündigen. Die Voraussetzungen einer Kündigung (ein Kündigungsgrund oder auch nur eine formgerechte Erklärung) liegen aber oftmals nicht vor, so dass der Unternehmer verpflichtet bleibt, das höhere Gehalt weiter zu zahlen.

Die Nachzahlung dieses Lohnanteils kann der Fahrer auch für mehrere Jahre noch rückwirkend verlangen. Dieses Risiko bedenken die meisten Unternehmer nicht. Sei es, dass sie auf die Lethargie ihrer Mitarbeiter vertrauen oder darauf bauen, dass diese sich nicht trauen werden, ihre Ansprüche durchzusetzen oder sei es schlicht aus Unwissenheit. Ein Unternehmer, dem die Mitarbeiter in solchen Dingen zu viel Entgegenkommen signalisieren, wird auch künftig nicht in der Lage sein, seinen Betrieb wirtschaftlich zu führen, er wird bei nächster Gelegenheit, wieder darauf zurückgreifen, einseitig die Gehalter kürzen zu können und eine allzu bange Hoffnung auf Besserung der Gesamtbedingungen für die Fahrer wird sich so nie erfüllen.

Um das Lohnniveau wirksam zu senken, bedarf es einer Änderungskündigung. Dazu müsste sich der Unternehmer mit dem Fahrer in den meisten Fällen zunächst über die Aufhebung des bestehenden Vertrags einigen. Dabei spielt es –abgesehen von der leichteren Beweisbarkeit- keine Rolle, was der Unternehmer zuvor zu Lasten des Fahrers festgelegt hat, maßgeblich ist allein die nach Beschäftigungsaufnahme tatsächlich geübte betriebliche Praxis.

Bei zur Lohnsenkung erforderlichen Verhandlungen über die Aufhebung des alten Arbeitsverhältnisses und den Abschluss eines neuen Vertrags wird ein vernünftiger Arbeitnehmer nicht einseitig zu Gunsten des Unternehmers auf seinen Kündigungsschutz und darüber hinaus auf Teile seines Lohns gänzlich ohne Gegenleistung verzichten. Er kann vielmehr eine Abfindung verlangen.

Wenn ein Unternehmer behauptet, er habe kein Geld, sollte der Fahrer nicht resignieren, sondern die Darstellung des Unternehmers zunächst kritisch hinterfragen. Dieses Vorgehen ist keinesfalls indiskret, wenn der Unternehmer den Eingriff in die Rechte des Fahrers mit Zahlungsschwierigkeiten begründet. Ohne wirklich nachvollziehbaren Grund sollte man auf seinen Lohn jedenfalls nicht verzichten. Man könnte auch über die Stundung von Lohn oder Abfindung verhandeln. In aller Regel verfügt ein Unternehmer überdies zumindest über Teilrechte an seinen Fahrzeugen. Der Fahrer kann an diesen oder am Unternehmen insgesamt beteiligt werden, so dass genügend Vergleichsmöglichkeiten bestehen, die insgesamt auch eine konstruktive Fortsetzung der Beschäftigung ermöglichen ohne dass eine von beiden Seiten übervorteilt wird. Angebliche Zahlungsengpässe des Unternehmers dürfen jedenfalls nicht dazu führen, dass ein Unternehmer sich auf Dauer am Lohn seines Fahrers bereichert.

Das Argument, das selbst viele Fahrer anführen, dass nämlich 12-Stunden-Schichten erforderlich seien, um ausreichend Geld zu verdienen, ist eigentlich vollkommen unvertretbar. Viele Arbeitgeber und auch -nehmer sind sich des Risikos von Arbeitszeitüberschreitungen offenbar nicht bewusst. Jede einzelne Überschreitung ist mit hohem Bußgeld und Freiheitsstrafe belegt.

Arbeitszeitüberschreitungen werden im Verhältnis zu anderen Vergehen enorm hart sanktioniert. Teilweise argumentieren Unternehmer mit den im Taxigewerbe angeblich vergleichbaren Arbeitszeiten von Ärzten, mit Lenkzeiten im Fernverkehr und vermeintlichen „Ruhe“-Zeiten am Taxiposten. Das für Arbeitszeitüberprüfungen zuständige Amt für Arbeitsschutz wird in seiner Sichtweise diesen Fehlvorstellungen allerdings niemals folgen. Es ist wohl bislang nur dem dortigen Personalmangel zu verdanken, dass die Arbeitszeiten bei den meisten Unternehmern nicht überprüft wurden. Angesichts der hohen Strafen besteht auf Unternehmerseite ein dringendes Interesse an einer Arbeitszeitverkürzung, es sei denn ein Unternehmer hält sechsstellige Geldstrafen wegen Arbeitszeitüberschreitungen wirtschaftlich noch für vertretbar und nimmt obendrein dafür auch seine Inhaftierung in Kauf.

Das sind natürlich harte Geschütze, die hier der Staat gegen die Arbeitgeber und leider auch gegen die Arbeitnehmer aufbaut. Daneben stößt es aber auch auf Bedenken, wenn die Fahrerinteressen nicht auf Initiative der Fahrer, sondern durch staatliche Repressalien sichergestellt werden. Unterstützung von den Gewerkschaften kann man sich wohl nur in sehr begrenztem Umfang erhoffen, weil die meisten Taxifahrer dort gar nicht organisiert sind.

Dabei würde es durchaus Sinn machen, in die Gewerkschaft einzutreten, denn die Gewerkschaften gewähren ihren Mitgliedern in arbeitsgerichtlichen Verfahren kostenlosen Rechtsschutz.

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Beitrag von reasoner » 09.04.2011, 20:46

Soviel zur reinen Lehre des Arbeitsrechts inklusive eines Streiflichts auf den Arbeitnehmerschutz.

Du hast dir sehr viel Mühe mit deinen richtigen Ausführungen gemacht, Yes. Alle Achtung, das macht auch nicht Jeder.

Zu einem gesetzeskonformen Arbeitsverhältnis gehören bekanntermaßen zwei Parteien. Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Gesetzeskonforme Arbeitsverhältnisse, wobei ich auch diese mit einschließe, die weitestgehend einen gesetzeskonformen Rahmen erfüllen, sind im Taxigewerbe nicht unbedingt die Regel.

Dies wird keinesfalls nur durch den ausbeutenden Unternehmer verursacht, sondern -zumindest in Ballungsgebieten- nicht selten durch den Arbeitnehmer, der von vornherein gewisse Vorstellungen über die Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses vorgibt. Dieser Arbeitnehmer hat somit keinerlei Rechte, es sei denn, das zur Selbstanzeige.

Blöderweise spielen viele MWU diese unseligen Spielchen mit, anstatt ihre nicht mehr einträgliche Konzession zurückzugeben. Ich bin nicht der Anwalt der Mehrwagenunternehmer. Es wird den Tatsachen aber nicht gerecht, wenn Arbeitnehmer ausschließlich als Opfer dargestellt werden.

Ganz Berlin ist immer noch ein Terrain, auf dem sehr oft der Arbeitnehmer die Marschroute vorgibt. Hier ist eher die Schuld bei den Behörden zu suchen, denen es piepegal scheint, dass Berlin mittlerweile 7.230 Taxis (2006: 6.500) hat, und, wie gesagt, bei den Unternehmern, die die Konzessionen beantragen. Wie diese auf ihr Geld kommen? Und die Angestellten dieser Unternehmer offenbar auch? Darüber mag jeder selbst spekulieren.

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Beitrag von Otto126 » 09.04.2011, 21:18

reasoner hat geschrieben:Dies wird keinesfalls nur durch den ausbeutenden Unternehmer verursacht, sondern -zumindest in Ballungsgebieten- nicht selten durch den Arbeitnehmer, der von vornherein gewisse Vorstellungen über die Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses vorgibt. Dieser Arbeitnehmer hat somit keinerlei Rechte, es sei denn, das zur Selbstanzeige.

Blöderweise spielen viele MWU diese unseligen Spielchen mit, anstatt ihre nicht mehr einträgliche Konzession zurückzugeben. Ich bin nicht der Anwalt der Mehrwagenunternehmer. Es wird den Tatsachen aber nicht gerecht, wenn Arbeitnehmer ausschließlich als Opfer dargestellt werden.
Es ist nicht der Arbeitnehmer, der die Strukturen eines Mehrwagenbetriebs vorgibt, sondern der Arbeitgeber.

Ich habe das schon des öfteren gesagt: wenn ein Bewerber mit solchen Vorstellungen bei euch ankommt, meldet ihn bei der Behörde. So trennt man Spreu von Weizen.
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Beitrag von reasoner » 09.04.2011, 21:26

Otto126 hat geschrieben:Es ist nicht der Arbeitnehmer, der die Strukturen eines Mehrwagenbetriebs vorgibt, sondern der Arbeitgeber.
Tja, eben nicht (immer).
Ich habe das schon des öfteren gesagt: wenn ein Bewerber mit solchen Vorstellungen bei euch ankommt, meldet ihn bei der Behörde. So trennt man Spreu von Weizen.
Das macht natürlich auch Niemand. Und so dreht sich das Karussell weiter.

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Beitrag von Yes » 10.04.2011, 15:32

Otto126 hat Folgendes geschrieben:
Es ist nicht der Arbeitnehmer, der die Strukturen eines Mehrwagenbetriebs vorgibt, sondern der Arbeitgeber.
Reasoner darauf:
Tja, eben nicht (immer).
Ein Unternehmer kann keinen Fahrer dafür verantwortlich machen, dass er weitere Wagen anschafft. Die Fahrer finanzieren zunächst die Wagen durch ihre Arbeitsleistung und anschließend die schlechte Auslastung durch spürbar sinkende Löhne und höhere Arbeitszeiten mit.

Zugrunde liegt der Irrglaube einiger, manchmal auch sehr unerfahrener Unternehmer, ihren Gewinn (nur) mit einer Erweiterung oder Aufrechterhaltung ihres bestehenden Fuhrparks maximieren zu können. Diese Unternehmer hoffen, dass sie die Ausnahme von der Regel werden, minimieren aber flächendeckend die Rentabilität aller, regelmäßig auch ihrer eigenen, Betriebe und wissen sich am Ende auch nicht besser zu helfen, als Gehälter zu senken und Fahrern dennoch mehr Leistung abzuverlangen.

Es trifft schlicht nicht (mehr) zu, dass der Fahrer die Bedingungen vorgeben könnte, während dem Unternehmer keine Wahl bliebe, weil er mit dem Rücken zur Wand stände.

In Hamburg kann eine steigende Zahl von Unternehmern Bruttogehälter von 33 % des Nettoumsatzes gegenüber ihren Fahrern durchsetzen. Diese Unternehmer stellen - zumindest in Hamburg- ihren Fahrer oftmals unmissverständlich vor die Wahl, entweder zu Einbussen bei Lohn und Arbeitsqualität führende Maßnahmen hinzunehmen oder „gehen“ zu können.

Immer mehr Hamburger Taxifahrer sind aber aufgrund ihres niedrigen Lohns mittlerweile so bedürftig, dass sie in bedenklich hoher Zahl bei der Arbeitsgemeinschaft SGB II gemeldet sind, um ihr Einkommen auf Sozialhilfeniveau aufzustocken.

Diese Umstände sind mit Abgabenverkürzungen der Arbeitgeber nicht mehr zu erklären, denn Schwarzarbeit ist im Hamburger Taxigewerbe tatsächlich stark rückläufig. Dementsprechend gewährt die Arbeitsagentur in Hamburg mittlerweile auch keine Förderung mehr, wenn ein Arbeitsloser sich zum Taxifahrer ausbilden möchte.

Ganz nebenbei sanktionieren die Agenturen auch keinen Arbeitslosen, der eine Beschäftigung als Taxifahrer ablehnt. Normalerweise wird ein Arbeitssuchender bei Ablehnung zumutbarer Beschäftigungsmöglichkeiten mit Leistungskürzungen belegt. Die derzeitigen Arbeitsbedingungen im Taxigewerbe gelten aber auch bei den Arbeitsagenturen mittlerweile nicht mehr als "zumutbar".

Die Verantwortung für die niedrigen Löhne suchen viele Unternehmer zu allem Überfluss auch noch beim Fahrer selbst. Sie und auch einige Zentralen argumentieren häufig damit, dass der Fahrer, wenn er die Schichtdauer von zwölf Stunden voll ausnutze und 350,- € pro Schicht umsetze, sein Gehalt doch aufrechterhalten könne. Dabei verweisen die Unternehmer gerne auf einen (Vorzeige-) Fahrer, der im Dezember 2.300,- € (mit Trinkgeld) verdient habe. Das ist dann meistens ein Kollege, den man zuletzt halbtot am Posten gesehen hat, der, um seine Familie zu ernähren, angesichts der Lohnabsenkung zu einer noch höheren Selbstausbeutung übergegangen ist.

Unzweifelhaft haben sich die Kosten, gerade für eine mit Fahrern besetzte Taxe in den letzten zehn Jahren drastisch erhöht. Die Verantwortung hierfür trägt weder der Unternehmer noch der Fahrer. Die Lösung von Kostenproblemen gehört zu den primären Aufgaben des Unternehmers. Das unternehmerische Risiko darf dabei aber nicht unter Missachtung der Arbeitnehmerrechte auf den Fahrer abgewälzt werden.

Wenn sich die Anzahl mehrfach besetzter Wagen verringert, steigt die Nachfrage pro Wagen. Die Einnahmen steigen und die Kosten sinken. Es entsteht Gewinn und allein der Unternehmer hat es in der Hand, diesen zu erzielen und zwischen Unternehmer und Fahrer letztendlich markt- und sachgerecht aufzuteilen.

Den Verlust, der durch eine Verringerung der Anzahl schlecht ausgelasteter Taxen entstände, haben neben den KFZ-Branchen, Versicherungen u. s. w. natürlich auch die Zentralen zu tragen, die diese Herausforderung irgendwie bewältigen müssen (insoweit können sie von Newcomern wie MyTaxi aber auch lernen).

Bislang belasten die Kostensteigerungen des letzten Jahrzehnts aber vorwiegend Fahrer mit Unternehmern, die Arbeitnehmerrechte leugnen und deren Beitrag sich vornehmlich in Rat- und Ideenlosigkeit erschöpft.

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Beitrag von Otto126 » 10.04.2011, 17:19

reasoner hat geschrieben:
Otto126 hat geschrieben:Es ist nicht der Arbeitnehmer, der die Strukturen eines Mehrwagenbetriebs vorgibt, sondern der Arbeitgeber.
Tja, eben nicht (immer).
Doch, immer. Der Unternehmer ist für seinen Betrieb verantwortlich.

Derjenige, der sich damit rausreden will, er würde ansonsten keine Fahrer bekommen und müsste den Laden dichtmachen, hat am Markt nichts verloren.
reasoner hat geschrieben:
Ich habe das schon des öfteren gesagt: wenn ein Bewerber mit solchen Vorstellungen bei euch ankommt, meldet ihn bei der Behörde. So trennt man Spreu von Weizen.
Das macht natürlich auch Niemand. Und so dreht sich das Karussell weiter.
Tja, dann eben so...eigene Selbstschuld.

Vielleicht sollte ich mich als Spitzel beim Zoll bewerben, die Taxiunternehmen der Republik durchgehen und die Spreu vom Weizen trennen.
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Beitrag von reasoner » 10.04.2011, 19:15

Deinen Ausführungen nach gibt es größere Unterschiede zwischen Berlin und Hamburg, als ich dachte. Ich gehe aus Zeitgründen nur auf die Highlights ein
Yes hat geschrieben:Ein Unternehmer kann keinen Fahrer dafür verantwortlich machen, dass er weitere Wagen anschafft. Die Fahrer finanzieren zunächst die Wagen durch ihre Arbeitsleistung und anschließend die schlechte Auslastung durch spürbar sinkende Löhne und höhere Arbeitszeiten mit.

Zugrunde liegt der Irrglaube einiger, manchmal auch sehr unerfahrener Unternehmer, ihren Gewinn (nur) mit einer Erweiterung oder Aufrechterhaltung ihres bestehenden Fuhrparks maximieren zu können. Diese Unternehmer hoffen, dass sie die Ausnahme von der Regel werden, minimieren aber flächendeckend die Rentabilität aller, regelmäßig auch ihrer eigenen, Betriebe und wissen sich am Ende auch nicht besser zu helfen, als Gehälter zu senken und Fahrern dennoch mehr Leistung abzuverlangen.
Keine Widerrede, das trifft es auf den Punkt.
In Hamburg kann eine steigende Zahl von Unternehmern Bruttogehälter von 33 % des Nettoumsatzes gegenüber ihren Fahrern durchsetzen.
In Berlin undenkbar. Der Fahrer würde einen Schreikrampf bekommen.
Diese Unternehmer stellen - zumindest in Hamburg- ihren Fahrer oftmals unmissverständlich vor die Wahl, entweder zu Einbussen bei Lohn und Arbeitsqualität führende Maßnahmen hinzunehmen oder „gehen“ zu können.
Sehr platt ausgedrückt ist das in Berlin beinahe andersherum.
Immer mehr Hamburger Taxifahrer sind aber aufgrund ihres niedrigen Lohns mittlerweile so bedürftig, dass sie in bedenklich hoher Zahl bei der Arbeitsgemeinschaft SGB II gemeldet sind, um ihr Einkommen auf Sozialhilfeniveau aufzustocken.
Es führt kein Weg daran vorbei, über Mindestlöhne nachzudenken. Nicht nur in unserer Branche. Allerdings ist so manch Mindestlohn auch nicht existenzsichernd.
Dementsprechend gewährt die Arbeitsagentur in Hamburg mittlerweile auch keine Förderung mehr, wenn ein Arbeitsloser sich zum Taxifahrer ausbilden möchte.
Gut so, und in Berlin auch so. Wozu in einen kaputten Arbeitsmarkt Arbeitnehmer hineinpumpen?
Ganz nebenbei sanktionieren die Agenturen auch keinen Arbeitslosen, der eine Beschäftigung als Taxifahrer ablehnt.
Ebenfalls gut.

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Beitrag von IK » 11.04.2011, 09:46

Moin Kollegen
Yes hat geschrieben:In Hamburg kann eine steigende Zahl von Unternehmern Bruttogehälter von 33 % des Nettoumsatzes gegenüber ihren Fahrern durchsetzen. Diese Unternehmer stellen - zumindest in Hamburg- ihren Fahrer oftmals unmissverständlich vor die Wahl, entweder zu Einbussen bei Lohn und Arbeitsqualität führende Maßnahmen hinzunehmen oder „gehen“ zu können.
Ist das eine Meinung oder Tatsachenbehauptung welche das nichtveröffentlichtes Kleingedruckte beinhaltet. Sollte das Fakt sein, würde ich gerne lernen, wie man das als Unternehmer erreicht :wink:, dass die Fahrer bei einem für 33% vom Netto fahren.

Leider verfüge ich über keine magischen Kräfte und mit der Überredungskunst kommt man in dieser Sache nicht sonderlich weit.

Gruß Ivica

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Beitrag von Berni » 11.04.2011, 13:39

Ich kann Dir zwar sagen, WIE Du das erreichst - die Frage, OB Du das erreichst, ist aber nach wie vor offen.

Du musst als Unternehmer eigentlich nur zusehen, dass Du genug Krankenfahrten an Land ziehst, damit mindestens 300-350 Euro Umsatz pro Schicht drin sind.

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Beitrag von IK » 11.04.2011, 13:49

@Berni

Danke dir für den Tipp. Allerdings kenne ich kaum einen Weg wie man an diese lukrativen Touren kommt. Sollte das dar Fall sein, welchen Yes als Beispiel nimmt, dann ist klar, dass damit nur eine sehr kleine Zahl der Fahrer gemeint sein kann.

Gruß Ivica

arne13
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Beitrag von arne13 » 20.04.2011, 22:49

Ich hab mal nen bißschen gegoogelt, und es gibt sehr genaue statistische Erhebungen über die bezahlten Löhne vom Statistikamt der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein. Ist also hoch offiziell!!

http://statistik-nord.de/uploads/tx_sta ... j103_H.pdf

Brutale Wahrheit, würde ich sagen! € 10,41 für den männlichen Ungelernten! Lt. Gutachten von L+K verdient der durchschnittliche Funkfahrer in Hamburg € 6,68 (bei 45% v. Nettoumsatz).

Prost Mahlzeit
Arne

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Beitrag von reasoner » 20.04.2011, 23:58

Mann könnte den Taxijob bald in Leistungsklasse 4 einordnen, dann wird es noch krasser. Immerhin muss Ortskunde nachgewiesen werden sowie ein Führerschein vorhanden sein. Das pol. Führungszeugnis darf auch nicht allzu schlecht sein. Die Diskrepanzen sind überhaupt enorm.

Wenn man dann noch bedenkt, dass in diese Statistik auch Taxifahrer und ähnliche 'Preisklassen' eingerechnet sind, die den Schnitt senken, kommt man erst recht ins Überlegen.

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