Plausibilität und Autohandel

Poorboy
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Beitrag von Poorboy » 09.05.2013, 19:43

Kenne ich doch, Arne,

dort steht, zum laufenden Arbeitslohn zählen AUCH Umsatzprovisionen! Dort steht nicht AUSSCHLIESSLICH!

Poorboy

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SindSieFrei?
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Beitrag von SindSieFrei? » 09.05.2013, 22:42

Wir können das jetzt bis zum coitus fiskalis interuptus durchdiskutieren.---

Also letztmalig nochmals:

"Sittenwidrige Umsatzlohnvereinbarungen

Eine Vereinbarung des Arbeitslohnes nur nach dem Umsatz ohne festes, ausreichend hohes Grundgehalt ist in der Regel sittenwidrig und damit nichtig. Dies gilt vor allem dann, wenn keine hinreichenden Verdienstchancen für den Arbeitnehmer bestehen und das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit damit auf den Arbeitnehmer übertragen wird (LAG Hamm, Entscheidung vom 3.10.1979, 1 Sa 946/79, BB 1980, 105)."

WIR diskutieren hier aber nicht nicht mal die Sittenwidrigkeit!, das wäre ja viel zu einfach, sondern (daraus ergänzend) die Steuer- und Abgabenverkürzung durch gesetzeswidrige ZuschlagsABrechnung. Und ein Nicht-Papier-Grundgehalt hat kaum ein Taxifahrer. Wer das am MONATSANFANG garantiert hat, möge "hier" schreien! Ich habe jetzt keine Lust mehr auf diesen sinnlosen Blödsinn. Taxifahrer haben ihre eigenen Gesetze. Nichts, was anerkanntes, praktiziertes Recht ist, gilt hier. Es wird nicht mal von den Behörden durchgesetzt, wenn man nicht selber aktiv wird. Dieses mangelhafte Unrechtsbewußtsein kotzt mich mittlerweile an, obwohl ich den Job an sich sehr liebe.

Gute N8t.
Dura lex, sed lex.

Poorboy
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Beitrag von Poorboy » 09.05.2013, 22:57

Und ein solches Entgelt ist in VOLLER HÖHE steuer- und sozialabgabenpflichtig!

Die Provision hat anders als der Lohn eben keinerlei Zeitbezug und kann nicht beliebig in Essensgeld oder Stauzulage gewandelt werden!

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Filou
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Beitrag von Filou » 10.05.2013, 00:05

Poorboy hat geschrieben:Und ein solches Entgelt ist in VOLLER HÖHE steuer- und sozialabgabenpflichtig!
Wovon redet ihr eigentlich die ganze Zeit, bei uns sinken gerade die Pachtpreise auf 1000€ im Monat. Was ist Entgeld? Steuern und Versicherung auf die 1000€ Pacht? Mir dreht sich gerade alles und dass liegt nicht am Vatertag. Weiterhin machen alle jungen Burschen bei uns gerade die Sach- und Fachkunde zum Unternehmer und die Firmen werden gesplittet. Interessiert es eigentlich die anderen Millionen Steuerzahler ob wir Abgaben entrichten? Hatte gestern erst wieder das Angebot die Uhr aus zu lassen. Was ist mit dem Bund der Steuerzahler, dem müssten unsere Methoden doch gefallen. Die Armen, lasst ihnen doch das Geld. Wettbewerb gibt es im Taxigewerbe doch sowieso nicht, die stehen doch alle nur rum und sitzen sich ihren A... platt. Was soll man daran denn gerechter machen? Sind doch alle hübsch verteilt und immer jederzeit zur Stelle. Autohandel mit Taxen, man die sind doch nach eins zwei Jahren sowieso nichts mehr wert und die Autoindustrie verkauft doch so gerne ihre neuen Schmuckstücke und wir stehen doch drauf für unnützen Kram immer mehr Geld auszugeben. Und die nicht abgeholten Wagen sind doch schnell wieder vom Hof, irgendein Hauptschüler mit Taxiunternehmen findet sich immer, wenn nicht, Tageszulassung oder als Vorführwagen zugelassen, abschreiben und rabattieren, weg. Nächster bitte. Lockt man halt die kühlen Rechner. Lasst sie doch einfach machen, was, eine Arbeitskraft erwirtschaftet nur so wenig Umsatz? So etwas gibt es? Warum machen die dass? Sind die blöd oder faul oder beides? Und für die soll ich mich einsetzen? Da rette ich doch lieber meinen eigenen Hintern. Mist, was ist, wenn mir mal auch nicht anderes übrig bleibt und ich nur noch Taxi fahren kann? Schwierig... Dann geht es mir bestimmt nicht mehr gut und als Taxifahrer kann man nur mit Schwarzgeld überleben. Mmh, mal nachdenken. Dann lassen wir die mal lieber in Ruhe. Hoffentlich komm ich nur nie in diese Situation.

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Beitrag von Poorboy » 10.05.2013, 02:17

Hier:

http://www.juraforum.de/lexikon/provision

findet man dieses:

„4. Arbeitnehmer auf Provisionsbasis
Neben einem Arbeitsentgelt in einer bestimmten, festen Höhe kann die weitere Vergütung als Provisionszahlung vereinbart werden. Dies ist insbesondere bei Außendienstmitarbeitern oftmals der Fall.
Zulässig ist es auch, die Vergütung eines Arbeitnehmers gänzlich auf Provisionszahlung zu vereinbaren, sofern der Arbeitnehmer in etwa ein dem üblichen Verdienst der Tätigkeit angemessenes Entgelt erzielen kann. Ist dies nicht der Fall, ist die Vereinbarung sittenwidrig, der Arbeitgeber schuldet den üblichen Verdienst.“

Arnes Argumente und Links zielen alle auf eine Ermittlung des Arbeitsentgelts wie im ersten Absatz beschrieben.
Tatsächlich geht es aber nach der Methode im zweiten Absatz!

Gezahlt wird eben kein Grundlohn plus Abschlussprovision, sondern einzig und allein Abschlussprovision!!!
Sollten die beiden konsultierten Steuerberater sowie SSFs weiblicher Fahrgast aus dem gehobenen Dienst im Finanzamt mit ihrer Einschätzung richtig liegen, stiege der Schaden für die Steuerkasse mit der Anzahl der Fahrer, die ein Betrieb beschäftigt. Ab welcher Summe auch die Genehmigung in Gefahr gerät, kann ich nicht beurteilen.

Kann aber schnell gehen:

http://www.rechtsprechung.niedersachsen ... romHL=true

Poorboy

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Beitrag von Poorboy » 10.05.2013, 04:18

arne13 hat geschrieben:
Die Basis ist überall schwankend, ich verweise diesbezüglich auf die obige LStR. Bei einer monatlichen Lohnabrechnung, die nun mal auch im Taxengewerbe üblich ist, ist dass nun wirklich nicht kompliziert, bei nachgewiesenen Arbeitszeiten irgendwelche Zuschläge rechnen zu können. Die Grundrechenarten reichen hierfür völlig aus. Ist vielleicht umfangreich aber das wars.

Gruß
Arne
Eben nicht, Arne,

wieviele Geschäftsvorfälle, sprich Touren, und mit welchem Wert hat es für Deinen Fahrer an einem konkreten Sonntag gegeben?? Selbst wenn man Provisionen steuerlich wie Lohn behandeln dürfte, müsste die exakte Summe für einen exakt bestimmten Zeitraum, hier ein Sonntag, nachgewiesen werden, um dann "steuergestaltend" tätig zu werden.

Ohne Fiskaltaxameter kannst Du kaum nachweisen, welche Provision in der steuerlich begünstigten Zeit verdient wurde. Und zwar genau, sonst wird es pauschal, und genau das ist verboten!

Poorboy

Edelgard
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Beitrag von Edelgard » 10.05.2013, 04:36

Arbeitnehmer auf Provisionsbasis
Zulässig ist es auch, die Vergütung eines Arbeitnehmers gänzlich auf Provisionszahlung zu vereinbaren, sofern der Arbeitnehmer in etwa ein dem üblichen Verdienst der Tätigkeit angemessenes Entgelt erzielen kann. Ist dies nicht der Fall, ist die Vereinbarung sittenwidrig, der Arbeitgeber schuldet den üblichen Verdienst.
Selbst der Gewerbeauspresser, der sich zu seinen 15 Konzessionen im verkommenen Überwettbewerbsgewerbe noch eine Konze dazuholt, weil er genug Billiglöhner in Reserve hat, kann erst einmal geltend machen, daß die zusätzliche Vergabe staatlicherseits legitimiert ist. Nur ein korrumpierter Staat würde zusätzliche Konzen erlauben, so daß Niedriglohn entsteht. Der Gewerbeauspresser handelt also mit Wollen und Rückendeckung des Staates wenn er die Löhne verdirbt. Damit haftet der Staat, wenn er sich zum Kollaborateur von Gewerbeauspressern und Dumpingunternehmern macht. Diejenigen, die einst ehrlich angetreten sind, können nun nicht über angebliche Illegaliät eines Provisionslohnes kriminalisiert werden. Der Staat in Form seiner willfährigen Gesetzesverdreher hat fortgesetzt gegen § 13 (4) PBefG verstoßen und hat damit einen - unter Einbeziehung drohender Altersarmut - mutmaßlichen Milliardenschaden verursacht. Der Staat haftet im Personenbeförderungsgewerbe dafür, wenn Provisionslohn nicht mehr funktioniert und nicht der alteingesessene Unternehmer und zunächst auch nicht der gewerbeauspressende Unternehmer. Der Unternehmer sorgt für funktionierende Fahrzeuge mit entsprechender Funkvermittlungstechnik, der Staat sorgt dafür, daß ein mit dem Common sense vereinbares Arbeiten möglich ist.

Filou
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Beitrag von Filou » 10.05.2013, 07:22

Edelgard hat geschrieben:Der Staat haftet im Personenbeförderungsgewerbe dafür, wenn Provisionslohn nicht mehr funktioniert und nicht der alteingesessene Unternehmer...
Auch der junge Neuunternehmer, der sich einem gerechtem Wettbewerb stellt, muss geschützt werden. Wir haben hier mindestens 5, die demnächst die Wahl zwischen Pacht und aufhören haben, weil ihnen die Fahrer weglaufen. Wir schützen unseren Nachwuchs kaum, der, wenn er anfängt, noch voller vernünftiger Tatendrang ist.

arne13
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Beitrag von arne13 » 10.05.2013, 08:06

Poorboy hat geschrieben:Hier:

http://www.juraforum.de/lexikon/provision

findet man dieses:

„4. Arbeitnehmer auf Provisionsbasis
Neben einem Arbeitsentgelt in einer bestimmten, festen Höhe kann die weitere Vergütung als Provisionszahlung vereinbart werden. Dies ist insbesondere bei Außendienstmitarbeitern oftmals der Fall.

Zulässig ist es auch, die Vergütung eines Arbeitnehmers gänzlich auf Provisionszahlung zu vereinbaren, sofern der Arbeitnehmer in etwa ein dem üblichen Verdienst der Tätigkeit angemessenes Entgelt erzielen kann. Ist dies nicht der Fall, ist die Vereinbarung sittenwidrig, der Arbeitgeber schuldet den üblichen Verdienst.

Arnes Argumente und Links zielen alle auf eine Ermittlung des Arbeitsentgelts wie im ersten Absatz beschrieben.
Tatsächlich geht es aber nach der Methode im zweiten Absatz!

Gezahlt wird eben kein Grundlohn plus Abschlussprovision, sondern einzig und allein Abschlussprovision!!!
Arnes Argumente und Links zielen alle auf eine Ermittlung des Arbeitsentgelts wie im zweiten Absatz beschrieben.

Was auch zulässig ist -hätte ich nicht gedacht-, zumindest steht es in deiner Quelle. Auf die mögl. Sittenwidrigkeit der Höhe des Grundstundlohnes habe ich mehrmals hingewiesen, ebenfalls dass sämtliche Lohnbestandteile variabel sind.
arne13 hat geschrieben: 1. Sittenwidrigkeitsgrenze des ermittelten steuer- u. sozialversicherungspfl. Std.-Lohns
2. Sämtliche Lohnbestandteile sind variabel, was ein grundsätzliches Problem darstellt, aber nicht bei der Ermittlung von steuerfreien Zuschlägen, wenn dies nicht pauschal passiert.
Es ging hier ursprünglich um Steuerrecht! Differenzieren ist nicht deine Stärke, dieser Umstand macht eine Diskussion schwierig. Deine absurden Theorien wie ein laufender Grundlohn und Stundensätze angeblich errechnet werden muss, gehen auch völlig am §3b, Abs. 2 EStG vorbei, und lassen für mich den Schluß zu, dass eine weitere Diskussion keinen Sinn mehr macht!

Also noch viel Spaß
Arne

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Emilie
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Beitrag von Emilie » 10.05.2013, 08:55

"Wir können das jetzt bis zum coitus fiskalis interuptus durchdiskutieren.---"


warum sperrt der dicke Polizist eigentlich nicht endlich mal dieses Furztrockene HH-Forum... :roll:
Bloß kein Stress...

Gebt mir ruhig die Schuld!

E. G. Engel
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Beitrag von E. G. Engel » 10.05.2013, 10:11

Solange kein Hahn danach kräht …..


Mal mit Überschrift. Auch was Neues.

Mal ganz kurz zu den anderen Kollegen welche meinen die hier diskutierte Problematik geht am eigentlichen Thema vorbei. Einer der Gründe, weil Steuern und Abgaben auch Kosten darstellen, für bestehende Überangebote und in der Folge geringe Umsätze sind eben „Steuer-. Und Abgabensparmodelle. Die Problematik setzt sich fort bis dahin wer sich berufen fühlt auf der Taxe sein Geld zu verdienen. Dabei sind wir dann auch bei einem bestimmten Unternehmer- und Fahrertypus. Es ist also keine theoretische Diskussion sondern es geht auch um die Ursache für die Taxenschwemme und damit zusammenhängende Probleme. Zumindest für mich ist dies die Triebfeder hier so hart zu diskutieren.




Poorboy,, und auch ich mit anderen Worten und Versuchen, haben schon darauf hingewiesen: Pauschalisierungen sind i.S.d. § 3 EStG nicht zulässig. Der Wortlaut des § 3 EStG verlangt die tatsächlichen Stunden. Es dürfte zur Gesetzessystematik gehören dass, gerade bei Steuerersparnis, auch die tatsächlichen Verdienste zu diesen Stunden gehören.


Wenn wir nach Quellen für Provisionslöhne suchen stoßen wir i.d.R. auf Außendienstmitarbeiter und ähnliches. Kombinationen mit Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit (§ 3 EStG), also was bei uns üblich ist, sind nicht zu finden. Dabei geht es immer um „was ist Lohn“ und „Lohn ist“. Fazit: Provisionen sind auch Löhne. Auch variable Lohnbestandteile sind Arbeitslohn.


Problem an der ganzen Sache und ob richtig oder nicht ist die Bildung von Pauschalen um den § 3 EStG anzuwenden. Zuschläge nach 3§ 3 EStG pauschal anzuwenden, zu ermitteln ist nicht zulässig. Ergibt auch Sinn, weil dann pauschal hin und her gezogen werden kann um möglichst viel Steuern zu sparen.


Nehmen wir doch mal den von Edelgard geposteten Arbeitsvertrag. Die meisten dürften im Kern so ähnlich sein.


Aus diesem Arbeitsvertrag geht weder eine Stundenzahl noch wann diese Stunden zu welcher Tageszeit geleistet werden hervor. Schon einmal pauschal und unbestimmt.


Nehmen wir einen Nachtfahrer der von Montags bis Freitags fährt und am Wochenende sitzt dann nachts eine 450.- € Kraft auf der Kiste. Würde in den Büchern des Unternehmers am Wochenende die 450.- € Kraft stehen wäre dies verschenktes Geld weil die 450.- € Kraft nur legal pauschal versteuert wird. Wäre doch besser, für Unternehmer und Fahrer, wenn der eigentliche Fahrer am Wochenende bis weit in den Sonntag hinein in den Büchern steht, bringt doch mehr netto.


Das ist nur ein Beispiel von vielen wie man nach der Methode arne13 (NICHT arne13 persönlich, NUR Methode der Pauschalisierung) bei der Ermittlung der tatsächlichen Stunden i.S.d. § 3 EStG verfahren kann (und wird). Ein anderes Beispiel wäre die Konzentration von Arbeitszeit und Umsatz (Provisionen) auf Zeiten mit hohen steuerfreien Lohnanteilen, also aus 5 Tage Woche Mo bis Fr mach 3 Tage Woche Fr bis weit in den Sonntag. Abrechnungstechnisch natürlich. In der Kombination Taxifahrerarbeitsverträge und dem pauschalisierenden Modell arne13 alles möglich.


Nun Kann man argumentieren: Beweis mir das Gegenteil. Im Steuerrecht ist die Beweislast aber auf Seite des Steuerpflichtigen. Mit dem Modell arne13 ist auf dem Umweg der Pauschalisierung alles möglich und nichts beweisbar i.S.d. Steuerrechtes. Darum sind ja eben im Steuerrecht auch Pauschalisierungen verboten, egal was kunstvoll hoch und runter gerechnet wird.


Und deswegen halte ich die Methode arne13 für eine kriminelle Kiste.


Und deswegen auch die Aufregung. Wo kein Hahn nach kräht ….. . Aber jetzt kräht der Hahn.


Engel

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Beitrag von E. G. Engel » 10.05.2013, 11:56

Ich stelle mir gerade mal so einen Aussendienstmitarbeiter der auf Provisionsbasis entlohnt wird vor.In der Woche werden Anschlüsse getätigt und Sonntags 14 Stunden "Nachbearbeitung" mit "50%" nach 3 EStG. Hurra! Warum finden wir nichts?

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Otto126
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Beitrag von Otto126 » 10.05.2013, 12:10

pauline hat geschrieben:Für alle, die die hier mitlesen und sich nicht wegen der Interpretation von rechtlichen Begriffen kloppen wollen :
Diese Diskussion wird fast ausschließlich in Hamburg geführt. Und hier auch nur von ca 10-20 Prozent der Markt-Beteiligten.
Der Rest des Taxenuniversums ignoriert den Kram und (...)
... betrügt weiter!
"In der Lebenswelt gibt es drei Kategorien, das Essbare, das Kopulierbare und das Gefährliche"

"Mir gefällt Ihr Benehmen nicht."
"Macht nichts. Ich verkauf's ja nicht."

Wat woll'n die Atzen eigentlich von mir?

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Beitrag von Poorboy » 10.05.2013, 14:01

E. G. Engel hat geschrieben:Ich stelle mir gerade mal so einen Aussendienstmitarbeiter der auf Provisionsbasis entlohnt wird vor.In der Woche werden Anschlüsse getätigt und Sonntags 14 Stunden "Nachbearbeitung" mit "50%" nach 3 EStG. Hurra! Warum finden wir nichts?
Weil bei einer Prüfung gemäß der Abrechnungen von Lohn ausgegangen wird.

Erst der Blick in den Arbeitsvertrag offenbart, dass es überhaupt keine Lohnabsprache gibt und eine Abschlussprovision gezahlt wird, ohne dass der einzelne Fälligkeitszeitpunkt bestimmt wird.

Aus den einzelnen Provisionen wird dann "pauschal" ein Durchschnitt errechnet und so weiter...

In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit bemüht sich die Wirtschaft immer, zu einem Sozialsystem wie zu Zeiten Charles Dickens zurückzukehren.

Nun hat aber dieses Modell der bekannt "redlichen" Vielwagenunternehmer nirgendwo Nachahmer gefunden. Selbst Einzelhandelsketten mit den unappetitlichsten Arbeitsverhältnissen, aber beraten von Top-Juristen, sind nicht dazu übergegangen, Provisionen als steuerfreies Essens- und Manko-Geld zu deklarieren.

Sind die zu blöd dazu, zu erkennen, dass MWUs das "Ei des Kolumbus" gefunden haben??

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Beitrag von eichi » 10.05.2013, 15:52

Diese Unternehmen haben ja auch häufig Betriebsräte, die dann mal "beratend eingreifen" und
die auch wissen, was anderweitig Standard ist.
Bei Unternehmern, die von "Personalführung und Motivation" nur Lohnabzug und A###tritt kennen,
was will man da erwarten?
Es ist so bequem, unmündig zu sein. (Immanuel Kant)

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Beitrag von Poorboy » 10.05.2013, 17:05

arne13 hat geschrieben:
Was auch zulässig ist -hätte ich nicht gedacht-, zumindest steht es in deiner Quelle.
Habe ich das richtig verstanden? Du fährst ein Modell, das Du selbst nicht für zulässig gehalten hast?

Es ist unzulässig, weil unter Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeiten eben kein ausreichendes Einkommen zu erreichen ist!

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Beitrag von SindSieFrei? » 10.05.2013, 19:05

Gehen wir doch mal der Sache noch ein wenig auf den Grund: Es macht immer Sinn, das Geschriebene mit Text zu unterlegen, das lockert so schön auf, oder Emilie? :P Nebenbei lernen einige der Massenwagen-MWU jetzt zwei neue Wörter: Einzelabrechnung und Einzelaufstellung!

Ein Urteil
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 8.12.2011, VI R 18/11
wurde bereits mehrmals zitiert, aber vielfach nicht verstanden. Dabei ist es einfach, wenn man lesen kann. Ich zitiere daraus die entscheidenden Passagen, das Urteil kann unter diesem Link im Gesamten eingesehen werden. Dazu gibt man in der Suchmaske einfach das Datum ein.

Zunächst die höchstrichterlichen Leitsätze:
Leitsätze

1. Pauschale Zuschläge, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf die Höhe der tatsächlich erbrachten Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit oder Nachtarbeit an den Arbeitnehmer leistet, sind nur dann nach § 3b EStG begünstigt, wenn sie nach dem übereinstimmenden Willen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Abschlagszahlungen oder Vorschüsse auf eine spätere Einzelabrechnung gemäß § 41b EStG geleistet werden.
2. Diese Einzelabrechnung zum jährlichen Abschluss des Lohnkontos ist grundsätzlich unverzichtbar.

3. Auf sie kann im Einzelfall nur verzichtet werden, wenn die Arbeitsleistungen fast ausschließlich zur Nachtzeit zu erbringen und die pauschal geleisteten Zuschläge so bemessen sind, dass sie auch unter Einbeziehung von Urlaub und sonstigen Fehlzeiten --aufs Jahr bezogen-- die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllen.
Der Leitsatz ist die inhaltliche Zusammenfassung eines richterlichen Urteiles, die Entscheidungsgründe, die für unsere Diskussion relevant sind, zitiere ich folgend:
9
2. Nach § 3b Abs. 1 EStG i.d.F. der Streitjahre sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge nur dann steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift ist Grundlohn der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen.
Kommt uns bekannt vor, oder? Sprachen wir schon drüber. Es geht weiter:
10
a) Die Steuerbefreiung tritt allerdings nur ein, wenn die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Oktober 1984 VI R 199/80, BFHE 142, 146, BStBl II 1985, 57), und setzt grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit voraus (BFH-Urteil vom 28. November 1990 VI R 90/87, BFHE 163, 73, BStBl II 1991, 293). Dadurch soll von vornherein gewährleistet werden, dass nur Zuschläge steuerfrei bleiben, bei denen betragsmäßig genau feststeht, dass sie nur für die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden und keine allgemeinen Gegenleistungen für die Arbeitsleistung darstellen.
Jetzt wird es spannend:
13
d) Eine jährliche Abrechnung gemäß § 41b Abs. 1 Satz 1 EStG ist grundsätzlich unverzichtbar (BFH-Entscheidungen in BFHE 169, 515, BStBl II 1993, 314; in BFHE 210, 113, BStBl II 2005, 725; vom 18. Mai 2005 IX B 178/04, BFH/NV 2005, 1553; vom 18. November 2003 VI B 123/03, BFH/NV 2004, 335), es sei denn, die Pauschalzahlungen werden für tatsächlich erbrachte Arbeitsstunden zur Nachtzeit geleistet und sind so bemessen, dass sie auch unter Einbeziehung von Urlaub und sonstigen Fehlzeiten --aufs Jahr bezogen-- die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllen (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2009 VI R 16/08, BFH/NV 2010, 201).
14
3. Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze hat das FA die von der Klägerin geleisteten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zu Recht dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Denn die Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind nicht gegeben.
Wir schließen ab:
16
b) Allerdings hat die Klägerin ausweislich des Revisionsvorbringens die streitigen Zuschläge pauschal ohne Ansehung der von den Arbeitnehmern im Einzelnen tatsächlich zu den nach § 3b Abs. 2 EStG begünstigten Zeiten geleisteten Arbeitsstunden gewährt. Die Zuschläge sind jedoch weder zum Ende der Kalenderjahre errechnet noch sind Einzelabrechnungen bis zum jährlichen Abschluss der Lohnkonten am jeweiligen Jahresende vorgenommen worden. Pauschale Zuschläge, wie sie im Streitfall gezahlt worden sind, können --wie dargelegt-- aber nur dann nach § 3b EStG steuerbefreit sein, wenn sie --anders als im Streitfall-- durch Einzelabrechnung der tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit zugeordnet werden
So, ist das nun so schwer zu verstehen? Klägerin war eine Taxiunternehmerin! Huch :shock:

Frage dazu: "Lohn"abrechnung: Wer findet auf seiner (ich finde sie auf meiner tatsächlich, allerdings in "Faktorsätze" umgerechnet, aber sie sind buchhalterisch vorhanden!, trotzdem mit dem altbekannten Reinrechnen, weil sie ja NICHT auf die % vom Brutto ZUgeschlagen werden) eindeutige Einzelabrechnungen???

Neuerdings allerdings kommen mir immer mehr Abrechnungen unter, die nur noch den Titel: "Steuerfreie Zuschläge nach §3b" OHNE weitere Aufschlüsselung tragen. Schlichtweg Schwachsinn! Vor allem bei Wagen OHNE Cey. Wer schlüsselt da auf??? Eine Armee von Tourenprotokollanten?

Als Nächstes sollte man sich mal das Thema Schichtplan (also eigentlich Dienst) und gesetzliche Feiertage vornehmen. Ist wirklich lustig das Thema, dazu aber irgendwann später mal mehr. :wink:


LG

PS: Alle Zitathervorhebungen durch mich.

PPS: Ist eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, das die Bezugsgröße, also der Monatsumsatz, der eingefahren wurde, auf jeder Abrechnung fehlt???
Dura lex, sed lex.

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Beitrag von Poorboy » 10.05.2013, 22:18

Jetzt will Arne bestimmt auch mit Dir nicht mehr diskutieren.

Die monierte Bezugsgröße Deines Entgelt, also der generierte Gesamtumsatz,darf nicht drinstehen. Sonst kann man nicht € 1,03 pro Kilometer in den Büchern haben, wenn tatsächlich € 1,24 gefahren werden.

Auf die Idee, das Jahresgesamtentgelt der Fahrer abzüglich eventueller LFZ für 43% des Umsatzes, wie im "Überlassungsvertrag" definiert, zu nehmen, und dann mittels Dreisatz den tatsächlichen Umsatz des MWU zu bestimmen, sind bislang weder Finanzamt, noch Verkehrsgewerbeaufsicht gekommen

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Beitrag von Poorboy » 11.05.2013, 04:25

Frettchen hat geschrieben:In dem Zusammenhang wird dann spannend die Frage zu klären sein, ob der Arbeitnehmer auch am negativen Geschäftsergebnis beteiligt wird.

Im Klartext, der Werkvertrag/die Dienstleistung wurde erfüllt aber der Preis nicht bezahlt.

Preisfrage: "Bekommt der Arbeitnehmer trotzdem seinen Lohn"?
Ein ganz wichtiger Punkt! Geht der Fahrgast stiften ohne zu zahlen, bekommt der Fahrer auch keine Provision.

Dass "Löhne" nur gezahlt werden, wenn Kunden den Unternehmer auch bezahlen, ist mir nicht bekannt.

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Anna Chronismus
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Beitrag von Anna Chronismus » 11.05.2013, 12:57

Poorboy hat geschrieben:Jetzt will Arne bestimmt auch mit Dir nicht mehr diskutieren.
Ich finde es grundsätzlich falsch, Kollegen mit anderen Meinungen (z.B. Ivica Krijan oder arne13) hier exemplarisch vorzuführen. Denn diese Kollegen sind immerhin bereit, hier zu diskutieren. Die, die man sich vornehmen sollte, sind aber die, die still und heimlich (und in ganz anderem Umfang) die zu kritisierenden Dinge tun.

Bei allem Verständnis an der Lust zur Provokation: Bitte mit Augenmaß. Ist nicht zuletzt auch der Sache dienlich.
Action speaks louder than words
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Single "Amen" (1968), B-Seite


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