Arbeitskreis Tarifpolitik

Der virtuelle Taxitreff.
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Wattwurm
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Arbeitskreis Tarifpolitik

Beitrag von Wattwurm » 15.11.2013, 08:55

Nachdem es in Düsseldorf und anderen Städten scheinbar massive Probleme gibt mit der Durchsetzung von Tariferhöhungen, möchte ich gerne mal einen Thread eröffnen der sich weniger mit den Details einzelner Tariferhöhungen beschäftigt sondern vielmehr mit den prinzipiellen Dingen in Sachen Taxitarife!

Diejenigen die mit der Ausarbeitung neuer Taxitarife beschäftigt sind, sind in der Hauptsache die ehrenamtlich bestellten oder gewählten Taxiobleute, die so ganz nebenbei auch noch selbst Taxiunternehmer und Familienväter sind und deren freie Zeitcluster man an einer Hand abzählen kann!

Es eröffnet sich mir der Eindruck, das ohne eine massive Vorarbeit, die umfangreiche Begründungen und umfangreiches Zahlenmaterial beinhaltet, Tariferhöhungen kaum noch durchsetzbar sind. Häufig tritt dabei die IHK als Bremser in Erscheinung, die solche Begründungen und solches Zahlenmaterial verlangt um eine beabsichtigte Tariferhöhung abzunicken und durchzuwinken!

Taxitariferhöhungen die idealerweise alle 2 Jahre um 4-5 Prozent erfolgen sollen und die mit einem Aufwand von 80 -120 Arbeitsstunden und einer ausreichenden 60-70 Seiten starken Begründung und Expertise mit dem entsprechenden Excell- Tabellen und Powerpoint-Präsentationen durchgeboxt werden müssen, kann das Taxigewerbe mit ehrenamtlichen Taxiobleuten nicht schaffen! Denen fehlt die Zeit dazu, sich damit ausführlich zu beschäftigen. Außerdem steht in vielen Fällen der erforderliche Arbeitsaufwand um die beabsichtigte Tariferhöhung zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen in keinem vernünftigen und angemessenen Verhältnis mehr!

Müssen wir jetzt vor jeder Tariferhöhung die Firma Linne+Krause damit beauftragen für das jeweilige vor Ort ansässige Taxigewerbe eine solche Expertise anzufertigen die 10.000 Euro kostet? Oder wie soll das in Zukunft weitergehen....?

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Anna Chronismus
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Beitrag von Anna Chronismus » 15.11.2013, 09:54

Wenn man nicht das verdammt Glück hat, einen gleichermaßen kompetenten wie engagierten Kollegen mit vertieften Excel-Kenntnissen und kaufmännischer Expertise in den eigenen Reihen zu haben (das Hamburger Taxengewerbe hat dieses verdammte Glück), der das Ganze über mehrere Jahre zahlentechnisch aufbereitet und sich für Dutzende von Detailfragen zahlreiche Sitzungen mit Behördenvertretern angetan hat*, und das alles unbezahlt, dann wird's schwierig.

Eine spontane und ungeprüfte Idee wäre es, mal zu überlegen, ob der Bundesverband BZP diese in Jahren gewachsene Expertise nicht nutzen könnte, an diesen Kollegen den bezahlten Auftrag zu erteilen, eine allgemeine Kostentabelle für städtisches Taxengewerbe in Deutschland zu entwickeln - mit sauberer Trennung von Eingabefeldern und Formeln, wie wir es mittlerweile in Hamburg haben. Denn nur über die Veränderung von Kosten lässt sich auch (notfalls gerichtlich) eine (jährliche) Erhöhung der Taxentarife durchsetzen**. Und mit dem gesetzlichen Mindestlohn steht ein mächtiger Kostenschub ins Haus - für alle.

Die Zahlen und Tabellen, die der engagierte Kollege dort in mehrjähriger Arbeit zusammengetragen hat, war und ist die Grundlage dafür, dass sich andere überhaupt mit dem Thema "Durchsetzung" gegenüber Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit befassen konnten. In Hamburg war das Zahlenwerk des Kollegen so gut, dass wir Tarif-Versäumnisse aus früheren Jahren nachweisen und damit jetzt mehrere Jahre lang Erhöhungen deutlich oberhalb der Inflationsrate durchsetzen konnten (wg. Nachholbedarf). Ohne die akribischen Zahlen-Vorarbeiten wäre daran nicht zu denken gewesen. Jetzt hat die reiche Stadt Hamburg auch bei den Taxitarifen wieder Anschluss gefunden an die Tarife anderer wirtschaftsstarker Städte wie München, Frankfurt und Düsseldorf.


*Die Hamburger Tabelle ist eine gemeinsame von Behörde und Taxengewerbe, sie ist also hochverbindlich.

** Teil eines solchen bezahlten Auftrages könnte sein, diese Mustertabelle jährlich zu pflegen, z.B. die Veränderungen bei allgemeiner Inflationsrate oder dem speziellerem Kraftfahrer-Preisindex einzupflegen.
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Wattwurm
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Beitrag von Wattwurm » 15.11.2013, 10:25

Diese pedantische Sisyphusarbeit könnte man sich ersparen, wenn man zusammen mit den anderen Verkehrsträgern des ÖPNV in gleicher Höhe die Preise erhöht. Denn die HVV muß bei Preiserhöhungen ebenfalls Zahlen vorlegen damit das genehmigt wird. Der ÖPNV muß sich der gleichen Genehmigungsgprozedur unterziehen wie das Taxigewerbe. Die Zahlen auf die es ankommt liegen also schon längst auf dem Tisch, die könnten wir doch eigentlich getrost 1:1 übernehmen!

Die Idee eines einheitlichen Taxitarifes auf Landesebene für alle Städte und Kommunen finde ich auch sehr charmant! Da dürfen sich dann nach dieser Idee die Taxilandesverbände mit dem jeweiligen Verkehrsministerium herumschlagen! Die Zerstückelung der bundesdeutschen Taxitariflandschaft ist einfachnur noch grauenhaft! Das erinnert mich an das "Heilige römische Reich deutscher Nation", als Deutschland aus 120 Fürstentümer und 80 Grafschaften bestand von denen sich mindestens die Hälfte im gegenseitigen Kriegszustand befanden!

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