Plausibilität und Autohandel

pauline
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Beitrag von pauline » 11.05.2013, 13:17

Ist hier schon mal einer auf die Idee gekommen, dass der Beruf des Taxifahrers sich in wesentlichen Punkten von anderen Berufen unterscheidet ?
Was die unbeobachtete "Freiheit" und Unabhängigkeit von direkten Aufträgen des Arbeitgebers angeht, ist dieser Beruf EINZIGARTIG !
Es sei denn, der Chef kann das Treiben seines Angestellten rund um die Uhr per moderner Technik überwachen - und vor allem steuern. Will das jemand von den angestellten Vertretern hier ?

Warum fordern hier manch verbitterte Allein-Überlebens-Versucher nicht ehrlicherweise die ABSCHAFFUNG von angestellten Fahrern. Das wäre konsequent. Auch wenn es ihnen nichts nutzen wird.

Und : Mindestlohn hat nichts zu tun mit umsatzbeteiligter Bezahlung. Ein Mindestlohn lässt sich auf jede Weise verdienen. Dazu gehören allerdings entsprechende Strukturen in einem funktionierenden Markt. So lange der Sozialstaat per "Aufstockung" die Löhne teilweise übernimmt, die eigentlich die Arbeitgeber bezahlen müssten, bleibt alles beim alten. Und wer sagt eigentlich, dass der Staat bei entsprechenden Voraussetzungen nicht den Lohnanteil bis zum Mindestlohn übernimmt, sollte dieser eingeführt werden ?

Wer seinen Leuten keinen auskömmlichen Lohn zahlen kann gehört nicht in den Markt und muss abtreten oder selbst arbeiten.
Selbstausbeutung ist ja erlaubt !

Poorboy
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Beitrag von Poorboy » 11.05.2013, 14:00

Anna Chronismus hat geschrieben:
Bei allem Verständnis an der Lust zur Provokation: Bitte mit Augenmaß. Ist nicht zuletzt auch der Sache dienlich.
Wenn ich mich "Dummkopf" nennen lassen muss, weil ich die Verwandlung einer Abschlussprovision zur "Stauzulage" für illegal halte, steht mir Spott schon zu.

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pauline
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Beitrag von pauline » 11.05.2013, 15:25

Wenn für die "Stauzulage" Lohnsteuer und Sozialabgaben entrichtet werden möchte ich mal wissen, wieso diese illegal sein soll !
Sozialversicherungs- und steuerpflichtig kann ich Zulagen oder auch Provisionen zahlen wie ich lustig bin. Und ich kann sie auch nennen, wie ich will.
Der Arbeitnehmer kann hier auch Namens-Wünsche äußern, bevor er seine Unterschrift unter den Vertrag setzt.

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Anna Chronismus
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Beitrag von Anna Chronismus » 11.05.2013, 16:12

pauline hat geschrieben:Sozialversicherungs- und steuerpflichtig kann ich Zulagen oder auch Provisionen zahlen wie ich lustig bin.
Knackpunkt ist aber, dass die gängigen Zulagen (insbesondere für Nacht- sowie für Sonn- und Feiertags-Arbeit) im Taxengewerbe ohne Zahlungen von Lohnsteuer und Sozialabgaben gestaltet und gezahlt werden. Wie wir hier lernen: Aus gleich mehreren Gründen rechtswidrig. Woraus sich Nachzahlungen für Steuer- und Sozialabgaben-Verkürzungen in kräftiger Höhe ergeben, und sich Strafverfahren entwicklen können.

Daran ändert Dein launiger Einwurf auch nichts.
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Beitrag von eichi » 11.05.2013, 16:22

@Pauline
Sooo einzigartig ist der Beruf des Taxifahrers nicht. Ich habe früher als Servicetechniker
im Außendienst gearbeitet, auch Schichtarbeit nachts, Rufbereitschaft mit allem Pipapo,
telefonische und digitale Auftragserteilung, nur sporadische Besuche beim Chef im Büro
und sehe durchaus viele Parallelen.
Ein Unterschied: statt am Posten zu stehen habe ich Maschinen beim Kunden
repariert und bin dann zum Nächsten gefahren, mit tw. nicht viel weniger Touren als eine Graupe.

Die Vergleichbarkeit mit anderen Branchen ist also durchaus gegeben!
Entlohnung, Mitarbeiterführung etc. allerdings nicht, da sind wir lt. Poorboy bei Charles Dickens/ Ebenezer S.
Es ist so bequem, unmündig zu sein. (Immanuel Kant)

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Beitrag von pauline » 11.05.2013, 17:39

Ich kenne die Gepflogenheiten in diesem Gewerbe schon ein halbes Menschenalter.
Selbstverständlich sind "Stauzulagen" nicht steuerbefreit. Sie werden als Ausgleich an die Tagfahrer gezahlt, damit diese nicht wegen der Zulagen, die die Nachtfahrer bekommen anfangen zu maulen.
Dies ist gängige Praxis bei den Betrieben, die ihre steuerfreien Nacht- und Sonntags-Zulschläge bezogen auf die Umsatzprozente errechnen.
Dies war aber nach Aussage der OFD schon immer nicht zulässig. Moniert wurde es bei Außenprüfungen allerdings noch nie, so weit ich weiß.

Stauzulagen und andere Konstrukte sind Erfindungen. Wer hierauf keine LoSt. oder Sozialabgaben zahlt hat nicht alle Tassen im Schrank.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dies in irgend einem Betrieb so läuft, Anna !

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Beitrag von pauline » 11.05.2013, 17:51

@eichi
Aber du hast dir ja wohl deine Kunden nicht selbst gesucht, oder ?
Dein Chef hat dir doch nicht einen Werkzeugkoffer in die Hand gedrückt und gesagt : "Nun finde mal Leute, die deinen Service brauchen".
Du bist vom Chef zu genau benannten Kunden hingeschickt worden. Das ist ein ganz entscheidender Unterschied.

Taxifahrern am ähnlichsten sind noch Fischer. Deshalb bekommen sie auch neben einem recht geringen Fixum Fangprämien. Sonst würde das auch dort nicht funktionieren, solange der Chef nicht mit an Bord ist. Bei Windstärke 8 eine Hieve Kabeljau hochzuholen macht noch weniger Spaß, als Besoffene von Kneipe zu Kneipe zu fahren.

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Beitrag von nightdancer » 11.05.2013, 18:15

pauline hat geschrieben:@eichi
Aber du hast dir ja wohl deine Kunden nicht selbst gesucht, oder ?
.
Naja, diese pseudo-sozial Romantik vom Lonly Taxifahrer mag ja nett sein, gilt jedoch nicht für das Gesamtgewerbe. Als MWU sorge ich für die Arbeit, insofern gibt es naturgemäß auch keine Provisionen ausser der Faher bringt Serienfahrten bei.

Du und andere sollte mal endlich lernen, über den Tellerrand zu schauen und auch zu bemerken, dass jeder Job sich einem Wandel unterworfen ist.
Ich wiederhole mich - die Parxis in Großstädten per Pseudo-Provisionen zu zahlen ist kein Naturgesetz. Auch wenn es dir nicht passt.

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Beitrag von SindSieFrei? » 11.05.2013, 18:55

pauline hat geschrieben:...
Dies ist gängige Praxis bei den Betrieben, die ihre steuerfreien Nacht- und Sonntags-Zulschläge bezogen auf die Umsatzprozente errechnen.
Dies war aber nach Aussage der OFD schon immer nicht zulässig. Moniert wurde es bei Außenprüfungen allerdings noch nie, so weit ich weiß...
Wenn du nicht weißt, wie und wo du suchen sollst, findest du auch nichts! "Belegprüfer" kommen auf manchen Mist einfach nicht, weil er vollkommen unvorstellbar ist und weil alles schlüssig aussieht ... "Bitte waaas?"... Darum muss man denen das Geschäftsmodell ja auch erklären.

LG
Dura lex, sed lex.

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Beitrag von pauline » 11.05.2013, 18:56

Naja, diese pseudo-sozial Romantik vom Lonly Taxifahrer mag ja nett sein, gilt jedoch nicht für das Gesamtgewerbe. Als MWU sorge ich für die Arbeit, insofern gibt es naturgemäß auch keine Provisionen ausser der Faher bringt Serienfahrten bei.
Es geht nicht um Romantik, sondern um Effizienz und Spaß an der Arbeit.
Wie sorgst du denn als MWU für Arbeit ? Du tust nichts anderes, als ein brauchbares Werkzeug (Taxi) bereit zu stellen. Den Rest muss der Fahrer ganz allein machen. Wenn du einer Vermittlung angehörst zahlst du noch Beitrag. Wie viele Kunden hast du denn selbst besorgt ?
Du und andere sollte mal endlich lernen, über den Tellerrand zu schauen und auch zu bemerken, dass jeder Job sich einem Wandel unterworfen ist.
Ich wiederhole mich - die Parxis in Großstädten per Pseudo-Provisionen zu zahlen ist kein Naturgesetz. Auch wenn es dir nicht passt.
Es gibt im Wirtschaftsleben kein Naturgesetz.
Wer will denn den Wandel, was die Art der Entlohnung angeht ?
Hör dich doch mal um !
Wandel um des Wandels willen ?
Mit Festlohn wird alles besser ?
Das glaubst du doch hoffentlich selber nicht !

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Beitrag von nightdancer » 11.05.2013, 19:00

pauline hat geschrieben: Es geht nicht um Romantik, sondern um Effizienz und Spaß an der Arbeit.
Wie sorgst du denn als MWU für Arbeit ? Du tust nichts anderes, als ein brauchbares Werkzeug (Taxi) bereit zu stellen. Den Rest muss der Fahrer ganz allein machen. Wenn du einer Vermittlung angehörst zahlst du noch Beitrag. Wie viele Kunden hast du denn selbst besorgt ?
zu 95% alle - du hast keine Ahnung wie es bei MWU im Lande zu geht. Du und andere schließt immer von euren dörflichen Welt(wozu ich die HH-Kleingeister auch zähle) auf alle anderen. Tja, nur die Realität ist eben immer anders.

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Beitrag von nightdancer » 11.05.2013, 19:01

pauline hat geschrieben: Mit Festlohn wird alles besser ?
Das glaubst du doch hoffentlich selber nicht !
60 Jahre Festlohn in meinem Betrieb widerlegen dich. Das ist sehr wohl tragfähig.

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Beitrag von SindSieFrei? » 11.05.2013, 19:04

Huch. :shock: Habe ich da früher was ver-/überlesen??? Respekt, Nightdancer, hätte ich nicht von dir gedacht!!! Glückwunsch zum 1000.
Dura lex, sed lex.

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Beitrag von arne13 » 11.05.2013, 19:09

@pauline
pauline hat geschrieben:Dies ist gängige Praxis bei den Betrieben, die ihre steuerfreien Nacht- und Sonntags-Zulschläge bezogen auf die Umsatzprozente errechnen.
Dies war aber nach Aussage der OFD schon immer nicht zulässig. Moniert wurde es bei Außenprüfungen allerdings noch nie, so weit ich weiß.

Stauzulagen und andere Konstrukte sind Erfindungen. Wer hierauf keine LoSt. oder Sozialabgaben zahlt hat nicht alle Tassen im Schrank.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dies in irgend einem Betrieb so läuft, Anna !
Zu der OFD würde ich dich gerne um nähere Informationen bitten! Ich kann mir allerdings beim besten Willen nicht vorstellen, dass OFD sagt "Nein" und der Steuerprüfer sagt "Ja", solch einen Ermessensspielraum dürfte kein Steuerprüfer in der Bundesrepublik Deutschland haben!!

Gruß
Arne

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Beitrag von pauline » 11.05.2013, 20:16

@nightdancer
zu 95% alle - du hast keine Ahnung wie es bei MWU im Lande zu geht. Du und andere schließt immer von euren dörflichen Welt(wozu ich die HH-Kleingeister auch zähle) auf alle anderen. Tja, nur die Realität ist eben immer anders.
Meine Ausführungen bezogen sich auf Betriebe in Ballungsgebieten. Dass es auf dem platten Land anders geht, weiß ich auch. Den Vorwurf des Kleingeistigen verstehe ich in diesem Zusammenhang nicht.
60 Jahre Festlohn in meinem Betrieb widerlegen dich. Das ist sehr wohl tragfähig.
Nöö, weil ich nämlich nicht behauptet habe, dass Festlohn bä bä ist. Ich bezweifle nur, dass dieser
a.) wirklich von der Mehrheit der Fahrer gewollt wird und
b.) besser und gerechter ist als Umsatzbeteiligung

@Arne
Es war eine mündliche Belehrung (allerdings ca. 10 Jahre her), als ich mein Vorhaben die Zuschläge prozentual auf Prozentlohn zu berechnen bei meinem Finanzamt vorstellte, um mich abzusichern. Der zuständige Beamte war überfragt und hat das dann ganz nach oben weitergereicht.
Der Anruf der OFD ergab :
1.) Der Grundlohn muss feststehen, bevor der Fahrer anfängt zu arbeiten.
2.) Der Grundlohn muss in einem Betrieb für alle gleich sein, die die selbe Arbeit machen. Und zwar Tag als auch Nacht (deswegen der "Stauzuschlag"-Trick bei Tagfahrern)
Beide Voraussetzungen fehlen bei Prozententlohnung.
Ich fand das logisch. Steht auch irgendwo im EStG, habe aber keine Lust, das nachzuschlagen.
Es werden von Betrieben verschiedene Methoden genutzt, um steuerfreie Zuschläge in Kombination mit Prozentlohn zu zahlen.
In der Tat widersprechen sich hier OFD und Prüfabteilung.
Aber das ist ja nichts besonderes. Die Beamten in den FA wissen manchmal selber nicht weiter. Das ist unserem "genialen" komplizierten Steuersystem geschuldet.
Ich könnte dir jetzt Betriebe nennen, die steuerfreie Zuschläge in Kombination mit Prozentlöhnen zahlen und deren Lohnabrechnungen bei Prüfungen nicht verworfen wurden.
Mach ich aber nicht, wofür du sicherlichz Verständnis haben wirst. Vielleicht findest du ja selbst den einen oder anderen, bist ja ganz gut vernetzt.

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Beitrag von SindSieFrei? » 11.05.2013, 20:45

pauline hat geschrieben:...
Der Anruf der OFD ergab :
1.) Der Grundlohn muss feststehen, bevor der Fahrer anfängt zu arbeiten.
2.) Der Grundlohn muss in einem Betrieb für alle gleich sein, die die selbe Arbeit machen. Und zwar Tag als auch Nacht (deswegen der "Stauzuschlag"-Trick bei Tagfahrern)
Beide Voraussetzungen fehlen bei Prozententlohnung.
...
Na prima, dann sind wir uns ja einig. Wollen wir uns jetzt dem tatsächlich praktizierten Abrechnungsprozedere zuwenden, was wir hier ja schon seit gefühlten 8 Seiten machen? Ich nehme die Zuschläge als Steuersparmodell für Fahrer und Unternehmer, welche nimmst du? Würfeln gilt auch! :mrgreen:

LG
Dura lex, sed lex.

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Beitrag von arne13 » 11.05.2013, 21:17

pauline hat geschrieben: @Arne
Es war eine mündliche Belehrung (allerdings ca. 10 Jahre her), als ich mein Vorhaben die Zuschläge prozentual auf Prozentlohn zu berechnen bei meinem Finanzamt vorstellte, um mich abzusichern. Der zuständige Beamte war überfragt und hat das dann ganz nach oben weitergereicht.
Der Anruf der OFD ergab :
1.) Der Grundlohn muss feststehen, bevor der Fahrer anfängt zu arbeiten.
2.) Der Grundlohn muss in einem Betrieb für alle gleich sein, die die selbe Arbeit machen. Und zwar Tag als auch Nacht (deswegen der "Stauzuschlag"-Trick bei Tagfahrern)
Beide Voraussetzungen fehlen bei Prozententlohnung.
Ich fand das logisch. Steht auch irgendwo im EStG, habe aber keine Lust, das nachzuschlagen.
Zu 1.: Dies ist doch eigentlich ne Frage des Arbeitsrechts. Wie hier jemand „unfreiwilligerweise“ ausgegraben hat, scheint die 100%ige Entlohnung nach Umsatz unter bestimmten Voraussetzungen auch dort gesetzeskonform zu sein. Aus dem EStG, EStR und LStDV erstmal so nicht ersichtlich.

Zu 2.: Sorry, dass ist doch Blödsinn. Gesellen beispielsweise in nen Klempnerbetrieb werden evtl. schon gem. Tarifvertrag unterschiedlich nach Berufsjahren, Betriebszugehörigkeit, usw. entlohnt, von persönlichen Verhandlungsgeschick will ich gar nicht erst reden.
pauline hat geschrieben:In der Tat widersprechen sich hier OFD und Prüfabteilung.
Aber das ist ja nichts besonderes. Die Beamten in den FA wissen manchmal selber nicht weiter. Das ist unserem "genialen" komplizierten Steuersystem geschuldet.
Ich könnte dir jetzt Betriebe nennen, die steuerfreie Zuschläge in Kombination mit Prozentlöhnen zahlen und deren Lohnabrechnungen bei Prüfungen nicht verworfen wurden.
Mach ich aber nicht, wofür du sicherlichz Verständnis haben wirst. Vielleicht findest du ja selbst den einen oder anderen, bist ja ganz gut vernetzt.
Ich kenne keinen einzigen Betrieb, bei dem es verworfen wurde, wenn es korrekt gemacht wurde und hier steckt tatsächlich der Teufel im Detail. Angefangen bei der Ausgestaltung des Arbeitsvertrages, der Berechnung und dem Nachweis der tatsächlich geleisteten SFN-Arbeit.
Bei einer Prüfung war ich auch tatsächlich anwesend. Dort wurden die steuerfreien Zuschläge, die sich der Geschäftsführer selbst gezahlt hat- ist auch tatsächlich Taxe gefahren-, verworfen, da er Geschäftsführer und Gesellschafter ist, aber dat wars! Bevor hier einige aufschreien, waren geschätzte € 500,-- Zuschläge und ich bin es nicht gewesen.

Danke, für die Antwort
Arne

Poorboy
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Beitrag von Poorboy » 11.05.2013, 21:34

Der Prüfer dürfte von Lohn plus Zuschlägen ausgegangen sein und keine Kenntnis davon gehabt haben, dass hier eine reine Provision steuermindernd gewandelt wurde.

Zur Verschleierung fehlt deshalb ja auch die Bezugsgröße, nämlich der generierte Umsatz auf der Abrechnung.

Die Umdeklarierung von Provision in Lohn geht nur aus dem Arbeitsvertrag - sofern überhaupt vorhanden - hervor.

Der Prüfer hat also nicht die vollzogene Steuerhinterziehung abgenickt, sondern nicht gewusst, dass ihm eine schlicht falsche Buchhaltung vorgelegt wurde.



Poorboy

E. G. Engel
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Beitrag von E. G. Engel » 12.05.2013, 11:07

Um das Urteil konkret auf unsere Diskussion zu übertragen müssen wir uns den Tatbestand ansehen. Dort steht u.a.:

„Die Arbeitnehmer der Klägerin erhielten hierfür monatlich gleichbleibende Zahlungen.“ (Anmerkung von mir: Steuerfreie Zuschläge)

In diesem Fall wurde Lohn nicht nur der Höhe nach sondern auch zeitlich pauschalisiert in steuerfreie Zuschläge umgewandelt. So gesehen ist der Fall ziemlich eindeutig.



In unserem Fall trifft der Sachverhalt aber so nicht zu. Hier ist die zu unterstellende Steuer- und Abgabenhinterziehung durch die Verfahrensweise komplexer.


Trotzdem kann diesem Urteil Einiges entnommen werden weil höchstrichterliche Urteile auch immer grundsätzliche Äußerungen beinhalten. Es gilt also diese grundsätzlichen Äußerungen auf unser Problem zu übertragen.


Die Frage bleibt, ist die Ermittlung von steuerfreien Zuschlägen nach § 3 EStG pauschal (nicht zulässig) oder nicht (zulässig)? Dazu haben wir zwei Vertragsmuster (Verfahren, Vorgehensweisen) zur Wahl:

Vertragsmuster a. (Edelgard): 30% Provision als Grundlohn und max. 13% an steuerfreien Zuschlägen nach § 3 EStG und Zulagen wie Essensgeld etc.

Vertragsmuster b. : 43% Provision vom Nettoumsatz, kunstvolles Errechnen eines Grundlohnes bis ca. 30% Provision vom Nettoumsatz und wieder auffüllen mit Zuschlägen und Zulagen bis wieder 43% hergestellt sind.


Vertragsmuster a weist deutlich und klar einen Grundlohn aus. Das sind 30% vom Nettoumsatz. Allerdings könnte dieser Grundlohn alleine für sich gesehen die Frage der Sittenwidrigkeit berühren. Hier aber ist dem Argument von arne13 Rechnung zu tragen, auch Zuschläge und Zulagen sind Lohnbestandteile, also die vollen 43%.


Dennoch könnte hier argumentiert werden das es sich bei dem Vertragsmuster a um einen steuerrechtlichen Umgehungstatbestand handelt. Der causus knackus liegt in der Beschränkung auf max. 13%. Ohne jetzt ins Detail zu gehen, dem vorliegenden Urteil lässt sich als ein Grundsatz entnehmen, dass vor allem bei der Ausweisung von steuerfreien Zuschlägen es kein „Hin und Her“ gibt, erst recht nicht innerhalb eines Abrechnungszeitraumes.


Obwohl die Zahl 13% fix erscheint ist der Inhalt aber nicht fix. Es ist eine verkappte Pauschale. Pauschal deshalb, weil sich in diesen 13% alles verbergen kann. Nicht nur der Sache nach, bsw. steuerfreie Zuschläge oder Essensgeld oder Stauzulage oder …., sondern auch der Höhe nach (bezogen vor allem auf § 3 EStG) infolge der Begrenzung. Je nachdem wie viele Sonntage (50%) ein Monat hat, oder Nächte (25%) oder Feiertage (150%) müssen diese Sätze zwangsweise von Monat zu Monat differieren oder aber wenn die „13%“ erreicht sind u. U. ganz wegfallen, bsw. bei 5 Sonntagen im Monat reicht es nur noch für Zuschläge für 4 Sonntage und für den 5. Sonntag gibt es keinen Zuschlag.


Ich glaube, der Fall ist eindeutig. Hier wurde arbeitsvertraglich eine Pauschale für Zuschläge und Zulagen verabredet die nach Bedarf aufgeteilt wird. Damit dürfte ebenso eindeutig eine Umgehung des Steuerrechtes gegeben sein.




Etwas komplizierter ist es bei Vertragsmuster b, wenn auch nicht wirklich.

In diesem Fall ist es anders herum wie bei Vertragsmuster a. Hier sind, die Zuschlags- und Zulagenpauschalen fix. Auch wenn sie bedingt durch die Provisionsentlohnung wertmäßig variabel sind.


Die große Unbekannte ist allerdings der Grundlohn auf den diese „fixen“ Zuschläge aufsetzen. Dieser Grundlohn ist weder wertmäßig noch prozentual im Gegensatz zu Vertrag a (30%) vorgegeben. Um max. Steuern und Abgaben zu sparen ist es für den Ersteller der Gehaltsanrechnung vorteilhaft dass dieser aus der Provision zu bildende „Grundlohn“ so niedrig wie möglich ist. In diesem Sinn wird dann mit Hilfe diverser „Programme“ die über entsprechende Algorithmen verfügen die Grenzen des § 3 EStG ausgeschöpft. Da die Abrechnungsmonate immer Unterschiedliche Werte an zuschlagswürdigen Nachtschichten, Sonn- und Feiertagen liefern bedingt dies zwangsläufig dass der Grundlohn auch prozentual variieren wird. Er wird zwar auch um die 30& liegen, vielleicht 28%, oder auch mal 32%, dies ergibt sich immer erst im Nachhinein. Damit ist aber die Bezugsgröße Grundlohn für die Anwendung des § 3 EStG nicht nur wertmäßig variabel sondern auch prozentual und somit pauschal. Einziges Ziel ist den zu versteuernden Grundlohn pauschalisierend zu minimieren und damit Steuerzahlungen zu umgehen. Und dies ist nicht Sinn des § 3 EStG. Sinn des § 3 EStG ist für besondere Erschwernisse einer Tätigkeit steuerfreie Zuschläge auf einen Grundlohn zu gewähren und nicht zu verrechnen.


Kollege SSF hat nun ein „frisches“ Urteil des Bundesfinanzhofes (vom 8.12.2011, VI R 18 11) gefunden aus dem für den vorliegenden Sachverhalt einiges zu entnehmen ist.


Wie schon gesagt ist dieses Urteil der Sache nach nicht 1:1 anzuwenden. Grundsätzlich für unseren Sachverhalt zu entnehmen und ist aber aus den Entscheidungsgründen Absatz 10 Satz 2 und Satz 3 zweiter Halbsatz (fett markiert):


„a) Die Steuerbefreiung tritt allerdings nur ein, wenn die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Oktober 1984 VI R 199/80, BFHE 142, 146, BStBl II 1985, 57), und setzt grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit voraus (BFH-Urteil vom 28. November 1990 VI R 90/87, BFHE 163, 73, BStBl II 1991, 293). Dadurch soll von vornherein gewährleistet werden, dass nur Zuschläge steuerfrei bleiben, bei denen betragsmäßig genau feststeht, dass sie nur für die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden und keine allgemeinen Gegenleistungen für die Arbeitsleistung darstellen. Hieran fehlt es jedoch, wenn die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nur allgemein pauschaliert abgegolten wird, da hierdurch weder eine Zurechnung der Sache nach (tatsächlich geleistete Arbeit während begünstigter Zeiten) noch der Höhe nach (Steuerfreistellung nur nach %-Sätzen des Grundlohns) möglich ist.“

Als Fazit dürfte gelten:

1. „von vornherein gewährleistet“ ist eine strenge Auslegung und schließt jedes ergebnisorientierte Rechnen zur Steuerumgehung aus.

2. „keine allgemeine Gegenleistung“ darstellt (Pauschalisierung), also nicht 43% vom Umsatznetto und dann „rechnen wir mal die Zuschläge“

3. „nur nach Prozentsätzen des Grundlohns“, und der Grundlohn darf zwar innerhalb der Definition „Provisionslohn“ wertmäßig variabel sein, dann aber nicht prozentmäßig.

Damit dürfte jetzt letztendlich klar sein dass die von Hamburger MWU‘s betriebene Methodik der Lohnabrechnungen nicht zulässig und als Umgehung von Steuergesetzen anzusehen sind.

An dieser Stelle breche ich jetzt ab.


Engel

Poorboy
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Beitrag von Poorboy » 12.05.2013, 11:49

Poorboy hat geschrieben:Das ist so richtig, Engel, und nun mal konkret.

Mit dem Fiskaltaxameter wird ja jede Tour mit Uhrzeit und Wert unveränderbar abgespeichert.

Ein Beispiel aus meiner Praxis:

Am Nachmittag geht es nach Kiel. Also wären 43 % von € 150,- mein Grundlohn.

Nachts nach langer Wartezeit eine Tour für € 5,80. Nun sind nur 30 % mein Grundlohn, 13 % wahlweise Essengeld, Mankogeld oder auch Zuschlag für Nacht- oder Sonntagsarbeit.

Richtig so, Arne?? Oder rechnest Du die Summe zusammen und ich habe 43 % von € 155,80 als Grundlohn?? Oder sind nur 30 % der Gesamtsumme mein Grundlohn und 13 % Zuschlag, Essens- oder auch Mankogeld??

Da wird man ja ganz wuschig.

Poorboy
Leider hat Arne uns nicht erläutert, wie er die obige Schicht buchhalterisch erfassen würde.

Aus der Ferntour stünden mir wegen des erhöhten Umsatzsteuerzatzes

€ 54,20 als Provision zu.

Bei der zweiten Tour wären es

€ 2,47

Summe meiner Provision wären also € 56,67.

Genau so müsste es in den Büchern stehen, um die tatsächlichen Geschäftvorfälle darzustellen.

Und das tut es offensichtlich aber nicht. Das könnte problematisch werden.

Poorboy

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