Bericht über die Sitzung in der BSU am 10.9.2004

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Martin Berndt

Bericht über die Sitzung in der BSU am 10.9.2004

Beitrag von Martin Berndt » 14.09.2004, 16:37

Geladen waren neben den Hamburger Taxenverbänden (HTV, IHT, LHT, LPVG, MUV und Taxen-Union Hamburg Hansa e.V.) auch die Funkzentralen. Die Hansa Funktaxi e.G. wurde in Personalunion von der Taxen-Union vertreten. Zusätzlich erschienen die Geschäftsführer vom Autoruf (Autoruf/Taxi Hamburg), von „das taxi“ sowie des Blankeneser und des Harburger Funks.
Wir – und ich spreche hier für alle unabhängigen Verbände – sind nicht sehr glücklich darüber, dass nun entgegen der üblichen Praxis auch die Funkzentralen geladen werden. Jahrelang hielt uns die Politik vor, dass wir uns einigen sollen. Nun sprechen die unabhängigen Verbände mit einer Stimme, da erweitert man den Kreis. Erwartungsgemäß schlugen sich dann Autoruf und „das taxi“ beim TOP „Tarif“ auf die Seite der Taxen-Union.
Der Behörde kann nach § 14 Abs. 1 PBefG neben den Verbänden und der Handelskammer noch andere Stellen hören. Dennoch sprechen gewichtige Gründe gegen eine Beteiligung der Funkzentralen. Die Funkzentralen haben wie alle, die am Taxi verdienen, andere Interessen als die Taxenunternehmer selbst. So verbessert ein Abbau der Konzessionen die Ertragslage der Taxenunternehmer, reduziert aber gleichzeitig das Potential zahlender Teilnehmer für die Funkzentralen. Der Tarif beeinflusst dagegen die Ertragslage der Funkzentralen nicht. Daher besteht die Gefahr, dass sie die Debatte über den Tarif losgelöst von der tatsächlichen Kostenentwicklung führen und als Plattform für billige Werbung missbrauchen, indem man – wie geschehen - sich öffentlich gegen eine Tariferhöhung ausspricht.
Wir hoffen daher, dass diese erweiterte Runde zukünftig nicht zur Regel wird und die Behörde die Zentralen nur geladen hat, weil die neue Leitung einmal alle Akteure kennen lernen wollte.

Insgesamt standen 6 Punkte auf der Tagesordnung ( Bericht, Gutachten, Tarif, Öffnungsklausel, Image, Verschiedenes). Ich beschränke mich hier im Wesentlichen auf TOP 2+3, weil zu den anderen Punkten wenig Neues gesagt wurde oder weil sie unstrittig sind.

Gutachten:
Herr Huber stellte uns die Ausschreibungsunterlagen vor. Zukünftig werde ich in diesem Zusammenhang den Begriff „Gutachten“ vermeiden, weil ich keine Beihilfe zum Etikettenschwindel leisten möchte. Es handelt sich schlicht um eine Datenerfassung, die jeder ohne Kenntnis des Taxenmarktes durchführen kann. Die Bewertung der gesammelten und zusammengefassten Daten behält sich die Behörde vor. Ich will das Problem an einem Beispiel verdeutlichen:

Die Taxameterdaten dokumentieren unsere hohen Standzeiten. Sie sagen aber nichts über die Ursachen aus. Dazu müsste ein Sachverständiger auch die Marktlage in Hamburg analysieren. Zusätzlich müssten die Hamburger Zahlen mit Zahlen anderer Städte verglichen werden, um wenigstens ein relatives Bezugssystem zu haben. Ein fundiertes Gutachten müsste eigentlich noch weiter gehen und eine Richtgröße für die Taxendichte definieren und Vorschläge unterbreiten, wie diese angesteuert werden soll.
Entsprechend muss ein Gutachter beim Tarif vorgehen. Am Ende sollte ein Tarifvorschlag stehen, dessen Höhe sich an dem betriebswirtschaftlich Notwendigem orientiert und dessen Struktur der Verkehrsdichte einer Großstadt gerecht wird.

Da eine Bewertung der erfassten Daten durch einen Sachverständigen in der Ausschreibung nicht vorgesehen ist, wird der Streit über die Bewertung der Zahlen anschließend weitergehen. Eine gerichtsfeste Grundlage für Entscheidungen der Behörde ist damit und aus den anderen bekannten Gründen nicht gegeben. Somit wird keines der von uns angestrebten Ziele erreicht. Vielmehr erinnert uns dieses Vorgehen ans „Berliner Modell“.
Selbst wenn die Zahlen den Verantwortlichen in der Behörde die Augen öffnen sollten, müsste man dann ein „richtiges“ Gutachten in Auftrag geben. Damit hätte man mindestens ein Jahr verspielt und unnötige Kosten verursacht.

Tarif:
Die nachgebesserte „Senatsvorlage“ ist in jeder Hinsicht inakzeptabel. Sie deckt weder den Kostenanstieg der vergangenen 3 Jahre noch berücksichtigt sie die Wünsche der Taxenunternehmer hinsichtlich der Tarifstruktur (Berechnung der verkehrsbedingten Wartezeit), wie sie in der Umfrage der Handelskammer dokumentiert sind. Die Fehlentscheidungen der Vergangenheit werden also nicht einmal teilweise korrigiert.

Fazit:
Auch wenn die Atmosphäre der Gespräche unter der Regie von Herrn Huber deutlich verbessert hat, in der Sache kommen wir nicht voran. Es ist jetzt aber deutlicher erkennbar als zu Hartmanns Zeiten, dass die Behörde politischen Vorgaben folgt. Die geplante Vorgehensweise der Behörde hinsichtlich des „Gutachtens“ orientiert sich strikt an der Empfehlung des Verkehrsausschusses 17/1559, dessen schwammige Formulierung uns schon damals das Schlimmste ahnen ließ.

Die Bürgerschaft ersucht den Senat,
1. zur Vorbereitung der Entscheidung über die Einrichtung eines Beobachtungs-zeitraums die erforderlichen Prüfungen einzuleiten und ggf. die entsprechenden Gutachten in Auftrag zu geben.


Nach 2 Jahren stehen wir nun ganz am Anfang der „erforderlichen Prüfungen“. Die Tatsache, dass sich die Behörde eine Bewertung der Daten vorbehält, ohne eine unabhängige Stimme zu Wort kommen zu lassen, bestätigt unsere Befürchtungen. Der kürzlich vorgelegte unvollständige und einseitige Bericht gibt uns einen Vorgeschmack auf das Ergebnis. Die Haltung der Behörde in der Tariffrage zeigt, dass an einen Kurswechsel nicht einmal ansatzweise gedacht wird.
Wir erklären hier klar und deutlich: Der Senat bricht mit dieser Politik Bundesrecht. Das Personenbeförderungsgesetz (§§ 13+39) gilt in Hamburg offensichtlich weniger als das der Einfluss gewisser Ohrenbläser.
Der Senat handelt damit auch doppelzüngig. Wer dem Taxengewerbe Rahmenbedingungen aufzwingt, die eine gesetzeskonforme Betriebsführung unmöglich machen, sollte in der Debatte über die Qualität unserer Dienstleistung und über die Steuerehrlichkeit lieber schweigen.
Praktisch zieht der Senat mit seiner destruktiven Politik den Verbänden, die sich für gesetzeskonforme Verhältnisse in unserer Branche stark machen, den Boden unter den Füßen weg. Wie sollen wir die Unternehmer überzeugen, wenn dank der Politik des Senats der Ehrliche zwangsläufig pleite geht?
Ende des Monats wird der Senat über den Tarif entscheiden. Die Ausschreibung des „Gutachtens“ läuft bereits. Wir fordern daher umgehend ein Gespräch mit Senator Freytag, um ihm persönlich unsere Argumente vortragen zu können, bevor das Kind, das schon in den Brunnen gefallen ist, ertrinkt. Im Namen aller unabhängigen Verbände hat der LPVG gestern ein entsprechendes Schreiben an den Senator geschickt.
Sollte die CDU im Vertrauen auf ihre absolute Mehrheit den eingeschlagenen Kurs fortsetzen, also Macht über Recht stellen, und uns damit die Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage für den Rest der Legislaturperiode rauben, werden wir mit angemessenen Maßnahmen antworten. Wir haben 3 Jahre stillgehalten, weil uns zu Beginn der letzten Legislaturperiode mit dem Antrag 17/245 Hoffnungen gemacht wurden, die wir nun beerdigen können. In diesen 3 Jahren hat sich die Lage des Hamburger Taxengewerbes dramatisch verschlechtert. Das Spiel auf Zeit, das der Senat betreibt, zerstört nicht nur die Existenzgrundlage unserer Branche sondern auch das Fundament des Rechtsstaats, nämlich die Rechtssicherheit. Widerstand gegen diese Politik zu leisten, ist daher nicht nur unser Recht sondern Bürgerpflicht!


Anm.: Dies ist mein Bericht an den Abgeordneten Hesse (CDU). Zusätzlich möchte ich hier etwas zum Auftritt von Mario (das taxi) anmerken. Eine 20-prozentige Tarifsenkung als Allheilmittel in den Raum zu stellen und den Verbandsvorständen zu unterstellen, dass ihnen wegen geistiger Unbeweglichkeit nichts anderes als Tariferhöhungen einfallen würde, ist ein starkes Stück, zumal aus dem Munde eines Geschäftsführers einer e.G., die nur deshalb Vertreter des Prüfungsverbandes als Dauergäste ihrer GV´s begrüßen kann, weil die lernen wollen, wie man erfolgreich eine Genossenschaft führt. Aber Spaß beiseite! Peinlich wirds, wenn man dann auch noch die Geschäftspolitik der Konkurrenz lobt!
Der Tarif stand auf der Tagesordnung und ein kostendeckender Tarif ist im Gesetz verankert. Ich würde mich auch lieber mit anderen Dingen befassen, wenn die Behörde ihren gesetzlichen Pflichten nachkäme. Weil dies aber u.E. nicht so ist, ist es unsere Pflicht den Finger in die Wunde zu legen.
Bevor uns wieder solche Auftritte geboten werden, bei denen sogar Herr Dorigoni sprachlos ist, bitte ich doch höflich um vorzeigbare Erfolge des "dt"-Vorstandes. Gleiches gilt für den Autoruf. Bevor man nach einer Öffnungsklausel ruft, um im Interesse eines der letzten guten Kunden den Tarif legal unterbieten zu können, sollte man doch erst mal die Funktechnik zu vertretbaren Kosten auf den Stand bringen. Wenn unsere kompetente Geschäftsführer-Riege ihre Hausaufgaben erledigt hat, dürfen sie sich in ihrer Freizeit gern in Verbandsfuzzi-Beschimpfung üben. Aber nicht vorher!
Im Grunde sollten diese Geschäftsführer uns dankbar sein. Denn eines nicht fernen Tages werden die Taxenuternehmer beim besten Willen keinen nachträglichen 13. und vielleicht 14. Monatsbeitrag mehr zahlen können. Auch ein vierfach überteuertes Datenfunksystem könnte schnell eine Kündigungswelle auslösen, wenn nicht unverhofft Geld in die Kassen der Unternehmer kommen sollte. Somit verschafft eine spürbare Tariferhöhung auch Zentralenchefs Luft, deren Laden auf der K(l)ippe steht. Da niemand ernsthaft eine marktbeherrschende Stellung einer Funkzentrale wollen kann - aus rechtlichen Gründen noch nicht einmal diejenige, die sie schon beinahe hat - , gönnen wir den anderen Zentralen trotz ihrer kleinen Fehler eine zweite Chance. Also macht besser Eure Hausaufgaben und vertrödelt Eure Zeit nicht mit Gewerbepolitik! Die fordert, wenn sie richtig betrieben werden soll, ganzen Einsatz. Jedenfals reicht es nicht, alle 3 Jahre mal wie Nessi aus dem Loch aufzutauchen.
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