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von E. G. Engel » 15.07.2012, 00:02
§ 25 PBefG Abs.2 ( Widerruf der Genehmigung)
2. Die Genehmigungsbehörde kann die Genehmigung widerrufen, wenn der Unternehmer die ihm gesetzlich obliegenden arbeitsrechtlichen, sozialrechtlichen oder die sich aus seinem Unternehmen ergebenden steuerrechtlichen Verpflichtungen wiederholt nicht erfüllt oder in schwerwiegender Weise dagegen verstoßen hat.
Weil’s so schön ist noch einmal.
Die Taxenbehörde kann aus den oben genannten Aufzählungen (arbeitsrechtlich, sozialrechtlich, steuerrechtlich) aus eigener Kompetenz keine Genehmigungen widerrufen. Erst wenn Verstöße gegen diese Sachverhalte von zuständigen Behörden (Zoll, AfA, FA) mit entsprechender Fachkompetenz festgestellt wurden kann die Gehörde im Sinne des § 25 Abs. 2 tätig werden. Darüber gibt es ein entsprechendes Urteil eines OVG das mir aber leider nicht vorliegt.
Die „kann-Vorschrift“ ist allerdings nicht als „kann“ zu verstehen sondern die Taxenbehörde hat ihr Ermessen, das erst einmal im Gesetzestext steht, pflichtgemäß auszuüben. Grundsätzlich gilt immer der Gesetzesvorbehalt. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz dürfte sich für die Taxenbehörde ein unmittelbarer Zwang ergeben die Genehmigung einzuziehen.
Die behördliche Anordnung der AfA erlangt nach Fristablauf Rechtskraft. Der Konzessionsinhaber ist also gehalten, der Anordnung Folge zu leisten oder Widerspruch einzulegen und bei negativem Bescheid Anfechtungsklage nach § 80 VwGO gegen den Bescheid (Anordnung) zu erheben.
Dabei wird das Gericht erst einmal formal überprüfen, ob der Bescheid (Anordnung) rechtmäßig ist. Das dürfte bedeuten, dass Gericht überprüft erst einmal ob der § 3 FPersG als Rechtsgrundlage für die Anordnung des AfA für das Taxengewerbe anwendbar ist. Das wäre dann erst einmal die abstrakte Prüfung unabhängig von dem konkreten Sachverhalt (Unternehmer). An dieser Stelle entscheidet das Gericht ob es direkt zur Hauptsache übergehen will da es die abstrakte Rechtslage für eindeutig hält oder den Fall an eine höhere Instanz verweist. Dieser Vorgang kann auch von der erlassenden Behörde oder auch vom Kläger oder von beiden zusammen im Einvernehmen beantragt werden. Letztendlich entscheidet aber der Richter. Es dürfte auch möglich sein dass sich die durch die behördliche Anordnung Beschwerten sich zu einer Klagegemeinschaft zusammen finden und so dem Begehren einer Musterfallentscheidung zusätzliches Gewicht verleihen. Wie formaljuristisch solch eine Klagegemeinschaft zusammen kommen kann entzieht sich derzeit meiner Kenntnis, es ist aber möglich.
Im Gegensatz zu Andre sehe ich aber die anordnende Behörde, das AfA, auf der sicheren Seite und das Angebot nicht als Zeichen von Schwäche oder Rechtsunsicherheit sondern eben als dass was es ist, als Angebot. Die Gefahr für die Kläger liegt, wie es das AfA auch schon formuliert hat, darin, das eine Musterfallentscheidung den Komplex so umfassend aufarbeitet und die Grenzen so eng zieht so dass im Anschluss mögliche Ermessensspielräume (bestimmte Zulagen etc. als Leistungsanreize) so gut wie überhaupt nicht mehr vorhanden sind
Es ist nicht zu erwarten, dass eine Behörde wie das Hamburger AfA (und 14 andere) sich auf ein Glücksspiel, sich von einem Gericht der Inkompetenz überführen lassen, einlässt und solch eine Welle lostritt.
Gerade die Tatsache dass das AfA einen Musterprozess „angeboten“ hat spricht für die Rechtssicherheit der anordnenden Behörde. Dasselbe dürfte auch in diesem speziellen Fall für die Hamburger Taxenbehörde gelten, denn auch diese hat sich eindeutig vorfestgelegt Das macht die Hamburger Taxenbehörde schon aus bekannten Gründen nicht aus Jux und Dollerei, sondern allenfalls weil sie nicht anders kann ohne ihr Gesicht zu verlieren.
In diesem Sinne. Viel Spaß beim Klagen.
Zitat Poorboy:
„Klage gegen die „Verkehrsgewerbeaufsicht“ wenn die Konze ohne neue Erkenntnisse eingezogen wird, ist nun zwecklos. Darum auch der nette Satz, sie kalkuliere den neuen Tarif auf Prozentlohn, weil das der „Ist-Zustand“ sei. Dass der gesetzeswidrig ist, ist ja eine brandneue Erkenntnis des Afa!!!“
So neu ist die Erkenntnis ja nun auch wieder nicht. Mittlerweile hat sich die Hamburger Taxenbehörde ja auch auf einen „nicht sittenwidrigen Lohn (Lohnwucher)“ in Höhe der unternehmereigenen Angaben bei der BG festgelegt (7,xx €/Std. ?). Damit ist der Ist-Zustand neu gegeben oder sie setzt auf sittenwidrige Löhne und massive Verstöße gegen die Arbeitszeitgesetze auf. Sie kann auch nicht in einem Atemzug das AfA unterstützen und entsprechende Aussagen treffen und auf der anderen Seite „sittenwidrig“ kalkulieren. Die Taxenbehörde hat sich in ihrer Rechtsauffassung festgelegt und unterliegt damit automatisch einer Selbstbindung.
Für die Taxenbehörde stellt sich allerdings folgendes Problem. Die „fälschungsverdächtige Bilanz“ namens Musterkalkulation ergibt zu Ende gerechnet Einsatzstunden die wiederum multipliziert mit dem nicht „sittenwidrigen Lohn“ zu Werten führen würde die im Ergebnis massive Tariferhöhungen oder aber eine Begrenzung des Angebotes mittels § 13 Abs. 4 PBefG nach sich ziehen würde. Es geht für die Taxenbehörde darum weiterhin zu verschleiern, und erst recht vor dem AfA zu verbergen, dass der Hamburger Taxenmarkt nicht funktionsfähig im Sinne des § 13 Abs. 4 PBefG ist, sondern allenfalls funktionsfähig unter der Prämisse das Hamburger Taxenunternehmer die Funktionsfähigkeit mittels Gesetzesumgehungen herstellen.
Diese Problematik ist strukturell und von der Hamburger Taxenbehörde hergestellt (Umgehung des bürgerschaftlichen Auftrages aus 2002) und verteidigt.
Es gibt hier gewerbeseitig zwei massive Versäumnisse.
a. Wenn schon die Taxenbehörde die MK nicht an die neue Lage anpasst, dann wäre es für die maßgeblichen Gewerbevertreter schon eine Pflicht gewesen dies zu tun. Schon um, wie es jetzt passiert ist, sich den Schneid nicht abkaufen zu lassen.
b. Das AfA sollte gewerbeseitig voll über die bestehende strukturelle Problematik aufgeklärt sein. Und zwar nicht nur von der Taxenbehörde welche jetzt die „bösen Unternehmer“ in die Pflicht nehmen will, sondern gewerbeseitig. Dazu ist es allerdings notwendig, und sinnvoll, die Entkoppelung zwischen Tarif und Gesamtsituation aufzubrechen.
Denn eines ist klar, unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen kann das Gewerbe seine betriebswirtschaftlichen Kosten nicht gesetzeslegal auffangen. Und ein Gewinn soll, muss, ja auch noch übrigbleiben.
An dieser Stelle möchte ich auf den Vergleich von Poorboy mit der „Weide“eingehen, Zitat:
„Für „Öko-Freaks“, bei Überweidung muss eine Herde durch Abschuss dezimiert werden. Der ausführende Jäger nimmt in der Regel das, was ihm als erstes vor die Flinte läuft und klärt keine persönlichen Schicksale ab.“
Das AfA liefert also der Taxenbehörde die Munition für den Abschuss während sie gleichzeitig durch Umgehung des § 13 Abs. 4 PBefG dafür sorgt dass die Weide immer gut gefüllt ist und neuen Zulauf erhält.
Ein Abschuss nach dem Zufallsprinzip bei gleichzeitig gewollter Überweidung durch die gleiche Behörde ist Behördenwillkür per Exzellenz
Es stellt sich die Frage, wie lange das AfA dies überhaupt durchhält. Es läuft alles darauf hinaus dass das Gewerbe sich anpasst und Scheinarbeitsverträge die Regel werden so dass die Aktenlage stimmt. So ähnlich wie es mit der „Steuer- und Abgabenehrlichkeit“, siehe kreative Lohnabrechnungsgestaltung , seit Einführung der „Plausibilitätsprüfungen“ geschieht. Die ersten „Arbeitsverträge“ werden Taxifahrern schon zur Unterschrift vorgelegt. Dabei reiben sich die Taxifahrer die Augen über den Stundenlohn, die Einsatzzeiten und den Umsatz welchen sie dafür einfahren sollen. Das eine kriegen sie nicht und das andere erreichen sie nicht.
Zitat Andre:
„Ein Bescheid ist nicht an ein Bussgeld gekoppelt. Es ist schlichtweg ein schriftlicher Vewaltungsakt und kann auch eine Anordnung sein. Sagt Wiki“
Und ich dachte alle wüssten Bescheid, Verwaltungsanordnung versus Anordnung, nur ich nicht.
Ein Bußgeldbescheid ist grob gesehen die Quittung für geschehenes Handeln in der Vergangenheit. Eine (behördliche) Anordnung ist grob gesehen eine Anweisung für ein verlangtes Handeln in der Zukunft.
Beides sind Verwaltungsakte gegen die Rechtsmittel eingelegt werden können. So dürfte ein Schuh draus werden.
Außer der Drohung des § 25 PBefG könnten von seiten des AfA im Weiteren bei nichtbefolgung immer noch Bußgelder oder auch Zwangsgelder verhängt werden.
Engel
PS. @ Poorboy. Ich bin nicht verbittert. Warum sollte ich? Verbittert sind Menschen die Dankbarkeit, Erfolg oder etwas Ähnliches erwarten. Ich bin Realist, ich weiß womit und mit wem ich es zu tun habe. Was bei Dir als Verbitterung ankommt ist meist nur eine Art Verärgerung.